Parlamentskorrespondenz Nr. 286 vom 15.03.2023

Handy am Steuer: Organstrafe wird auf 100 € verdoppelt

Verkehrsausschuss gibt grünes Licht für 41. KFG-Novelle, Oppositionsanträge vertagt

Wien (PK) – Autofahrer:innen und andere Verkehrsteilnehmer:innen, die gegen das Handyverbot am Steuer verstoßen, werden künftig eine deutlich höhere Strafe zahlen müssen. Gleiches gilt für die Missachtung der Gurten- und der Sturzhelmpflicht. Eine entsprechende Novelle zum Kraftfahrgesetz hat heute unter Berücksichtigung eines Abänderungsantrags den Verkehrsausschuss des Nationalrats passiert. Neben den Koalitionsparteien stimmten auch die NEOS für das umfangreiche Paket, das auch in vielen anderen Bereichen, angefangen von der Fahrlehrer:innen-Ausbildung über die Befugnisse von Organen der Asfinag bis hin zur Genehmigung von Überstellungsfahrten, Neuerungen bringt. Kritik kommt von FPÖ und SPÖ, sie sehen die vorgesehene Anhebung der Strafen kritisch.

Durchwegs vertagt wurden die Anträge der Opposition. Dabei ging es unter anderem um die gesetzliche Festlegung von Verkehrszielen, technische Begutachtungen für den Fuhrpark von Gemeinden und die Sanierung der Luegbrücke auf der Brenner Autobahn. Laut Verkehrsministerin Leonore Gewessler steht auch eine Sanierung der Wiener Nordbrücke an: Nach aktuellem Stand sollen die Bauarbeiten 2027 beginnen und 2030 abgeschlossen werden.

41. KFG-Novelle bringt zahlreiche Neuerungen

Konkret wird mit der von Verkehrsministerin Leonore Gewessler vorgelegten 41. KFG-Novelle (1954 d.B.) die Organstrafe für Verstöße gegen das Handyverbot von 50 € auf 100 € verdoppelt. Verweigert man die Zahlung oder tappt mit dem Handy in der Hand in eine Radarfalle, kann das künftig sogar bis zu 140 € (statt derzeit 72 €) kosten. Bei einer Missachtung der Gurten- oder der Sturzhelmpflicht werden 50 € statt bisher 35 € fällig. Ergänzend zur höheren Strafdrohung spricht sich der Verkehrsausschuss in Form einer Ausschussfeststellung, die mit den Stimmen von ÖVP und Grünen angenommen wurde, außerdem für eine Informationskampagne aus, um das Bewusstsein der Fahrzeuglenker:innen zu schärfen.

Mit dem Gesetzentwurf werden darüber hinaus die Ausbildung von Fahrlehrer:innen praxisnäher gestaltet und Fahrleher:innen zu regelmäßigen Weiterbildungen verpflichtet. Bei jeder Fahrausbildung ist künftig ein schriftlicher Ausbildungsvertrag zwischen Fahrschulbesitzer:innen bzw. Fahrschulleiter:innen und der auszubildenden Person abzuschließen. Ebenso gehören die Neugestaltung des Fahrlehrausweises im Scheckkartenformat, die Verbesserung der Datenqualität der Zulassungsevidenz durch Abgleiche mit dem Unternehmensregister, die Ausweitung der Sachverständigen für Fahrzeugprüfungen gemäß § 125 KFG sowie aktualisierte Verweise auf EU-Vorgaben zum umfangreichen Paket. Bei der Abgrenzung von Fahrrädern und Kraftfahrzeugen wird künftig auf die sogenannte "Nenndauerleistung" abgestellt und ein Wert von 250 Watt festgelegt.

Da es bei bewilligten Überstellungsfahrten immer wieder zu Missbrauchsfällen gekommen ist – so wurden laut Erläuterungen etwa Fahrzeuge mit österreichischem Überstellungskennzeichen von Belgien nach Marokko gebracht – wird künftig bei Überstellungsfahrten ein Österreichbezug gefordert. Zudem erhalten einschlägig geschulte Organe der Asfinag die Befugnis, auch ohne Polizeimitwirkung Sondertransporte auf dem hochrangigen Straßennetz anzuhalten und technische Kontrollen durchzuführen.

Der bei der Abstimmung mitberücksichtigte Abänderungsantrag betrifft die Kostentragung für die Beprobung von Treibstoffen, wobei Ausgleichszahlungen für die Verfehlung vorgeschriebener Emissionsziele künftig zweckgebunden für Probenentnahmen und Analysen bzw. für Projekte zur Minderung von Treibhausgasemissionen zu verwenden sind.

SPÖ und FPÖ kritisieren höhere Strafen

Skeptisch zu Teilen der KFG-Novelle äußerte sich seitens der Opposition Klaus Köchl (SPÖ), der insbesondere die Erhöhung der Strafen für Handytelefonieren am Steuer nicht nachvollziehen konnte. Auch die Übertragung von Agenden der Polizei an die ASFINAG sieht er kritisch.

Noch stärker fiel die Kritik von FPÖ-Verkehrssprecher Christian Hafenecker aus, der einen weiteren "Griff in die Taschen der Autofahrer:innen" ortet. Was die geplante Informationskampagne betrifft, so befürchtet er, dass diese vor allem eine "Kampagne zur Selbstbeweihräucherung" der Verkehrsministerin sein werde. Im Übrigen sei die Frage der Verkehrssicherheit von Radfahrer:innen ein Problem, dass viel stärkere Beachtung verdiene. Die FPÖ habe bereits eine Anfrage an die Ministerin gestellt, aus der hervorgehe, dass die Zahl der Radfahrer:innen, die schwere Verkehrsunfälle verschulden, im Steigen begriffen sei. Hier sei Bewusstseinsbildung nötig, befand auch FPÖ-Abgeordneter Gerhard Deimek.

Für sinnvoll erachteten die Ausweitung des Strafmaßes hingegen ÖVP-Verkehrssprecher Andreas Ottenschläger und NEOS-Verkehrssprecher Johannes Margreiter. Zur Ausschussfeststellung sagte Ottenschläger, dass es dabei um eine breite Informationskampagne zur Bewusstseinsbildung für die Verkehrssicherheit gehen solle. Ganz sicherlich werde es nicht um die Selbstdarstellung von wem auch immer gehen.

Gewessler: Novelle soll zu mehr Verkehrssicherheit beitragen

Bundesministerin Gewessler zeigte sich zufrieden mit der Novelle, die eine breite Palette von Anliegen berücksichtige, die an das Ressort herangetragen worden seien. Neben der Erhöhung der Verkehrssicherheit bilde die Verbesserung der Ausbildung von Fahrlehrer:innen einen Hauptteil der Novelle. Was die Erhöhung der Strafen für Verstöße gegen das Handyverbot oder die Helmpflicht betreffe, so folge man damit einer einstimmigen Empfehlung der Verkehrslandesrät:innen. Selbstverständlich umfasse das Anliegen der Verkehrssicherheit alle Gruppen von Verkehrsteilnehmer:innen, darunter auch Fahrradfahrer:innen und Fußgänger:innen, die auch die vulnerabelsten Gruppen im Straßenverkehr seien. Ablenkung am Steuer sei eine der häufigsten Ursachen für schwere Unfälle mit Personenschaden und müsse daher sehr ernst genommen werden.

Was die Befugnisse der Asfinag bei der Kontrolle von Sondertransporten anlangt, betonte die Ministerin, dass es hier ausdrücklich nicht um die Frage der Bewilligungen, sondern um technische Kontrollen gehe. Der Experte des Ressorts führte aus, dass für die Verwiegung von Sondertransporten eigens geschultes Personal und spezielle Ausrüstung benötigt werde, über die auch die Polizei nicht verfüge. Daher sei es sinnvoll, wenn die Asfinag diese Aufgaben auch ohne Beiziehung der Polizei durchführen könne.

SPÖ fordert Verwaltungsvereinfachung bei An- und Abmeldung von Kraftfahrzeugen

Mit der Regierungsvorlage mitverhandelt wurden je ein Antrag der SPÖ und der NEOS, die zum einen auf Verwaltungsvereinfachungen bei der An- und Abmeldung von Kraftfahrzeugen (3144/A) und zum anderen auf erweiterte Ausnahmeregelungen für Gemeinden bei der technischen Begutachtung von Fahrzeugen (3128/A) abzielten. So spricht sich SPÖ-Verkehrssprecher Alois Stöger etwa dafür aus, generell auf die Ab- und Anmeldung von Fahrzeugen zu verzichten, wenn der Zulassungsbesitzer bzw. die Zulassungsbesitzerin lediglich den Wohnort wechselt bzw. den Namen ändert. Derzeit gilt das nur bei der Verlegung des Hauptwohnsitzes im gleichen Kennzeichenbezirk.

ÖVP-Verkehrssprecher Andreas Ottenschläger sah die Intention des Antrags, Verwaltungsvereinfachungen zu erreichen, grundsätzlich positiv. Allerdings sollte die tatsächliche Umsetzbarkeit noch überprüft werden, weshalb er sich für die Vertagung aussprach.

NEOS-Verkehrssprecher Johannes Margreiter ist es ein Anliegen, dass Gemeinden bereits ab 10.000 Einwohner:innen – und nicht erst ab 50.000 Einwohner:innen – von der Verpflichtung befreit werden, ihre Fahrzeuge regelmäßig extern begutachten zu lassen (sogenannte "Pickerl"-Überprüfung). Gemeinden dieser Größe hätten die Infrastruktur, um die regelmäßige Überprüfung ihres Fuhrparks auf Verkehrssicherheit und Umweltsicherheit selbst durchzuführen, argumentiert er. Aktuell würde diese Verwaltungsvereinfachung ihm zufolge 76 Gemeinden zusätzlich betreffen.

Zu diesem Antrag brachte Lukas Hammer von den Grünen einen Vertagungsantrag ein. Die Frage sei, ob es tatsächlich im Sinne der Gemeinden sei, diese Überprüfungen selbst durchzuführen, meinte er. Dieser Sicht schlossen sich Hermann Weratschnig (Grüne) und Christoph Stark (ÖVP) an, die darin übereinstimmten, dass es wichtig sei, auch die Meinung der Städte und Gemeinden einzuholen. Eine Umsetzung würde auch zusätzlichen Aufwand für die Bauhöfe bedeuten, gab Stark zu bedenken.

SPÖ fordert gesetzliche Festlegung von Verkehrszielen

Vom Ausschuss wieder aufgenommen wurden die Beratungen über ein von der SPÖ beantragtes "Bundesverkehrszielegesetz" (2174/A). Mit diesem Gesetz soll der Staat unter anderem dazu verpflichtet werden, ein bestimmtes Grundangebot im öffentlichen Schienenpersonennah- und Regionalverkehr bereitzustellen und die Infrastruktur für den öffentlichen Verkehr sukzessive auszubauen. Auch Erreichbarkeitsziele und Anbindungsziele für neu geschaffene Wohnsitze und gewerbliche Handelszentren sollen festgelegt und die Radverkehrsinfrastruktur erweitert werden. Warentransporte mit mehr als 500 Kilometer Strecke sollen großteils auf der Schiene transportiert werden müssen, ein Fonds für Gemeinden eingerichtet werden. Weiters dängt die SPÖ darauf, Wohnmobile der Gewichtsklasse von 3,5 bis 7,5 Tonnen von der kilometerabhängigen Streckenmaut mittels GO-Box auszunehmen und stattdessen in das Vignetten-System einzubinden (1079/A(E)).

Beide Anträge wurden neuerlich vertagt. Er könne der Grundausrichtung des vorgeschlagenen Bundesverkehrszielegesetzes zwar sehr viel abgewinnen, sagte Lukas Hammer (Grüne), viele Fragen sind seiner Meinung nach aber noch offen. So wies er etwa darauf hin, dass mit dem Gesetz in die Kompetenzen der Länder eingegriffen werde. Zudem sei unklar, was die Verkehrsministerin machen könnte, wenn ein Land die vorgegebenen Ziele nicht erreiche. Schon das Klimaschutzgesetz von 2011 habe gezeigt, dass das Setzen von Zielen alleine zu wenig sei. Sowohl er als auch sein Fraktionskollege Hermann Weratschnig verwiesen zudem auf den Masterplan Mobilität und die Förderungen des Bundes für das Klimaticket und den Ausbau der Radinfrastruktur. ÖVP-Abgeordneter Johann Singer gab zu bedenken, dass Frächter aus Regionen, in denen kein Bahnanschluss möglich ist, absiedeln müssten, würde man das Gesetz in der vorgeschlagenen Form beschließen.

Grundsätzlich positiv bewertet wurde die Initiative hingegen von FPÖ-Abgeordnetem Gerhard Deimek, auch wenn er die von Singer geäußerten Bedenken teilte und meinte, am Antrag wäre noch vieles "auszufeilen".

Zum Thema Wohnmobile merkte Lukas Brandweiner (ÖVP) an, wenn man beginne, Ausnahmen vom Mautsystem zu beschließen, würde man damit wohl Begehrlichkeiten anderer Gruppen wecken. Dem hielt SPÖ-Abgeordneter Dietmar Keck entgegen, dass betroffene Wohnmobile bei der Zulassung wie Pkw behandelt würden und Lenker:innen derzeit kaum das hochrangige Straßennetz nutzten, sondern auf niederrangige Straßen ausweichen, weil die Maut zu teuer sei.

FPÖ für gegenseitige Anerkennung der Lenkerberechtigung für Leichtkrafträder in Deutschland und Österreich

Die FPÖ forderte im Ausschuss unter anderem Verhandlungen mit Deutschland, um eine gegenseitige Anerkennung von Lenkerberechtigungen für Leichtkrafträder – also Motorräder bis 125 cm³ – zu erreichen (3182/A(E)). Anders als beim "normalen" Führerschein seien diese Lenkerberechtigungen nicht länderübergreifend gültig, kritisiert FPÖ-Verkehrssprecher Christian Hafenecker.

Laut Verkehrsministerin Gewessler ist das Problem bekannt, es würden dazu auch Gespräche geführt. Abhilfe könnte ihrer Meinung nach eine neue Führerschein-Richtlinie der EU bringen, deren Entwurf erst vor kurzem vorgelegt wurde. Da die Verhandlungen darüber erst am Anfang stehen, solle man diese abwarten, erklärte Lukas Hammer (Grüne).

Sanierung der Luegbrücke: Zeit drängt

Zu einer längeren Debatte führte ein Antrag der FPÖ (3181/A(E)), der in Zusammenhang mit der anstehenden Sanierung der Luegbrücke auf der Brenner Autobahn A 13 steht. Verkehrsministerin Leonore Gewessler habe bis jetzt keine Antwort darauf geben können, wie das vorhersehbare "Verkehrschaos" während der Sanierungsphase verhindert werden könne, kritisiert Abgeordneter Gerald Hauser und fordert einen konkreten Verkehrsplan. Es brauche ein Konzept, um Umleitungsverkehr so weit wie möglich zu verhindern, hielt sein Parteikollege Deimek im Ausschuss ergänzend fest.

Das sieht auch NEOS-Abgeordneter Johannes Margreiter so. Er warf der ASFINAG vor, ein "falsches Spiel" mit der Wipptaler Bevölkerung zu spielen und diese unnötig unter Druck zu setzen. Seiner Ansicht nach braucht es eine Garantie, dass die Luegbrücke auch während der Bauzeit durchgängig vierspurig befahrbar sein wird, und zwar ohne Ampellösung. Margreiter stellte zudem den Verdacht in den Raum, dass es zu einem sechsspurigen Ausbau der Brenner Autobahn kommen könnte.

Grünen-Verkehrssprecher Hermann Weratschnig hielt Margreiter entgegen, dass den Wipptaler Bürgermeistern bereits im letzten Jahr ein detaillierter Sanierungsplan mit Verkehrslastenprofilen vorgelegt worden sei. Inzwischen wisse man, dass die Brücke ein Ablaufdatum habe und man die Sanierung nicht "auf den Sankt-Nimmerleins-Tag" verschieben könne. Es brauche eine raschestmögliche Einigung mit der Gemeinde Gries. Einen sechsspurigen Ausbau der Brenner Autobahn schloss Weratschnig aus, das sei bei jeder Debatte klar kommuniziert worden.

Auf intensive Gespräche zwischen Gemeinden, Asfinag und Verkehrsministerium wies auch Hermann Gahr (ÖVP) hin. Man müsse gemeinsam eine Lösung erarbeiten, bekräftigte er.

Wiener Nordbrücke wird voraussichtlich zwischen 2027 und 2030 saniert

Auch Verkehrsministerin Leonore Gewessler betonte, dass die Luegbrücke am Ende ihrer Lebensdauer angelangt sei. Die Wahrscheinlichkeit sei hoch, dass die Brücke 2025 nicht mehr zweispurig befahrbar sein werde. Daher brauche es eine rasche, konstruktive Lösung, um die Auswirkungen der Sanierung so gering wie möglich zu halten. Sie sei jedenfalls nicht dafür zu haben, "mit der Verkehrssicherheit zu spielen", und werde sicher keine Entscheidung gegen die Empfehlung der Expert:innen treffen, stellte sie in Richtung NEOS-Abgeordnetem Margreiter klar. Im ursprünglichen Bauzeitplan hätte man im Übrigen bereits eine neue Brücke gehabt.

Auf eine Frage von FPÖ-Abgeordnetem Deimek teilte Gewessler mit, dass die Wiener Nordbrücke "im Bestand" saniert werden soll. Nach aktueller Planung ist der Baubeginn für 2027 und das Ende für 2030 geplant.

NEOS: Perchtoldsdorf braucht neue Bahnquerung

Schließlich vertagte der Ausschuss die Beratungen über einen Antrag der NEOS (3199/A(E)), der den viergleisigen Ausbau der Südbahnstrecke betrifft. Abgeordnetem Margreiter geht es darum, auf dem Gebiet der Marktgemeinde Perchtoldsdorf eine neue Bahnquerung für den Fuß- und Radverkehr im Bereich Hochmayr-Gasse/Felix Petryek-Gasse zu errichten.

Wie Grün-Abgeordnete Astrid Rössler ausführte, wird im Zuge der Vorbereitung des UVP-Verfahrens auch die technische Machbarkeit einer Über- bzw. Unterführung im angesprochenen Bereich geprüft. Danach müsste die Finanzierungsfrage geklärt werden. Das hob auch Verkehrsministerin Gewessler hervor. (Fortsetzung Verkehrsausschuss) sox/gs