Verkehrsausschuss beschließt Mauterleichterungen für emissionsfreie Fahrzeuge
Oppositionsanträge Maut vertagt oder abgelehnt, Mautbefreiungen einiger grenznaher Autobahnabschnitte bleiben vorerst aufrecht
Wien (PK) – Das Thema Maut bildete einen weiteren Schwerpunkt im heutigen Verkehrsausschuss. So sollen nun mit einer Änderung des Tarifsystems im Bundesstraßen-Mautgesetz, die vom Ausschuss einstimmig angenommen wurde, emissionsfreie Fahrzeuge deutlich begünstig und ein Schritt in Richtung einer Ökologisierung der fahrleistungsabhängigen Maut gesetzt werden. Verkehrsministerin Leonore Gewessler erklärte, weitere Schritte der Ökologisierung des Mautsystems könnten nach Abschluss der Verhandlungen über die Wegekostenrichtlinie der EU gesetzt werden.
SPÖ und FPÖ brachten mit Entschließungsanträgen ihre Anliegen in Zusammenhang mit der Maut zur Sprache. Die SPÖ hält es nicht für sinnvoll, die Maut für Wohnmobile bis 7,5 Tonnen über die GO-Box einzuheben und würde eine Vignettenlösung präferieren. Dieser Antrag wurde vertagt. Die FPÖ sieht eine Diskriminierung darin, dass BenutzerInnen von Wechselkennzeichen eine einzelne digitale Vignette für bis zu drei Fahrzeuge verwenden können, während es bei Klebevignetten diese Möglichkeit nicht gebe. Die anderen Fraktionen schlossen sich der Argumentation nicht an, der Antrag wurde mehrheitlich abgelehnt.
Die Auswirkungen der Mautbefreiungen in Salzburg, Tirol und Vorarlberg sind evaluiert worden. Nach dem nun vorliegenden Gutachten haben sie ihren Zweck, Mautflucht einzuschränken und die betroffenen Regionen zu entlasten, nicht eindeutig erfüllt. Die Daten des Berichts seien aufgrund der Corona-Pandemie aber nur beschränkt aussagekräftig, stellte die Verkehrsministerin fest. Die Befreiungen würden daher vorerst aufrecht bleiben. Die Kenntnisnahme des Berichts erfolgte mit Mehrheit, nachdem die SPÖ-Abgeordneten nicht zugestimmt hatten. Die SPÖ wollte den Bericht im Plenum des Nationalrats noch weiter diskutieren, konnten sich mit diesem Wunsch aber nicht durchsetzen.
Emissionsfreie Fahrzeuge sollen bei Maut begünstigt werden
Mit einer Änderung des Tarifsystems im Bundesstraßen-Mautgesetz soll ein Schritt in Richtung Ökologisierung der fahrleistungsabhängigen Maut gesetzt werden. Emissionsfreie Fahrzeuge, also Fahrzeuge mit reinem Elektroantrieb oder mit reinem Wasserstoff-Brennstoffzellenantrieb, sollen bei der so genannten "fahrleistungsabhängigen Anlastung der Infrastrukturkosten für die Benützung von Bundesstraßen" begünstigt werden (683 d.B.). Der Tarif für diese Fahrzeuge könnte damit nicht mehr nur bis zu 50 %, sondern künftig bis zu 75 % unter dem höchsten Tarif liegen, wobei hier Bezug genommen wird auf Fahrzeuge, die einer der EURO-Emissionsklassen zugeordnet sind.
Vorerst seien die finanziellen Auswirkungen der Maßnahme gering, hielt die Verkehrsministerin fest. Der Anteil emissionsfreier Fahrzeuge an der Fahrleistung liege derzeit unter einem Prozent. Hier gehe es um einen ersten Schritt für bessere Rahmenbedingungen für E-Mobilität. Die Abgeordneten aller Fraktionen teilten diese Sicht, die Zustimmung zur Novelle fiel daher einstimmig aus.
SPÖ: Wohnmobile bis 7,5 Tonnen per Vignette bemauten
Die derzeitige Form der Bemautung von Wohnmobilen der Gewichtsklasse von 3,5 bis 7,5 Tonnen erfordere eine GO-Box und sei damit wenig praktikabel, befindet SPÖ-Abgeordneter Dietmar Keck. Das Problem sei, dass oft das Gewicht von 3,5 Tonnen nur geringfügig überschritten werden, was dann sofort zu hohen Mautkosten führe und in weiterer Folge bewirke, dass die Fahrzeuge auf das niederrangigere Straßennetz ausweichen. Er fordert daher, Wohnmobile dieser Gewichtsklasse von der kilometerabhängigen Maut auszunehmen und stattdessen eine kostendeckende, pauschale Bemautung über Vignette zu ermöglichen (1079/A(E)). Der Antrag wurde mehrheitlich vertagt.
ÖVP-Abgeordnete Kirchbaumer äußerte Verständnis für den Antrag, da die Gewichtsklassen auch aus ihrer Sicht überdacht werden sollten. Sie hielt eine Vertagung für gerechtfertigt, um der Frage weiter nachzugehen. Auch Weratschnig (Grüne), dass das Problem eine Gesamtsicht brauche. Abgeordneter Keck zeigte sich unzufrieden mit der Vertagung. Eine Lösung werde stets in Aussicht gestellt, aber nicht umgesetzt, kritisiert er.
FPÖ-Antrag zu eigenen Klebevignetten für Wechselkennzeichen abgelehnt
Abgeordneter Christian Hafenecker weist darauf hin, dass die digitale Vignette nicht mehr an das Fahrzeug, sondern an das Kennzeichen gebunden ist. BenutzerInnen von Wechselkennzeichen können damit eine einzelne digitale Vignette für bis zu drei Fahrzeuge verwenden. Bei Klebevignetten gebe es diese Möglichkeit nicht, was für Hafenecker eine Diskriminierung darstellt. In einem Entschließungsantrag forderte er von der Verkehrsministerin, für Personen, die mehrere Fahrzeuge mit einem Wechselkennzeichen benützen, die Möglichkeit zu schaffen, auch eine Klebevignette für alle Fahrzeuge mit dem gleichen Kennzeichen verwenden zu können (1354/A(E)). Der Antrag wurde nur von den FPÖ-Abgeordneten unterstützt und blieb damit in der Minderheit.
ÖVP-Abgeordnete Rebecca Kirchbaumer meinte, es gebe eine Wahlfreiheit zwischen digitaler Vignette und Klebevignette, das sei keine Diskriminierung. Der Verkehrssprecher der Grünen, Hermann Weratschnig, war ebenfalls gegen Änderungen, da ein sinnvoller Lenkungseffekt in Richtung digitaler Vignette gegeben sei. Johannes Margreiter (NEOS) sah das ähnlich. Nicht die Klebevignette, sondern die digitale Vignette sollte attraktiver gemacht werden, argumentierte er. Für Dietmar Keck (SPÖ) ist die digitale Vignette genau jene Lösung für die BesitzerInnen von Wechselkennzeichen, mit dem das Problem, dass für jedes Fahrzeug eine Vignette zu lösen war, behoben werden konnte.
Gewessler: Noch keine endgültige Beurteilung möglich, wie weit Mautbefreiungen gegen Ausweichverkehr wirken
Derzeit besteht Vignettenbefreiung für einige grenznahe Autobahnabschnitte bei Kufstein, Bregenz und Salzburg. Sie sollen Ausweichverkehr verhindern und damit eine Beeinträchtigung der Sicherheit des Verkehrs sowie Lärmbelastung und Luftverschmutzung verhindern. Im Auftrag des Nationalrats hat das Verkehrsministerium bei der ASFINAG eine Evaluierung der Maßnahme in Auftrag gegeben, die im Laufe des Jahres 2020 durchgeführt wurde. Der Bericht des Verkehrsministeriums wurde heute im Verkehrsausschuss diskutiert (III-255 d.B.) und mit Mehrheit zur Kenntnis genommen.
Die Verkehrsministerin führte aus, dass das Gutachten der ASFINAG zu dem Schluss gelangte, dass der Zweck der Vignettenbefreiung nicht erreicht werden konnte. Diese Einschätzung stützt sich insbesondere darauf, dass trotz Verkehrsrückgängen und Verlagerungspotenzialen keine relevante Vermeidung von Umweltauswirkungen zu erwarten sei. Diese wurde jedoch vom Gesetzgeber als zusätzliches Kriterium für die Einführung der Vignettenbefreiung vorgesehen. Die Bundesländer Salzburg, Tirol und Vorarlberg konnten zu der Evaluierung Stellungnahmen abgeben. Sie können die Schlussfolgerung wegen der erhobenen Verkehrsrückhänge nicht nachvollziehen. Für sie liegt nahe, dass die festgestellten Verlagerungspotenziale eine Beibehaltung der Vignettenausnahmen rechtfertigen. Sie weisen jedoch auch auf die mangelnde Aussagekraft der Daten hin.
Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP) entnahm dem Bericht, dass die Ergebnisse durchaus unterschiedlich beurteilt werden können. Für Johann Eßl ergibt sich, dass Lenkungspotenziale vorhanden sind. Diese Sicht teilte Hermann Weratschnig (Grüne). Allerdings müsse man die jeweiligen topografischen Bedingungen im Auge behalten, um zu beurteilen, ob sie eine Anrainerentlastung bringen könne, gab er zu bedenken. Diese Einschätzung teilte auch Gerhard Deimek (FPÖ). Er wollte wissen, ob dem Ministerium bereits Ansuchen auf Mautbefreiungen anderer Abschnitte vorliegen. Johannes Margreiter (NEOS) gab zu bedenken, dass die einzelnen Eingriffe ins Mautsystem sorgfältig überlegt werden sollten, da man sonst das ganze System in ein Ungleichgewicht bringe. Eventuell sollten grenznahe Autobahnabschnitte generell mautbefreit werden. Dietmar Keck (SPÖ) beantragte mit dem Argument, dass der Bericht wichtige Grundsatzfragen zum Mautsystem behandle, ihn nicht im Ausschuss zu erledigen, sondern ihn auch im Plenum des Nationalrats zu diskutieren. Dieser Antrag fand aber keine Unterstützung der anderen Fraktionen.
Verkehrsministerin Leonore Gewessler hielt fest, dass die Ergebnisse aufgrund der durch die Pandemie eingeschränkten Mobilität nur beschränkte Aussagekraft hätten und keine fundierte Grundlage für eine etwaige Aufhebung der Mautbefreiungen bieten würden. Daher sei das Ressort zu der Auffassung gekommen, die Befreiungen bis auf Weiteres unverändert beizubehalten. Vorerst sei keine weitere Evaluierung vorgesehen. Gewessler stimmte Abgeordnetem Margreiter zu, dass man in der Mautfrage nicht "die Büchse der Pandora" öffnen und das Mautsystem nicht aushöhlen solle. Das Verkehrsressort gehe daher sehr sorgfältig mit seiner Möglichkeit um, per Verordnung einzelne Streckenabschnitte von der Maut auszunehmen. Das Gesetz sehe dabei eine Einzelfallprüfung vor, ihr Ressort habe dafür einen Leitfaden erarbeitet. Daher sei es auch nicht denkbar, Grenzabschnitte pauschal von der Maut zu befreien. Anträge auf weitere Mautbefreiungen liegen dem Ressort nicht vor, informierte die Verkehrsministerin den Ausschuss. (Schluss Verkehrsausschuss) sox
Links
- 1354/A(E) - keine Diskriminierung der Besitzer von Klebevignetten
- 1079/A(E) - Bemautung von Wohnmobilen mittels Vignette
- 683 d.B. - Bundesstraßen-Mautgesetz 2002
- 1/A-VE - Verkehrsausschuss
- III-255 d.B. - Bericht gemäß § 33 Abs. 13 Bundesstraßen-Mautgesetz und über das Ergebnis der Evaluierung der Auswirkungen der Mautbefreiungen