Parlamentskorrespondenz Nr. 260 vom 09.03.2021

Umweltausschuss spricht sich einstimmig gegen grenznahe Atommülllager und Laufzeitverlängerung des AKW Krško aus

Beratungen auch über Umweltförderungen, EU-Vorhaben, internationale Abkommen und Oppositionsanliegen

Wien (PK) – Nachdem der Umweltausschuss in seiner heutigen Sitzung die Beratungen über das Klima- und das EURATOM-Volksbegehren abgeschlossen hat (siehe Parlamentskorrespondenz Nr. 259/2021), berieten die Ausschussmitglieder unter anderem über den Umweltförderungsbericht, der die Umweltförderungen im Zeitraum von 2017 bis 2019 evaluiert und unter anderem CO2-Einsparungen von 1,1 Mio. Tonnen im Jahr aufzeigt, die durch Förderungen reduziert werden konnten. Auf Antrag der Grünen wird der Bericht auch im Nationalratsplenum diskutiert. Enderledigt wurde hingegen der Bericht der Klimaschutzministeriums über die EU-Vorhaben 2021 in den Bereichen Umwelt und Verkehr.

Zum Thema Atomkraft fasste der Umweltausschuss in Form eines Abänderungsantrags zu einer FPÖ-Forderung einen gemeinsamen Entschließungsantrag aller Fraktionen, wonach Umweltministerin Leonore Gewessler unter anderem aufgefordert wird, sich gegen eine Laufzeitverlängerung des slowenischen Atomkraftwerks Krško einzusetzen. Ebenfalls eine Abänderung brachten die fünf Fraktionen zu einer SPÖ-Forderung ein. Die gemeinsame Entschließung zielt auf den Einsatz der Umweltministerin gegen die Errichtung grenznaher Atommüllendlager ab. Ein FPÖ-Antrag zum Austritt Österreichs aus dem EURATOM-Vertrag erhielt hingegen keine Zustimmung von den anderen Fraktionen.

Einstimmig angenommen wurden zwei internationale Abkommen, die von der Bundesregierung in den Nationalrat gebracht wurden und sich den Themen Schwermetallen in der Luft sowie biologische Sicherheit widmen. Vertagt wurde die Debatte einer Reihe von Oppositionsanliegen, die sich unter anderem mit Plastikmüll, Klimapolitik, Treibhausgasen und einer Ökologisierung des Steuer- sowie des Förderungssystems beschäftigen.

Umweltförderungsbericht: Umweltförderungen sparen jährlich 1,1 Mio. Tonnen CO2 ein

Der Umweltförderungsbericht (III-218 d.B.) des Klimaschutzministeriums evaluiert die Umweltförderungen der Jahre 2017 bis 2019 und deren Auswirkung auf die Umwelt. Er zeigt auf, dass im Untersuchungszeitraum 48.634 geförderte Projekte mit einem Förderungsbarwert von 422,7 Mio. € unterstützt wurden. Neben umweltrelevanten Investitionen von rund 2,8 Mrd. € lösten die Umweltförderungen Einsparungen von jährlich 1,1 Mio. Tonnen CO2-Emissionen und des Energieverbrauchs um etwa 1,67 MWh pro Jahr aus. Zudem konnten 4,4 Mio. m2 kontaminierte Fläche und mehr als 41 Mio. m3 belasteter Untergrundkörper gereinigt werden.

Diese Zahlen hob auch Umweltministerin Leonore Gewessler im Umweltausschuss hervor. Die Umweltförderungen seien somit wichtig für die Erreichung der internationalen Klimaverpflichtungen und würden zur Schaffung regionaler Wertschöpfung und Arbeitsplätze beitragen. Immer mehr Unternehmen würden die Zukunft des Standortes auch im Klimaschutz verorten. Dies zeige sich unter anderem im Interesse der Betriebe an Investitionsprämien, sagte sie in Richtung von Martin Litschauer (Grüne). Die Erwartungen seien sogar übertroffen worden und es zeige sich dabei ein besonders großer Hebel für die Wertschöpfung. FPÖ-Umweltsprecher Walter Rauch sah die Ergebnisse des Berichts sehr positiv. Ihm gegenüber unterstrich Gewessler bezugnehmend auf die im vorigen Jahr beschlossene Änderung des Umweltförderungsgesetzes (UFG), dass es für die Umweltförderungen in diesem und im kommenden Jahr deutlich mehr Mittel geben werde. Von SPÖ-Umweltsprecherin Julia Herr auf die ebenfalls mit dem UFG beschlossene Förderung einkommensschwacher Haushalte angesprochen, sagte die Ministerin, dass es bald zu den ersten Auszahlungen kommen werde. Hierzu sei es wichtig, die entsprechenden Förderinstrumente der Länder auszubauen. Der Bericht wurde schließlich von allen Fraktionen zur Kenntnis genommen und auf Antrag von Martin Litschauer nicht enderledigt, wodurch er in einer der kommenden Nationalratssitzungen debattiert wird.

Umweltausschuss spricht sich einstimmig gegen grenznahe Atommüllendlager und Laufzeitverlängerung des AKW Krško aus

Mit in Verhandlung standen auch drei Oppositionsanträge im Bereich der Atomkraft. Die SPÖ forderte in einem Entschließungsantrag (1199/A(E)) von Umweltministerin Leonore Gewessler, sich gegen grenznahe Atommüllendlager einzusetzen. Begründet wurde dies mit in Frage kommender Standorte in Tschechien und Deutschland. Martin Litschauer (Grüne) brachte hierzu einen Abänderungsantrag aller Fraktionen ein, der die ursprüngliche Forderung erweitert. Die Bundesministerin wird darin zusätzlich aufgefordert, sich auch gegen grenznahe Endlager in der Schweiz einzusetzen. Der Entschließung zufolge soll sie auch dafür eintreten, dass Atomkraft nicht als klimafreundliche Technologie angesehen und der Neu- und Ausbau von europäischen Atomkraftwerken nicht vorangetrieben wird. Ferner sei eine Allianz von Mitgliedstaaten zum europaweiten Ausstieg aus Atomkraft zu suchen. Umweltministerin Leonore Gewessler unterstrich, dass ein grenznahes Endlager von Atommüll nicht vorstellbar sei und sie diese Forderung überall einbringen werde. Es gehe dabei nicht nur um einen kilometerabhängigen Abstand, sondern auch um das Vermeiden von Abwasser in österreichische Gewässer. Konkret auf die Tschechische Republik bezugnehmend, sagte die Ministerin, dass die vier potentiellen Standorte über 30 Kilometer von der österreichischen Grenze weg seien und mit einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht vor 2025 zu rechnen ist.

In eine ähnliche Richtung stößt auch ein weiterer Antrag (989/A(E)), der ursprünglich von der FPÖ eingebracht wurde, im Umweltausschuss aber ebenfalls mit einem Abänderungsantrag aller Fraktionen eine Neufassung erfuhr. Die FPÖ hatte ursprünglich von der Umweltministerin gefordert, sich gegen eine Betriebsverlängerung des slowenischen Kraftwerks Krško einzusetzen. Die Änderung erweitert dieses Anliegen um die Forderung nach Erhalt sämtlicher relevanter Informationen im Zusammenhang mit dem Kraftwerk. Die Umweltministerin soll sich zudem auf EU-Ebene für die Durchführung von grenzüberschreitenden Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) sowie zeitliche Obergrenzen bei Laufzeitverlängerungen einzusetzen. Leonore Gewessler betonte, dass für die Verlängerung des AKW Krško bereits eine UVP fixiert sei und auch Österreich sich an dem Verfahren beteiligen werde. Zu der erst kürzlich bekannt gewordenen atomrechtlichen Standortbewilligung für das tschechische AKW Dukovany, sagte die Ministerin, dass der Bau nur eines Reaktors angepeilt werde, dieser aber aufgrund noch fehlender Baubewilligungen und Typenentscheidungen noch fraglich sei.

Begrüßt wurden die beiden Anliegen im Umweltausschuss von Nikolaus Prinz (ÖVP), Dietmar Keck (SPÖ), Walter Rauch (FPÖ), Martin Litschauer (Grüne) und Michael Bernhard (NEOS). Ablehnung erhielt im Umweltausschuss hingegen eine weitere Forderung der FPÖ (988/A(E)), wonach Österreich aus dem EURATOM-Vertrag aussteigen soll. Eine Mitgliedschaft mache den Freiheitlichen zufolge keinen Sinn und die österreichischen Einzahlungen in das Bündnis seien an anderer Stelle besser aufgehoben. Litschauer konnte dem wenig abgewinnen, da ein einseitiger Ausstieg Österreichs auch die Kontrollmöglichkeiten einschränke. Auch Bernhard sieht mit einem Ausstieg mögliche "Blessuren" Österreichs auf EU-Ebene.

Gewessler: EU befindet sich mit Green Deal auf Zielkurs

Der jährlich vorgelegte Bericht (III-239 d.B.) des Klimaschutzministeriums zu den umwelt- und verkehrsrelevanten Vorhaben auf EU-Ebene zeigt für 2021 eine Reihe von Maßnahmen auf. Viele der Vorhaben stehen im Zusammenhang mit dem Europäischen Green Deal und den EU-Klimazielen, die für 2030 mit einer Reduktion der Treibhausgas-Emissionen um 55 % gegenüber 1990 festgelegt wurden und eine Klimaneutralität bis 2050 vorsehen. Im Verkehr sollen eine Reihe von Maßnahmen hin zu einem intelligenten und nachhaltigen Verkehrssystem eingeleitet und der Ausbau von alternativen Kraftstoffen forciert werden.

Im Umwelt- und Klimaschutz wird unter dem Motto "Fit für das 55-%-Ziel" für das heurige Jahr die Überarbeitung einschlägiger EU-Rechtsmaterien erwartet, unterstrich Umweltministerin Leonore Gewessler. Die EU befinde sich mit dem Green Deal auf Zielkurs, betonte sie in Richtung von NEOS-Umweltsprecher Michael Bernhard. Von Julia Herr (SPÖ) auf die soziale Komponente der geplanten Maßnahmen angesprochen, sagte die Ministerin, dass es sich bei sozialen Fragen um Querschnittsmaterien handle, für die das Klimaschutzministerium nicht immer zuständig sei. Sie betonte aber, dass man bei umweltrelevanten Maßnahmen auch soziale Aspekte berücksichtige. Gewessler verwies darauf, dass die nachhaltige Transformation nur gelingen könne, wenn niemand zurückgelassen wird. Beim Zertifikatehandel, wie er von Walter Rauch (FPÖ) und Dietmar Keck (SPÖ) angesprochen wurde, sei ein Vorschlag zur Nachbesserung der Ausweitung des Handelssystems im Zusammenhang mit dem Grenzausgleichsmechanismus erforderlich. Österreich vertrete den Standpunkt, dass diese Überarbeitung nicht so erfolgen dürfe, dass Länder einen Vorteil erhalten, wenn diese schlechtere Standards haben. Wichtig sei es auch, den vielen vergebenen Gratiszertifikaten in der Luftfahrt zu begegnen. Gewessler setzt neben der Ausweitung des Zertifikatehandels vor allem auf schnell wirkende Maßnahmen, wie etwa in der Gebäudeordnung oder bei Emissionsstandards von Kfz. Was die Einführung eines Pfandsystems anbelangt, sei bereits ein konkretes Modell erarbeitet worden, das erst vor Kurzem mit Stakeholdern diskutiert worden sei, antwortete die Ministerin auf eine Frage von Julia Herr. Für eine Ökologisierung des Abgabensystems würden Gewessler zufolge derzeit Studien in ihrem Ministerium durchgeführt. Grünen-Umweltsprecherin Astrid Rössler hob die Bedeutung von Umweltaktionsprogrammen hervor. Insbesondere im Bereich der Ökosysteme gebe es wichtige Programme zur Bewusstseinsbildung. Sie mahnte aber auch, dem Artensterben zu begegnen. Der Schutz der Biodiversität sei ein dringendes Problem.

Internationale Abkommen zu Schwermetallen in der Luft sowie der biologischen Sicherheit einstimmig angenommen

Mit der Änderung des Schwermettall-Protokolls zum Übereinkommens über weiträumige grenzüberschreitende Luftverunreinigung der  Wirtschaftskommission  der  Vereinten  Nationen  für Europa (UNECE) sollen die Emissionen von Blei, Kadmium und Quecksilber in die Luft weiter verringert und besser überwacht werden (635 d.B.). Die Änderung aktualisiert unter anderem die Emissionsgrenzwerte für Staub als Träger von Schwermetallemissionen. Das Thema Schwermetalle sei nicht zu unterschätzen, betonte Grünen-Umweltsprecherin Astrid Rössler. Insbesondere Kadmium sei sehr häufig und begegne den Menschen in Farben sowie in Korrosionsschutz. Aber auch in der Industrieproduktion würden diese Schadstoffe in die Luft gelangen. Joachim Schnabel (ÖVP) begrüßte das Abkommen ebenfalls. Da Luft nicht vor Grenzen halt mache, sei es wichtig, international zu handeln.

Mit dem Nagoya-/Kuala-Lumpur-Zusatzprotokoll über Haftung und Wiedergutmachung zum Cartagena-Protokoll über biologische Sicherheit legt die Bundesregierung ein weiteres internationales Abkommen vor (684 d.B.). Durch die Festlegung völkerrechtlicher Regeln und Verfahren für die Wiedergutmachung im Zusammenhang mit lebenden veränderten Organismen soll das Protokoll zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der biologischen Vielfalt unter Berücksichtigung der menschlichen Gesundheit beitragen. Das Protokoll wurde von Nikolaus Berlakovich (ÖVP) und Astrid Rössler (Grüne) als wichtiger Beitrag für den Schutz und die Wiederherstellung der Biodiversität begrüßt.

Weitere Oppositionsanliegen vertagt

Eine Reihe von Forderungen der Opposition stand im Umweltausschuss ebenfalls zur Debatte. Die FPÖ tritt gegen Plastikmüllimporte und –exporte ein (1373/A(E)). Ihr Umweltsprecher Walter Rauch betonte, dass in Österreich nur so viel Müll produziert werden dürfe, wie es auch selbst entsorgen kann. Im Anschluss an die Argumentation von Carmen Jeitler-Cincelli (ÖVP), die darauf verwies, dass es in Österreich zu wenig Recycling-Unternehmen gebe, die bestimmte Abfälle aufbereiten könnten, beantragte ihr Fraktionskollege Johannes Schmuckenschlager die Vertagung des Antrags. Ebenfalls zu einem späteren Zeitpunkt wird die Forderung (513/A(E)) der Freiheitlichen beraten, wonach Klimaschutzmaßnahmen vor dem Hintergrund der Corona-Krise überarbeitet werden sollen, sodass die Arbeitslosenzahlen nicht weiter steigen und die heimische Wirtschaft auf europäischer Ebene vor drohender Überregulierung geschützt werden. Mit Verweis auf das in Ausarbeitung befindliche Klimaschutzgesetz  begründete Martina Diesner-Wais (ÖVP) ihren Vertagungsantrag.

Die NEOS fordern eine partizipative Klimapolitik und wollen daher Bürgerräte (1323/A(E)) einsetzen, die sich aus einem repräsentativen Querschnitt der Bevölkerung und ExpertInnen zusammensetzen sollen. Dies würde die Akzeptanz klimapolitischer Maßnahmen verbessern. Auf Initiative von Ernst Gödl (ÖVP) wurden die Beratungen schließlich mit der Begründung vertagt, dass Bürgerräte in der Entschließung zum Klimavolksbegehren vorgesehen seien. Mit dieser Argumentation stellte Michael Hammer (ÖVP) seinen Vertagungsantrag zu einer weiteren NEOS-Forderung. Um die österreichische Klimapolitik generationengerecht und transparent zu gestalten sowie die Verantwortlichkeiten klar zu regeln, fordern die NEOS ein Klimatransparenzgesetz (131/A(E)). Dieses Gesetz könne eine klimapolitische Entscheidungsgrundlage schaffen sowie Planungssicherheit und Handlungsspielräume für langfristige Projekte ermöglichen, betonte Bernhard.

Ferner fordern die NEOS einen Masterplan für die Speicherung von bereits freigesetztem CO2, wozu es bereits erprobte Technologien gebe (859/A(E)). Dies sei ein wichtiger Beitrag zur Erreichung der Klimaziele. Vertagt wurde der Antrag schließlich auf Initiative von Grünen-Mandatar Martin Litschauer. Der Fokus sei derzeit vor allem auf die Energieeffizienz, die Reduktion von CO2-Emissionen sowie den Ausbau erneuerbarer Energieträger zu legen. Zudem sei noch offen, welche Speicher-Technologien geeignet sind.

Geht es nach NEOS-Umweltsprecher Michael Bernhard, soll zudem eine Ökologisierung des Steuersystems vorangetrieben werden (672/A(E)), wobei eine sektorenübergreifende Besteuerung klimaschädlicher Emissionen, einhergehend mit einer deutlichen Entlastung des Faktors Arbeit, zu einer nachhaltigen Bewältigung der Klima- und der Folgen der Corona-Krise beitragen könnte. In eine ähnliche Richtung stößt auch eine weitere NEOS-Forderung, wonach umweltschädliche Subventionen bis 2022 abgeschafft bzw. umgestaltet werden sollen (682/A(E)). Joachim Schnabel (ÖVP) wies auf die im Regierungsprogramm geplante und im Entschließungsantrag zum Klimavolksbegehren geforderte ökosoziale Steuerreform hin. Bei der CO2-Bepreisung gebe es zudem verschiedene Ansätze, die es zu überprüfen gelte. Daher seien auch diese beiden NEOS-Anliegen zu vertagen. (Schluss Umweltausschuss) see