Parlamentskorrespondenz Nr. 1244 vom 08.11.2022

Justiz-Budget soll 2023 auf über 2 Mrd. € wachsen

Zadić will Schwerpunkte in Bekämpfung von Cybercrime und Gewaltdelikten setzen sowie interne Unterbringung im Maßnahmenvollzug forcieren

Wien (PK) – Mit Justizministerin Alma Zadić diskutierten die Abgeordneten heute im Budgetausschuss des Nationalrats, wo die Schwerpunkte im Justizbereich mit den für 2023 veranschlagten Mitteln gesetzt werden sollten. Einig war man sich, Cyberkriminalität in all ihren Formen müsse effektiver bekämpft werden, vor allem bei "Hass im Netz". Zentral ist dafür laut Zadić eine "Symbiose aus Staatsanwaltschaft, IT-Expert:innen und Polizei". Auch am Gewaltschutz arbeite man auf interministerieller Ebene zusammen, so die Ministerin, für die Einrichtung von Gewaltambulanzen in Österreich – ein Anliegen der Grünen - gebe es allerdings noch keine gesetzliche Grundlage. Die Regierungsvorlage für eine gesetzliche Reform zur menschenrechtlich angemessenen Ausgestaltung des Maßnahmenvollzugs werde jedoch "bald dem parlamentarischen Prozess zugeführt", kündigte die Justizministerin an. Grundlage dafür sei die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gegen Österreich zu diesem Thema, denn "eine Gesellschaft misst sich daran, wie sie mit den Schwächsten in der Gesellschaft umgeht".

Da die Belegung im Maßnahmenvollzug stetig zunehme, wie Zadić sagte, habe man bereits mehrere Ausbauten von Justizanstalten für die interne Unterbringung von Angehaltenen auf den Weg gebracht. Beigekommen werden sollte damit vor allem der hohen Kostenbelastung bei externen Unterbringungen im Maßnahmenvollzug, beziffert mit 86,5 Mio. € für 2023. NEOS und SPÖ stießen sich in diesem Zusammenhang am Ausdruck "Kostentreiber", den Zadić in ihren Ausführungen über den Maßnahmenvollzug in Hinblick auf das Budget benutzte, immerhin handle es sich dabei um eine "menschenrechtliche Aufgabe", wie Johannes Margreiter (NEOS) in Übereinstimmung mit Harald Troch (SPÖ) festhielt.

11,5% mehr Budgetmittel für Justiz

2023 soll die Justiz laut Budgetentwurf (1669 d.B.) 2,087 Mrd. € erhalten, um 214,9 Mio. € bzw. 11,5% mehr als 2022. Die Zahl der Planstellen im Justizbereich soll nächstes Jahr um 132 Stellen auf 12.381 erhöht werden, in den Folgejahren sind jedoch keine neuen Planstellen geplant. 54,2% der neuen Stellen sind für Gerichte und Staatsanwaltschaften vorgesehen, 5% für das Bundesverwaltungsgericht und 33,6% für die Justizanstalten. Veranschlagt sind an Personalausgaben kommendes Jahr 984,9 Mio. €. Neben Mehraufwendungen im Personalbereich (+78,9 Mio. € ), Dolmetschgebühren und Honorare für Sachverständige schlagen vor allem Verbesserungen bei der medizinischen Versorgung im Maßnahmenvollzug bzw. der forensischen Nachbetreuung und Mehrkosten im Strafvollzug – unter anderem aufgrund der Arbeitsvergütung der Insass:innen – zu Buche. Aus Rücklagen werden 15 Mio. € zur Sanierung und Ausweitung der Justizanstalt Göllersdorf im Jahr 2023 eingepreist. Abgeordnete Agnes Sirkka Prammer (Grüne) begrüßte ausdrücklich, dass Rücklagen nicht mehr zur Finanzierung des laufenden Betriebs von Justizanstalten herangezogen werden, sondern vielmehr für Neu- und Ausbauten dieser Einrichtungen. Bis zum Ende des Bundesfinanzrahmens 2026 soll das Justizbudget auf rund 2,16 Mrd. € ansteigen.

Fokus auf Opferschutz

Neben der Verbesserung der Arbeitsangebote für Gefängnisinsass:innen und der Förderung des elektronisch überwachten Hausarrests gehört laut Erklärung zum Bundesvoranschlag zu den Finanzierungsschwerpunkten 2023 des Justizressorts die juristische und psychosoziale Prozessbegleitung von Opfern von Gewalt- und Sexualdelikten. Dazu merkte die Ministerin an, derartige Unterstützung werde von Opfern "leider zu wenig in Anspruch genommen", obwohl Österreich bei Angeboten dieser Art "europaweit Vorreiter" sei. Ihr Haus habe daher eine Informationskampagne zum Opferschutz lanciert. In Zusammenhang mit der Täter:innenarbeit treibe man Anti-Gewalt-Trainings voran, wie sie bei Wegweisungen und einstweiligen Verfügungen bereits verpflichtend seien. Insgesamt sind nächstes Jahr für den Gewaltschutz laut Zadić 15 Mio. € vorgesehen, dazu kämen 5,1 Mio. € speziell für Maßnahmen zum Schutz von Frauen.

Mit Verweis auf das Regierungsprogramm maß ÖVP-Justizsprecherin Michaela Steinacker großes Gewicht dem Schutz von Frauen und Mädchen vor Gewaltverbrechen bei; immerhin habe es heuer bereits 28 Frauenmorde in Österreich gegeben.

Ausschuss hinterfragt prognostizierte Einnahmen

Mit einem Betrag von 1,7 Mrd. € sind 2023 die geplanten Einzahlungen um rund 119 Mio. € höher als 2022, vor allem aufgrund der gesteigerten Grundbuchsgebühren, wie Justizministerin Zadić Abgeordnetem Harald Stefan (FPÖ) mitteilte. Allerdings beruhe diese Berechnung auf Vorgaben aus dem Finanzministerium, ausgehend von der Steigerungsrate im vergangenen Jahr. Angesichts der nunmehr restriktiveren Kreditvergaben würden die Immobilienpreise – und damit die Gebühren bei Transaktionen von Immobilien - kaum in diesem Ausmaß weiter ansteigen, gab sie NEOS-Justizsprecher Margreiter Recht, von dem die diesbezüglichen Prognosen im Voranschlag als "unrealistisch" bewertet wurden.

Personalsteigerung bei Gerichten und Staatsanwaltschaft

"Erfreulich" nannte Justizministerin Zadić die "zum dritten Jahr in Folge" erreichte Ressourcensteigerung im Bundesvoranschlag 2023 für die Justiz, sowohl bei Budget als auch bei Planstellen. Bei ihrer Erläuterung der angepeilten Planstellenerhöhungen von Richter:innen (+24), Staatsanwält:innen (+24), IT-Expert:innen (+10) sowie im Rechtspfleger:innenbereich (+10 Ausbildungsplätze) wies Zadić außerdem auf das am Oberlandesgericht Wien gestartete Pilotprojekt zum Einsatz juristischer Mitarbeiter:innen hin, das sich besonders bei großen Wirtschaftsstrafverfahren als zielführend erwiesen habe. Es werde daher im kommenden Jahr  ausgeweitet, konkret am Handelsgericht und am Straflandesgericht Wien.

Abgeordnete Selma Yildirim (SPÖ) hatte genaue Auskunft über die für nächstes Jahr geplante Personalentwicklung bei Rechtsprechung und –pflege sowie in Justizanstalten gefordert. Bei der Justizwache gebe es derzeit 166 unbesetzte Planstellen, schloss Zadić aktuell eine Planstellenaufstockung bei Justizwachebeamt:innen aus. Ungeachtet dessen arbeite ihr Ministerium weiterhin an der Attraktivierung dieses Berufs, zum einen durch eine Verstärkung des Supportpersonals – vor allem bei der Betreuung und Pflege von Angehaltenen -, zum anderen durch höhere Einstiegsgehälter. Generell lege man gemeinsam mit der Bewährungshilfe viel Augenmerk auf Reintegration und Rückfallprävention, so Zadić, aber auch auf Deradikalisierung in den Justizanstalten, wie sie Abgeordnetem Christian Lausch (FPÖ) versicherte, nachdem dieser vor "Islamisierung" in Gefängnissen gewarnt hatte.

Hinsichtlich der ebenfalls von Yildirim angesprochenen Aktivitäten gegen Hass im Netz verwies Zadić auf 24 eigens für Cybercrime zusätzlich abgestellte Staatsanwaltschaftsplanstellen sowie auf die Einrichtung eines Kompetenzzentrums für Forensik in diesem Feld. Durch eigene IT-Expert:innen für die im Internet verortete "am schnellsten wachsende Form der Kriminalität" würden die Staatsanwält:innen nicht mehr externe Sachverständige bestellen müssen.

Digitalisierungsoffensive Justiz 3.0

Viel Augenmerk wird in den Wirkungszielen des Justizressorts auf die Entwicklung einer vollelektronischen Verfahrensführung gelegt. Diese Digitalisierungsinitiative solle zu einer Verkürzung der Verfahrensdauer führen, was Vorteile für Bürger:innen und den Wirtschaftsstandort Österreich bringe, lauten die Erklärungen für das entsprechende Projekt "Justiz 3.0". Außerdem lasse sich anhand digitalisierter Akten lückenlos jede Akteneinsicht nachvollziehen, unterstrich Zadić. In ihrer Replik auf Detailfragen der Abgeordneten Johanna Jachs (ÖVP) zum digitalen Akt betonte die Justizministerin, Österreich nehme bei der Digitalisierung in der Justiz schon jetzt "im internationalen Vergleich eine Spitzenstellung ein". Die Staatsanwaltschaft verfüge bereits über eine vollständige Digitalisierung ihrer Akten, bei Strafverfahren wolle man bis "Mitte 2023" soweit sein.

Mitverhandelt wurde der Bundesfinanzrahmen 2023 bis 2026 (1670 d.B.). (Fortsetzung Budgetausschuss)rei

HINWEIS: Der Budgetdienst des Parlaments bietet ökonomische Analysen zur Budgetpolitik und zu Vorlagen des Bundesministeriums für Finanzen.

Details zum Budget 2023, den Änderungen zu den Vorjahren sowie der Entwicklung des laufenden Budgetvollzugs bietet das interaktive Visualisierungstool des Budgetdiensts. Dort erhalten Sie einen raschen und transparenten Überblick über relevante Budgetdaten.

Alle aktuellen Daten zum Budgetvollzug (Monatsberichte) finden Sie auf der Website des Finanzministeriums.