Parlamentskorrespondenz Nr. 237 vom 10.03.2016

Keine Mehrheit für Oppositionsideen zu Arbeitsmarkt und Sozialversicherung

Sozialausschuss berät über Anträge zu Entsenderichtlinie, Mindestsicherung, Finanzpolizei und Arbeitsmarktzugang für Flüchtlinge

Wien (PK) – Der letzte große Themenblock in der heutigen Sitzung des Ausschusses für Arbeit und Soziales bildeten Themen des österreichischen Arbeitsmarkts. Behandelt wurden unter anderem die sehr unterschiedlichen Vorstellungen der Oppositionsparteien zur Frage, wie gegen Lohn- und Sozialdumping vorzugehen sei. Während die FPÖ weiter die Forderung von Zugangsbeschränkungen zum Arbeitsmarkt erhebt, hat für die Grünen die Stärkung der Finanzpolizei im Kampf gegen Abgabenhinterziehung Priorität. Thematisiert wurden auch das Thema der aktuellen Fluchtbewegungen und die Rolle des Arbeitsmarkts dabei. Während die FPÖ die Beschäftigung von AsylwerberInnen rundweg ablehnt, steht für die Grünen die rasche Integration von Flüchtlingen auf dem Arbeitsmarkt im Vordergrund. Alle diese Anträge wurden vertagt.

Die Forderung des Team Stronach nach regelmäßiger statistischer Erhebung der Zahl arbeitsloser Flüchtlinge wurde abgelehnt, ebenso ein Antrag der FPÖ, der Sozialminister möge eine laut ihrer Wahrnehmung stattfindende "Säuberungswelle" im Wiener Gesundheitswesen stoppen. Ebenfalls abgelehnt wurde schließlich von der SPÖ-ÖVP-Mehrheit im Sozialausschuss ein neuerlicher Vorstoß der FPÖ zur Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger, der jedoch Unterstützung bei allen Oppositionsparteien fand. Der Antrag des Team Stronach nach Einführung eines Mindestgeräusches für Elektro- und Hybridfahrzeuge, die durch ihre geringe Lärmentwicklung eine Gefahr darstellen können, wurde in den Verkehrsausschuss verwiesen.

FPÖ: Zugangsbeschränkungen zum Arbeitsmarkt auch für EU-BürgerInnen und AsylwerberInnen

Die FPÖ verlangt neuerlich ein Maßnahmenpaket gegen die sektorale Arbeitslosigkeit in Österreich (911/A(E)). Um den steigenden Arbeitslosenzahlen entgegenzuwirken, drängen die FPÖ-Abgeordneten darauf, den Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt nicht nur für Drittstaatsangehörige, sondern auch für EU-BürgerInnen zu beschränken. In Anbetracht der schwierigen Situation am Arbeitsmarkt ist es der FPÖ zudem ein Dorn im Auge, dass immer mehr Personen in Österreich beschäftigt sind, die von einem ausländischen Unternehmen entsendet werden. Abgeordnete Dagmar Belakowitsch-Jenewein sah es daher als unumgänglich, die Entsendung ausländischer ArbeitnehmerInnen nach Österreich für bestimmte Branchen temporär zu stoppen (1505/A(E)). Peter Wurm (F) meinte, es handle sich hier um Sozialbetrug von Firmen in große Stil. Die Zahl der gemeldeten Entsendungen von 26.137 ArbeitnehmerInnen im Jahr 2011 ist auf aktuell mehr als 136.000 gestiegen, unterstrich Belakowitsch-Jenewein. Johann Hell (S) entgegnete ihnen, Österreich habe sich hier an EU-Recht zu halten. Ein Alleingang bei der Entsenderichtlinie sei, wie auch bei anderen von der FPÖ thematisierten Fragen, nicht möglich.

Die FPÖ pocht außerdem weiter darauf, die Mindestsicherung nach den Lebenshaltungskosten im Herkunftsland der BezieherInnen zu staffeln. Der Nationalrat hat heuer bereits zwei entsprechende FPÖ-Anträge der mit den Stimmen aller anderen Fraktionen abgelehnt, nun unternimmt die Fraktion einen dritten Anlauf (759/A(E)). Zudem schlägt die FPÖ eine zeitliche Befristung der Mindestsicherung und andere Übergangsbestimmungen für einzelne Herkunftsländer vor.

Weiter zur Gänze geschlossen halten will die FPÖ den Arbeitsmarkt für AsylwerberInnen. Sie fordert Sozialminister Stöger auf, nicht von der bisherigen Linie abzuweichen (1131/A(E)). FPÖ-Abgeordneter Peter Wurm meinte, entgegen anderen Darstellungen zeige sich, dass als arbeitslos vorgemerkte anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte oft nur eine geringe Qualifikation hätten. Hier sei mehr Datenmaterial notwendig. Er halte daher auch den Antrag des Team Stronach nach regelmäßige Information über Anzahl der arbeitslosen Flüchtlinge für sinnvoll.

In Österreich werde die Zahl der anerkannten Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigten, die arbeitslos vorgemerkt oder in Schulung sind, bei der monatlichen Arbeitslosenstatistik nicht automatisch angeführt, kritisierte die Obfrau des Team Stronach Waltraud Dietrich (1481/A(E)). Die Erfassung der Zahl der arbeitslosen Flüchtlinge sei notwendig, um den Erfolg von Maßnahmen beurteilen zu können meinte die Abgeordnete. Sie konnte sich mit ihrem Antrag, der außer von ihrer Fraktion nur von den Freiheitlichen unterstützt wurde, jedoch nicht durchsetzen, er wurde mehrheitlich abgelehnt.

Grüne für personelle Aufstockung der Finanzpolizei und Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen

Die Grüne Abgeordnete Birgit Schatz hält hingegen verstärkte Lohnkontrollen und eine intensivere Zusammenarbeit der Finanzpolizei mit ausländischen Steuer- und Abgabenbehörden (1566/A(E)) für den Schlüssel zur Verbesserung der Arbeitsmarktsituation und der Verhinderung von Billigstarbeit. Der Fokus müsse auf schärferen Kontrollen liege, um das Lohn- und Sozialdumpinggesetz effektiver zu machen, meinte die Abgeordnete. Entgegen anderslautender Ankündigungen seien die entsprechenden Personalressourcen nicht aufgestockt worden, zeigte sie sich enttäuscht.

Weiters mahnten die Sozialsprecherin der Grünen eine Gesamtstrategie der Regierung zur Integration von anerkannten Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt ein (1398/A(E)). Schatz sagte, die Flüchtlinge bräuchten die Bereitstellung eines flächendeckenden, standardisierten Schulungspakets durch das Arbeitsmarktservice (AMS). Darunter falle etwa die Anerkennung von im Heimatland erworbenen Qualifikationen, erleichterte Möglichkeiten zum Nachholen von Bildungsabschlüssen, die verstärkte Ausbildung von qualifizierten DeutschlehrerInnen und die wissenschaftliche Aufbereitung von Erkenntnissen aus Pilotprojekten. Das AMS solle auch Kompetenzerhebungen durchführen und die Betroffenen bei der Berufsorientierung unterstützen, fordert Schatz. Zustimmend äußerte sich dazu NEOS-Sozialsprecher Gerald Loacker. ÖVP-Abgeordnete Angelika Winzig hielt dem entgegen, alle geforderten Maßnahmen würden bereits, abgestimmt auf die Bedürfnisse der jeweiligen Regionen, umgesetzt.

FPÖ macht sich für Lungenfacharzt Gernot Rainer stark

Die Nichtverlängerung des Vertrags des im Otto-Wagner-Spitals beschäftigten Lungenfacharztes Gernot Rainer, Gründer der Ärztevertretung Asklepios, sieht die FPÖ als Teil einer "Säuberungswelle" im Wiener Gesundheitswesen. FPÖ-Abgeordnete Dagmar Belakowitsch-Jenewein konnte sich mit der Forderung, Sozialminister Alois Stöger solle die politisch verantwortliche Wiener Stadträtin Sonja Wehsely zur Revidierung der Entscheidung des Wiener Krankenanstaltenverbunds (KAV) anhalten (1578/A(E)), nicht durchsetzen. Der Antrag fand nur Zustimmung bei FPÖ und Team Stronach und wurde abgelehnt.

FPÖ nimmt neuen Anlauf zur Zusammenlegung von Sozialversicherungen

Die FPÖ unternahm auch einen neuerlichen Vorstoß zur Frage eines einheitlichen Sozialversicherungssystems in Österreich (1441/A(E)), nachdem frühere Anträge in dieser Richtung bereits abgelehnt wurden. Nur durch eine Zusammenführung sämtlicher Beitragsleistungen, Finanzierungs- und Steuerungsfunktionen sei gewährleistet, dass es eine schlanke, effiziente und zeitgemäße Verwaltungsstruktur im Sinne der Sozialversicherten gebe, zeigte sich Dagmar Belakowitsch-Jenewein (F) überzeugt. Abgeordneter Walter Spindelberger (S) erwiderte, die FPÖ sei dem sachlich begründeten Argument, wonach das bestehende System weit effektiver sei als die vorgeschlagene Alternative, offenbar nicht zugänglich. Die Oppositionsparteien unterstützten geschlossen den Antrag, während die Mehrheit von SPÖ und ÖVP ihn ablehnte.

Team Stronach: Mindestgeräusch für Elektro- und Hybridautos als Standard festlegen

Auf die "lebensgefährliche Bedrohung", die geräuschlose Fahrzeuge für blinde und sehbehinderte Personen, aber auch für Kinder und alte Menschen darstellen, weist das Team Stronach hin (1291/A(E)). Klubobfrau Waltraud Dietrich fordert daher, ein akustisches Warnsystem oder ein Mindestgeräusch für geräuscharme Kraftfahrzeuge gesetzlich vorzusehen. Nach kurzer Diskussion, in der alle Abgeordneten die grundsätzliche Berechtigung des Anliegens anerkannten, wurde der Antrag auf Antrag von Gertrude Aubauer (V) mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und Grünen an den Verkehrsausschuss verwiesen. Dieser Ausschuss werde sich auch mit einer EU-Regelung zu diesem Thema auseinandersetzen, sagte Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (S). (Schluss Sozialausschuss) sox