Parlamentskorrespondenz Nr. 1165 vom 09.11.2023

Familienausschuss: Forderungen der Opposition durch ÖVP und Grüne vertagt

SPÖ, FPÖ und NEOS thematisieren Elementarbildung, Schüler:innen-Transporte, Wochengeld und Fortpflanzungsmedizin

Wien (PK) – Zahlreiche Forderungen der Opposition standen auf der Tagesordnung des heutigen Familienausschusses. Diese wurden durchwegs mit der Stimmenmehrheit von ÖVP und Grünen vertagt.

So drängte die SPÖ auf bessere Rahmenbedingungen in der Elementarbildung, auf ein kostenfreies, qualitativ hochwertiges Mittagessen für alle Kinder in elementarpädagogischen Einrichtungen und Schulen sowie auf die Präsentation eines Nationalen Aktionsplans zur Europäischen Garantie für Kinder. Zudem thematisierten die Sozialdemokrat:innen Schüler:innen-Transporte und Freifahrten für Kinder im letzten Kindergartenjahr.

Die Freiheitlichen wiederum forderten die Reparatur einer Gesetzeslücke im Bereich des Wochengelds für Frauen, die während ihrer Karenz erneut schwanger werden. Ebenso trat die FPÖ für den Abbau bürokratischer Hürden beim Kinderbetreuungsgeld, für die Einführung eines Gütesiegels für Kinder- und Jugendbetreuungsangebote sowie für ein generelles Verbot der Leihmutterschaft auf EU-Ebene ein. Außerdem sollen der FPÖ nach die Zeiten von Präsenzdienst, Assistenzeinsatz und Zivildienst beim Papamonat anrechenbar werden.

Die NEOS sprachen sich für eine Reform des Fortpflanzungs-Medizingesetzes, die Frauen erlaubt, Eizellen zum Zwecke einer späteren Befruchtung auch ohne medizinische Indikation auf eigene Kosten entnehmen und aufbewahren zu lassen aus. Weiters forderten sie die Einführung eines Doppelresidenzmodells, um einen besseren rechtlichen Rahmen für Kinder von nicht in häuslicher Gemeinschaft lebenden Eltern zu erhalten.

SPÖ: Echte Fortschritte bei Elementarbildung statt ständiger "Mogelpackungen"

Da die ÖVP seit vielen Jahren den Ausbau der Kinderbetreuung torpediert habe, fehle es in diesem Bereich an allen Ecken, kritisiert die SPÖ (3564/A(E)). Österreich stelle für die Kindergärten noch immer weniger Mittel zur Verfügung als die anderen OECD-Staaten. Auch was die zuletzt von der Regierung angekündigten 4,5 Mrd. € betreffe, sei noch nicht viel über die Umsetzung bekannt. Es müsse nun endlich Schluss mit den "Mogelpackungen" sein, betonen die Antragsteller:innen. Es brauche einen Rechtsanspruch auf einen ganztägigen, kostenfreien Kinderbildungs- und -betreuungsplatz ab dem ersten Lebensjahr sowie eine dauerhafte Erhöhung der Budgetmittel um eine Milliarde Euro pro Jahr (bzw. 1 % des BIP). Damit sollten Verbesserungen, wie eine optimale und inklusive Betreuung der Kinder durch multiprofessionelle Teams, gesundes kostenfreies Mittagessen, die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Entlohnung der Beschäftigten sowie der Öffnungszeiten finanziert werden. Der Antrag wurde so wie zwei weitere wieder aufgenommene Forderungen der SPÖ mit den Stimmen von ÖVP und Grünen vertagt. In den beiden Anträgen forderten die Sozialdemokrat:innen ebenfalls mehr Investitionen in Kinderbetreuung und elementare Bildung (1641/A(E) und 3319/A(E)).

Alle drei Initiativen der SPÖ zielten grundsätzlich darauf ab, in Österreich die beste Kinderbildung von Anfang an zu gewährleisten, untermauerte SPÖ-Antragstellerin Petra Wimmer noch einmal die teils sehr detaillierten Forderungen ihrer Fraktion. Die Ankündigungen von Seiten der Regierung, nun über vier Milliarden Euro in die Elementarpädagogik investieren zu wollen, seien zwar zu begrüßen, aber man wisse immer noch nicht, wohin die Mittel genau fließen werden. Diese Information wäre aber sehr wichtig für die Gemeinden, die für die Kindergärten zuständig seien, monierte ihr Fraktionskollege Alois Stöger. Derzeit seien die Summen nur "Luftschlösser" beklagte auch SPÖ-Abgeordneter Maximilian Köllner, der auf die zahlreichen Probleme der Kommunen hinwies. Einen "riesigen Handlungsbedarf" ortete Christian Oxonitsch (SPÖ) im Personalbereich, zumal tausende Pädagog:innen fehlen würden.

Rosa Ecker von der FPÖ war der Meinung, dass vor allem die kleineren Gemeinden die finanziellen und personellen Herausforderungen nicht mehr stemmen könnten. Die Einführung eines Rechtsanspruchs auf Kinderbetreuung ab dem ersten Lebensjahr sowie eine "Überakademisierung" der Ausbildung würden jedenfalls die Probleme nicht lösen, war sie überzeugt.

Joachim Schnabel (ÖVP) verwies auf die zahlreichen Investitionen des Bundes in den Bereich der Kinderbetreuung in den letzten Jahren und hob unter anderem die kommunalen Investitionspakete hervor. Diese Anstrengungen hätten zu deutlich verbesserten Betreuungsquoten geführt. Als sehr positiv bewertete er den angekündigten Zukunftsfonds, weil damit erstmals auch Mittel für den Betrieb von Kindergärten bereitgestellt werden sollen. Auch Norbert Sieber (ÖVP) erinnerte daran, dass der Bund seit 2008 fast 100.000 Kindergartenplätze geschaffen habe.

Michael Bernhard (NEOS) unterstützte die Anliegen der SPÖ und gab weiters zu bedenken, dass das Vorhandensein von ausreichenden Kinderbetreuungsplätzen einen enormen Mehrwert für die Gemeinden darstellen würde. Außerdem würde durch ein entsprechendes Angebot oft erst ein Bedarf bei den Eltern ausgelöst. Bei der budgetären Ausstattung des Sektors sollte man sich jedoch an erfolgreichen Staaten wie etwa Dänemark orientieren, die rund 2 % vom BIP für die Elementarbildung ausgeben würden.

Sibylle Hamann (Grüne) sprach von einem "Paradigmenwechsel", da es ein Bekenntnis von Seiten des Bundeskanzlers gebe, 4,5 Mrd. € für die Kinderbetreuung zur Verfügung stellen zu wollen. Was den Zukunftsfonds angeht, so sei es erstmals gelungen konkrete Bereiche zu definieren, für die nun zusätzliche Gelder vorgesehen seien. Viele Probleme könnte man mit einem einheitlichen Bundesrahmengesetz oder mit neun gleichlautenden Landesgesetzen lösen, urteilte sie, aber dafür würde man die Zustimmung der Landeshauptleute brauchen. Es stünde den Ländern auch jetzt schon frei, etwa einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung ab dem ersten Lebensjahr einzuführen, führte sie ins Treffen. Zum Thema Ausbildungsoffensive merkte Hamann an, dass es nun zwar mehr Plätze gebe, aber man vor dem Problem stehe, dass nur ein Drittel der BAfEP-Absolvent:innen später den Beruf auch ausüben würden. Als "wesentlich effizienter" würden sich da die dreijährigen Kollegs erweisen.

Keine genauen Zahlen konnte Staatssekretärin Claudia Plakolm nennen, da die Verhandlungen über die konkrete Umsetzung des Finanzausgleichs noch nicht abgeschlossen seien.

SPÖ: Schüler:innentransporte sicherstellen

Die SPÖ gibt in einem Entschließungsantrag zu bedenken, dass in zahlreichen Gemeinden die Umsetzung der seit 1971 geltenden Schüler:innen-Freifahrt nicht mehr sichergestellt werden könne (3559/A(E)). Aufgrund von Personalmangel und zu geringer Förderung würden nämlich viele Busunternehmen ihre Beförderungsverträge nicht mehr verlängern. Es müssten daher dringend die Kostenersätze erhöht und generell die Rahmenbedingungen verbessert werden, fordert Abgeordnete Sabine Schatz (SPÖ). Konkret setzt sie sich für die Anhebung des Kilometer-Tarifs und des Pro-Kopf-Beitrags sowie eine jährliche Anpassung auf Basis des Verbraucherpreis- und Lohnkostenindexes ein. Weiters sollten die geltende Zwei-Kilometer-Regelung in ländlichen Gebieten halbiert und die Zumutbarkeitsbestimmungen evaluiert werden.

Im Ausschuss berichtete Sabine Schatz (SPÖ) von der angespannten Situation in Oberösterreich und warnte vor einer weiteren Zuspitzung aufgrund der Teuerung und des Personalmangels und den damit verbundenen Herausforderungen für Eltern. Die Entschädigung der Unternehmen reiche oft und insbesondere bei Kindern und Jugendlichen mit Behinderung nicht aus, pflichtete Rosa Ecker (FPÖ) bei. Eine Neuaufsetzung der Schüler:innentransporte befand Michael Bernhard (NEOS) als notwendig und sah die Verfügbarkeit von Arbeitskräften dabei als große Herausforderung.

Der Bundesregierung seien die Folgen der Teuerung bewusst und es seien deswegen Valorisierungen vorgesehen, meinte Ausschussvorsitzender Norbert Sieber (ÖVP). Zudem gebe es aktuell Gespräche mit der Branche über weitere Verbesserungen.

Weitere, wieder aufgenommene Anträge der SPÖ wurden ebenfalls mit der Stimmenmehrheit von ÖVP und Grünen erneut vertagt. Darin forderten die Sozialdemokrat:innen die Ausweitung der Freifahrten für Kinder im verpflichtenden letzten Kindergartenjahr (2972/A(E)) und ein kostenfreies, qualitativ hochwertiges Mittagessen für alle Kinder in elementarpädagogischen Einrichtungen und Schulen (2973/A(E)). Weiters drängen die Sozialdemokrat:innen auf die Umsetzung und Präsentation eines Nationalen Aktionsplans zur Europäischen Garantie für Kinder (3173/A(E)). In der Debatte berichtete Norbert Sieber (ÖVP), dass der Nationale Aktionsplan in regierungsinterner Abstimmung sei und zeigte sich zuversichtlich, dass dieser bald vorliege.

FPÖ drängt auf rasche Reparatur der "Wochengeld-Falle"

Frauen, die während ihrer Karenz erneut schwanger werden, hätten

aufgrund einer Gesetzeslücke nur dann Anspruch auf Wochengeld, wenn sie noch Kinderbetreuungsgeld beziehen, kritisiert FPÖ-Abgeordnete Rosa Ecker in einem Entschließungsantrag (3500/A(E)). Obwohl dies laut einem OGH-Erkenntnis EU-rechtswidrig ist, sei das entsprechende Gesetz bis heute nicht repariert worden. Dies habe in einem konkreten Fall dazu geführt, dass eine Frau mit Beginn ihres Beschäftigungsverbots weder Anspruch auf Wochengeld noch auf Entgelt hatte, fordert Ecker eine eindeutige gesetzliche Regelung mit einem entsprechenden Anspruch auf Wochengeld.

Die Zuständigkeit für dieses Thema liege beim Sozialressort, aktuell gebe es dazu eine Analyse von Expert:innen, berichtete Nikolaus Prinz (ÖVP). Sie erwarte eine Lösung für das erste Quartal 2024 ergänzte Barbara Neßler (Grüne). In welche Richtung die Lösung gehe und in welcher Rechtsmaterie diese verankert werde, könne noch nicht gesagt werden, meinte eine Expertin des Familienressorts zu Michael Bernhard (NEOS).

Trotz der Zuständigkeit des Sozialministers mahnte Petra Wimmer (SPÖ) die Verantwortung der Familienministerin ein. Die Betroffenen müssen zu Gericht gehen, um zu ihrem Recht zu kommen, kritisierte auch Alois Stöger (SPÖ) die Regelung.

Weitere wieder aufgenommene Initiativen der FPÖ wurden ebenfalls mit den Stimmen von ÖVP und Grünen erneut vertagt. So forderten die Freiheitlichen den Abbau bürokratischer Hürden beim Kinderbetreuungsgeld (3375/A(E)), die Einführung eines Gütesiegels für Kinder- und Jugendbetreuungsangebote (2712/A(E)) sowie ein generelles Verbot der Leihmutterschaft auf EU-Ebene (3169/A(E)).

Außerdem sollen der FPÖ nach die Zeiten von Präsenzdienst, Assistenzeinsatz und Zivildienst beim Papamonat anrechenbar werden(1738/A(E)). Lukas Brandweiner (ÖVP) berichtete, dass "intensiv" an einer Lösung hierfür gearbeitet werde.

NEOS-Anträge zu "Social Egg Freezing" und Doppelresidenzmodell

Ebenfalls auf der Tagesordnung standen zwei wieder aufgenommene Anträge der NEOS, die mit der Stimmenmehrheit von ÖVP und Grünen erneut vertagt wurden. So treten die NEOS für eine Reform des Fortpflanzungsmedizingesetzes ein, die es Frauen erlaubt, Eizellen zum Zwecke einer späteren Befruchtung auch ohne medizinische Indikation auf eigene Kosten entnehmen und aufbewahren zu lassen (3280/A(E)).

Weiters fordern die NEOS die Einführung eines Doppelresidenzmodells für Kinder von nicht in häuslicher Gemeinschaft lebenden Eltern (560/A(E)). Aktuell würden Fragen wie diese bei den Verhandlungen für eine Familienrechtsreform thematisiert, berichteten Maria Großbauer (ÖVP) und Barbara Neßler (Grüne). (Fortsetzung Familienausschuss) sue/pst