Parlamentskorrespondenz Nr. 857 vom 11.07.2018

EU-Ausschuss des Bundesrats diskutiert EU-Vorschläge zur Vermeidung von Plastikmüll

Länderkammer unterstützt EU-Vorhaben grundsätzlich, ortet aber noch großen Diskussionsbedarf

Wien (PK) – Die EU sagt nun der Verschmutzung der Meere durch Plastikmüll den Kampf an. Die diesbezügliche Richtlinie der EU-Kommission zur Reduktion bestimmter Kunststoffprodukte war heute der letzte Diskussionspunkt im EU-Ausschuss des Bundesrats . Die Zielsetzung wurden unisono unterstützt, die BundesrätInnen bekräftigten, dass es hier Handlungsbedarf gibt. Man verwies aber auch auf die hohe Recycling-Rate in Österreich und war sich darin einig, dass die Sensibilisierung und Bewusstseinsbildung bei der Abfallvermeidung eine große Rolle spielt. Auch stecke der Teufel im Detail. So mangle es im EU-Vorschlag außerdem an klaren Begriffsbestimmungen. Verboten werden sollen laut Kommission nur jene Produkte, für die es Alternativen gibt. Der österreichische Ratsvorsitz werde versuchen, die sicherlich herausfordernde Diskussion in eine gemeinsame Ausrichtung zu lenken, sagte die im Ausschuss anwesende Vertreterin des Bundesministeriums für Nachhaltigkeit und Tourismus.

Verschmutzung der Meere durch Plastikmüll bedenklich hoch

Die Kommission begründet ihren Vorstoß mit dem Hinweis, dass die Menge an Plastikmüll in den Ozeanen und Meeren ständig zunimmt, und das mit negativen Folgen für die Ökosysteme, die biologische Vielfalt und möglicherweise die menschliche Gesundheit. Gleichzeitig gehen wertvolle Materialien verloren, die der Wirtschaft wieder zugeführt werden könnten. Wie Strandmüllzählungen ergeben haben, handelt es sich bei 80-85% aller Meeresabfälle um Kunststoffe. Zählungen zufolge entfällt auf Einwegkunststoffartikel etwa die Hälfte aller an europäischen Stränden vorgefundenen Meeresabfälle.

Die zehn am häufigsten gefundenen Einwegkunststoffartikel machen 86% aller gefundenen Einwegkunststoffartikel, das sind 43% aller Meeresabfälle an europäischen Stränden, aus.

Die Kommission drängt daher auf eine spürbare Verminderung des Verbrauchs bestimmter Einwegkunststoffartikel wie Trinkbecher und Behältnisse für Lebensmittel, die zum sofortigen Verzehr bestimmt sind (Lebensmittelverpackungen). Dies kann alternativ durch nationale Verbrauchsminderungsziele, das Angebot an wiederverwendbaren Alternativen an den Verkaufsstellen oder durch eine kostenpflichtige Abgabe bewerkstelligt werden.

Für Einmalplastikprodukte, für die nachhaltigere Alternativen bestehen, soll nach der Kommission ein Verbot zum Inverkehrbringen (erstmalige Bereitstellung auf dem Markt) geschaffen werden. Das betrifft beispielsweise Wattestäbchen, Teller, Besteck und Strohhalme aus Kunststoff. Getränkebehälter wie Getränkeflaschen, deren Verschlüsse und Deckel zu einem erheblichen Teil aus Kunststoff bestehen, dürfen laut Vorschlag nur dann in Verkehr gebracht werden, wenn die Verschlüsse und Deckel während der vorgesehenen Lebensdauer am Behälter befestigt bleiben.

Außerdem sieht die Kommission Kennzeichnungspflichten vor. So sollen etwa Hygieneeinlagen sowie Tampons, Feuchttücher und Luftballons für die VerbraucherInnen mit Entsorgungsempfehlungen, mit einem Hinweis in Bezug auf die negativen Umweltauswirkungen bei Littering (Verschmutzung von Flächen und Räumen durch Müll) und/oder einem Hinweis zum Kunststoffgehalt zu kennzeichnen sein.

Für Kunststoff enthaltende Fischfanggeräte und verschiedene Einwegplastikprodukte soll es eine erweiterte Herstellerverantwortung geben. Hersteller von Take-away Lebensmittelverpackungen, Lebensmittelbehältnissen, Getränkebehältern, Tragetaschen, Zigaretten, Feuchttücher, Luftballone und weiteren Produkten sollen künftig die Kosten für die Sammlung und das Verwerten ihrer Produkte tragen -insbesondere auch Kosten der Einsammlung des durch diese Einwegplastikprodukte verursachten Meeresmülls und Kosten bewusstseinsbildender Maßnahmen zur Vermeidung dieser Einwegplastikprodukte.

Die Mitgliedstaaten müssen bis 2025 90% dieser jährlich auf den Markt gebrachten Einwegkunststoffartikel (nach Gewicht) einer getrennten Sammlung zuführen. Um dieses Ziel zu erreichen, sollen die Mitgliedstaaten entweder spezifische Sammelziele festlegen oder ein Pfandsystem einrichten.

Die Konsumentinnen und Konsumenten müssen insbesondere für diese Produkte Informationen betreffend Wiederverwendungssysteme bzw. zur Sammlung und Verwertung erhalten und auf den Schaden von Littering hingewiesen werden.

Der Richtlinienvorschlag enthält Strafbestimmungen sowie weitere Bestimmungen, etwa Regelungen im Hinblick auf eine Evaluierung und auf eine regelmäßige Datenübermittlung zu den in Verkehr gesetzten Einwegprodukten, um die Reduktion belegen zu können.

Ziel ist zu begrüßen, Details noch zu klären

In der Diskussion wiesen Christoph Längle (FPÖ/V), Stefan Schennach (SPÖ/W), Günther Novak (SPÖ/K) und Ferdinand Tiefnig (ÖVP/O) auf die Plastikverschmutzung auch der Binnenseen, wie des Bodensees, der Flüsse aber auch des Bodens hin. Es könne nicht sein, dass Ehrenamtliche regelmäßig die Landschaft säubern müssen, sagte Tiefnig. Längle sprach kritisch die Plastikbecher bei Fußballspielen an und hält einen Ausbau von Plastik-Recycling für wichtig. Georg Schuster (FPÖ/W) wies darauf hin, dass in Österreich bereits 75-80% der Plastikflaschen recycelt werden. Schennach wiederum forcierte das Pfandsystem. Jedenfalls müsse diese Richtlinie eine "schmerzhafte" werden, merkte er an. Monika Mühlwerth (FPÖ/W) meinte, es müsse sich aber auch jeder bei der eigenen Nase nehmen. Es werde nicht ganz ohne Plastik gehen, betonte sie und ging in diesem Zusammenhang ebenfalls auf die hohe Recycling-Rate in Österreich ein. Mühlwerth kritisierte aber auch die teils viel zu großen Verpackungen. Ihrer Ansicht nach geht die Richtlinie in die richtige Richtung, man dürfe aber nicht "das Kind mit dem Bade ausschütten".

Seitens der Wirtschaftskammer verlangt man klarere Begriffsbestimmungen. Es sei auch nicht zielführend, wenn jedes Mitgliedsland etwas anderes machen könne, so die weiteren Bedenken. Außerdem gebe es in Österreich beispielsweise bereits Kennzeichnungsvorschriften für Feuchttücher. Ausschussvorsitzender Christian Buchmann (ÖVP/St) und der Wirtschaftsvertreter thematisierten zudem auch HFKW, das zwar die Ozonschicht nicht schädigt, aber zur Klimaerwärmung beiträgt. (Fortsetzung EU-Ausschuss des Bundesrats) jan 


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