Parlamentskorrespondenz Nr. 1372 vom 29.11.2022

Sozialausschuss billigt Einmalzahlungen für Bezieher:innen von Opferrenten

Mehrheitliche Zustimmung auch für Änderungen im BSVG

Wien (PK) – Zur Abfederung der hohen Inflation haben Bezieher:innen kleiner und mittlerer Pensionen heuer diverse staatliche Unterstützungsleistungen erhalten. Dazu gehören etwa zwei Einmalzahlungen an Ausgleichszulagenbezieher:innen in der Höhe von 150 € bzw. 300 € sowie ein an den Teuerungsabsetzbetrag angelehnter Teuerungsausgleich. Auch im kommenden Frühjahr wird es eine Einmalzahlung von bis zu 500 € geben. Von diesen Maßnahmen profitieren grundsätzlich auch Bezieher:innen von Opferrenten, sofern sie neben ihrer Opferrente Anspruch auf eine sozialversicherungsrechtliche Pension haben. Für alle übrigen Betroffenen ohne weiteres Einkommen sollen die verschiedenen Direktzahlungen nun nachvollzogen werden. Der Sozialausschuss des Nationalrats hat heute – gegen die Stimmen der SPÖ – für eine entsprechende Gesetzesinitiative der Koalitionsparteien gestimmt. Zudem ist in Zusammenhang mit der bevorstehenden Neufestsetzung der Einheitswerte für land- und forstwirtschaftliche Betriebe eine BSVG-Novelle auf dem Weg ins Plenum. Oppositionsanträge zum Bereich Pensionen wurden hingegen abgelehnt bzw. vertagt.

Zielgruppe der von ÖVP-Klubobmann August Wöginger und Grünen-Sozialsprecher Markus Koza initiierten Gesetzesnovelle (3013/A) sind Bezieher:innen von Opferrenten nach dem Opferfürsorgegesetz, dem Kriegsopferversorgungsgesetz, dem Impfschadengesetz und dem Verbrechensopfergesetz, die bislang keinen Teuerungsausgleich erhalten haben. Die Leistungen sollen im Dezember 2022 bzw. im März 2023 überwiesen werden, wobei deren Höhe von der Höhe der jeweiligen Opferrente abhängig ist. Grundsätzlich sind alle bisher beschlossenen Sonderzahlungen für Bezieher:innen kleiner und mittlerer Pensionen umfasst. Sämtliche Leistungen werden steuerfrei ausbezahlt, sind unpfändbar und dürfen nicht auf die Sozialhilfe angerechnet werden.

Laut Grünen-Sozialsprecher Markus Koza ist von der Gesetzesnovelle nur eine relativ kleine Gruppe von Personen betroffen. Man wolle sie aber in den Teuerungsausgleich miteinbeziehen. SPÖ-Abgeordneter Alois Stöger wertete die Einmalzahlungen für Bezieher:innen von Opferrenten – wie auch für Pensionist:innen – hingegen als ungenügend und meinte, den Betroffenen sei damit nicht geholfen.

Neu ist überdies, dass der Bund künftig auch für Überweisungen von Opferrenten ins Ausland die Gebühren übernimmt: Das betrifft laut Koza vor allem Opfer der Shoah, die im Ausland leben.

BSVG-Novelle: NEOS und SPÖ orten Privilegien für Landwirt:innen

Anlass für die mit den Stimmen von ÖVP, FPÖ und Grünen angenommene BSVG-Novelle (2966/A) ist die für 2023 in Aussicht genommene Neubewertung der Einheitswerte land- und forstwirtschaftlicher Betriebe. Um zu verhindern, dass Landwirt:innen rückwirkend aus der Pflichtversicherung herausfallen bzw. neu in diese einbezogen werden, sollen die neuen Hauptfeststellungsbescheide sozialversicherungsrechtlich erst zu Beginn des Jahres 2024 wirksam werden. Gleichzeitig wird den Betroffenen – wie schon bei der letzten Hauptfeststellung 2014 – die Möglichkeit eröffnet, bis auf Widerruf weiterhin in der Pflichtversicherung zu bleiben, selbst wenn die Versicherungsgrenze von 1.500 € jährlich durch die neue Hauptfeststellung unterschritten wird. Voraussetzung dafür ist eine unveränderte Bewirtschaftung des Betriebs.

Scharfe Kritik an der Novelle übte NEOS-Abgeordneter Gerald Loacker. Während Arbeitnehmer:innen sofort und auch rückwirkend voll versichert seien, wenn sie die Geringfügigkeitsgrenze nur in einem Monat bzw. nur um einen Euro überschreiten, werde für Landwirt:innen wieder eine Ausnahme gemacht. Das sei im Sinne einer gebotenen Gleichbehandlung aller Versicherten "nicht fair", meinte er und warf der ÖVP "Klientelpolitik" vor. Auch SPÖ-Abgeordneter Alois Stöger sieht ein ungerechtfertigtes Privileg für Landwirt:innen. "Die Bauern zahlen nie etwas", beklagte er. Das sei "jenseits jeder Gerechtigkeit" und schade letztendlich auch der Zielgruppe selbst. Er mahnte zudem Informationen über die durchschnittlichen SV-Beitragsgrundlagen von Landwirt:innen ein und stellte eine Rechnungshof-Sonderprüfung zu dieser Frage in den Raum.

ÖVP-Abgeordnete Bettina Zopf hielt der Kritik entgegen, dass das Ziel der Novelle ein gemeinsamer Umsetzungszeitpunkt für alle landwirtschaftlichen Betriebe sei. Das betreffe sowohl Besser- als auch Schlechterstellungen für die Versicherten. Sie hält es zudem nicht für angebracht, in Zusammenhang mit Einheitswert-Feststellungen von Klientelpolitik zu sprechen.

FPÖ pocht auf höhere Pensionsanpassung 2023

Beraten haben die Abgeordneten auch über mehrere Anträge der Oppositionsparteien zum Themenbereich Pensionen, die allerdings in der Minderheit blieben bzw. vertagt wurden. So konnte sich etwa die FPÖ mit ihrer Forderung (2985/A(E)), die Pensionen im kommenden Jahr um mindestens 10 % zu erhöhen und die sogenannte "Hacklerregelung" wieder einzuführen, neuerlich nicht durchsetzen. Auch ein FPÖ-Antrag (2937/A(E)), der in Reaktion auf den zunehmenden Arbeitskräftemangel darauf abzielte, Erwerbsarbeit für Pensionist:innen zu erleichtern, fand keine Mehrheit.

Konkret schlug die FPÖ unter dem Titel "Aktion 60 plus für den österreichischen Arbeitsmarkt" unter anderem vor, die Lohnnebenkosten für Arbeitgeber:innen und Arbeitnehmer:innen bei Beschäftigungsverhältnissen nach dem Pensionsantritt zu reduzieren und die Geringfügigkeitsgrenze zumindest vierteljährlich zu valorisieren. Zudem soll ein Förderpaket jene Branchen unterstützen, die dringend nach qualifiziertem Personal suchen, damit dorthin Pensionist:innen in den Arbeitsmarkt zurückgeholt werden. Es müsse in diesem Bereich etwas gemacht werden, drängte Abgeordneter Peter Wurm auf gesetzliche Maßnahmen.

Auch NEOS wollen Erwerbsarbeit in der Pension attraktiver machen

Auch NEOS-Abgeordnetem Gerald Loacker ist es ein Anliegen, Erwerbstätigkeit im Alter attraktiver zu machen. So sollen pensionierte Erwerbstätige seiner Meinung nach wählen können, ob sie im Rahmen der "besonderen Höherversicherung" weiterhin Pensionsbeiträge leisten wollen (2928/A(E)). Es sei für die Betroffenen oft nur schwer nachvollziehbar, wieso sie weiterhin in die Pensionsversicherung einzahlen müssten, da sie die Zahlungen auch bei überdurchschnittlicher Lebenserwartung nicht zur Gänze in Form von Pensionsleistungen zurück erhalten können, argumentiert er. Auch für pensionierte, selbständig Erwerbstätige solle ein vergleichbarer Modus gefunden werden.

Im Zuge der Debatte warb Loacker für das NEOS-Modell der "Teilpension", um Menschen besser zu ermöglichen, länger zu arbeiten. Es gelte, mehr Aspekte bei dieser Fragestellung zu berücksichtigen, hinterfragte Michael Hammer (ÖVP) hingegen den Antrag und begründete damit seinen Vertagungsantrag, der mit den Stimmen von ÖVP und Grünen angenommen wurde.

Sozialminister Johannes Rauch betonte, es sei notwendig, das faktische Pensionsantrittsalter zu erhöhen. Was die Pensionserhöhung 2023 betrifft, ist seiner Meinung nach eine Balance zwischen der Rücksichtnahme auf die hohe Inflationsrate und auf den Staatshaushalt gelungen. In Deutschland würden die Renten lediglich um 4,3 % angehoben, skizzierte er. Zudem sei Österreich im europäischen Vergleich bei der Pensionshöhe in den "top drei".

Weitere NEOS-Anträge vertagt

Gleichfalls mit den Stimmen der Koalitionsparteien in der Warteschleife landeten zwei weitere Entschließungsanträge der NEOS (306/A(E), 2204/A(E)), die auf mehr Transparenz im Bereich der Pensionsversicherungen abzielen. Viele Versicherte seien im Laufe ihres Berufslebens bei verschiedenen Pensionsversicherungsträgern versichert, nicht immer würden die Beitragsleistungen aber zu jener Versicherung mitwandern, die letztlich die Pension auszahlt, gibt Abgeordneter Loacker zu bedenken. Das führe zu verzerrten Effekten bei der Beitragsdeckung. Auch bei Ersatzzeiten und Teilversicherungszeiten ortet er Informationslücken. Die NEOS fordern daher die jährliche Beauftragung eines "Teilversicherungs-, Ersatzzeiten- und Wanderversicherungsberichts" durch den Sozialminister. Zudem sollten die Wanderversicherungseffekte in den jeweiligen Rechnungsabschlüssen der Pensionsversicherungsträger verpflichtend zu berücksichtigen sein. Loacker hat unter anderem die Vermutung, dass der Deckungsgrad bei der Pensionsversicherung der Selbständigen in Wahrheit besser ist als auf dem Papier.

Bettina Zopf (ÖVP) verwies auf die Alterssicherungskommission, die diese Themen diskutiert. Markus Koza (Grüne) hinterfragte die Sinnhaftigkeit eines Teilversicherungs-, Ersatzzeiten- und Wanderversicherungsberichts.

Schwerarbeitspension: SPÖ fordert weniger Abschläge bei Berufsunfähigkeit

Schließlich vertagte der Ausschuss einen Gesetzesantrag der SPÖ zum Thema Schwerarbeitspension (2423/A). Abgeordnetem Christian Drobits ist es ein Dorn im Auge, dass Arbeitnehmer:innen, die jahrelang Schwerarbeit geleistet haben, mit Pensionsabschlägen von bis zu 13,8 % konfrontiert sind, wenn sie aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen nicht in der Lage sind, bis zum 60. Lebensjahr zu arbeiten. Er fordert eine Gleichstellung mit Bezieher:innen einer normalen Schwerarbeitspension und damit eine Begrenzung der Abschläge auf maximal 9 %.

Sowohl Grünen-Sozialsprecher Markus Koza als auch Sozialminister Johannes Rauch verwiesen auf die geplante Evaluierung der Schwerarbeitspension. Das Thema stehe wie im Regierungsprogramm vorgesehen auf der Agenda, versicherte Rauch. Es sei aber nicht so einfach, an den Schrauben zu drehen. (Fortsetzung Sozialausschuss) gs/pst