Parlamentskorrespondenz Nr. 814 vom 18.09.2014

Satellitenbilder-Nutzung: Bundesrat pocht auf Persönlichkeitsschutz

EU-Ausschuss warnt vor Umgehung des Datenschutzes bei ausgeweiteter Vermarktung hochauflösender Satellitenbilder

Wien (PK) - "Google Earth" darf nicht unbegrenzt Daten natürlicher Personen vermarkten. Das war heute zusammengefasst die Position im EU-Ausschuss des Bundesrats zu einem Richtlinienvorschlag über die leichtere kommerzielle Nutzung von Daten aus Erdbeobachtungssystemen. Befürchtet wurde vor allem, mit EU-weit vereinheitlichten Regelungen zur Nutzung hochauflösender Satellitenbilder könnte allzu leicht gegen die Datenschutzrechte natürlicher Personen verstoßen werden. Unklar waren zudem die finanziellen Folgen für die Mitgliedsstaaten, sollte nur noch die Verwendung einheitlich definierter Satellitendaten für öffentliche Dienste wie Stadtvermessung zulässig sein. Die Ausschussmitglieder einigten sich, ihre Bedenken bei der nächsten Sitzung in einer Mitteilung an Brüssel kundzutun.

Welche Erfolge die Mitwirkung an der Subsidiaritätskontrolle von EU-Legislativvorschlägen zeitigt, berichtete eingangs Bundesrat Stefan Schennach (S/W). Bei einer Tagung der nationalen EU- und Justizausschüsse in Paris sei gestern die Ablehnung des Kommissionsvorschlags, die Gründung von Einpersonen–GmbH mit nur einem Euro Stammkapital zu ermöglichen, breit mitgetragen worden, so Schennach. Der EU-Ausschuss der Länderkammer hatte dazu heuer im Mai eine Subsidiaritätsrüge beschlossen (siehe Parlamentskorrespondenz Nr. 498)

Bundesrat: Kommerzielle Datennutzung darf Datenschutz nicht untergraben

Der Markt für Satellitenbilder birgt großes Wachstumspotential, beruhen doch zahlreiche moderne Informationsdienste, beispielsweise digitale Stadtpläne, auf Daten von Erdbeobachtungssatelliten. Im Rahmen ihrer Raumfahrtpolitik möchte die Europäische Union nun unionsweit einen einheitliche Rechtsgrundlage für die zivile Nutzung hochauflösender Satellitendaten (HRSD) schaffen. Derzeit, merkt die Kommission in ihrem Richtlinienvorschlag an, bestünden nämlich unter den Mitgliedsländern unterschiedliche Rechtsvorschriften für kommerzielle Tätigkeiten, bei denen HRSD genutzt werden. Das behindere oftmals den freien Datenverkehr zwischen den Ländern im Binnenmarkt.

Insbesondere die technische Definition und Kontrolle von hochauflösenden Satellitendaten gelte es zu harmonisieren, so die Kommission, um die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für Unternehmen, die im Unionsraum mit diesen Daten arbeiten, zu verbessern. Gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Datenanbieter würden so Fuß fassen. Jeder Mitgliedsstaat sollte außerdem eine zuständige Behörde als Kontaktstelle benennen. Daten, die für Sicherheits- und Verteidigungszwecke gesammelt werden, fallen allerdings nicht unter die Bestimmungen. Das EU-Erdbeobachtungsprogramm Copernicus zur Erhebung von Umwelt- und Klimadaten, an dem Österreich maßgeblich beteiligt ist, umfasst der Richtlinienvorschlag ebenfalls nicht.

Mangelnde Wahrung der Persönlichkeitsrechte beanstandet

Unter anderem schlägt die Kommission einheitliche Überprüfungs- und Genehmigungsverfahren vor, die jeder Mitgliedsstaat durchzuführen hat, wenn HRSD von einem Erdbeobachtungssystem auf seinem Hoheitsgebiet generiert werden. Die Wahrung des Persönlichkeitsschutzes im Zusammenhang mit öffentlich zugänglichen Daten finde aber keinen Niederschlag im Richtlinienentwurf, stieß sich Bundesrat Stefan Schennach an der Vorlage. Anzuregen sei in diesem Zusammenhang, den Nationalstaaten die Möglichkeit zur Begrenzung der Datenverbreitung einzuräumen.

Grünen-Mandatar Marco Schreuder (G/W) befand genauso, angesichts der rapiden technischen Weiterentwicklung müsse man unbedingt Vorsorge zum Schutz von Personendaten treffen. Er vermisste ein klares Mitsprache-, Konsultations- und Beschwerderecht der Mitgliedsländer im Kommissionsentwurf. Zustimmung in ihrer Kritik fanden die Bundesräte beim Experten des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie, Sektionschef Andreas Reichhardt. Tatsächlich sei der Datenschutz natürlicher Personen im Richtlinienvorschlag nicht gewährleistet. Das Ministerium habe daher die interministerielle Gruppe für Österreichische Weltraumpolitik beauftragt, die Folgen einer Umsetzung des Kommissionsvorschlags eingehend abzuklären, gerade auch hinsichtlich der Vereinbarkeit mit der Grundrechtecharta der EU, der Sanktionsmöglichkeiten und der Definition von sensiblen Daten.

EU-Mitglieder wie Österreich, die selbst keine hochauflösenden Erdbeobachtungsdaten besitzen oder generieren bzw. wo kein HRSD-Datenanbieter ansässig ist, seien generell nur angehalten, die HRSD-Definition zu übernehmen und die entsprechende Kontaktstelle einzurichten, erläuterte Sektionschef Reichhardt weiter. Vorrangig betroffen von der Neuregelung wären große europäische Staaten wie Frankreich, Italien oder Deutschland, tatsächliche Player also am Markt für HRSD.

In Anlehnung an eine Stellungnahme der Wiener Landesregierung zum Richtlinienvorschlag warnte Bundesrat Schennach überdies vor finanziellem Mehraufwand und qualitativen Verschlechterungen im verfügbaren Datenmaterial, falls die Richtlinie unverändert implementiert wird. Sicherzustellen sei daher, dass Länder nicht neue Luftbilder ankaufen müssen, wenn ihre eigenen nicht den EU-Kriterien entsprechen. Landeshauptstädte wie Graz, Linz oder die Bundeshauptstadt Wien etwa verfügen bereits über hochwertige digitale Kartenwerke, sollten also nicht gezwungen werden, anderes Datenmaterial von womöglich geringerer Qualität teuer zu erwerben.

Kritik am Richtlinienvorschlag kommt derzeit auch aus mehreren EU-Staaten, informierte Reichhardt. Nach der ersten Sitzung der Ratsarbeitsgruppe Raumfahrt zur Thematik am 26. Juni dieses Jahres würden die Beratungen darüber ab 29. September in einem straffen Zeitplan fortgesetzt. Einen Fortschrittsbericht beziehungsweise eventuell eine Einigung über die Materie könnte es zum EU-Ministerrat für Wettbewerbsfähigkeit im Dezember geben. (Fortsetzung EU-Ausschuss) rei


Format