Parlamentskorrespondenz Nr. 1175 vom 19.10.2022

Konsumentenschutzausschuss spricht sich einstimmig für EU-weites Reparaturrecht aus

Oppositionsanträge auf ein Ende der Vorkasse bei Flugbuchungen und den Schutz der uneingeschränkten Bargeldzahlung vertagt

Wien (PK) – Eine Initiative von ÖVP und Grünen, die auf ein EU-weites Recht auf Reparatur im Sinne einer nachhaltigen Produkt- und Verbrauchschutzpolitik abzielt, erzielte heute Einstimmigkeit im Konsumentenschutzausschuss.

Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen vertagt wurden zwei wiederaufgenommene Anträge der SPÖ, in denen sie sich für eine bessere soziale Absicherung für von Pfändungen betroffene Personen aussprechen sowie eine sozialdemokratische Forderung nach einem Ende der Vorkasse bei Flugbuchungen. Auch ein Entschließungsantrag der Freiheitlichen, in dem sie auf den Schutz uneingeschränkter Bargeldzahlungen pochen und zwei ebenfalls wiederaufgenommene Anträge von SPÖ und FPÖ zur Blackout-Vorsorge wurden von ÖVP und Grünen vertagt.

Koalition für Einführung eines EU-weiten Rechts auf Reparatur

Um Produkte so lange wie möglich im Wirtschaftskreislauf erhalten zu können, sei die Reparierfähigkeit der einzelnen Güter ein zentraler Schlüssel, betonen ÖVP und Grüne in einem Antrag, mit dem sie sich für ein EU-weites Reparaturrecht aussprechen. Basierend auf einem produktspezifischen Ansatz soll dieses bestenfalls eine geeignete Information über die Reparierfähigkeit, Vorgaben zur Vorhaltung von Ersatz- und Verschleißteilen sowie leicht zugängliche Wartungsinformationen beinhalten. Für die konkrete Ausgestaltung sei eine enge Einbindung aller Interessengruppen zu gewährleisten. Zudem brauche es begleitende bewusstseinsbildende Maßnahmen hin zu einer "Kultur der Reparatur", heißt es in dem einstimmig angenommenen Entschließungsantrag von ÖVP und Grünen (2865/A(E)).

Ulrike Fischer von den Grünen sah Reparieren als zukunftsweisende Alternative zum Wegwerfen. Es sei wichtig, dass Konsument:innen auf dem ersten Blick erkennen können, ob Produkte reparaturfähig sind oder nicht. Ressourcenschonung sei heute relevanter denn je, erklärte Elisabeth Götze (Grüne), die sich für eine Entwicklung in Richtung Kreislaufwirtschaft aussprach. Dafür benötige es insbesondere einer europäischen Initiative.

Yannick Shetty (NEOS) signalisierte seine Zustimmung zu dem Antrag, drückte aber gleichzeitig sein Unverständnis für die Praxis der Regierungsfraktionen aus, einen Entschließungsantrag an ihren eigenen Minister zu richten. "Ein Schelm", wer denkt, dass dies nur geschehe, damit nicht alle Tagesordnungspunkte vertagt werden, so Shetty. Klaus Köchl (SPÖ) wies darauf hin, dass seine Fraktion bereits einen dahingehenden Antrag eingebracht habe, der jedoch von ÖVP und Grünen vertagt worden sei.

Der Entschließungsantrag sei ein Zeichen des "selbstbewussten Parlamentarismus", um auf EU-Ebene etwas anzustoßen, entgegnete ÖVP-Mandatar Peter Weidinger. Köchl habe sich auf einen Antrag der SPÖ zum Reparaturbonus bezogen, der schon längst beschlossen worden sei.

FPÖ fordert Schutz der uneingeschränkten Bargeldzahlung

Laut FPÖ schreitet der "Masterplan der Bargeldabschaffung" in der EU weiter voran. Nach der Beseitigung der 500-€-Geldscheine gehe es jetzt "den 1 und 2-Cent-Münzen durch die Eurokraten in Brüssel an den Kragen", was eine Aufrundung bei Preisen und Dienstleistungen zur Folge habe. Die Antragsteller:innen Peter Wurm und Dagmar Belakowitsch sehen daher die Bundesregierung in der Pflicht, sich auf nationaler und europäischer Ebene dafür einzusetzen, dass die Cent- und Euro-Bargeldmünzen in ihrem aktuellen Bestand erhalten bleiben bzw. es zu keiner Aufrundung von Preisen für Waren und Dienstleistungen im Zuge einer Abschaffung kommt. Zudem soll der uneingeschränkte Bargeldzahlungsverkehr sowie der Schutz des Bargelds als Zahlungsmittel und Vermögensform ohne Obergrenzen verfassungsrechtlich verankert werden. Dazu gehöre auch ein Kontrahierungszwang zur Annahme von Bargeld für den Waren- und Dienstleistungsverkehr, so die vertagte FPÖ-Forderung (2804/A(E)).

Der 500-€-Geldschein sei unter dem Vorwand der Fälschungsbekämpfung abgeschafft worden, wie Walter Rauch (FPÖ) im Ausschuss ausführte. Diese Problematik spiegle sich in der Kriminalitätsstatistik jedoch nicht wieder, da laut dieser eher die 50-€-Banknoten betroffen seien. Die Abschaffung der Cent-Münzen würde nun zusätzlich zur Inflationssteigerung beitragen, so Rauch.

Die Regierungsfraktionen würden sich klar zum Erhalt des Bargelds bekennen, hielt Peter Weidinger (ÖVP) entgegen. Er beantragte die Vertagung, da der im FPÖ-Antrag enthaltene Kontrahierungszwang aus seiner Sicht keinen Sinn mache, wenn es etwa um Onlinehandel oder die Vorreservierung von Hotelzimmern gehe. Gleichwohl zeigte Weidinger Verständnis für die Sorge bei einem "sensiblen Thema".

Ausschussobmann Peter Wurm (FPÖ) kündigte an, die Thematik weiter zu verfolgen. Auch ein aktuelles Volksbegehren mit über 500.000 Unterschriften untermauere dessen Relevanz für die Bevölkerung. Gerade der Kontrahierungszwang wäre laut Wurm entscheidend, da die Verweigerung von Bargeld bereits jetzt bei vielen Betrieben Schule mache. Es scheine dahingehend eine "grassierende Seuche" zu wüten, der man entgegentreten müsse.

SPÖ will Ende der Vorkasse bei Flugbuchungen

Da Flugausfälle fast immer zu Lasten der Reisenden gingen, und diese sich teilweise langwierig um eine Rückerstattung der Kosten bemühen müssten, fordert die SPÖ ein Ende der Vorkasse bei Flugbuchungen. Die Zahlung soll - abgesehen von einer geringen Anzahlung – möglichst erst am Tag der Leistungserbringung erfolgen. Mittels Änderung des ABGB soll eine Absicherung für sämtliche Vorauszahlungen ermöglicht werden, denen keine Vorleistung gegenübersteht. Weiters soll es nach Meinung der Oppositionsfraktion eine gesetzlich festgelegte Insolvenzabsicherung für Flugunternehmen geben, wie sie für Pauschalreiseveranstalter bereits gelte. Zudem wird die Bundesregierung ersucht, sich auf europäischer Ebene dafür einzusetzen, dass die Einschränkung der Vorkasse Eingang in die Fluggastrechte-Verordnung findet (2777/A(E)).

Laut Christian Drobits (SPÖ) habe sich die Problematik während der Pandemie durch die damit einhergehenden Flugstornierungen verschärft. Auch in der deutschen Regierung würden Überlegungen über ein Verbot der Vorkasse angestellt. Fluglinien würden das Geld der reisenden über Monate hinweg wie ein zinsloses Darlehen behandeln, so Drobits.

Ulrike Fischer (Grüne) begründete den von ihr gestellten Vertagungsantrag damit, dass Lösungen für diese Frage nur auf europäischer Ebene angestrebt werden könnten. Ein österreichischer Alleingang wäre nicht praktikabel und würde wettbewerbsverzerrend wirken.

SPÖ: Mehr soziale Absicherung für von Pfändungen betroffene Personen

Die Sozialdemokrat:innen fordern eine sozial verträgliche Regelung bei Kontopfändungen, da auch die als unpfändbar definierten Beträge - wie alle Arten von Beihilfen - nicht vor dem Zugriff von Gläubigern abgesichert sein würden. Um zu gewährleisten, dass Betroffene nicht einer zusätzlichen Verringerung ihres Einkommens ausgesetzt sind, sollen daher Hilfestellungen in Notsituationen von der Pfändung ausgenommen werden. (2248/A(E)). Zudem spricht sich die SPÖ bei Pfändungen für die Anhebung des Existenzminimums auf die Höhe der Armutsgefährdungsschwelle aus (2249/A(E)). Bei beiden Anträgen handelt es sich um Wideraufnahmen und beide wurden abermals mit den Stimmen der Koalition vertagt.

SPÖ- und FPÖ-Anträge zur Blackout-Vorsorge

In einem weiteren wiederaufgenommenen Antrag warnt die SPÖ vor einem Blackout und fordert zur adäquaten Vorbereitung darauf eine breit angelegte Informationskampagne für die Bevölkerung in Form einer "Werkzeugbox Blackout". Diese Informationsoffensive soll in Kooperation mit allen relevanten Stakeholdern niederschwellig und mehrsprachig über Vorsichtsmaßnahmen, Verhalten und Bevorratung bei einem Blackout informieren (2038/A(E)). Der Antrag wurde ebenfalls mit den Stimmen von ÖVP und Grünen vertagt.

Ebenso wie ein wiederaufgenommener FPÖ-Antrag, in dem die Freiheitlichen die Bundesregierung auffordern, eine Blackout-Gesamtstrategie vorzulegen sowie Maßnahmen zur Vermeidung dieses Szenarios und zur Unterstützung der Gemeinden zu setzen. Darüber hinaus sollen entsprechende finanzielle Abfederungen und Förderungsprogramme für betroffene Haushalte implementiert werden (2357/A(E)). (Fortsetzung Konsumentenschutzausschuss) wit