Parlamentskorrespondenz Nr. 708 vom 24.06.2024

Neu im Finanzausschuss

Wien (PK) – Nach Berechnungen des Amtes für Betrugsbekämpfung wird von einem ungeklärten Abfluss von Bargeld in Höhe von 800 Mio. € pro Jahr über Scheinfirmen ausgegangen. Aus diesem Grund legen die Koalitionsparteien Grüne und ÖVP dem Finanzausschuss nun zwei Regierungsvorlagen für das Betrugsbekämpfungsgesetz 2024 (BBKG) vor.

Mit dem Gesetz sollen Scheinrechnungen und Scheinfirmen bekämpft werden. Bereits im Regierungsprogramm legten die Parteien fest, "konsequent gegen Steuerverschiebungen bzw. gegen jede Art von Missbrauch, Steuerbetrug und Steuervermeidung" vorzugehen, wie in den Erläuterungen zum Gesetz zu lesen ist (2598 d. B.). Nun soll dem mit dem vorliegenden Entwurf Rechnung getragen werden. Durch das Betrugsbekämpfungsgesetz werde erwartet, ungefähr 60 Mio. € an zusätzlichen Abgaben und davon 30 Mio. € an Steuern zu generieren. Zudem würden durch die Umsetzung des BBKG 24 legal operierende Unternehmen profitieren, indem sie Aufträge erhielten, die ursprünglich kostengünstigere Scheinunternehmen bekommen hätten, heißt es.

Ein neues Steuerhinterziehungsmodell im Zusammenhang mit Scheinfirmen sei in den letzten Jahren immer wieder entdeckt worden. Bei diesem Betrugsmodell würden Scheinunternehmen Scheinrechnungen ausstellen, die von sogenannten Durchleiterfirmen bezahlt würden. Sobald das Geld am Konto eingehe, werde es behoben und in Folge als Schwarzgeld an das tatsächlich die Arbeiten ausführende Unternehmen übergeben – was man auch "Kick-back-Zahlungen" nennt. Ebenso würden Scheinrechnungen für zu Unrecht geltend gemachte Vorsteuern verwendet.

Betroffen seien besonders oft Branchen wie Baugewerbe, Reinigung, Security, Eventveranstaltung, Spezialdienstleistung und Arbeitskräfteüberlassung.

Im ersten Teil des Gesetzes sind Änderungen des Finanzstrafgesetzes, des Bundesgesetzes über die Schaffung eines Amtes für Betrugsbekämpfung, des Sozialversicherungsgesetzes und des Meldestandard-Gesetzes enthalten. Teil zwei (2599 d. B.) umfasst Änderungen im Sozialbetrugsgesetz 2016.

Aufnahme in die Sozialbetrugsdatenbank und Meldung an AMS

Im Finanzstrafgesetz sollen Bestimmungen aufgenommen werden, um die Verfahren zu beschleunigen und die Strafbarkeit mit Schein- und Deckungsrechnungen zu verschärfen. So soll eine Geldstrafe für verwendete oder erstellte Schein- und Deckungsrechnungen in der Höhe von bis zu 100.000 € eingeführt werden. Auf Empfehlung des Rechnungshofes soll die Möglichkeit der Strafaufhebung forciert werden, um die Finanzstrafbehörden zu entlasten, damit sie sich auf Fälle mit "höherem deliktischen Gehalt" konzentrieren könnten. Laut Regierungsentwurf soll unter anderem die Möglichkeit zur Gewährung von Zahlungserleichterungen geschaffen werden. Eine Strafaufhebung solle auch dann zulässig sein, wenn die betreffende Abgabennachforderung innerhalb von längstens sechs Monaten nach Festsetzung der Abgabenerhöhung entrichtet werde.

Darüber hinaus soll die Haftung des Auftraggebers für Entgeltansprüche von Arbeitnehmer:innen bei "vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Einbindung von Scheinunternehmen" ausgeweitet werden. Es werde sichergestellt, dass die Haftung auch die Entgeltansprüche von Arbeitnehmer:innen umfasse, die nicht beim direkt beauftragten Scheinunternehmen arbeiteten, sondern Arbeitnehmer:innen eines in der Auftragskette weiter unten befindlichen Scheinunternehmens seien, wird von den Regierungsparteien im Text ausgeführt. Auch die Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse (BUAK) solle in Verfahren Privatbeteiligtenstellung erhalten.

Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass künftig auch Unternehmen, bei denen ein Tatverdacht vorliegt, in die Sozialbetrugsdatenbank aufgenommen werden. Auch das AMS soll Zugang zur Datenbank bekommen, dadurch soll es über einen möglichen Missbrauch von Beihilfen informiert werden. Zudem werde, wenn ein Insolvenzverfahren eröffnet wird, die Verdachtsmitteilung künftig auch unmittelbar an den Rechtsträger zugestellt bzw. der Insolvenzverwalter informiert. Der  Scheinunternehmer, die Scheinunternehmerin soll auch im Falle einer Insolvenz vorsprechen müssen.

Außerdem soll es künftig möglich sein, Banken und Geldinstitute per Bescheid zu verpflichten, Geldtransaktionen, die im Zusammenhang mit Scheinunternehmen stehen, vorläufig einzufrieren.

Finanzpolizei bekommt mehr Aufgaben

Bei gerichtlich strafbarem Sozialbetrug durch Unternehmen soll künftig auch die Finanzpolizei ermitteln.

Außerdem soll die Finanzpolizei laut Entwurf bei Vergehen gegen die Registrierkassenpflicht vereinfachte Strafverfügungen ausstellen können.

Durch die Ausweitung der Aufgaben werde es mehr Personal brauchen, heißt es in der Regierungsvorlage. 15 zusätzliche Vollzeitbeschäftigte seien vorgesehen.

Änderungen beim Schmuggel

Auch hinsichtlich der Sanktionierung von Schmuggel soll es Änderungen geben. Es geht dabei um die Berechnung des strafbestimmenden Warenwertes sowie darum, dass Beschuldigte künftig den Einspruchsverzicht auf ein Finanzstrafverfahren nicht mehr wiederrufen können. Im Entwurf wird festgehalten, dass durch letzteres kein Rechtsschutzverlust für den Beschuldigten entstehen würde. Das Zollamt Österreich kann eine Geldstrafe im Höchstmaß von 3.000 € verhängen oder bei bestimmten Fällen die Abnahme von Gegenständen aussprechen, dies wird als vereinfachte Strafverfügung bezeichnet. In der aktuellen Bestimmung müsste beim Widerruf des Beschuldigten ein Finanzstrafverfahren durchgeführt werden. Nun ist vorgesehen, dass sich der Beschuldigte mit einem vereinfachten Verfahren einverstanden erklären muss, sonst sei von vornherein ein Finanzstrafverfahren durchzuführen.

Das Betrugsbekämpfungsgesetz 2024 soll noch heuer in Kraft treten. (Schluss) map