Parlamentskorrespondenz Nr. 278 vom 15.03.2022

Datenschutzbehörde verzeichnete Beschwerdeflut nach Impfaufforderungen

Debatte im Justizausschuss über aktuelle Entwicklungen im Datenschutzbereich

Wien (PK) – Von einem massiven Anstieg an Beschwerden bei der Datenschutzbehörde (DSB) anlässlich der Impfaufforderungen zu COVID-19 berichtete heute DSB-Leiterin Andrea Jelinek im Justizausschuss im Zuge der Debatte über den Bericht der Behörde für das Jahr 2020 (III-275 d.B.). Jelinek zufolge sei es 2021 mithilfe neu geschaffener Planstellen gelungen, einen früheren Rückstau an Beschwerden erfolgreich abzuarbeiten. Ab November 2021 habe sich die Behörde allerdings mit einer Beschwerdeflut zu den Corona-Impfaufforderungen konfrontiert gesehen. Mit insgesamt 4.500 Beschwerden, die eingegangen seien, stelle die Zahl mehr als die doppelte Menge eines normalen Jahreseingangs dar, berichtete die DSB-Leiterin etwa auf Nachfragen von Agnes Sirkka Prammer (Grüne). Jelinek zufolge sei schnell reagiert und eine Task-Force eingesetzt worden, um andere Bereiche und Aufgaben nicht einschränken zu müssen. Personell gebe es durch diesen massiven Beschwerde-Anstieg auch künftig Bedarf an weiteren Planstellen, beantwortete sie entsprechende Fragen etwa von Harald Troch (SPÖ).

Zu dem seitens Georg Bürstmayr (Grüne) angesprochenen Thema der dominierenden Beschwerden über die Österreichische Post AG aus dem Jahresbericht 2020 meinte Jelinek, diese hätten mittlerweile wieder abgenommen. In Richtung von Corinna Scharzenberger (ÖVP), die das Thema Anwendung der DSGVO in der Gesetzgebung aufwarf, verwies sie ebenso wie Justizministerin Alma Zadić darauf, dass ein Ergebnis des EuGH noch ausständig sei und dass sie diesem nicht vorgreifen wolle. Harald Stefan (FPÖ) gegenüber erörterte Jelinek, dass die Datenschutzbehörde ganz wie üblich in den Begutachtungsprozess zum Impfpflichtgesetz eingebunden gewesen sei.

Bericht der Datenschutzbehörde für 2020

Im Jahr 2020 war im Hinblick auf die Pandemie und Datenschutz dem Bericht zufolge beispielsweise zu klären, ob und unter welchen Voraussetzungen Informationspflichten über eine Erkrankung gegenüber dem Dienstgeber bestehen, ob ein Dienstgeber andere Dienstnehmer über einen Infektionsfall informieren darf oder was bei Homeoffice zu beachten ist. Die DSGVO bilde den Rahmen, innerhalb dessen sich Verantwortliche und Auftragsverarbeiter bewegen dürfen.

In einigen Bundesländern seien Gastronomen zum Contact-Tracing verpflichtet oder ermächtigt worden, bestimmte Daten ihrer Gäste zu erheben und sie auf Anfrage den Gesundheitsbehörden zur Verfügung zu stellen, um im Fall einer Infektion mögliche Kontaktpersonen rasch nachverfolgen zu können, so der Bericht. Eine betroffene Person brachte diesbezüglich Beschwerde bei der Datenschutzbehörde ein. Dieser Beschwerde wurde stattgegeben, weil die entsprechende Verordnung zum gegebenen Zeitpunkt nach Ansicht der Datenschutzbehörde keine Deckung im Epidemiegesetz fand. In der Zwischenzeit sei das Epidemiegesetz entsprechend novelliert worden.

Die DSGVO stellt dem Bericht zufolge durch Art. 9 kein Hindernis bei der Bekämpfung einer Pandemie dar. Dort wird die Verarbeitung von Gesundheitsdaten geregelt und im Abs. 2 weitreichende und großzügige Ausnahmen vom grundsätzlichen Verbot der Datenverarbeitung geboten. Der Europäische Datenschutzausschuss (EDSA) sei 2020, bedingt durch die datenschutzrechtlichen Problemstellungen der COVID-19-Pandemie, statt wie geplant elf Mal 27 Mal zusammengetreten.

2020: Leichter Rückgang der Individualbeschwerden

Seit Wirksamwerden der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) am 25. Mai 2018 war die Zahl der Individualbeschwerden im Jahr 2020 mit 1.603 Individualbeschwerden dem Bericht zufolge trotz einem leichten Rückgang weiterhin hoch. Die Beschwerdeverfahren konzentrierten sich vorrangig auf das Recht auf Auskunft, Geheimhaltung, Berichtigung bzw. Löschung und Widerspruch. Aus dem Ausland wurden 219 grenzüberschreitende Fälle eingebracht.

Insgesamt war die DSB seit 25. Mai 2018 bis Ende 2020 in 29 Verfahren als federführende Aufsichtsbehörde gegenüber einem Verantwortlichen tätig. Die Statistik weist weiter aus, dass die DSB 2020 65 Mal von der gegenseitigen Amtshilfe im Rahmen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit Gebrauch machte und selbst in 242 Fällen von anderen Aufsichtsbehörden kontaktiert wurde. Insgesamt wurden von allen Aufsichtsbehörden 173 Beschlussentwürfe gemäß DSGVO vorgelegt, die in 168 finalen Beschlüssen mündeten. (Fortsetzung Justizausschuss) mbu