Parlamentskorrespondenz Nr. 720 vom 21.06.2022

Justizausschuss: Datenschutzbehörde verzeichnete 2021 Beschwerdeflut nach Impfaufforderung

Forderungen von SPÖ und NEOS vertagt

Wien (PK) – Der Datenschutzbericht 2021 der Datenschutzbehörde stand heute auf der Tagesordnung des Justizausschusses. Diese verzeichnete im vergangenen Jahr fast eine Verdreifachung an Individualbeschwerden, ein guter Teil davon steht im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie. In der Debatte thematisierten die Abgeordneten unter anderem Strafen gegenüber Unternehmen außerhalb Europas, die Einbindung der Datenschutzbehörde im Gesetzgebungsprozess und die Beschwerdeflut nach Impfaufforderungen.

Außerdem debattierten die Abgeordneten mehrere Forderungen der SPÖ und der NEOS. Diese wurden mit den Stimmen von ÖVP und Grünen vertagt.

Datenschutzbehörde verzeichnete 2021 Beschwerdeflut nach Impfaufforderung

Die Arbeit der Datenschutzbehörde war im Jahr 2021 bereits das zweite Jahr in Folge von der Pandemie geprägt, wird im Datenschutzbericht 2021 festgehalten (III-646 d.B.). 2021 seien insgesamt 6.051 Individualbeschwerden eingebracht worden. Im Vergleich zum Vorjahr bedeute dies einen Anstieg um satte 277%. 4.271 Beschwerden standen dem Bericht zufolge ausschließlich im Kontext mit der Versendung von Schreiben zur Impfung gegen COVID-19. Durch eine im Sommer 2021 durchgeführte, konzertierte Aktion ("DSB 2.0.") konnte demnach eine Vielzahl von Verfahren abgeschlossen werden. Im Berichtsjahr wurden der Datenschutzbehörde 1.169 nationale Sicherheitsverletzungen, sogenannte "Data Breaches", gemeldet. Eine nicht unwesentliche Anzahl gemeldeter Vorfälle sei auch hier auf die Corona-Pandemie zurückzuführen, insbesondere im Zusammenhang mit den COVID-19-Testergebnissen. Die Datenschutzbehörde habe im Beobachtungszeitraum 36 Geldbußen über insgesamt 24,7 Mio. € verhängt sowie sieben Verwarnungen ausgesprochen. Der Bericht wurde einstimmig zur Kenntnis genommen.

Die Datenschutzbehörde habe eine zentrale Rolle und die Wahrung des Datenschutzes sei in diesen Zeiten besonders wichtig, betonte Justizministerin Alma Zadić eingangs. Daher habe man auch zusätzliches Budget zur Bewältigung der Verfahren bereit gestellt und die Zahl der Planstellen erhöht.

Die Durchsetzung von Strafen gegen Unternehmen außerhalb der EU sei faktisch nicht möglich, beantwortet ein Experte der Datenschutzbehörde eine Frage von Eva-Maria Himmelbauer (ÖVP). Grundsätzlich sei man bei grenzüberschreitenden Fällen auf die Mitwirkung der ausländischen Behörden und deren Ressourcen angewiesen. Innerhalb Europas sei die Zusammenarbeit und die Rechtsdurchsetzung in der Regel kein Problem. Eine Durchsetzung außerhalb Europas wäre nur über Abkommen mit Drittstaaten in den Griff zu bekommen, ergänzte ein Experte des Justizressorts. Datenschutz sei ein wesentlicher Teil der Digitalisierung und seine Durchsetzung deswegen unbedingt zu ermöglichen, forderte Petra Oberrauner (SPÖ).

In den Anfängen der Corona-Pandemie sei die Gesetzgebung durch sehr viele Initiativanträge erfolgt und die Datenschutzbehörde dabei oft nicht eingebunden worden, beantwortete der Experte eine Frage von Nikolaus Scherak (NEOS). Dies habe sich in letzter Zeit aber geändert. Aktuell werde die Behörde auch bei Initiativanträgen kurzfristig eingebunden. Ebenso beteilige sich die Behörde bei Verordnungsbegutachtungen.

Aktuell gebe es 4650 Beschwerden zu Impfaufforderungen. Der damit verbundene Aufwand der Behörde sei sehr hoch, erklärte der Experte in Richtung von Eva-Maria Himmelbauer (ÖVP). Intern gebe es aktuell Diskussionen, wie solche Wellen künftig bewältigt werden sollen. Die Verfahren können nicht abgekürzt, aber sehr wohl Effizienzmaßnahmen gesetzt werden, betonte er weiter. Insgesamt seien die Themen der Beschwerden sehr breit gestreut, meinte der Experte zu Agnes Sirkka Prammer (Grüne).

Das Projekt "privacy4kids" der Datenschutzbehörde in Kooperation mit der Universität Wien, bewertete Eva-Maria Himmelbauer (ÖVP) als positiv. Ziel sei, Datenschutz kindertauglich zu kommunizieren, erklärte der Experte der Datenschutzbehörde gegenüber Himmelbauer, Katharina Kucharowits (SPÖ) und Agnes Sirkka Prammer (Grüne). Eine Website biete Videos, mit denen Datenschutz im Unterricht thematisiert werden kann.

Wie viele amtswegige Verfahren aufgrund von Anregungen eingeleitet worden seien, werde aktuell nicht erhoben, sagte der Experte zu Christian Drobits (SPÖ). Die Datenschutzbehörde habe keine Detailinformationen zum aktuellen Hackerangriff in Kärnten, erklärte der Experte gegenüber Harald Stefan (FPÖ).

SPÖ fordert Einführung eines unabhängigen Bundesstaatsanwalts

Bereits seit Beginn der 2000er Jahre werde die Forderung zur Einführung eines unabhängigen Bundesstaatsanwaltes bzw. einer Bundesstaatsanwältin erhoben, thematisiert die SPÖ. Mit einem Entschließungsantrag bringen die Sozialdemokrat:innen ihre detaillierten Forderungen dazu ein (2384/A(E)). So brauche es eine verfassungsrechtliche Verankerung eines unabhängigen und weisungsfreien Bundesstaatsanwalts bzw. einer Bundesstaatsanwältin, der bzw. die künftig, statt wie bisher die Justizministerin, als oberstes Organ die Weisungsspitze gegenüber den staatsanwaltlichen Behörden darstellen soll. Die Dringlichkeit zur Umsetzung sei sehr groß, betonte Selma Yildirim (SPÖ) in der Debatte. Die Argumente dafür und dagegen liegen am Tisch, es brauche nun eine Entscheidung. Mit Verweis auf die laufenden intensiven politischen Gespräche stellte Georg Bürstmayr (Grüne) einen Antrag auf Vertagung, der mit den Stimmen von ÖVP und Grünen angenommen wurde.

NEOS für Verlängerung bestimmter Rechtsmittelfristen im Außerstreitverfahren

Die Verlängerung bestimmter Rechtsmittelfristen ist Gegenstand eines Initiativantrags (955/A) der NEOS auf Änderung des Außerstreitgesetzes. Konkret schlägt Johannes Margreiter eine Angleichung der Rechtsmittelfristen im nachehelichen Abgeltungs- bzw. Aufteilungsverfahren an jene des streitigen Verfahrens sowie eine Verlängerung der Rechtsmittelfristen im außerstreitigen Verlassenschaftsverfahren von 14 Tagen auf vier Wochen vor. Angesichts der vielfach bestehenden Komplexität der Sachverhalte seien die derzeit geltenden Fristen jeweils zu kurz bemessen, um eine sorgfältige Ausarbeitung von Rechtsmitteln zu ermöglichen, argumentierte der NEOS-Justizsprecher in der Debatte.

Eine längere Rechtsmittelfrist trage nicht unbedingt zu längeren Verfahren bei, stimmte Georg Bürstmayr (Grüne) zu. Die Verlängerung von Fristen nur für bestimmte Verfahrensarten bringe aber Probleme, verwies Bürstmayr etwa auf die generelle Rechtsmittelfrist von 14 Tagen und mögliche verfassungsrechtliche Probleme. Der Antrag wurde mit den Stimmen von ÖVP und Grünen vertagt.

NEOS: Korruptionstatbestände des StGB in Bezug auf zukünftige Amtsträgereigenschaften erweitern

Die Debatte über einen Entschließungsantrag der NEOS wurde erneut aufgenommen. Darin fordern die NEOS, die Strafbarkeit nach den Korruptionstatbeständen des StGB auch auf jene Fälle zu erweitern, in denen die Annahme, die Forderung oder das Sich-Versprechen lassen unrechtmäßiger Vorteile in Hinblick auf eine zukünftige Amtsträgereigenschaft geschieht (66/A(E)). Mit Verweis auf laufende politische Gespräche zu dieser komplexen Thematik wurde der Antrag mit den Stimmen von ÖVP und Grünen erneut vertagt. (Fortsetzung Justizausschuss) mbu/pst