Parlamentskorrespondenz Nr. 878 vom 27.08.2024
Bundesrechnungsabschluss 2023: Nettoergebnis erneut negativ
Wien (PK) – Nach Jahren der Pandemie und hoher Inflation war das Jahr 2023 weiterhin von makroökonomischen Herausforderungen geprägt. Der Bundeshaushalt war das vierte Jahr in Folge durch Hilfsmaßnahmen zur Abfederung von Krisen belastet, hält der Rechnungshof zum Bundesrechnungsabschluss 2023 fest (III-1161 d.B.).
Die heimische Wirtschaf sei 2023 real um 0,8 % geschrumpft, nominell sei sie hingegen um 6,7 % gewachsen, so die Ergebnisse des Rechnungshofs. Die Inflation sei mit 7,8 % geringer als im Vorjahr gewesen, aber immer noch fast viermal so hoch wie der Zielwert der Europäischen Zentralbank von 2,0 %. Die Arbeitsmarktlage sei zwar weiterhin robust, die Beschäftigung nahm zu, allerdings sei die Zahl der Arbeitslosen trotz Fachkräftemangel leicht angestiegen.
Wohnung, Wasser und Energie, Gastronomie und Beherbergung sowie Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke nennt das Prüforgan als wesentliche Preistreiber 2023. In Reaktion auf den starken Anstieg der Verbraucherpreise hob die Europäische Zentralbank die Leitzinsen in mehreren Zinsschritten beginnend mit Juli 2022 mehrfach an, sodass der Leitzins im September 2023 bei 4,5 % stand.
10,717 Mrd. € Defizit im Jahr 2023
10,717 Mrd. € Defizit schrieb der Bund 2023. Obwohl um 2,027 Mrd. € besser als im Jahr davor, war das Nettoergebnis immer noch weit entfernt vom Vorkrisenniveau. 2019 wurde ein Überschuss von 819,08 Mio. € erzielt. Dennoch liegt das Ergebnis über den Erwartungen. Im Voranschlag 2023 wurde dem von einem Defizit in Höhe von 16,991 Mrd. € ausgegangen. Die hohe Abweichung vom Planwert lässt den Rechnungshof nun aufhorchen. Im Sinne der haushaltsrechtlichen Grundsätze der Budgetwahrheit und –klarheit mahnt er eine präzise Planung bzw. Budgetierung ein.
Die Erträge sind gegenüber dem Vorjahr um fast fünf Milliarden Euro gestiegen. Der Rechnungshof führt dies vorrangig auf höhere Steuereinnahmen infolge der hohen Inflation zurück. Davon betroffen seien insbesondere die Erträge aus der Umsatzsteuer (+2,210 Mrd. €) und die Lohnsteuer (+2,155 Mrd. €) gewesen. Stark angestiegen seien außerdem die Finanzerträge aufgrund höherer Zinsen und hoher Gewinnausschüttungen der Beteiligungsunternehmen.
Aber auch die Aufwände waren um 2,957 Mrd. € höher als im Jahr 2022. Am meisten gestiegen ist der Finanzaufwand (+2,121 Mrd. €) wegen der hohen Aufwendungen aus der Bewertung von Beteiligungen sowie aufgrund des stark gestiegenen Zinsniveaus. Dadurch erhöhten sich die Refinanzierungskosten des Bundes. Einen Anstieg gab es auch beim Transferaufwand wegen höheren Bundesbeiträgen für die Sozial– und Pensionsversicherungsträger und verschiedenen neu eingeführten Zuschüssen (wie Wohn– und Heizkostenzuschüsse). Weniger Kosten verursachte hingegen der betriebliche Sachaufwand, insbesondere aufgrund geringerer Aufwendungen aus der Wertberichtigung und dem Abgang von Forderungen und weil die Maßnahmen zur Bewältigung der COVID–19–Krise ausliefen, führt der Rechnungshof aus.
Das Vermögen des Bundes betrug Ende 2023 125,970 Mrd. € und war höher als im Vorjahr (2022: 4,116 Mrd. €). Dem Rechnungshof zufolge basiert der Anstieg hauptsächlich auf höheren liquiden Mitteln (+4,160 Mrd. €). Anders sieht es jedoch bei den Fremdmitteln aus. Dem Vermögen standen Fremdmittel von 342,229 Mrd. € gegenüber, die um 14,774 Mrd. € höher waren als im Vorjahr. Denn die bereinigten Finanzschulden stiegen um 12,362 Mrd. €, das sind 4,6 %. Auch die Verbindlichkeiten nahmen zu.
75 % der Entlastungsmaßnahmen gingen an Private und Haushalte
Zur Entlastung von der Teuerung erhielt die Bevölkerung auch im Jahr 2023 Zuschüsse zur Abfederung der gestiegenen Energiekosten. Die gesamten Auszahlungen für Entlastungsmaßnahmen kosteten laut Rechnungshof 4,122 Mrd. € (2022 waren es 4,534 Mrd. €). Private und Haushalte erhielten 75,0 % aller Auszahlungen für Entlastungsmaßnahmen. An Unternehmen und Selbstständige wurden zur Eindämmung der Auswirkungen der Teuerung 1,031 Mrd. € ausgezahlt. Laut Bundesrechnungsabschluss schätzte das Finanzministerium die finanziellen Auswirkungen der Entlastungsmaßnahmen auf den Bundeshaushalt auf 31,165 Mrd. € für die Jahre 2023 bis 2026.
Rechnungshof: Entlastungsmaßnahmen in Vorwahlzeiten nur bei tatsächlichem Bedarf und unbedingter Notwendigkeit
Im Vorfeld der Nationalratswahl im September 2024 rät der Rechnungshof aufgrund der bestehenden Budgetbelastung zu Sparsamkeit: Entlastungsmaßnahmen sollten gerade in Vorwahlzeiten nur bei tatsächlichem Bedarf und unbedingter Notwendigkeit gesetzt werden. Kriterien der Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sollten in die Entscheidungsfindung einbezogen werden.
Strukturelle Reformen und nachhaltige Maßnahmen sollten punktuellen, einmaligen Entlastungen vorgezogen werden, so die Haltung des Rechnungshofs. Bei jenen Maßnahmen, die den öffentlichen Haushalt auch längerfristig belasten, sollten im Vorhinein die Auswirkungen auf die finanzielle Nachhaltigkeit überprüft werden. Nur zielgerichtete und treffsichere Maßnahmen sollten beschlossen werden, betont der Rechnungshof.
Zudem erinnert der Rechnungshof an seine Empfehlungen, im Rahmen einer Reform des Haushaltsrechts das Rücklagensystem weiterzuentwickeln. Dadurch sollen die Grundsätze der Budgetwahrheit und –klarheit sowie die Transparenz gestärkt werden.
Aus Sicht des Rechnungshofs sei mittelfristig das Auslaufen der krisenbedingten Maßnahmen anzustreben, um eine nachhaltige Budgetentwicklung auch langfristig sicherzustellen.
Finanzschulden und Schuldenquote
Die bereinigten Finanzschulden des Bundes betrugen Ende Dezember 2023 283,252 Mrd. € bzw. 59,4 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Sie waren um 12,362 Mrd. € (+4,6 %) höher als 2022. Die 2023 neu aufgenommenen Finanzschulden wiesen eine durchschnittliche Effektivverzinsung von 3,3 % (2022: 1,0 %) und eine Laufzeit von 7,3 Jahren (2022: 8,6 Jahre) auf.
Auf gesamtstaatlicher Ebene wies Österreich im Jahr 2023 ein öffentliches Defizit von -2,7 % des BIP auf. Dies war eine Verbesserung um 0,6 % gegenüber 2022 (-3,3 % des BIP). Der gesamtstaatliche Schuldenstand stieg durch Maßnahmen zur Abfederung der Teuerung das vierte Jahr in Folge an. Die Schuldenquote verzeichnete aber vor allem aufgrund des hohen nominellen BIP–Wachstums (+6,7 %) einen Rückgang von 78,4 % des BIP im Jahr 2022 auf 77,8 % des BIP im Jahr 2023. (Schluss) gla
HINWEIS: Der Budgetdienst des Parlaments bietet ökonomische Analysen zur Budgetpolitik und zu Vorlagen des Bundesministeriums für Finanzen. Alle aktuellen Daten zum Budgetvollzug (Monatsberichte) finden Sie auf der Website des Finanzministeriums.