Parlamentskorrespondenz Nr. 135 vom 16.02.2022

Verkehrsausschuss beschließt Qualifikationsregister für FahrerInnen in Personen- und Güterkraftverkehr

Verkehrsministerin Gewessler sieht Prioritäten der Verkehrspolitik in der Erreichung der Klimaziele

Wien (PK) — Eine europäische Richtlinie, die Österreich nun umsetzt, zielt auf ein EU-weit einheitliches Niveau der Qualifizierung von FahrerInnen, die im Personenverkehr und in der Güterbeförderung tätig sind. Dazu soll unter anderem ein Berufskraftfahrerqualifikationsregister geschaffen werden. Die Koalitionsparteien haben die Umsetzung der EU-Richtlinie mit einem Initiativantrag auf den Weg gebracht. Die Novelle regelt die Grundqualifikation und Weiterbildung der FahrerInnen bestimmter Kraftfahrzeugklassen für den Güter- oder Personenkraftverkehr. Die Novelle wurde vom Verkehrsausschuss heute mit den Stimmen von ÖVP, Grünen und NEOS beschlossen. ÖVP und Grüne hatten zuvor noch einen umfangreichen Abänderungsantrag zur Klärung von Zuständigkeiten im Datenschutz eingebracht hatten.

Der Verkehrsausschuss befasste sich auch mit den Mitteln des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds, die im Rahmen der Budgetuntergliederung Mobilität im Oktober und November 2021 für Mobilitätsprojekte ausbezahlt wurden. Die beiden Berichte wurden mehrheitlich, ohne die Stimmen der FPÖ-Abgeordneten, zur Kenntnis genommen.

Im Mittelpunkt einer Aussprache mit Verkehrsministerin Leonore Gewessler standen die aktuellen verkehrspolitischen Vorhaben und Schwerpunkte des Ressorts.

Novelle zum Güterbeförderungsgesetz setzt EU-Vorgaben für gewerbliche Fahrerqualifikationen um

Österreich setzte eine EU-Richtlinie um, die ein einheitliches Qualifikationsniveau von FahrerInnen im Straßengüterverkehr und in der Personenbeförderung durch einheitliche Qualifikationsnachweise sicherstellen soll. Die Verkehrssprecher der Koalition Andreas Ottenschläger (ÖVP) und Hermann Weratschnig (Grüne) hatten die Novelle mit einem Initiativantrag zur Änderung des Güterbeförderungsgesetzes, des Gelegenheitsverkehrs-Gesetzes und des Kraftfahrliniengesetzes auf den Weg gebracht (2224/A). Ein zentrales Element ist die Einrichtung eines Berufskraftfahrerqualifikationsregisters, das den Datenaustausch über Fahrerqualifizierungsnachweise ermöglichen soll. Das Bundesrechenzentrum wird dazu ein automationsunterstütztes zentrales Berufskraftfahrerqualifikationsregister führen, das sämtliche, von inländischen Behörden ausgestellte Fahrerqualifizierungsnachweise erfasst und durch das nachvollziehbar wird, ob ein Berufskraftfahrer bzw. eine Berufskraftfahrerin über die erforderliche Qualifikation verfügt. Das Güterbeförderungsgesetz und das Gelegenheitsverkehrs-Gesetz werden um Bestimmungen über das Mitführen und die Kontrolle des Fahrerqualifizierungsnachweises und die Grundqualifikation bei Lenkberechtigungen für die Klassen C1E, CE, D1, D1E und DE ergänzt. Außerdem werden die Ausnahmen von Bestimmungen der Richtlinie geregelt sowie Strafbestimmungen für InhaberInnen von Ermächtigungen als Ausbildungsstätte aufgenommen. Außerdem wird die Konzessionserteilung an ausländische KonzessionswerberInnen geregelt. Vom Erfordernis der österreichischen Staatsbürgerschaft kann abgesehen werden, wenn mit dem Heimatstaat des Konzessionswerbers bzw. der Konzessionserwerberin formelle Gegenseitigkeit besteht, wobei langfristig aufenthaltsberechtigte Drittstaatsangehörige diesen Nachweis der Gegenseitigkeit nicht erbringen müssen.

In der Sitzung des Verkehrsausschusses brachten die Koalitionsparteien noch einen umfangreichen Abänderungsantrag ein, mit dem neben redaktionellen Anpassungen detaillierte Bestimmungen im Gesetz eingefügt wurden, welche datenschutzrechtliche Bedenken beheben soll, wie ÖVP-Abgeordnete Rebecca Kirchbaumer erläuterte. Daher werden die datenschutzrechtliche Rolle der Verkehrsminister als Verantwortliche, sowie der Bundesrechenzentrum GmbH als Auftragsverarbeiter bei der Führung des Berufskraftfahrerqualifikationsregisters und die jeweils damit verbundenen Datenschutzpflichten genau festgelegt. Außerdem wurden Bestimmungen ergänzt, die klarstellen, welche Fahrzeuge vom Nachweis der Erfüllung der Ausbildungsanforderungen nach der EU-Richtlinie ausgenommen und welche Fahrerqualifizierungsnachweise anerkannt werden.

Sowohl FPÖ-Verkehrssprecher Gerhard Deimek als auch SPÖ-Verkehrssprecher Alois Stöger übten Kritik am der formalen Umsetzung der EU-Richtlinie per Initiativantrag und begründeten damit die Entscheidung ihrer Fraktionen, der Novelle nicht zuzustimmen. Das Vorgehen der Verkehrsministerin unterlaufe nicht nur die Arbeit des Ausschusses, meinte Deimek. Darüber hinaus sei sie offenbar bei der Umsetzung der Richtlinie säumig gewesen, weshalb man dieses Prozedere gewählt habe. Stöger merkte an, das weder bei der Begutachtung des Initiativantrags noch bei dem umfangreichen Abänderungsantrag die erforderlichen Fristen eingehalten worden seien.

Verkehrsministerin Leonore Gewesseler betonte, ihre Ressort sei stets bemüht, alle Themen fristgerecht abzuarbeiten, in diesem Fall sei es allerdings zu einer Verzögerung gekommen. Grundsätzlich gebe die Richtlinie die Inhalte bereits vor und es gebe sehr wenig nationalen Gestaltungsspielraum.

COVID-19-Krisenbewältigungsfonds unterstützt Dekarbonisierungsprojekte

Der Verkehrsausschuss debattierte auch über den Bericht, den das Bundesministerium für Klimaschutz (BMK) über die Verwendung von Mitteln des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds (Untergliederung 41 Mobilität) für den Bereich Mobilität im Oktober 2021 (III-503 d.B.) sowie im November 2021 (III-520 d.B.) vorgelegt hat. Aus dem COVID-19-Krisenbewältigungsfonds wird die Forschungsförderung des KLIEN Klima-Konjunkturpakets 2020 zur Forcierung von Innovationen für die Dekarbonisierung finanziert. Die 2021 bewilligten Projekte sind auf die Erzielung einer höheren Ressourceneffizienz, eines geringeren Energieverbrauchs und auf CO2-Reduktion ausgerichtet. Laut dem Bericht für Oktober 2021 waren die gesamten Auszahlungen der Förderungen in diesem Bereich auf 7,75 Mio. € gestiegen, wobei 5,32 Mio. € auf das Programm Vorzeigeregion Energie und rund 2,43 Mio. € auf den Bereich Energieforschung entfielen. Der Folgebericht zeigt keine weiteren Veränderungen dieser Zahlen bis Ende November 2021.

Verkehrsministerin Gewessler ergänzte zu den Berichten, dass aufgrund der neuen Lockdown-Maßnahmen im November und Dezember 2021 eine weitere Notvergabe von Leistungsbestellungen für die Westbahn erfolgte, die im Bericht für Dezember 2021 ausgewiesen werde. NEOS-Abgeordneter Johannes Margreiter sprach die COVID-19-Maßnahmen im Zugsverkehr bzw. im öffentlichen Nahverkehr an und fragte, ob für diesen 2G- bzw. 3G-Regeln überlegt worden seien. Die Ministerin sagte, die Einführung von Zugangsregelung setze durchgängige Zugangskontrollen voraus, die in diesen Bereichen umsetzbar wären. Daher habe man auf FFP2-Maskenpflicht und Hygienemaßnahmen gesetzt. Bisher vorliegende Studien zeigten, dass es im öffentlichen Verkehr keine signifikanten Clusterbildungen gegeben habe. Melanie Erasim (SPÖ) wollte wissen, ob der Output der geförderten Projekte bereits abgeschätzt werden könnte. Joachim Schnabel (ÖVP) interessierte sich vor alle für Förderungen des Einsatzes von Wasserstoff in der Mobilität und für die angekündigte Wasserstoffstrategie.

Bundesministerin Gewessler erläuterte, der Hintergrund der Forschungsförderung des KLIEN Klima-Konjunkturpakets 2020 sei, dass die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten gerade in der Krise gestützt werden sollten, was auch gelungen sei. Mit den Förderungen habe ihr Ressort die Finanzierung von 15 zusätzlichen Forschungsprojekten sicherstellen können. Diese werden in großen Forschungsclustern in drei Vorzeigeregionen umgesetzt, führte Gewessler aus. Dabei gehe es um die Dekarbonisierung des Verkehrs, wobei Wasserstoff eine wichtige Rolle spiele. Weiters unterstütze man Projekte zur besseren Ressourceneffizienz, etwa in der Stahlproduktion. Da es sich um langfristige Forschungsprojekte handle, die noch im Laufen seien, sei noch keine abschließende Bewertung möglich. Was die Wasserstoffstrategie betreffe, so befinde sich diese nach einem umfangreichen Stakeholder- und Konsultationsprozess, der auch ressortübergreifend durchgeführt wurde, in der letzten Abstimmungsphase. Sie hoffe, die Strategie bald vorstellen zu können.

Verkehrsministerin Gewessler: Verkehr ist wesentlicher Teil der Klimapolitik

Weitere Schwerpunkte der Arbeit des Klimaschutzministeriums wurden in einer aktuellen Aussprache von Bundesministerin Gewessler mit den Abgeordneten diskutiert. NEOS-Verkehrssprecher Johannes Margreiter sagte, die Verkehrsministerin verbinde in ihren Aussagen die verkehrspolitischen Vorhaben mit dem Ziel einer grundlegenden Umgestaltung von Gesellschaft und Wirtschaft. Er wolle daher wissen, wohin laut der Verkehrsministerin "die Reise gehen soll". Verkehrsministerin Gewessler betonte, die Ziele seien weit pragmatischer und weniger ideologisch, als Margreiter vermute. Die Auswirkungen der Klimakrise seien bereits deutlich spürbar, und der Verkehrsbereich sei für einen wesentlichen Teil der klimaschädlichen Emissionen verantwortlich. Statt einer Reduktion sei in den letzten Jahren in Österreich ein weiterer Anstieg zu verzeichnen gewesen. Daher gelte es, Weichenstellungen für den Klimaschutz und klimafreundliche Mobilität zu setzen. Das finde in den Projekten ihres Ressorts seinen Niederschlag.

Auf die Frage von Gerhard Deimek (FPÖ), wie viele UmsteigerInnen es von der ÖBB-Jahreskarte und der Netzkarte der Wiener Linien auf das Klimaticket gebe sagte Gewessler, dass die Begleitforschung zum Klimaticket noch im Gange sei. Unterdessen seien jedoch mehr als 140.000 Tickets verkauft, wobei etwa die Hälfte auf UmsteigerInnen entfalle, was zeige, dass man auch eine große Zahl NeukundInnen gewinnen habe können. Auf die Frage von Deimek, ob COVID-19-bedingt eine Anpassung der Flughafenentgelte geplant sei, teilte Gewessler mit, dass das derzeit nicht der Fall sei.

Julia Herr (SPÖ) stellte die Frage, wann die Initiative der Bundesregierung zur Förderung von "Green Jobs" beginnen werde, es gebe zum Beispiel Bedarf an LokführerInnen. Sie erfuhr, dass die Bundesregierung ressortübergreifend die Auseinandersetzung mit der Umsetzung des "Just Transition Fund" der EU in Österreich begonnen habe. Der Fonds soll den Systemwechsel hin zu einer klimafreundlichen Wirtschaft beschleunigen und arbeitsmarktpolitisch begleiten. So erhebe die Bundesregierung die Auswirkungen der Klimaschutzmaßnahmen und den Bedarf im Bereich Umwelttechnologie, worunter auch der Verkehrsbereich falle.

Klaus Köchl (SPÖ) wollte wissen, ob die Reduzierung der Straßenbauprojekte der ASFINAG sich auf den Preis der Autobahn-Vignette auswirken werde. Er wollte auch wissen, ob die Ministerin nicht befürchte, mit der Streichung von Straßenprojekten ihre Kompetenzen überschritten zu haben, und ob diese mit dem Koalitionspartner ÖVP abgestimmt worden sei. Die Verkehrsministerin betonte, dass es keine Auswirkungen auf die Vignettenpreise geben werde, da die ASFINAG ihre Investitionen insgesamt nicht reduziere. Im Übrigen sei sie der Auffassung, dass sie sich mit der Anpassung des ASFINAG-Bauprogramms an geänderte Rahmenbedingungen, wie es sie im Übrigen auch unter Verkehrsministerin Doris Bures gegeben habe, völlig im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben bewege. Sie habe vor der Entscheidung, ebenso wie der ASFINAG-Vorstand, dazu Rechtsauskünfte eingeholt.

Hermann Weratschnig (Grüne) fragte nach den Investitionen in die Bahninfrastruktur in Tirol und Vorarlberg. Gewessler verwies auf 510 Mio. €, die der ÖBB-Rahmenplan für den Bahnausbau in Vorarlberg vorsehe. 3,7 Mrd. € sollen über sechs Jahre verteilt in Tirol investiert werden, wobei im Zentrum Vorhaben in Zusammenhang mit dem Brennerbasis-Tunnel stehen. So sei nun der Ausbau des Nordzulaufs projektiert. Auf die Frage von Lukas Hammer (Grüne), ob Änderungen der Unterstützung für E-Fahrzeuge geplant seien sagte Gewessler, dass es die Förderungen für E-Fahrzeuge von Privaten weiterhin geben werde. Für Betriebe habe man unterdessen eine Reihe steuerlicher Vergünstigungen geschaffen, weshalb hier die Förderungen bei der Umstellung der Fahrzeugflotte auf E-Mobilität auslaufen können.

ÖVP-Verkehrssprecher Andreas Ottenschläger betonte, dass die Änderungen der Ausbaupläne der ASFINAG im Wirkungsbereich der Verkehrsministerin liegen müssten und in diesem Sinne auch nicht "mit der ÖVP abgestimmt" werden mussten, die teilweise andere Auffassungen habe. "Eine gute Partnerschaft hält das aber aus", betonte er. Er wollte wissen, welche Entwicklung sich bei der "Rollenden Landstraße" (RoLa) zeige. Gewessler betonte, dass sich 2021 ein sehr guter Trend der RoLa auf der Brenner- und der Phyrnstrecke gezeigt habe. NEOS-Abgeordnete Katharina Werner wollte wissen, ob eine bessere Bahnanbindung für Steyr geplant sei. Die Verkehrsministerin wies auf den geplanten "Masterplan Güterverkehr" hin, der auf dem "Masterplan Mobilität" der Bundesregierung aufbauen solle. Derzeit werde das "Gerüst" des Plans ressortübergreifend erarbeitet, teilte die Ministerin mit. In diesen werden Überlegungen des Ausbaus der Schiene in Ballungsräumen einfließen, etwa im Zentralraum Oberösterreich mit Steyr oder im Klagenfurter Becken. (Fortsetzung Verkehrsausschuss) sox