Parlamentskorrespondenz Nr. 274 vom 10.03.2021

Wirtschaftsausschuss beschließt Novelle des Ziviltechnikergesetzes

Verlängerung der Lehrlings-Kurzarbeit, Beendigungsabkommen zu Investitionsschiedsklauseln; Oppositionsanträge vertagt

Wien (PK) – Der Wirtschaftsausschuss widmete sich heute unter anderem einer Novelle des Ziviltechnikergesetzes, die unter den Fraktionen - bis auf die FPÖ - auf breite Zustimmung stieß. Weitere Themen im Ausschuss waren die Verlängerung der Lehrlings-Kurzarbeit und das Beendigungsabkommen zu Investitionsschiedsklauseln. Zahlreiche Oppositionsanträge wurden vertagt.

Novelle des Ziviltechnikergesetzes beschlossen

Aufgrund eines EuGH-Urteils sollen im Ziviltechnikergesetz Anpassungen vorgenommen werden. Die entsprechende Regierungsvorlage enthielt neue Regelungen betreffend die Beteiligung am Gesellschaftsvermögen von Ziviltechnikergesellschaften. Künftig müssen statt der bisherigen Mehrheit nur 50 Prozent der Gesellschaftsanteile und Stimmrechte von Ziviltechnikergesellschaften von berufsbefugten ZiviltechnikerInnen, Ziviltechnikergesellschaften oder interdisziplinären Gesellschaften mit ZiviltechnikerInnen gehalten werden (686 d.B.).

Durch die Novelle werde die Möglichkeit geschaffen, dass ZiviltechnikerInnen interdisziplinäre Gesellschaften mit Angehörigen anderer Berufe bilden, um andere Tätigkeiten als jene des Ziviltechnikerberufs auszuüben, erklärte Elisabeth Götze (Grüne). Mittels Abänderungsantrag stellten ÖVP und Grüne sicher, dass im Rechtsverkehr deutlich wird, wer an einer Ziviltechnikergesellschaft beteiligt ist – dies auch im Fall der Beteiligung einer interdisziplinären Gesellschaft. Zur Verhinderung eines Absinkens des Ziviltechnikeranteils bei interdisziplinären Gesellschaften auf unter 50 Prozent der Gesellschaftsanteile und Stimmrechte sollen die Gesellschaftsanteile und Stimmrechte von ZiviltechnikerInnen an allfällig beteiligten Ziviltechnikergesellschaften und interdisziplinären Gesellschaften mit ZiviltechnikerInnen berücksichtigt werden.

Für Erwin Angerer (FPÖ) wird damit die Unabhängigkeit der ZiviltechnikerInnen zerstört, weshalb die FPÖ dem Gesetz keine Zustimmung erteilte. Anders sah dies die SPÖ. Christoph Matznetter wollte mit der Zustimmung ein positives Signal setzten, gab aber an, dass die Zustimmung der SPÖ in 2. und 3. Lesung davon abhänge, ob die Urkundentätigkeit auf die ZiviltechnikerInnen beschränkt werde. Laut Wirtschaftsministerin Schramböck werden Urkunden immer vom Ziviltechniker bzw. der Ziviltechnikerin direkt ausgestellt.

Gerald Loacker (NEOS) machte sich dafür stark, dass für andere Gruppen der Freiberufler die gleichen Regelungen herangezogen werden bzw. bei allen die gleiche Logik gelten sollte. Das Gesetz wurde mit den Stimmen von ÖVP, Grüne, SPÖ und NEOS beschlossen. Miterledigt wurde ein Entschließungsantrag der SPÖ, der darauf abzielt, dass bei mehrstöckigen Kapitalbeteiligungen auch durchgerechnet mindestens 50 Prozent des Kapitals einer Ziviltechnikergesellschaft wirklich von ZiviltechnikerInnen gehalten werden und somit die Unabhängigkeit von Ziviltechnikergesellschaften gewährleistet ist (1155/A(E)).

Verlängerung der Kurzarbeit für Lehrlinge bis 30. Juni

Einstimmig beschlossen wurde die Möglichkeit zur – vorübergehenden – Reduktion der betrieblichen Ausbildungszeit zum Zweck der Inanspruchnahme von Kurzarbeitsbeihilfe. Entsprechend dem Ende der COVID-19-Kurzarbeitsphase 4 soll mit einem Antrag von ÖVP und Grünen daher die Möglichkeit der Kurzarbeit für Lehrlinge nunmehr über den 31. März hinaus bis zum 30. Juni 2021 verlängert werden (1379/A). Dem Antrag zufolge könne weiterhin mit bis zu 5 Prozent der betrieblich ausgebildeten Lehrlinge (rund 5.000 Personen) gerechnet werden, die Kurzarbeit in Anspruch nehmen.

Beendigungsabkommen zu Investitionsschiedsklauseln genehmigt

Zur Umsetzung eines EuGH-Urteils betreffend bilaterale Investitionsschiedsklauseln haben die Abgeordneten ein entsprechendes Beendigungsabkommen zwischen Österreich und der Slowakei einstimmig genehmigt (667 d.B.). Von diesem Urteil seien sämtliche in bilateralen Abkommen über die Förderung und den Schutz von Investitionen zwischen Mitgliedstaaten der Europäischen Union enthaltenen Bestimmungen zur Investor-Staat-Schiedsgerichtsbarkeit betroffen. Neben der vorliegenden Beendigung des einstigen "Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik über die Förderung und den Schutz von Investitionen" soll demnach auch die Beendigung aller weiteren bilateralen Investitionsschutzverträge Österreichs mit EU-Mitgliedstaaten weiterverfolgt werden, erklärte Johann Höfinger (ÖVP). Die Abgeordneten sprachen sich für die unmittelbare Anwendbarkeit der Bestimmungen aus.

Wirtschaftsausschuss vertagt Oppositionsanträge

Die Regierungsparteien vertagten schließlich eine Reihe von Oppositionsanträgen, vor allem zu Corona-Themen. So forderte die SPÖ, die Mittel aus dem EU-Aufbaufonds sofort abzurufen (1342/A(E)). Außerdem urgieren die SozialdemokratInnen bei COVID-19-Risikogruppen einen besseren Schutz auch für Selbstständige (1232/A(E)).

Die FPÖ setzte sich zum einen dafür ein, die Einmahnung gestundeter Sozialversicherungsbeiträge bei Unternehmen zu beenden (1243/A(E)), zum anderen forderte sie die Auflösung der COFAG samt Übertragung der Kompetenzen an das Finanzministerium (1358/A(E)). Außerdem wollte die FPÖ einen "Ausverkauf" der heimischen Wirtschaft an Drittstaaten verhindern. Im Vorfeld einer bevorstehenden Pleitewelle im Tourismusbereich forderten die Freiheitlichen unter anderem die Festlegung eines Vorkaufsrechts für österreichische InvestorenInnen bzw. für jene aus EU-Mitgliedstaaten (1362/A(E)).

Die NEOS sprachen sich dafür aus, die Mittel aus dem EU-Aufbauplan für neue und innovative Projekte zu nutzen und nicht bereits budgetierte Projekte heranzuziehen (1393/A(E)). Außerdem ging es ihnen um die Erarbeitung eines Systems für das Aufsperren der Wirtschaft mit Corona (1318/A(E)) und um Konzepte gegen einen chronischen Fachkräftemangel im IT-Bereich (1320/A(E)). (Schluss Wirtschaftsausschuss) mbu/gla


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