Stenographisches Protokoll

 

 

 

 

 

750. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

 

Donnerstag, 22. November 2007

 

 


Stenographisches Protokoll

750. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Donnerstag, 22. November 2007

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 22. November 2007: 9.03 – 13.18 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002 geändert wird

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem ein Fonds zur Förde­rung der Errichtung einer Fakultät für Bauingenieurwesen und Architektur an der Uni­versität Innsbruck geschaffen wird, aufgehoben wird

3. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Fachhochschul-Studiengesetz geändert wird

4. Punkt: Schlussdokument der Sitzung der Regierungsvertreter betreffend die Verlän­gerung der Erklärung über die Produktionsphase der Ariane-Träger bis Ende 2008

5. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird

6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung der Gesell­schaft „Familie & Beruf Management GmbH“ geändert wird

7. Punkt: Bundesgesetz, mit dem die Strafprozessordnung 1975, das Strafgesetzbuch, das Jugendgerichtsgesetz 1988 und das Finanzstrafgesetz geändert werden

8. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Bundesstatistik (Bun­desstatistikgesetz 2000) geändert wird

9. Punkt: Petition betreffend Einrichtung eines Polizeiwachzimmers in Linz am Binder­michl, überreicht von Bundesrat Wolfgang Schimböck

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Inhalt

Bundesrat

Schreiben des Präsidenten des Wiener Landtages betreffend Mandatsverzicht der Bundesräte Peter Florianschütz und Mag. Gertraud Knoll sowie die Wahl von Mitgliedern und Ersatzmitgliedern in den Bundesrat ....................................................................................................................... 47

Angelobung der Bundesräte Wolfgang Beer und Josef Kalina ................................ 48


BundesratStenographisches Protokoll750. Sitzung / Seite 2

Personalien

Verhinderungen ................................................................................................................ 6

Fragestunde (131.)

Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft ....................................... 6

Erwin Preiner (1592/M-BR/07); Franz Wolfinger, Franz Breiner

Martin Preineder (1587/M-BR/07); Reinhard Winterauer, Stefan Schennach

Elisabeth Kerschbaum (1590/M-BR/07); Erwin Preiner, Josef Saller

Maria Mosbacher (1593/M-BR/07); Ferdinand Tiefnig, Eva Konrad, Monika Mühl­werth

Dr. Georg Spiegelfeld-Schneeburg (1588/M-BR/07); Günther Kaltenbacher, Eli­sabeth Kerschbaum

Peter Mitterer (1591/M-BR/07); Franz Breiner, Reinhard Jany

Günther Molzbichler (1594/M-BR/07); Martina Diesner-Wais, Elisabeth Kersch­baum, Ing. Siegfried Kampl

Sissy Roth-Halvax (1589/M-BR/07); Erwin Preiner, Stefan Schennach

Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse .......................................................................... 26

Ausschüsse

Zuweisungen ...........................................................................................................  26, 76

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 7. November 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002 geändert wird (241 d.B. und 276 d.B. sowie 7787/BR d.B.)                       27

Berichterstatterin: MMag. Barbara Eibinger ................................................................ 27

2. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 7. November 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem ein Fonds zur Förderung der Errichtung einer Fakultät für Bauingenieurwesen und Architektur an der Univer­sität Innsbruck geschaffen wird, aufgehoben wird (79 d.B. und 278 d.B. sowie 7788/BR d.B.) ................................................................................................................. 27

Berichterstatterin: MMag. Barbara Eibinger ................................................................ 27

Redner/Rednerinnen:

Eva Konrad ............................................................................................................  28, 34

Johann Giefing ........................................................................................................ ..... 30

Mag. Bernhard Baier .............................................................................................. ..... 31

Bundesminister Dr. Johannes Hahn .................................................................... ..... 32


BundesratStenographisches Protokoll750. Sitzung / Seite 3

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 1, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 35

Annahme des Antrages der Berichterstatterin zu Punkt 2, gegen den vorliegen­den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................. 35

3. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 7. November 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fachhochschul-Studiengesetz geändert wird (408/A und 277 d.B. sowie 7785/BR d.B. und 7789/BR d.B.)        ............................................................................................................................... 35

Berichterstatterin: Michaela Gansterer ........................................................................ 36

Redner/Rednerinnen:

Monika Mühlwerth .................................................................................................. ..... 36

Waltraut Hladny ...................................................................................................... ..... 37

MMag. Barbara Eibinger ........................................................................................ ..... 38

Stefan Schennach ................................................................................................... ..... 39

Bundesminister Dr. Johannes Hahn .................................................................... ..... 41

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 43

4. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 8. November 2007 betreffend ein Schlussdokument der Sitzung der Regierungsvertreter betreffend die Verlänge­rung der Erklärung über die Produktionsphase der Ariane-Träger bis Ende 2008 (199 d.B. sowie 7795/BR d.B.) ................................................... 43

Berichterstatter: Vizepräsident Jürgen Weiss ............................................................ 43

Redner/Rednerinnen:

Harald Reisenberger .............................................................................................. ..... 43

Dr. Franz Eduard Kühnel ....................................................................................... ..... 44

Stefan Schennach ................................................................................................... ..... 45

Bundesminister Dr. Johannes Hahn ......................................................................... 46

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 47

5. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 7. November 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird (228 d.B. und 316 d.B. sowie 7791/BR d.B.)          ............................................................................................................................... 48

Berichterstatterin: Christine Fröhlich ........................................................................... 48

Redner/Rednerinnen:

Maria Mosbacher .......................................................................................................... 49

Sissy Roth-Halvax ........................................................................................................ 50

Elisabeth Kerschbaum ........................................................................................... ..... 51

Monika Mühlwerth .................................................................................................. ..... 51

Martina Diesner-Wais ............................................................................................. ..... 52

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 53

6. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 7. November 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung der Gesellschaft „Familie & Beruf Management GmbH“ geändert wird (227 d.B. und 315 d.B. so­wie 7792/BR d.B.) ................................................................. 54


BundesratStenographisches Protokoll750. Sitzung / Seite 4

Berichterstatterin: MMag. Barbara Eibinger ................................................................ 54

Redner/Rednerinnen:

Franz Breiner ........................................................................................................... ..... 54

Monika Kemperle .................................................................................................... ..... 55

Edgar Mayer ............................................................................................................ ..... 55

Bundesministerin Dr. Andrea Kdolsky ................................................................ ..... 57

Elisabeth Kerschbaum ........................................................................................... ..... 59

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 59

7. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 7. November 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Strafprozessordnung 1975, das Strafgesetzbuch,
das Jugendgerichtsgesetz 1988 und das Finanzstrafgesetz geändert werden (231 d.B. und 273 d.B. sowie 7786/BR d.B. und 7793/BR d.B.) ................................................................................... 59

Berichterstatter: Ernst Winter ....................................................................................... 60

Redner/Rednerinnen:

Ing. Siegfried Kampl ............................................................................................... ..... 60

Monika Kemperle .................................................................................................... ..... 61

Dr. Franz Eduard Kühnel ....................................................................................... ..... 62

Stefan Schennach ................................................................................................... ..... 63

Bundesministerin Dr. Maria Berger ..................................................................... ..... 65

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 66

8. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 7. November 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Bundesstatistik (Bundessta­tistikgesetz 2000) geändert wird (202 d.B. und 311 d.B. sowie 7794/BR d.B.) ...................................................................................................... 66

Berichterstatter: Jürgen Weiss ..................................................................................... 67

Redner/Rednerinnen:

Günther Molzbichler ............................................................................................... ..... 67

Edgar Mayer ............................................................................................................ ..... 67

Stefan Schennach ................................................................................................... ..... 68

Ludwig Bieringer .................................................................................................... ..... 69

Entschließungsantrag der Bundesräte Albrecht Konecny, Sissy Roth-Halvax und Stefan Schennach betreffend geschlechterparitätische Zusammensetzung des Statistikrates – Annahme (E 223-BR/07)  69, 70

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 70

9. Punkt: Petition betreffend Einrichtung eines Polizeiwachzimmers in Linz am Bindermichl, überreicht von Bundesrat Wolfgang Schimböck (19/PET-BR/2007 sowie 7790/BR d.B.) ................... 70

Berichterstatter: Wolfgang Sodl ................................................................................... 70

Redner:

Wolfgang Schimböck ............................................................................................. ..... 71

Franz Breiner ........................................................................................................... ..... 72

Ing. Siegfried Kampl ............................................................................................... ..... 72

Alfred Schöls ........................................................................................................... ..... 73

Albrecht Konecny ................................................................................................... ..... 74


BundesratStenographisches Protokoll750. Sitzung / Seite 5

Monika Mühlwerth .................................................................................................. ..... 75

Mag. Bernhard Baier .............................................................................................. ..... 75

Annahme des Antrages des Berichterstatters, den Ausschussbericht 7790 d.B. zur Kenntnis zu nehmen      ............................................................................................................................... 76

Eingebracht wurden

Anfragen der Bundesräte

Franz Perhab, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidi­gung betreffend Schließungsgerüchte um die Kaserne Aigen im Ennstal im Zuge der Bundesheer-Reform (2585/J-BR/07)

Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend die Unvereinbarkeit von Aufsichtsräten (2586/J-BR/07)

Wolfgang Schimböck, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend Informationen über die Situation an Gymnasien (Schülerentwicklung bzw. Schülerströme, Schulerfolg, etc.) in der Landeshauptstadt Linz (2587/J-BR/07)

Anfragebeantwortungen

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Bundesräte Dr. Franz Eduard Kühnel, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend aufklärungsbedürftige Aussagen des Bundeskanzlers in Israel (2371/AB-BR/07 zu 2572/J-BR/07)

des Bundesministers für Soziales und Konsumentenschutz auf die Anfrage der Bun­desräte Michaela Gansterer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Finanzierung der 68. ASVG-Novelle (2372/AB-BR/07 zu 2571/J-BR/07)

der Bundesministerin für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst auf die Anfrage der Bundesräte Alfred Schöls, Kolleginnen und Kollegen betreffend SP-Forderungen nach 785 Exekutivbeamten in Wien (2373/AB-BR/07 zu 2574/J-BR/07)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Bundesräte Dr. Franz Eduard Kühnel, Kolleginnen und Kollegen betreffend widersprechende außenpo­litische Aussagen des Bundeskanzlers und des Verteidigungsministers (2374/AB-BR/07 zu 2573/J-BR/07)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bundesräte Alfred Schöls, Kolleginnen und Kollegen betreffend Inseratenkampagne von Staatssekretärin Kranzl auf Kosten der Steuerzahler (2375/AB-BR/07 zu 2575/J-BR/07)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Bundesräte Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen betreffend Bleiberechtsformular (2376/AB-BR/07 zu 2576/J-BR/07)


09.03.34


BundesratStenographisches Protokoll750. Sitzung / Seite 6

Beginn der Sitzung: 9.03 Uhr

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich eröffne die 750. Sitzung des Bundesrates.

Das Amtliche Protokoll der 749. Sitzung des Bundesrates vom 31. Oktober 2007 ist aufgelegen, unbeanstandet geblieben und gilt daher als genehmigt.

Als verhindert gemeldet sind die Mitglieder des Bundesrates Reinhard Todt und Hel­mut Wiesenegg.

09.04.09Fragestunde

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Wir gelangen zur Fragestunde.

Ich begrüße Herrn Minister Pröll herzlich in unserer Runde. (Allgemeiner Beifall.)

Bevor ich jetzt – um 9.04 Uhr – mit dem Aufruf der Anfragen beginne, weise ich darauf hin, dass ich die Fragestunde im Einvernehmen mit den beiden Vizepräsidenten, um die Behandlung aller mündlichen Anfragen zu ermöglichen, auf bis zu 120 Minuten erstrecken werde.

Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft,
Umwelt und Wasserwirtschaft

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Wir kommen nun zur 1. Anfrage, 1592/M, an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft.

Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Erwin Preiner, um die Verlesung der An­frage.

 


Bundesrat Erwin Preiner (SPÖ, Burgenland): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1592/M-BR/2007

„Welche Maßnahmen sind aus Ihrer Sicht als Umweltminister zur Reduktion des Aus­stoßes von CO2 durch österreichische kalorische Kraftwerke unbedingt notwendig zu initiieren?“

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Danke. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Sehr geehrter Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Herr Bundesrat Preiner! Zu dieser Frage muss man einmal kurz ausholend feststellen: Wo stehen wir, und was sind die Herausforderungen, die wir insgesamt zu erledigen haben?

Wir haben mit dem Kyoto-Abkommen und mit der nationalen Verpflichtung, minus 13 Prozent auf Basis 1990 zu erreichen, ein sehr ambitioniertes Ziel in der Klimastrate­gie auch definiert und arbeiten nun daran, in den verschiedenen Sektoren – das ist die Energieproduktion, das ist die Industrie, das ist die Raumwärme, das ist der Verkehrs­bereich – mit den einzelnen Maßnahmen das Ziel zu erreichen.

Zu der von Ihnen gestellten Frage, was im Bereich der Stromproduktion vor allem in kalorischen Kraftwerken zu tun ist, sei eines klar und deutlich gesagt: Im Bereich der Vereinbarung von Kyoto gibt es eine Möglichkeit, für die Industrie und auch für die


BundesratStenographisches Protokoll750. Sitzung / Seite 7

Elektrizitätserzeugung, also Energieerzeugung, ein System vorzusehen – das ist auch in der Europäischen Union umgesetzt, und auch wir sind Teil dieses Systems –, näm­lich mit dem Emissionshandel eine Deckelung, eine maximale Deckelung von CO2-Ausstoß vorzugeben.

Und wir haben in der Europäischen Union einen Zuteilungsplan für Österreich für die Periode 2008 bis 2012 vorgelegt, der eine Reduktion der Emissionswerte aus dem Sektor der Elektrizitätserzeugung um 4,2 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr – das ist eine Reduktion von 36 Prozent – gegenüber den erwarteten Emissionen vorsieht. Und die E-Wirtschaft wird darauf auch zu reagieren haben, was natürlich auch einen Rück­schluss auf die Nutzung kalorischer Energie zulassen wird.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrat Erwin Preiner (SPÖ, Burgenland): Herr Bundesminister! Welche Position nehmen Sie zu der im Vorfeld zur kommunalen Klimakonferenz in Bali veröffentlichten Analyse, dass die geplanten oder sich bereits in Bau befindlichen neuen 68 kalorischen Kraftwerke europaweit die Klimaziele gefährden, ein?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Herr Minister.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Ich stehe grundsätzlich fossiler Energie oder der Offensive hin­sichtlich fossiler Energieträger skeptisch gegenüber, weil natürlich nicht nur die CO2-Thematik eine negative Bilanz bringen wird, sondern weil wir vor allem auch darüber nachdenken müssen, aus welchen Räumen und mit welcher Verfügbarkeit denn diese Energie für Europa kommt. Wir sollten in Europa viel stärker auf erneuerbare Energie und auf Energieeffizienz setzen. Das muss die Strategie sein, die aus meiner Sicht die richtigen Antworten auch ermöglicht.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundes­rat Wolfinger gemeldet. – Bitte.

 


Bundesrat Franz Wolfinger (ÖVP, Oberösterreich): Geschätzter Herr Bundesminister! Welche Maßnahmen wurden in Umsetzung der Klimastrategie bereits gesetzt?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Herr Minister.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Wir haben resultierend aus den Verhandlungen rund um Kyoto eine nationale Klimastrategie vorgelegt, die wir heuer, also im März dieses Jahres, nach den gemachten Erfahrungen auch in der Bundesregierung evaluiert haben. Es ist ein Maßnahmenpaket vorgesehen. Die einzelnen Maßnahmen im Bereich der Klima­strategie haben bereits begonnen zu wirken.

Ich will nur ein paar Themen aufzählen: Klima- und Energiefonds eingerichtet, 500 Mil­lionen €, damit bis 2010 federführend in Europa. Wir wollen mit diesem Geld klimarele­vante Projekte ganz besonders unterstützen. Wir haben Mitte des Jahres im Verkehrs­bereich den größten Schritt der Besteuerung gesetzt, den es jemals in Österreich auf einen Ruck gab, nämlich mit 3 und 5 Cent Mineralsteuererhöhung einen Lenkungs­effekt eingezogen, was die Zunahme der Dynamik im Bereich der Treibstoffe betrifft.

Wir haben seit 1. Oktober mit 5,75 Prozent Beimischung von Biodiesel und Ethanol eine Führungsrolle in Europa übernommen. Kein anderes Land mischt derzeit so viel alternative Treibstoffe bei und ersetzt damit fossile Treibstoffe. Wir sind mitten in der Debatte um die Frage der Normverbrauchsabgabe-Bonus/Malus-Spreizung, um beim Neukauf von Autos CO2-relevante Anreize zu bieten. Ich halte das für eine dringend notwendige Diskussion. Und ich werde in Kürze, nämlich am 29. November, mit den Bundesländern die Debatte darüber beginnen, was im Bereich der Raumwärme zu tun


BundesratStenographisches Protokoll750. Sitzung / Seite 8

ist, mit den Standards für den Neubau und für die Sanierung kluge Modelle anzuden­ken, die auch greifen, um den Verbrauch von Energie zu reduzieren und erneuerbare Energie auch im Wohnbau entsprechend einzusetzen.

Das sind nur ein paar Schlaglichter dessen, was von der Strategie her bereits umge­setzt und noch im Laufen ist.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Danke. – Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Franz Breiner gemeldet. – Bitte.

 


Bundesrat Franz Breiner (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Minister! Ener­gieeffizient ist ein Wort, das Sie jetzt bei jeder Anfragebeantwortung verwendet haben. In Dürnrohr soll laut E-Control ein neues Kraftwerk mit 800 Megawatt entstehen.

Um wie viel wird sich durch den Ausbau siedlungsferner Kraftwerke die nicht nutzbare Abwärmeleistung erhöhen?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Zur Frage Kraftwerkseffizienz: Es ist klar, dass die Zukunft den Kraft-Wärme-Kopplungen insgesamt gehört und mit der Wärmeauskopplung vor allem städtische Ballungszentren interessant sind. Was den Kraftwerkspark Dürnrohr betrifft, kann ich Ihnen jetzt das Zahlengerüst nicht ad hoc nennen, aber eines ist klar, dass rund um Dürnrohr, Ethanol-Werk zum Beispiel angesprochen, sehr wohl große Ener­gienutzer angesiedelt sind, auch abseits von Zentralräumen, städtischen Zentralräu­men und diese Energie derzeit auch schon – Müllverbrennung, Sie kennen die Anla­ge – selbst entsprechend nutzen. Das heißt, ich gehe davon aus, dass die Kraftwerks­planer noch dazu im Emissionsdeckel, den wir den einzelnen Firmen vorgeschrieben haben, ja auch keine Möglichkeit haben, diesen Emissionsdeckel zu durchstoßen, außer Zertifikate teuer zu kaufen, genau planen, mit maximaler Energieeffizienz.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Danke schön.

Wir gelangen nun zur 2. Anfrage, 1587/M, und ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bun­desrat Preineder, um die Verlesung der Anfrage.

 


Bundesrat Martin Preineder (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Bundes­minister! Der Grüne Pakt war zentrale Arbeitsaufgabe Ihrer politischen Tätigkeit als Landwirtschaftsminister im letzten Jahr. Meine Frage:

1587/M-BR/2007

„Kann das für den ,Grünen Pakt‘ zur Verfügung stehende Budget die Anforderungen – insbesondere die Erhaltung der bäuerlichen Strukturen, die Stärkung der Wettbewerbs­fähigkeit unserer Landwirte und die Verbesserung des Einkommens unserer Bäuerin­nen und Bauern – auch in der Finanzperiode 2007–2013 erfüllen?“

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Herr Bundesrat! Wir haben in den Verhandlungen um die finan­zielle Vorschau der Europäischen Union vor ein paar Jahren einen Rahmen festge­zurrt, der da heißt: 3,9 Milliarden € bis 2013 für die Entwicklung der ländlichen Räume in Österreich. Das ist eine Rekordsumme verglichen mit allen anderen europäischen Ländern. Die Franzosen, nur um einen Teil zu nennen, haben doppelt so viel Geld wie wir bei einer unvergleichlich größeren, also um das 10- bis 15-Fache größeren Agrar- und ländlichen Raumfläche als Österreich. Wir sind die absoluten Europameister, was die Frage Abholung von Geldmitteln für die ländlichen Räume betrifft.


BundesratStenographisches Protokoll750. Sitzung / Seite 9

Was ist die Konzeption? – 3,9 Milliarden € werden verdoppelt durch Bund und Länder, und wir haben damit knapp 8 Milliarden € bis 2013 zur Verfügung – und das sind die drei Eckpunkte –: für ein Umweltprogramm, das seinesgleichen in Europa sucht, für ein flächendeckendes Umweltprogramm, Extensivierungsprogramm im Bereich der Land­wirtschaft, das wir anbieten können, Bergbauernausgleichszahlungsprogramm als Herzstück mit 276 Millionen € pro Jahr, und als Drittes eine Investitionsoffensive für Projekte auch außerhalb der Landwirtschaft mit den Bauern, aber mit Gewerbetreiben­den und Tourismus, um Beschäftigung und Dynamik im ländlichen Raum zu forcieren.

Mit dem Geld, mit der Konzeption des Grünen Paktes, der jetzt in Brüssel abgesegnet ist, werden wir diese ambitionierte Zielsetzung auch zur Gänze erfüllen können.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte sehr.

 


Bundesrat Martin Preineder (ÖVP, Niederösterreich): Ein wesentlicher oder neuer Teil ist der Bereich der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und der Steigerung der Attraktivität der ländlichen Räume. Wie kann dieser Grüne Pakt dieses Ziel erreichen?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Wir werden zum Beispiel in der Frage Leader-Projekte ganz stark in die Offensive gehen und die Mittel in diesem Bereich verdoppeln. So sollen Projekte, die betriebswirtschaftlich Sinn machen, die auf Allianzen aufbauen, in den ländlichen Regionen forciert werden, um Musterprojekte zu werden. – Erster Punkt. Zweiter Punkt: Wir setzen im Grünen Pakt einen ganz klaren Fokus neu im Bereich Be­ratung und Bildungsschwerpunkt, in der ganzen Bandbreite, von dem wir überzeugt sind, dass er auch die ländlichen Räume wettbewerbsfähig machen kann. Bildung als der große Schwerpunkt im Grünen Pakt für die Zukunft.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Danke schön. – Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Winterauer gemeldet. – Bitte.

 


Bundesrat Reinhard Winterauer (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Bundes­minister! Welche Verbesserungen beziehungsweise welche Verschlechterungen bringt dieser Grüne Pakt konkret für die österreichischen Bauern, insbesondere für die Berg­bauern, die mit ihrer intensiven Arbeit als Landschaftspfleger noch immer gegenüber den Großagrariern sehr benachteiligt sind?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Sehr geehrter Herr Bundesrat! Zur Frage bergbäuerliche Betrie­be oder Unterschied zu dem Programm, das wir hatten. Zum Ersten: Wir haben we­sentlich mehr Geld zur Verfügung als in der abgelaufenen Periode. Wir sind das ein­zige Land der Europäischen Union, das Geldmittel für den ländlichen Raum zulegen konnte.

Zweiter Punkt: Wir haben bei den Bergbäuerinnen und Bergbauern die Bergbauern­ausgleichszahlung als einzige Maßnahme völlig unverändert gelassen und den Sockel da stehen lassen mit 276 Millionen € pro Jahr, und – das ist ein ganz wesentlicher Punkt – wir verdoppeln die Investitionsförderung für Betriebe, die sich verändern, die wachsen oder im bergbäuerlichen Bereich neue Einkommensschienen eröffnen, Ur­laub am Bauernhof und viele andere Themen. Es wird doppelt so viel Geld für diese In­vestitionsoffensive da sein, und diese kommt gerade den bergbäuerlichen Betrieben zugute, weil in die Bereiche Stallbau, Dynamic-Stall und so weiter überproportional in­vestiert werden wird. Das ist für junge Bäuerinnen und Bauern gerade in benach-


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teiligten Gebieten das beste Instrument, das wir gesehen haben und wo wir auch den Schwerpunkt setzen.

Im Umweltprogramm selbst haben wir eine Deckelung einziehen müssen, mit der Euro­päischen Union auch besprochen: 80 Prozent der Geldsumme für Bergbauernaus­gleichszahlung und Umweltprogramm als maximale Obergrenze. Wir haben ein Um­weltprogramm vorgelegt, das effizienter ist als das alte, das unbürokratischer ist als das alte, wo es aber Änderungen gibt und wo ein Bereich – und der spielt wieder mit den Bergbauern zusammen – unverändert in der Dynamik im Zentrum steht: das ist die Unterstützung für den Biolandbau.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Danke schön. – Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Schennach gemeldet. – Bitte.

 


Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Neben nachhaltigem und ökologischem Wirtschaften ist ja die Verteilungsfrage einer der wichtigsten Bereiche der Agrarpolitik. Deshalb meine Frage an Sie: Welche Posi­tion vertreten Sie im Rahmen des Health Check der EU-Agrarpolitik gerade in der Fra­ge der Verteilungsgerechtigkeit?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Die Frage der Verteilungsgerechtigkeit ist aus meiner Sicht in Österreich sehr positiv beantwortet. Wenn Sie sich die durchschnittlichen Flächen, Hektarzahlen anschauen, so ist klar erkennbar, dass in den benachteiligten Gebieten pro Hektar wesentlich mehr Ausgleichzahlung gegeben wird als in den Intensivre­gionen. Das vergessen alle. Pro Hektar, und das ist der Maßstab, sind wird bei den benachteiligten Gebieten so stark wie kein anderes Land, auch im Unterschied zu den intensiven Gebieten. Jetzt schon eine klare positive Schräglage in die Berggebiete. – Erster Punkt.

Zweiter Punkt: Was die Frage der Verteilungsgerechtigkeit im Gesundheitscheck der Europäischen Union betrifft, der jetzt vorliegt und der jetzt in der Europäischen Union diskutiert wird – ich bin Montag, Dienstag beim Rat in Brüssel –, gibt es mehrere Facet­ten, über die man jetzt ausgiebig diskutieren könnte. Aber was Sie natürlich angespro­chen haben, ist die Frage Deckelung oder Rückführung für Großbetriebe. – Ja, ich kann mich mit diesem Modell anfreunden, dass wir bei den größeren Betrieben eine Größendegression in Europa einführen, weil wir es in Österreich schon getan haben. Wir haben im Umweltprogramm eine Größendeckelung in den letzten zehn Jahren realisiert. Niemand anderer hat das vor uns getan. Das, was jetzt die Kommission vor­schlägt, dass ab 100 000 € Betriebsprämie eine Rückführung in Höhe von 10 Prozent und dann gestaffelt mehr da ist, wird unsere Unterstützung finden. Über die Höhen können wir noch diskutieren.

Aber wogegen ich mich jedenfalls wehre, ist, dass dieses Geld, das man sich euro­päisch erspart, aus dem Agrarbereich wegfließt. Das ist eine spannende Debatte. All jene, die über Verteilungsgerechtigkeit in der Landwirtschaft reden, freuen sich über die Deckelung der Großbetriebe und sind die Ersten, die das Geld abräumen und wo­anders hinstecken. Das bringt den kleinen Bauern gar nichts. Das ist ein ganz wesent­licher Punkt, der mit zu diskutieren ist.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Danke schön.

 


Wir gelangen zur 3. Anfrage, 1590/M, und ich bitte die Anfragestellerin, Frau Bundes­rätin Kerschbaum, um die Verlesung der Anfrage.


BundesratStenographisches Protokoll750. Sitzung / Seite 11

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Minister! Meine Frage lautet:

1590/M-BR/2007

„Welche legistischen Maßnahmen werden Sie setzen, um das Ziel der Klimastrategie (‑3 Prozent bzw. ‑5 Prozent p.a. pro Baualtersklasse) zu erreichen, da lt. Bericht über THG-Reduktionen durch die Wohnbauförderung im Jahr 2006 nur 15 Prozent der Wohnbauförderungsmittel in die Thermische Sanierung geflossen sind?“

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Sehr geehrte Frau Bundesrat Kerschbaum, Sie wissen ganz ge­nau, wenn Sie mich nach legistischen Maßnahmen in diesem Bereich fragen, dass die Zuständigkeit für die Wohnbauförderung nicht in meinem Portefeuille liegt, auch nicht im Portefeuille der Bundesregierung, sondern im Portefeuille der Bundesländer. Aber wir haben in dem Steuerungselement, das wir haben, nämlich im Finanzausgleich, vor kurzem auch festgelegt, dass die Frage der Lenkung der Geldmittel für Neubau und für Sanierung zu diskutieren sein wird.

Ich werde am 29. November, koordinativ für die Regierung, die Bundesländer einladen. Das ist bereits akkordiert, und wir sind dabei, das entsprechend zu entwickeln für die ganze Frage Wohnbauförderung, Einsatz der Mittel, um die Treibhausgase zu reduzie­ren, neue Mindeststandards einzuflechten, die Sanierungsraten zu erhöhen, all diese Themen, die notwendig sind, Forcierung der erneuerbaren Energie im Wohnbaube­reich und damit verbunden die Förderungslenkung, und mit den Bundesländern zu dis­kutieren.

Das heißt, wir sind hier initiativ, wir haben im Finanzausgleich den Schraubenzieher angesetzt, aber wir hängen natürlich vom Goodwill und von der Dynamik der Bundes­länder ganz besonders ab, was ja für den Bundesrat eine spannende Botschaft ist.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sie haben vorhin schon Ihr Vertrauen in die diversen Gremien betont, was die Kraftwerke betrifft, offen­bar vertrauen Sie auch den Bundesländern sehr.

Wie wollen Sie sicherstellen, dass die Bundesländer bezüglich Klimastrategie mit Ihnen an einem Strang ziehen, wenn die Klimastrategie in keinem Landtag beschlossen wird?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Herr Minister.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Was die Frage des Vertrauens in die Bundesländer betrifft, sage ich ganz bewusst hier im Bundesrat – das wissen Sie ja besser als ich –, dass das föderale System dieses Landes sehr viel zur gedeihlichen Entwicklung Österreichs beigetragen hat, und deswegen muss man auch anerkennen, dass es Zuständigkeiten gibt. Es gibt klare Zuständigkeiten für Aufgaben, die in der Republik verteilt sind.

Die Aufgabe Wohnbauförderung ist unter der Verantwortung der Bundesländer. Und da die Bundesländer auch Teil in der Entwicklung der Klimastrategie sind, gehe ich davon aus, dass sich jeder in diesem Land an die Klimastrategie gebunden fühlt: die Bundes­länder, die einzelnen Ressorts, Gemeinden und alle, die dafür Verantwortung tragen.

Gehen Sie davon aus, dass ich ganz genau darstellen werde, wer in welcher Verant­wortung was für den Klimaschutz laut Klimastrategie unternommen und umgesetzt hat.


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Da gibt es sehr, sehr positive Entwicklungen. Sie wissen und ich weiß aus Niederöster­reich, aus unserer gemeinsamen Heimat, dass dort der Klimaschutz offensichtlich im Verfassungsrang steht. Das ist doch eine spannende Entwicklung, und daran sieht man, wie ernst die Politik den Klimaschutz in Niederösterreich zum Beispiel nimmt. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundes­rat Erwin Preiner gemeldet. – Bitte.

 


Bundesrat Erwin Preiner (SPÖ, Burgenland): Herr Bundesminister! Klimaschutz ist bekanntlich länder-, aber auch nationalstaatenübergreifend. Ich stelle daher die Frage: Welche Maßnahmen haben Sie in concreto zur Bewusstseinsbildung der Bevölkerung beim Wohnbau bis jetzt gesetzt und werden Sie in Zukunft setzen, damit vermehrt kli­mafreundlich gebaut wird?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Herr Minister.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Wir haben seitens der Regierung beziehungsweise mein Res­sort hat, obwohl wir nicht zuständig sind, Aktionen gesetzt, und zwar mit dem Pro­gramm „klima:aktiv“. Wir steuern dort mit 3 Millionen € pro Jahr „klima:aktiv mobil“, also alles, was im Transportbereich in der Bewusstseinsbildung, Umstieg auf Öffis, all das, was uns wichtig ist, diskutiert wird, aber auch mit „klima:aktiv“, dabei mit den Partnern im Passivhausbereich, bei den neuen Energien und im Professionistenbereich, in der Schulung von Architekten, von Installateuren und so weiter. Vor kurzem wurden die besten Biowärmeinstallateure, die auf erneuerbare Energie in Österreich setzen, aus­gezeichnet.

Mit diesem Programm „klima:aktiv“ sind wir unterstützend unterwegs, sowohl in der Öf­fentlichkeitsarbeit als auch in der Schulung und Beratung der Professionisten, von denen wir glauben und auch sehen, dass sie in der konkreten Beratung, wenn jemand kommt, der sagt: Plan mir ein Haus!, Plan mir das Heizungssystem neu!, oder was im­mer, eine ganz wichtige Schlüsselrolle einnehmen. Denen geben wir ein Feedback mit diesem „klima:aktiv“-Programm in der Beratung.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Danke schön. – Eine weitere Zusatzfrage stellt Herr Bundesrat Saller. – Bitte.

 


Bundesrat Josef Saller (ÖVP, Salzburg): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Worin sehen Sie die Hauptursachen der steigenden Treibhausgasemissionen?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Wenn wir uns die Klimastrategie und die Entwicklung der Treib­hausgase seit 1990 anschauen – das ist das Messdatum für die Frage der Zielerrei­chung –, so sehen wir, dass wir eine ganz zentrale Herausforderung haben, das ist der Klimakiller Nummer eins: den Verkehr. Wir haben im Verkehrsbereich eine Steigerung um mehr als 90 Prozent innerhalb dieser 17 Jahre, also beinahe eine Verdoppelung der CO2-Emissionen. Während die Industrie und die Wirtschaft die CO2-Emissionen seit 1990 im Wesentlichen konstant gehalten haben, weshalb wir dort auch nicht mehr über Gebühr einschneiden sollten, hat sich der Verkehrsbereich katastrophal entwickelt und auch der Energieverbrauch in den privaten Haushalten besorgniserregend.

Das sind die zwei großen Themen, die wir zu „beackern“ haben: Haushalte – Umstel­lung auf Passivhaus im Neubau, Sanierungsraten erhöhen, mit den Bundesländern ge­meinsam.


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Und beim Klimakiller Nummer eins, dem Verkehr, haben wir Aktionen gesetzt, die Mi­neralölsteuer Mitte des Jahres um 3 beziehungsweise 5 Cent erhöht. Wir haben auch ein großes Problem mit unseren Nachbarn im Tanktourismus. Das sind Tankmengen, die 7 Millionen bis 8 Millionen Tonnen CO2 bewirken, die bei uns getankt, aber nicht in Österreich verfahren werden, entweder durch den Transitverkehr beim Durchfahren oder in Grenznähe, weil ein Steuergefälle gegenüber Deutschland gegeben ist, und das verschlechtert unsere Bilanz dramatisch.

All diese Themen werden zu diskutieren sein, und da ist der Verkehrsminister im Be­sonderen gefordert.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Danke schön. – Wir kommen zur Anfrage Nr. 4, 1593/M. Ich bitte die Anfragestellerin, Frau Bundesrätin Mosbacher, um die Verlesung der Anfrage.

 


Bundesrätin Maria Mosbacher (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Minister! Meine Frage:

1593/M-BR/2007

„Wie lautet Ihre politische Begründung für die von Ihnen bis dato vertretene gezielte In­transparenz betreffend die Höhe einzelbetrieblicher Subventionsempfänger im Bereich der landwirtschaftlichen Betriebe, sodass erst ein EU-Beschluss zur Offenlegung der Förderungsempfänger für eine Diskussion über mehr Transparenz, soziale Gerechtig­keit und inneragrarische Solidarität ab 2009 genützt werden kann?“

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Sehr geehrte Frau Bundesrätin! Gezielte Intransparenz – gegen diesen Vorwurf verwahre ich mich ganz besonders. Es gibt kein anderes Land der Europäischen Union – wir werden das heute Nachmittag im Landwirtschaftsausschuss besprechen –, das mit dem Grünen Bericht jedes Jahr ganz klar und deutlich aufge­zeigt hat und auch zukünftig aufzeigen wird, in welche Kategorien in der Landwirtschaft wie viel Geld fließt. – Erster Punkt.

Zweiter Punkt: Wir haben überhaupt nichts zu verheimlichen. Wir werden seitens der bäuerlichen Bevölkerungsgruppe ab 2009 – wir warten jetzt auf die Rechtsvorgaben der Europäischen Union; ich habe ja dieser Veröffentlichungsregelung auf der Ebene der Europäischen Union zugestimmt – ein völlig transparentes System entwickeln: bäu­erlicher Betrieb, welche Leistungen, wie viel Geld.

Aber witzig ist eines: Wenn man dann eine andere Debatte führt, nämlich: Warum eigentlich nur die Bauern – vielleicht auch andere?, dann steigen alle auf die Bremse. (Demonstrativer Beifall bei den Grünen.)

Das ist eine spannende Debatte. Wir werden uns das anschauen. Ja, ich bin für Offen­legung und Toleranz im bäuerlichen Bereich, aber ich verlange das auch von allen an­deren Bevölkerungsgruppen, die öffentliche Gelder beziehen. – Die Debatte ist hiermit eröffnet. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrätin Maria Mosbacher (SPÖ, Steiermark): Herr Minister! Ich habe nichts ge­gen Offenlegung.

Meine Zusatzfrage: Wie werden Sie ab 2009 die österreichischen Steuerzahler und Steuerzahlerinnen aufgrund der bisher bekannten EU-Vorgaben beziehungsweise ihrer


BundesratStenographisches Protokoll750. Sitzung / Seite 14

nationalen Umsetzungsmöglichkeiten über die einzelbetrieblichen Förderungssummen im Bereich der Agrarsubventionen informieren können?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Herr Minister.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Erster Punkt: Reden wir nicht von Subventionen, sondern von Ausgleichszahlungen. Sie wissen – manche haben das schon vergessen –, dass wir seit 1995 Mitglied der Europäischen Union sind und damals etwas passiert ist, was man immer mit bedenken muss: Es wurden damals an einem einzigen Tag, nämlich mit dem Beitritt, die Agrarpreise für die Bauern zum Teil um zwei Drittel reduziert! Keine Bevölkerungsgruppe, niemand – ich höre von 4 Prozent Erhöhung und 4 Prozent bei den Metallern und so weiter pro Jahr – hätte sich eine Reduktion des Einkommens um zwei Drittel gefallen lassen! Und dafür sind Ausgleichszahlungssysteme implemen­tiert worden. Das nur zur Geschichte, damit man auch klar bedenkt, woher das kommt und warum es Ausgleichszahlungen gibt, die keine Subventionen sind.

Zweiter Punkt: Wir werden transparent darstellen: Betrieb, Name, Leistung, die er für diese Ausgleichszahlung erbringt, an welchen Programmen er teilnimmt und wie viel Geld er dafür bekommen wird. (Bundesrätin Mosbacher: Danke!)

Ich sage noch abrundend dazu: Das wird natürlich auch davon abhängen, was in der Europäischen Kommission einheitlich für Europa an Mindeststandards für diese Offen­legung beschlossen wird, aber im Wesentlichen wird es dieser Rahmen sein: Betrieb, Adresse, Leistung plus die entsprechende Ausgleichszahlung.

Aber noch einmal: Ich bin wirklich gespannt, wie wir das dann bei der Wohnbauförde­rung, bei Sozialgeldern, die aus dem öffentlichen Bereich an einzelne Personen flie­ßen, in Österreich gemeinsam handhaben werden. Das wird eine spannende Debatte 2009! (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Ing. Kampl.)

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundes­rat Tiefnig gemeldet. – Bitte.

 


Bundesrat Ferdinand Tiefnig (ÖVP, Oberösterreich): Geschätzter Herr Minister! Sol­len die Leistungen, die die Landwirtschaft im Sinne der Gesellschaft erbringt, bei der Veröffentlichung auch dargestellt werden?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Herr Minister.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Herr Bundesrat! Ich habe das gerade bei der vorigen Frage mit beantwortet und kann es nur einmal mehr unterstreichen: Eine Darstellung: Betrieb ist gleich Summe wird es mit mir nicht geben, sondern es wird dazwischenzuschalten sein, wofür diese Summe ist: Umweltprogramm, Biolandwirtschaft, Extensivierungspro­gramm. Woran dieser bäuerliche Betrieb teilnimmt, was er für die Gesellschaft und die Umwelt leistet und wie viel er dafür bekommt, das wird die Strategie der Veröffent­lichung für den bäuerlichen Bereich sein. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundes­rates Ing. Kampl.)

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Eine weitere Zusatzfrage? – Frau Bundesrätin Konrad, bitte.

 


Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Es ist schön zu hören, dass Sie sich für Transparenz und Offenheit aussprechen. Wir werden Sie beizeiten daran erinnern.


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Da Sie diese Diskussion eröffnet haben: Wenn Sie sich wünschen könnten, welche Förderungen und welche Subventionen sonst noch veröffentlicht werden, was würden Sie sich denn wünschen? (Bundesrat Gruber: Es kommt Weihnachten!)

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Herr Minister, bitte.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Weihnachten kommt erst, aber ich versuche es trotzdem im Vorfeld sozusagen. (Heiterkeit.) Ich meine, das Wichtigste ist, dass man – auch im bäuerlichen Bereich – wegkommt von einer Offenlegungsdebatte, die auf Neidkomple­xen basiert. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Ing. Kampl.)

Es soll ehrlich und transparent damit umgegangen werden, wer welchen Bestandteil seines Einkommens aus welchen Steuermitteln und öffentlichen Geldern bezieht, aus Zuschüssen oder was auch immer. Und da wird es natürlich sehr interessant sein, auch für die Öffentlichkeit, wer aller in unserem Land, außer der bäuerlichen Bevölke­rungsgruppe, eine Unterstützung bekommt. Was das Gewerbe anlangt, erfolgt das ja bereits in manchen Bereichen, dass einzelne Investitionsförderungen offengelegt wer­den. Auch der Kulturbericht zeigt auf, welche Künstler was an finanzieller Unterstüt­zung erhalten.

Es gibt sehr viele Menschen in unserem Land, die Unterstützung aus öffentlichen Mit­teln bekommen. Das werden wir diskutieren. Aber dass diese Diskussion allein auf dem Rücken der Bauern geführt wird, werde ich nicht zulassen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Ing. Kampl.)

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Weitere Zusatzfrage? – Frau Bundesrätin Mühl­werth, bitte.

 


Bundesrätin Monika Mühlwerth (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrter Herr Minister, es scheinen aber nicht alle Bauern mit der Transparenz und auch mit der inneragrarischen Solidarität zufrieden zu sein. Daher wurden ja auch Interessenge­meinschaften gegründet, so etwa die IG Milch und vor kurzem erst die IG Fleisch.

Ich frage Sie daher, Herr Bundesminister, wie Ihre Haltung zu diesen Interessenge­meinschaften ist, die ja auch gegenüber den Ministerien die Interessen ihrer Mitglieder zu vertreten versuchen. Ich frage Sie das vor allem auch im Hinblick darauf, dass der Obmann der IG Fleisch kurz nach Gründung dieser Interessengemeinschaft sozusa­gen gleich aus der Kammer hinausexpediert wurde. (Bundesrat Gruber: Er ist ja durch die Hintertür wieder hineingekommen!)

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Frau Bundesrätin, grundsätzlich stehe ich der Bildung von Inter­essengemeinschaften, Verbänden, Lobbys, Organisationen et cetera sehr offen gegen­über. In Österreich ist es jedem unbenommen, eine Organisation oder einen Verein zu gründen, zu intervenieren und die Interessen der Beteiligten entsprechend zu vertre­ten.

 


Zu Ihrer konkreten Frage, Frau Bundesrätin: Noch nie hat eine dieser Interessenge­meinschaften, die Sie erwähnt haben, bei mir vorgesprochen, von mir etwas gewollt – geschweige denn, dass ich diese bei entscheidenden Verhandlungen in Brüssel, im Finanzministerium oder sonst wo an meiner Seite gesehen hätte. Das ist die Realität. Ich bin da völlig entspannt, aber ich muss das schon sagen: Bis jetzt habe ich seitens dieser Interessengruppen noch keine Intervention, keinen Wunsch oder auch nicht ir­gendeine Anregung bekommen. Ich kenne aber diese Personen gut und habe über­haupt kein persönliches Problem mit ihnen.


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Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Wir kommen nun zur 5. Anfrage, 1588/M. Ich bitte den Fragesteller, Herrn Bundesrat Dr. Spiegelfeld-Schneeburg, um die Verlesung der Anfrage.

 


Bundesrat Dr. Georg Spiegelfeld-Schneeburg (ÖVP, Oberösterreich): Lieber Herr Bundesminister, meine Frage lautet:

1588/M-BR/2007

„Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, um das Ziel der Erhaltung des GVO-freien Anbaus in der österreichischen Landwirtschaft, das in einer Vier-Parteien-Entschlie­ßung des Nationalrates von 2006 als vorrangig festgelegt wurde, zu erreichen?“

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Zur Frage gentechnikfreie Landwirtschaft und Umgang mit der Gentechnik in Österreich im Kontext der Europäischen Union und vor allem auch in der Herausforderung internationaler Verträge rund um die WTO sei von meiner Seite ein­mal mehr klar festgestellt: Solange existentielle Fragen wie die Koexistenz, wie das Nebeneinander in der freien Natur zwischen Biolandwirtschaft, konventioneller Land­wirtschaft und Gentechnik überhaupt vor sich gehen soll, nicht gelöst sind – wie kann das technisch überhaupt gehen –, solange beispielsweise auch Haftungsregelungen nicht geklärt sind, so lange wird es unter meiner Verantwortung als Bundesminister in Österreich keinen Anbau von gentechnisch veränderten Sorten geben. Wir kämpfen diesbezüglich dafür auch in Europa. (Beifall bei der ÖVP.)

Was in diesem Zusammenhang passiert ist, sollte uns durchaus zu denken, seit ges­tern aber auch Anlass zur Hoffnung geben. Wir in Österreich haben Verbotsverordnun­gen für gentechnisch veränderte Konstrukte erlassen. Es gibt gentechnisch veränderte Konstrukte in Österreich – im Futtermittelbereich, im Nahrungsmittelbereich –, diese müssen gekennzeichnet sein; schon seit langem. Und in Österreich hat es ein Import­verbot für die gentechnisch veränderten Maissorten MON 810 und T 25, eben für die Einfuhr von Futter- und Lebensmitteln, gegeben, das die Europäische Kommission ja im EU-Umweltministerrat zu kippen versucht hat – was ihr auch gelungen ist, obwohl wir mit Frankreich, Deutschland und so weiter 119 Stimmen sozusagen für uns lukrie­ren konnten; die anderen hingegen nur 58. Trotzdem ist die Aufrechterhaltung dieses Verbotes von den Umweltministern nicht mehr verlängert worden. Jetzt ist daher die EU-Kommission am Zug. Gestern hätte sie entscheiden sollen, hat es jedoch nicht ge­tan. – Spannende Entwicklung!

Alle, die bereits geschrien haben, der Pröll hat verloren, wissen jetzt: Wir haben dies­bezüglich massiven Widerstand organisiert. Auch Hintergrundarbeit ist eine politische Arbeit, eine politische Arbeit, die ja nicht immer im Scheinwerferlicht glänzen muss, sondern wo man eben dort, wo Entscheidungen getroffen werden, Lobbying betreibt.

Wir haben jetzt auch eine Studie dazu vorgelegt, und das war der Grund, dass diese Entscheidung verschoben wurde. Die Union wird sich nun, gemeinsam mit der WTO, mit dieser Studie auseinandersetzen. Ich schließe zwar nicht aus, dass im Jänner 2008 dann trotzdem eine Entscheidung gegen uns fallen kann, aber, noch einmal: Wir haben das alles sehr, sehr klar wieder aufgezeigt.

 


Das heißt: Futtermittel, Lebensmittel nur mit Kennzeichnung; jeder hat dann die Wahl beim Gebrauch. Was aber den Anbau betrifft – und da haben wir gewonnen bei den Umweltministern –, wird es in Österreich keine Zulassung von gentechnisch veränder­ten Produkten geben. (Beifall bei der ÖVP.)


BundesratStenographisches Protokoll750. Sitzung / Seite 17

Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrat Dr. Georg Spiegelfeld-Schneeburg (ÖVP, Oberösterreich): Herr Bundes­minister, wie stellen Sie sicher, dass Saatgut, das in Österreich produziert wird, nicht durch genbehandelte Organismen verunreinigt wird?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Es ist klar, dass Österreich da sozusagen keine Insel der Seli­gen ist, sondern dass wir uns, wo in unserer Umgebung – Slowakei, Tschechien, Un­garn beispielsweise – mit Gentechnik etwas liberaler umgegangen wird, davor zu schützen haben, dass es nicht zu Verunreinigungen im Saatgut kommt, zu keiner Fort­pflanzung in der Anbau- beziehungsweise Zuchtkette.

In der Agentur für Ernährungssicherheit wird daher geprüft, und zwar lückenlos, Saat­gut, das in Österreich produziert wird, eben auf solche Verunreinigungen hin. Das ge­schieht wirklich mit null Toleranz, ist wirklich an der Nachweisgrenze. Jede Probe wird gezogen, wird getestet – und das kommt nur dann auf den Markt, wenn es als Ergeb­nis 0,0 an Verunreinigungen gibt.

In der Europäischen Union gibt es jetzt im Hinblick auf technisch unvermeidbare Ver­unreinigungen im GVO-Bereich eine neue Debatte, und zwar darüber, ob es da Grenz­werte in Europa geben soll. 0,9 ist da einmal angedacht; alles, was unter 0,9 an Verun­reinigung liegt, sei technisch unvermeidbar und damit akzeptabel; das ist zumindest die Meinung der meisten in Europa. – Für uns in Österreich hieße das aber: Im Biolandbau eine dramatische Entwicklung, denn dann könnten wir die technischen Verunreinigun­gen nicht mehr so effizient bekämpfen.

Jetzt sind wir mit unseren 0,0 und unserer 0,1-Toleranzgrenze in der politischen Dis­kussion in Europa. Bis jetzt hatten wir dafür eine Mehrheit – und ich werde dafür wei­terkämpfen. Es ist das eine demokratische Mehrheitsentscheidung, aber es geht in die Richtung, denke ich, dass wir dem noch auf längere Zeit standhalten können.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Weitere Zusatzfrage? – Herr Bundesrat Kalten­bacher, bitte.

 


Bundesrat Günther Kaltenbacher (SPÖ, Steiermark): Herr Bundesminister, Sie ha­ben es teilweise schon beantwortet; nichtsdestotrotz meine Frage: Welche gesetzli­chen oder verordnungsmäßigen Schritte planen Sie diesbezüglich seitens Ihres Minis­teriums?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Herr Minister.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Da muss man von den Kompetenzen her wieder aufpassen. Sie wissen genau, dass es in den letzten Jahren ständig der Wunsch gerade Ihrer Fraktion war, dass sich die Landwirtschaft nicht selbst kontrollieren soll. Deswegen: Vier-Augen-Prinzip, Trennung des Veterinärbereichs und der Frage GVO von der Landwirtschaft, hin zum Gesundheitsministerium. Ein uralter Wunsch der Sozialdemokratie war eben dieses Vier-Augen-Prinzip – verwirklicht in diesem Land. Und deswegen bitte ich, ge­nau zu schauen und bei Diskussionen zu berücksichtigen, wer konkret wofür zuständig ist.

Ich sage es noch einmal: Zuständig ist das Gesundheitsressort. Wir befinden uns in sehr, sehr enger Kooperation. Das heißt, die Verbotsverordnung, alles, was im Genbe­reich rechtlich zu regeln ist, liegt in der Kompetenz des Gesundheitsministeriums – wir sind aber sehr gut und positiv aufeinander abgestimmt. Ich mache seitens der Land­wirtschaftspolitik keinen Druck – in manch anderen Ländern ist anderes der Fall –,


BundesratStenographisches Protokoll750. Sitzung / Seite 18

GVO-Saatgut per Gesetz auf den Markt zu bringen und Toleranzen zu ermöglichen, im Gegenteil, wir haben hier eine klare gemeinsame Vorgangsweise, und das soll auch in Zukunft so bleiben.

Was die Saatgutkennzeichnung, die Saatgutgesetzgebung betrifft, liegt es bei mir – wie gesagt, 0,0 und 0,1 an der Nachweisgrenze, wird von der AGES getestet. Ich sehe kei­nen Grund, von dieser gesetzlichen Basis wegzugehen. Sie schützt uns vor Gentech­niksaat in Österreich.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Danke. – Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Kerschbaum gemeldet. – Bitte.

 


Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Minister! Eine kurze Anmerkung: Klimaschutz in der niederösterreichischen Verfassung ist wahrscheinlich genauso effektiv und hat genauso viele Auswirkungen, wie wenn Gentechnikfreiheit auf der Homepage des Umweltministeriums steht. Es ist beide Male möglicherweise eine nette Absicht, aber es stecken keinerlei Verpflichtungen dahinter, und das ist das Problem.

Meine Frage zur Gentechnikfreiheit: Durch welche Maßnahmen werden Sie die öster­reichischen Gentechnikimportverbote absichern?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Herr Minister.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Was die Gentechnikimportverbote betrifft, ist klar: Wenn die Europäische Kommission doch noch zu dem Schluss kommt, sie aufzuheben, dann sind sie weg, um es klar und deutlich zu sagen. Aber – und das ist der entscheidende Punkt – es ist uns gelungen, von diesen Verbotsverordnungen nur zurückzugehen, wenn man sie aufheben muss, für die Einfuhr von Nahrungsmitteln und von Futtermit­teln – dafür wird es aufgehoben oder auch nicht, diese Entscheidung fällt –, jedenfalls nicht aufgehoben wird sie – das haben wir getrennt in der Sitzung der Umweltminister, und da konnte ich eine Mehrheit für uns buchen – für die Einfuhr von Saatgut. Die Ein­fuhr von gentechnisch verändertem Saatgut wird nicht möglich sein, steht auch nicht mehr zur Disposition. Und das ist ja das Entscheidende: kein Anbau in Österreich.

Wenn die Gentechnikprodukte MON 810 und T 25 wie andere auch nach Österreich kommen können, weil die Kommission das erzwingt, dann muss man eines klar und deutlich sagen: Der Konsument hat die Wahl. Es kann nur dann auf den Markt kom­men, wenn es gekennzeichnet ist. Dann hat jeder von uns die Wahl.

Wir sollten uns dieses Themas nicht dadurch entledigen, dass die Konsumenten, die Bäuerinnen und Bauern, die Futtermittel kaufen, das einfach wegputzen und an die Politik delegieren. Aber mit dem gestrigen Tag habe ich die letzte Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass vielleicht noch Hebel vorhanden sind. (Bundesrätin Kerschbaum: Fleisch und Milch ist aber nicht gekennzeichnet!) – Fleisch und Milch sind nicht ge­kennzeichnet. Sie wissen auch, warum. – Weil es keine Beweise gibt und die rechtliche Situation klar ist, dass Veredelung von Futtermitteln über Milch und Fleisch zu keiner Gentechnikbelastung im Endprodukt führt.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Diese Zwischenfrage war jetzt außer Konkurrenz.

Wir kommen zur 6. Anfrage, 1591/M-BR/2007. Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Mitterer, um die Verlesung der Anfrage.

 


Bundesrat Peter Mitterer (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Das österreichische Umsatz-, sprich Mehrwertsteuer­gesetz ist in einem Bereich nicht gerecht, nämlich für die pauschalierte Landwirtschaft. Meine Frage lautet:


BundesratStenographisches Protokoll750. Sitzung / Seite 19

1591/M-BR/2007

„Welche Maßnahmen planen Sie, um die Ungleichbehandlung der Bauern zu beenden, die sich dadurch ergibt, dass diese für ihre Produkte nur 12 Prozent Mehrwertsteuer er­halten, aber für Anschaffungen 20 Prozent Steuern zahlen müssen und sich dadurch für pauschalierte Landwirte ein Verlust von 8 Prozent ergibt?“

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Herr Bundesminister, bitte.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Zu dieser Frage muss man unterscheiden, was das landwirt­schaftliche Besteuerungsmodell im Wesentlichen betrifft. Das eine sind die pauscha­lierten Betriebe, das andere sind die Betriebe mit Einnahmen/Ausgaben-Rechnung oder Betriebe, die im Buchhaltungssystem sind.

Ich sehe hier überhaupt keine Ungleichbehandlung. Das pauschalierte System schafft insgesamt in der Besteuerung, auch im Umsatzsteuerbereich, durchaus Möglichkeiten, die keinen Vergleich zu scheuen brauchen. So ein System gibt es europaweit in dieser Dichte überhaupt nicht mehr. Unsere Betriebe profitieren massiv von der Pauschalie­rung. Würde man von diesem Pauschalsystem insgesamt weggehen – das wird es mit mir nicht spielen –, dann wäre erstens die bürokratische Belastung –Buchhaltung zu führen – auch für Kleinbetriebe exorbitant hoch und mit überhaupt nichts zu rechtferti­gen.

Für jene, die sich steuerlich benachteiligt fühlen durch die Umsatzsteuerunterschiede, haben wir ein Modell geschaffen mit der Option: hinein in ein Regelsteuersystem, raus aus der Pauschalierung. So können diejenigen, die sich benachteiligt fühlen, was die Einnahmen und Ausgaben, die Buchhaltungskriterien betrifft, diese vermeintlichen Pro­bleme – von denen ich Ihnen gesagt habe, dass es keine Probleme sind – umgehen.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrat Peter Mitterer (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Herr Bundesminis­ter! Zu einem weiteren Problem möchte ich eine Zusatzfrage stellen.

Der europäische Markt wird zunehmend mit ausländischen Billigstimporten konfrontiert. Die Länder, in denen diese Produkte erzeugt werden, haben meist nicht einmal die grundlegendsten Mindeststandards in Bezug auf Mitarbeiterrechte oder Umweltaufla­gen. Meine Frage daher: Streben Sie im Sinne eines beiderseitigen Fairtrade die Ein­führung von sozialen und ökologischen Mindeststandards für solche Importwaren an, zum Beispiel in Verbindung mit der Einhebung von Schutzzöllen, wenn diese Mindest­standards nicht gesichert sind?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Ich war bei zwei großen Verhandlungsrunden der WTO selbst dabei. Eine davon hat in Cancún in Mexiko stattgefunden und ist gescheitert, die an­dere war in Hongkong, wo wir Schritte weitergekommen sind in der Frage der Rege­lung des weltweiten Handels, ganz zentral verbunden mit der Frage: Wie organisiert sich dieser weltweite Handel?

Für uns Österreicher und Europäer standen immer die Non-trade Concerns – all das, was nicht handelsbezogen ist – im Mittelpunkt. Ökologische und soziale Kriterien müs­sen bei der Lenkung von internationalen Warenströmen ihren Niederschlag finden. Wir gehen davon auch überhaupt nicht ab. Im Gegenteil, diese Debatte gewinnt durch den internationalen Klimaschutz und durch andere Fragen an Fahrt. Ich glaube auch – da sind wir optimistisch, da können wir optimistisch sein –, dass ökologische und soziale


BundesratStenographisches Protokoll750. Sitzung / Seite 20

Kriterien im internationalen Handel immer mehr zum Standard des Wettbewerbs wer­den.

Ich war jetzt vor Kurzem in China, und es war hochinteressant. Da Sie gesagt haben, dass nur Waren aus anderen Ländern zu uns kommen: Europa ist der größte Agrar­exporteur der Welt, da gibt es riesige Märkte für uns. Wir sorgen mit diesen hoch sozial fundierten und ökologisch produzierten Waren international durchaus für eine positive Entwicklung und müssen das weiter verfolgen.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Weitere Zusatzfrage: Herr Bundesrat Breiner. – Bitte.

 


Bundesrat Franz Breiner (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Minister! Lange Transportwege – wenn wir Milchprodukte nach China transportieren – sind vorgegeben und für unsere CO2-Bilanz nicht wirklich günstig. Welche Maßnahmen ergreifen Sie, um die Direktvermarktung landwirtschaftlicher Produkte zu erleichtern?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Herr Minister.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Herr Bundesrat, da muss man jetzt vorsichtig diskutieren, ich war in China nämlich auch mit folgendem Thema konfrontiert: 1,3 Milliarden Menschen brauchen Ernährung. Natürlich können wir sagen, wir führen wegen des Klimaschutzes nichts mehr hin. Aber gerade Ihre Fraktion erwähnt ja immer wieder die Probleme in Afrika. Wir können sagen, wir bringen nichts mehr dorthin, vernichten die Lebensmittel und ersparen uns die Gelder, die wir dafür einsetzen, und ersparen uns damit auch – da haben Sie recht – lange Transportwege.

Nur steht auf der anderen Seite eine ethisch-soziale Herausforderung der Sonderklas­se. Das ist nämlich der Punkt, den wir zu betrachten haben, nicht mehr und nicht weni­ger. Ich bin hundertprozentig bei Ihnen. Wir tun das auch mit der Initiative Genuss Re­gion Österreich. Wir fördern die regionale Vermarktung in Österreich und versuchen, das Schließen der kleinen Kreisläufe massiv zu forcieren.

Aber wir haben auch eine internationale Verantwortung. Nicht wir Österreicher, weil wir nicht so viel für den Überschussmarkt produzieren, aber Europa als größter Agrar­exporteur hat die Verantwortung, seine Waren – Milchpulver und anderes – in nach­fragenden Märkten zu positionieren.

Das wird ein ewiges Spannungsfeld bleiben. Ich glaube auch, dass wir einmal über Kerosinbesteuerung und all diese Themen diskutieren müssen, um diese Ströme effi­zienter zu machen – das ist ein ganz wesentlicher Punkt –, wir werden sie aber nicht auf null zurückdrehen können.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Weitere Zusatzfrage: Herr Bundesrat Jany. – Bitte.

 


Bundesrat Reinhard Jany (ÖVP, Burgenland): Geschätzter Herr Bundesminister! Wird die gewünschte Vereinfachung für die Landwirte bei der Umsetzung der Agrar­dieselrückvergütung durch den Aufwand bei der Berücksichtigung im Rahmen der Ein­kommensteuererklärung nicht konterkariert?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Herr Minister, bitte.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Bei der Einführung der Agrardieselrückvergütung ging es dar­um, 50 Millionen € pro Jahr zu platzieren, um Unterstützung zu leisten. Wir haben da­bei mit zwei Modellen gearbeitet.

Das eine Modell ist ein pauschales; dabei wird mit pauschalen Flächensätzen gearbei­tet. Das zweite Modell ist für jene Bäuerinnen und Bauern gedacht, die sagen: Ich kom-


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me mit dem pauschalen System nicht aus, weil ich Dauerkulturen oder Intensivland­wirtschaft betreibe, wesentlich mehr verbrauche, und ich möchte das nachweisen. – Das können sie mit Nachweisen tun. Das ist das bürokratischere System, aber es lässt mehr Freiraum beim Nachweis der tatsächlichen Kosten.

Deswegen hat jeder die Wahl: Entweder das pauschale Modell, das ganz einfach strukturiert ist – und ich sehe da überhaupt keine Konterkarierung irgendeines steuer­lichen Systems –, oder das zweite Modell mit dem Nachweis. Wer sich für den Nach­weis entscheidet, muss akzeptieren, dass er einen höheren Aufwand an Bürokratie hat, aber auch mehr an Ausgleichszahlung aus diesem Topf lukrieren kann. Es ist eine kluge Vorgangsweise, die wir da gewählt haben, ein Zwei-Säulen-Modell. Es ist auch in der Umsetzung sehr, sehr positiv aufgenommen worden.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Wir gelangen nun zur 7. Anfrage, 1594/M-BR/2007. Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Molzbichler, um die Verlesung der An­frage.

 


Bundesrat Günther Molzbichler (SPÖ, Kärnten): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

1594/M-BR/2007

„Was werden Sie unternehmen, wenn – wie aus einzelnen Bundesländern zu erfahren ist – tausende, vor allem in landwirtschaftlich intensiv genutzten Gebieten produzieren­de Bauern heuer noch aus den Umweltmaßnahmen aussteigen werden?“

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Herr Minister.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Das ist eine spannende Frage, die Sie stellen, weil wir gerade dabei sind, die Herbstanträge für die nächstjährige Umweltprogrammatik entgegenzu­nehmen, womit die Bauern bekunden, an welchen Umweltprogrammen sie teilnehmen wollen.

Wir haben pro Jahr 527 Millionen € für das Umweltprogramm eingestellt. Wir haben neue Maßnahmen implementiert und alte weitergeführt, „Bio“ als zentrale Drehscheibe im Umweltprogramm bieten wir weiter an. Wir haben mit der Europäischen Kommis­sion auch Änderungsbedarf gehabt, was etwa den GVE-Schlüssel, also den Großvieh­einheiten-Schlüssel, betrifft, und haben dann die Änderungen vorgenommen.

Ich bewerte Ihre Frage heute noch nicht, was die Zahlen betrifft. Ich sage Ihnen nur: So wie ich das sehe, werden wir mit den 527 Millionen € gerade auskommen, und ich sehe nicht, dass Tausende Betriebe auf der Flucht vor dem Umweltprogramm sind, sondern im Gegenteil, dass einzelne Betriebe ihre Maßnahmenpakete ändern, also ihren Mix an dem, was sie freiwillig annehmen können.

Wir verpflichten ja niemanden. Wir haben das einzige Programm, das flächendeckend freiwillig angeboten wird. Das heißt, die Bauern können sich zusammenstellen: Welche Maßnahme erfülle ich durch welchen Wirtschaftszweck? Steige ich um auf „Bio“? Steige ich aus? Gehe ich in eine höherwertige Maßnahme oder lasse ich sie sein? Die Bilanz wird dann zu ziehen sein, wenn wir die komplette Übersicht haben, aber von Tausenden Betrieben in Österreich, die auf der Flucht vor dem Umweltprogramm sind, sehe ich nichts.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Weitere Zusatzfrage? (Bundesrat Molzbichler: Nein, danke!)

 


Weitere Zusatzfrage: Frau Bundesrätin Diesner-Wais. – Bitte.


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Bundesrätin Martina Diesner-Wais (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Mi­nister! Eine wichtige Frage für unsere Bauern: Werden alle Maßnahmen getroffen, da­mit jene Leistungen, die die Landwirte im Rahmen des neuen Umweltprogramms er­bringen beziehungsweise schon erbracht haben, noch heuer ausbezahlt werden kön­nen?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Herr Minister.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Das ist eine Frage, die die bäuerlichen Familien natürlich ganz besonders bewegt. Man muss sehen, dass wir heuer weit über eine Milliarde € an Ge­samtvolumen – erste Säule und ländliche Entwicklung – auszahlen müssen. In Normal­jahren, nämlich nicht beim Bruch von einer Periode auf die andere, wurde im Oktober ausbezahlt. Wir haben heuer, auch im Oktober, im Umweltprogramm all jene Beträge ausbezahlt, die sich auf das Umweltprogramm des Jahres 2000 stützen – diese alte Programmatik betrifft 15 000 oder 16 000 Betriebe.

Für die, die umgestiegen sind, für die von 2007 bis 2013 eine neue Periode gilt – das ist die überwiegende Mehrzahl –, und mit den Ausgleichszahlungen der ersten Säule, weit über eine Milliarde €, hoffen wir – und arbeiten mit Hochdruck daran –, die Agrar­markt Austria mit der Programmierung – weil die Kommission unser Programm erst so spät bewilligt hat, nämlich jetzt im Oktober –, dass wir dieses Geld noch vor Weihnach­ten an die bäuerlichen Betriebe bringen.

Das ist unser Ziel; wir arbeiten in Sonderschichten daran. Was die Programmierung angeht: Das sind sehr heikle Themen, weil wir natürlich auch viel Neues in der Pro­grammatik umzusetzen haben. Ich bin aber optimistisch, dass wir noch heuer das Geld an die Frau und an den Mann im bäuerlichen Betrieb bringen werden.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Weitere Zusatzfrage: Frau Bundesrätin Kersch­baum. – Bitte.

 


Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Minister! Da es offenbar keine Flucht vor dem ÖPUL gibt, sondern die Landwirtinnen und Landwirte weiterhin dazu streben, meine Frage: Wie schaut es mit der Veranke­rung der Gentechnikfreiheit im ÖPUL aus?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Es ist von den europäischen Gesetzgebungsmöglichkeiten her nicht möglich, in einem Umweltprogramm Gentechnikfreiheit als Förderungsvorausset­zung zu verankern, und es macht auch überhaupt keinen Sinn. Gentechnikfreiheit im Umweltprogramm schützt uns nicht vor Gentechnik! Warum? – Weil es viele Betriebe gibt, die beim Umweltprogramm nie mitgemacht haben und auch zukünftig nicht mitma­chen werden. Denen geben wir das Signal: Wenn du mitmachst, kannst du gentechnik­frei wirtschaften, wenn du draußen bleibst, kannst du logischerweise machen, was du willst.

Natürlich, es schützt uns nicht vor Gentechnik, denn das ist ein freiwilliges Programm. Es ist Unsinn, das im Umweltprogramm zu verankern. Es geht rechtlich von Seiten der Europäischen Union her nicht, deswegen haben wir es nicht getan. Es ist wichtig, die gesetzlichen Maßnahmen zur Gentechnikfreiheit zu implementieren, und wir haben der Saatgutverordnung eine 0,0-Toleranzgrenze zugrunde gelegt, denn das gilt für alle Bäuerinnen und Bauern. Deswegen muss man in der Politik immer klar, fair bestim­men, was Sache ist.

Dieses Gesetz ist notwendig. Es ist übrigens ein besseres als jenes, das in Oberöster­reich von Kollegem Anschober gemacht wurde, der mit dieser Idee sensationell an die


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Wand gefahren ist. (Heiterkeit bei ÖVP und SPÖ.) Wir brauchen ein wirklich gutes Ge­setz auf Bundesebene, das wir verankert haben. Die Gentechnikfreiheit im Umweltbe­reich und im Umweltprogramm bringt uns keinen Schritt weiter, wenn es darum geht, Gentechnikprodukte von uns fernzuhalten.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Weitere Zusatzfrage: Herr Bundesrat Ing. Kampl. – Bitte.

 


Bundesrat Ing. Siegfried Kampl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geehr­ter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Da die österreichischen Bauern sehr fleißig und tüchtig sind, haben wir teilweise einen Versorgungsgrad von über 100 Prozent. Meine Frage lautet: Kann ein Ausfall eines Teils der Produktion von Inten­sivflächen eine Gefährdung der österreichischen Ernährungssicherung zur Folge ha­ben?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Herr Minister.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Sie sprechen ein Thema an, das uns in der europäischen Agrarpolitik und auch national ganz zentral beschäftigen wird: Wie entwickelt sich die Landwirtschaft? Jetzt meine ich außer Bio-, Intensiv- und konventioneller Landwirt­schaft vor allem die drei großen Säulen.

Die Landwirtschaft war in Österreich und in Europa seit 1945 rein auf Versorgungssi­cherheit und Aufbau von Lagern ausgerichtet, um Hungersnöte und kriegerische Situa­tionen abzuwenden. So ging es bis in die 1970-er, 1980-er Jahre, als erstmals struktu­relle Überschüsse erzielt wurden.

Dann hat sich neben der Nahrungsmittelproduktion eine zweite Säule der Landwirt­schaft, entwickelt. Dabei geht es um die Frage: Wer pflegt unsere Landschaft und wie? – Landschaftspflege mit Ausgleichszahlungen, das ist die zweite große Säule.

Jetzt wächst seit ein paar Jahren eine dritte Säule. Dabei geht es um Energie aus land­wirtschaftlicher Produktion. Es ist unsere agrarpolitische Pflicht, diese Energiesäule zu entwickeln – es steckt noch ein gewisses Potenzial darin –, aber niemals die Balance zu verlieren zu Lasten der Nahrungsmittelproduktion. Nahrungsmittelproduktion und Versorgungssicherheit müssen im Zentrum der zukünftigen Agrarpolitik stehen. Wir kämpfen dafür und setzen uns dafür ein.

Wir werden jetzt zum Beispiel die Stilllegungsflächen – in Europa derzeit 10 Prozent – ab nächstem Jahr auf null stellen. Damit wird jede Fläche Europas für die Land­wirtschaft verfügbar sein, und wir werden in Europa einen wichtigen Input für die Energieproduktion setzen können. Allein in Österreich werden dadurch zusätzlich 100 000 Hektar für die Produktion genutzt. Das ist mehr, als wir zum Beispiel für die Ethanol-Beimischung brauchen. Somit werden wir dem Trend, dass alles aus dem Ausland importiert wird, entgegentreten.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Wir gelangen nunmehr zur 8. Anfrage, 1589/M-BR/2007. Ich bitte die Anfragestellerin, Frau Bundesrätin Roth-Halvax, um die Verle­sung der Anfrage.

 


Bundesrätin Sissy Roth-Halvax (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Minis­ter, meine Frage lautet:

1589/M-BR/2007

 


„Wie sehen die Zielsetzungen der im Dezember in Bali stattfindenden internationalen Klimaschutzkonferenz aus?“


BundesratStenographisches Protokoll750. Sitzung / Seite 24

Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Ich werde in Kürze, am 10. beziehungsweise am 11. Dezember, nach Bali reisen müssen. Ich sage absichtlich „reisen müssen“ und erkläre gleich, war­um. Bei der Klimaschutzkonferenz der UNO-Umweltminister werden 120 Umweltminis­ter die Verhandlungen aufnehmen über die Frage: Wie geht es weiter nach dem Kyoto-Prozess, der ja 2012 zu Ende geht?

In Bali erfolgt der Startschuss für eine Nachfolgeregelung für das Kyoto-Protokoll, es ist also eine ganz zentrale Konferenz. Ich halte es für falsch, dass die Klimaschutzkon­ferenz in Bali stattfindet, die Einladungspolitik der UNO ist falsch. Wir haben UNO-Standorte in New York, Wien und Genf. Dort hätten wir genug Arbeitsplatz für 120 Mi­nister und müssten uns nicht nach Bali begeben. Ich sage das in dieser Runde klar und deutlich, nur um da keine Missverständnisse aufkommen zu lassen.

Viele, zum Beispiel die EZA, bringen das Gegenargument, man müsse mit solchen Konferenzen auch in Länder gehen, die sonst keine Chance haben, ins Rampenlicht der Öffentlichkeit zu kommen – also im Konkreten Indonesien, wo Bali ja liegt.

Ein Für und Wider, okay, ich fahre dorthin. Ich werde drei Tage dort sein. Wir werden dort ganz intensiv über die Frage der Nachfolgeregelung verhandeln. Ich finde, wenn wir uns auf einen konkreten Zeitplan einigen, wonach wir bis 2009 fertig sind und 2009 ein Nachfolgeprotokoll oder eine Nachfolgeordnung für Kyoto implementieren, und auch die Frage beantwortet ist, welche Länder mitmachen – der Schlüssel von Bali liegt ja darin, China, Indien und die USA für ein Nachfolgeprotokoll an Bord zu brin­gen –, dann wird das ein Erfolg sein.

Es wird spannend, es wird eine intensive Diskussion bringen, und wir von der Euro­päischen Union sind sehr gut vorbereitet. Wir von der Europäischen Union gehen mit folgender Zielsetzung in diese Verhandlungen: Seitens der Europäischen Union bieten wir an, den CO2-Ausstoß bis 2020 um 20 Prozent zu reduzieren. Wenn andere Länder mitgehen, verpflichten wir uns sogar zu einer Reduktion um 30 Prozent. Das ist aus un­serer Sicht technisch, von der Energieeffizienz und von den Maßnahmen her möglich. Das ist der Verhandlungspunkt, den wir von der Europäischen Union dort vertreten werden.

Wir werben auch um Partner. Letzte Woche habe ich den chinesischen Umweltminister getroffen. Er wird erstmals aktiv mit dabei sein, was ein sehr positives Zeichen ist. Es ist noch zu früh, die Entwicklung zu loben, aber Bali kann durchaus ein positiver Start­schuss sein. Was den Klimaschutzbericht und die öffentliche Diskussion weltweit be­trifft, kann Bali eine ganz neue Qualität bringen. Ich betone das Wort „kann“, aber wir arbeiten daran.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Frau Bundes­rätin Roth-Halvax, bitte.

 


Bundesrätin Sissy Roth-Halvax (ÖVP, Niederösterreich): Mir wäre das Thema Kero­sinbesteuerung ein Anliegen. Jetzt meine Frage: Wird das ein Thema in Bali oder wo auch immer sein, und welche Chancen bestehen dafür, dass wir einmal einen Schritt weiterkommen?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Das Thema „Kerosinbesteuerung“ ist aus meiner Sicht nicht vom Tisch. Sie wissen, dass ich das immer als einen ganz zentralen Punkt der euro­päischen Umweltpolitik gesehen habe. Klar ist, Österreich allein kann das nicht ma-


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chen, wir würden überhaupt keinen Effekt erzielen. Das ist eine europäische, eine welt­weite Frage. Ich sehe nicht ein, warum Kerosin als einziger Treibstoff völlig steuerfrei gestellt ist. Ob es in Bali ein Thema werden wird? – Ich glaube, das wird dann in den Nachfolgekonferenzen, in den Arbeitsgruppen thematisiert, weil Bali ganz im Zeichen der Länderdiskussion und des Zeitplans stehen wird. Aber ich schließe es nicht aus.

Wir werden in Europa diese Debatte weiter voranführen, und zwar auf zwei Ebenen. Erstens ist Kerosinbesteuerung ein mögliches Mittel, um effizienten Flugverkehr zu organisieren. Ein zweites mögliches Thema – und da sind wir weiter – ist die Einbezie­hung des Flugverkehrs in den Emissionshandel. Das heißt, wir werden in Zukunft in der Europäischen Union darüber diskutieren – Umweltminister tun das schon jetzt –, jeder Airline einen Deckel an CO2-Ausstoßrechten zuzuteilen. Wer darüber ist, muss Zertifikate zukaufen, wer darunter ist, kann sie auf einem Zertifikatsmarkt verkaufen. Das würde laut vielen Experten dazu führen, dass zwar nicht weniger geflogen wird – vielleicht auch das –, dass aber vor allem effizienter geflogen wird.

Wir würden damit auf die Flugzeugerzeuger Druck machen, effizientere Maschinen zu entwickeln, das sinnlose Kreisen für Airlines teuer machen und die Airlines dazu veran­lassen, bei der Steuerung von Flugrouten mehr auf den CO2-Ausstoß zu achten. Also da sind wir sehr weit. Das Thema „Einbeziehung in den Emissionshandel, Kerosinbe­steuerung“ steckt in den Kinderschuhen, ist aber auf dem Tisch.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundes­rat Preiner gemeldet. – Bitte.

 


Bundesrat Erwin Preiner (SPÖ, Burgenland): Sehr geehrter Herr Minister! Das Kyoto-Ziel soll 2012 erreicht werden. In welchen Bereichen können oder werden Sie Öster­reich als Vorzeigeland bei der Einsparung von CO2-Emissionen bei der Klimakonferenz in Bali präsentieren?

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Herr Minister.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Es gibt zwei Bereiche, auf die wir besonders stolz sein können. Das ist einerseits die Landwirtschaft, die auf Zielerreichungspfad liegt – minus 13 Pro­zent –, und das ist andererseits die Abfallwirtschaft, die ihre Aufgaben bei weitem mit der Reduktion von Methangas und so weiter erfüllt hat. Auch im Bereich FCKW sind wir sehr positiv unterwegs.

Sorgenkind Nummer eins ist der Verkehr. Da habe ich in meinem Zuständigkeitsbe­reich, wo ich im Verkehrsbereich mit der Beimischung eingreifen kann, mein Mögliches mit 5,75 Prozent getan. Noch einmal: Es gibt Zuständigkeiten in diesem Land, an die ich die Betroffenen auch erinnern werde.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Eine weitere Zusatzfrage wird Herr Bundesrat Schennach stellen. – Bitte.

 


Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Herr Bundesminister, ich muss Sie in­sofern korrigieren, als Sie vorhin gesagt haben, die Grünen sind dagegen, die Grünen sind gegen Nahrungsmittelhilfe zum Beispiel für Afrika. – Wir sind nur gegen ein unsin­niges System, das Afrika dazu zwingt, im Winter Erdbeeren und Fisolen oder Monokul­turen à la Erdnüsse für die europäischen Märkte zu produzieren und damit die eigene Ernährung nicht zu gewährleisten und bei der eigenen Ernährung dann auf Nahrungs­mittelhilfen angewiesen zu sein. Das sollte man dazu sagen, wenn man Kritik übt.

Herr Bundesminister, Sie haben heute gesagt, Sie sind stolz, dass Niederösterreich den Klimaschutz in seiner Verfassung hat. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Habe ich


BundesratStenographisches Protokoll750. Sitzung / Seite 26

nicht gesagt!) Sie würden aber sicherlich in Ihren Initiativen noch besser aussehen, wenn Sie den Klimaschutz  (Bundesrätin Roth-Halvax: Er sieht eh gut aus! – Weite­re Zwischenrufe bei der ÖVP.) Er schaut fesch aus, aber er würde international besser reüssieren können, würde es in Österreich ein Klimaschutzgesetz geben oder würde er als einen ersten Schritt den Klimaschutz im UVP-Gesetz verankern.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Bitte, Herr Minister.

 


Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Zu Ihrer Feststellung: Ich habe nicht gesagt, ich bin stolz auf Niederösterreich – ich meine, auf Niederösterreich bin ich stolz (Beifall bei der ÖVP), aber dass der Klimaschutz in der Verfassung ist, habe ich erwähnt. Das ist ja auch etwas, das zeigt, dass der Klimaschutz in der politischen Diskussion – das wäre vor ein paar Jahren undenkbar gewesen – an Stellenwert gewonnen hat.

Zur Frage Klimaschutzgesetz: Die Engländer haben ein Klimaschutzgesetz gemacht. Ich kenne die handelnden Personen in England sehr gut – beide Umweltminister, auch den, der jetzt als Dritter in meiner Amtszeit sozusagen das Gegenüber ist. Das Klima­schutzgesetz Englands hat bis dato null und Nüsse bewegt. Ich bin dagegen, dass man, nur um politisch besser dazustehen, Gesetze implementiert, die aber null Effekt zeitigen. – Erster Punkt.

Zweiter Punkt: Wir werden uns natürlich in der Umsetzung der Klimastrategien alle legistischen Möglichkeiten, Gesetz und so weiter, überlegen, um diese Frage Effizienz­steuerung – Klimaschutz stärker zu verankern.

Wohnbauförderung ist als ein Thema angesprochen worden. UVP sehe ich jetzt nicht als unmittelbare Notwendigkeit, aber es gibt mehrere Möglichkeiten, die wir auch ent­sprechend stärker in Angriff nehmen wollen.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Danke. – Damit ist die Fragestunde beendet.

10.03.25Einlauf und Zuweisungen

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Hinsichtlich der eingelangten, vervielfältigten und verteilten Anfragebeantwortungen 2371/AB bis 2376/AB verweise ich auf die im Sit­zungssaal verteilte Mitteilung gemäß § 41 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundes­rates, die dem Stenographischen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen wird.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

Liste der Anfragebeantwortungen (siehe S. 5)

*****

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Eingelangt und den zuständigen Ausschüssen zuge­wiesen wurden jene Beschlüsse des Nationalrates sowie jene Petition 19/PET, die je­weils Gegenstand der heutigen Tagesordnung sind beziehungsweise ist.

Die Ausschüsse haben ihre Vorberatungen abgeschlossen und schriftliche Ausschuss­berichte erstattet.

Ich habe die zuvor genannten Verhandlungsgegenstände auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gestellt.

Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.


BundesratStenographisches Protokoll750. Sitzung / Seite 27

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Aufgrund eines mir zugekommenen Vorschlages be­absichtige ich, die Debatte über die Tagesordnungspunkte 1 und 2 unter einem zu ver­handeln.

Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall. Wir werden daher so vor­gehen.

10.04.421. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 7. November 2007 betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Universitätsgesetz 2002 geändert wird (241 d.B. und 276 d.B. sowie 7787/BR d.B.)

2. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 7. November 2007 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem ein Fonds zur Förderung der Er­richtung einer Fakultät für Bauingenieurwesen und Architektur an der Universi-
tät Innsbruck geschaffen wird, aufgehoben wird (79 d.B. und 278 d.B. sowie 7788/BR d.B.)

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Wir gehen in die Tagesordnung ein und gelangen zu den Punkten 1 und 2 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durch­geführt wird.

Berichterstatterin zu den Punkten 1 und 2 ist Frau Bundesrätin Mag. Eibinger. – Ich bitte um die Berichte.

 


10.05.09

Berichterstatterin MMag. Barbara Eibinger: Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Novem­ber 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002 geändert wird.

Der Bericht liegt Ihnen allen in schriftlicher Form vor. Ich komme somit direkt zur An­tragstellung.

Der Ausschuss für Wissenschaft und Forschung stellt nach Beratung der Vorlage am 20. November 2007 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Ich komme gleich zu Tagesordnungspunkt 2: Bericht des Ausschusses für Wissen­schaft und Forschung über den Beschluss des Nationalrates vom 7. November 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem ein Fonds zur För­derung der Errichtung einer Fakultät für Bauingenieurwesen und Architektur an der Universität Innsbruck geschaffen wird, aufgehoben wird.

Auch dieser Bericht liegt Ihnen schriftlich vor. Ich komme somit direkt zum Antrag.

Der Ausschuss für Wissenschaft und Forschung stellt nach Beratung der Vorlage am 20. November 2007 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

 


Zu Wort gemeldet ist als Erste Frau Bundesrätin Konrad. Ich erteile ihr dieses.


BundesratStenographisches Protokoll750. Sitzung / Seite 28

10.06.32

Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Offenbar wird es heute nicht die spannendste universitätspoli­tische Diskussion, die wir bisher geführt haben. Es haben jetzt offenbar einige von uns die Gelegenheit zum Frühstückskaffee wahrgenommen, und auch die Ministerbänke sind relativ leer. Vielleicht sind wir einfach mit der Fragestunde so schnell gewesen – wer weiß. (Präsident Mag. Erlitz: Bundesminister Hahn ist unterwegs!) Schade, dann sollte ich noch etwas Zeit schinden, damit er hört, was ich zu sagen habe. (Zwischen­rufe bei der ÖVP.) – Ich weiß, das ist wie in der Kirche, wenn der Pfarrer diejenigen schimpft, die ohnehin da sind, weil die anderen nicht da sind. – Ich freue mich über alle, die hier sind und jetzt mitdiskutieren bei diesem wirklich sehr wichtigen Thema. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Allerdings glaube ich wirklich, dass es nicht unbedingt etwas Weltbewegendes ist, wo­mit wir uns heute befassen, denn es geht einzig und allein um eine Verlängerung einer Regelung, die auch bisher so bestanden hat. (Bundesminister Dr. Hahn betritt den Sit­zungssaal und nimmt auf der Regierungsbank Platz.) – Grüß Gott, Herr Minister!

Wenn man sich kurz an die Geschichte dieser Regelung erinnert, so weiß man, dass es damit angefangen hat, dass von der EU Regelungen in Österreich aufgehoben wur­den, die den Zugang von deutschen Studierenden zu österreichischen Universitäten betreffen. Das hat dann besonders im Bereich der Medizin bei den österreichischen Universitäten zu Problemen geführt.

Österreich hat damals diese Situation dazu genützt – nicht nur in der Medizin, wo es tatsächlich Probleme aufgrund der hohen Zahl der Studierenden gab, sondern auch in anderen Studienfächern –, sozusagen in einem Aufwaschen eine erste Runde von Zu­gangsbeschränkungen einzuführen oder zumindest den Universitäten die Möglichkeit zu geben, diese Zugangsbeschränkungen einzuführen.

Wenn wir uns einmal anschauen, wie sich das dann auf der Universität für Medizin wei­terentwickelt hat, dann sehen wir, dass die Universitäten verschiedene Methoden ge­nützt haben, um den Strom von Studierenden auf eine für sie akzeptable Größe sozu­sagen zusammenzuschrumpfen. Da gab es zum Beispiel einige Universitäten – wie auch in Innsbruck, wo ich studiere –, wo man einen sehr teuren Aufnahmetest aus der Schweiz zugekauft hat. Dabei sind interessante Nebeneffekte herausgekommen, näm­lich dass zum Beispiel Frauen bei diesem Test deutlich schlechter abschneiden und damit deutlich schlechtere Chancen haben, in das Medizinstudium einzusteigen. Ich glaube nicht, dass irgendjemand in diesem Raum behaupten würde, dass Frauen schlechter geeignet sind, Medizin zu studieren, oder dass es vielleicht daran liegt, dass Frauen das nötige Vorwissen nicht haben, das man bräuchte, um diesen Test zu be­stehen. Offenbar gibt es hier Nebenwirkungen, die noch nicht entsprechend untersucht sind.

Ich hoffe doch sehr, dass man sich sehr genau anschaut, woran es liegt, dass sich die­se Tests in diese Richtung auswirken, denn das kann es ja auch nicht sein, dass dann plötzlich viel weniger Frauen als bisher Medizin studieren können.

Von der Medizin abgesehen geht es aber auch noch um andere Studienrichtungen, bei denen der Zugang von den Universitäten beschränkt werden konnte. Wir haben im Ausschuss gehört, dass die Unis sehr verantwortungsvoll mit dieser gesetzlichen Mög­lichkeit umgegangen sind. Da muss ich auch aus meiner Erfahrung aus Innsbruck be­richten: Teilweise hatte ich schon eher das Gefühl, dass die Universitäten diese Chan­ce, die sich ihnen jetzt geboten hat, für jene Fächer nützen, in denen es ihrer Meinung nach schon zu viele Studierende gab, bevor sich gesetzlich etwas geändert hat.


BundesratStenographisches Protokoll750. Sitzung / Seite 29

In Innsbruck ist das zum Beispiel auf der Psychologie der Fall gewesen. Die Psycholo­gie in Innsbruck war seit Jahren mit Personal chronisch unterversorgt. Es gab ein sehr schlechtes Betreuungsverhältnis, ganz wenige Professoren gab es auf eine wirklich große Anzahl von Studierenden.

Ich kann der Uni jetzt gar nicht böse sein, dass man diese Gelegenheit dann genutzt hat, aber das kann ja nicht Sinn der Sache sein. Wenn es schon seit Jahren eine Un­terversorgung mit Ressourcen gibt, zu wenige Professuren, zu wenig Personal, dann wäre für mich die logische Konsequenz, wenn dieses Fach nachgefragt ist und dieses Fach die Studierenden interessiert, dass man dafür sorgt, dass einfach mehr Personal vorhanden ist.

Es ist ja keinesfalls so, dass das an den Universitäten immer logisch nachvollziehbar ist. Da gibt es Fakultäten, Institute mit nicht so wahnsinnig vielen Studierenden, die personell sehr gut ausgestattet sind. Dann gibt es wieder andere Studienrichtungen, die wirklich Massenstudien sind, die aber nur drei oder vier Professoren haben. Dass das nicht hinhaut, dass es hier für die Universitäten Probleme gibt, liegt auf der Hand, aber diese Probleme liegen nicht daran, dass viele Studierende sich dafür interes­sieren, das studieren wollen, sondern das Problem ist einfach, dass es zu wenig Res­sourcen gibt.

Es gibt in Österreich noch ein weiteres Problem, nämlich, dass wir statistisch gesehen im internationalen Vergleich zu wenige Akademikerinnen und Akademiker haben. Ich nehme an, es wird jetzt gleich das Argument kommen, dass die OECD ja in anderen Ländern andere Ausbildungen als universitär anrechnet, dann würde ich sagen: Gut, dann machen wir diese Ausbildungen auch universitär, dann können wir sie auch dazu­zählen und müssen nicht weiter darüber streiten, wie denn die Statistik eigentlich aus­schaut und wie sie ausschauen könnte!

Mit dem Beschluss des Nationalrates, der heute hier vorliegt, bleiben die Probleme, die ich erwähnt habe, ungelöst. Ich würde gerne über etwas diskutieren, das eine große positive Veränderung in der Universitätslandschaft mit sich bringt. Das heute ist es leider nicht. Die Verlängerung dieser Regelung wird, wie schon gesagt, in gar keiner Weise eine Verbesserung für die Universitäten und die Studierenden bringen.

Eines muss man allerdings anerkennen: Offensichtlich hat sich das Gesprächsklima zwischen Österreich und der EU-Kommission verbessert, denn dass es jetzt diese Toleranzfrist gibt, diese fünf Jahre, in denen Österreich Zahlen liefern und beweisen kann, wie die Situation auf den medizinischen Universitäten ausschaut, ist zumindest etwas, womit vor ein paar Jahren noch nicht zu rechnen war. Das ist durchaus positiv anzuerkennen, dass sich da das Klima verbessert hat.

Ich kann abschließend sagen: Wir haben leider noch immer kein Konzept vorliegen, das die Lösung der Probleme von Universitäten mit sich bringen würde. Was mich schon besonders betroffen macht, ist, dass die SPÖ im Wissenschaftsausschuss und im Nationalrat einer Änderung der jetzigen Regelung zugestimmt hat, nämlich dass der Bundesminister in Zukunft auch in anderen Studienfächern diese Zugangsbeschrän­kung ermöglichen kann, was bisher nicht der Fall war.

Der Wissenschaftsausschuss des Nationalrates hat festgestellt, dass es sich dabei um die zwei Fächer handeln würde, die jetzt rausgefallen sind. Nur: Eine Feststellung des Wissenschaftsausschusses ist schön, hat aber rechtlich leider keine Auswirkung. Das heißt, wenn jetzt der Herr Bundesminister irgendwann der Meinung ist, dass es zum Beispiel für Pädagogik oder für andere Studienfächer auch Sinn machen würde, den Universitäten eine Beschränkung zu ermöglichen, dann könnte er das tun. Die SPÖ muss sich im Klaren sein, dass sie das durch ihre Zustimmung ermöglicht hat.


BundesratStenographisches Protokoll750. Sitzung / Seite 30

Von unserer Seite wird es zu Zugangsbeschränkungen jetzt und auch in Zukunft jeden­falls keine Zustimmung geben. (Beifall bei den Grünen.)

10.13


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Danke. – Ich begrüße zu dieser Debatte Herrn Bun­desminister Dr. Johannes Hahn. (Beifall bei der ÖVP.)

Zu Wort gemeldet ist als Nächster Herr Bundesrat Giefing. – Ich erteile es ihm.

 


10.13.50

Bundesrat Johann Giefing (SPÖ, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Kollegin Konrad, wenn Sie im Zusammenhang mit der Zugangsbeschränkung bemängeln, dass der Minister in Zukunft auch andere Fä­cher mit einer Zugangsbeschränkung ausstatten kann, dann möchte ich sagen: Ich glaube schon, dass es kaum einen Minister geben wird, der das leichtfertig macht, son­dern es gäbe mit Sicherheit Gründe, wenn er es machen würde, und genauso, glaube ich, werden es auch die zukünftigen Minister machen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit Ende dieses Jahres tritt eine Bestimmung des Universitätsgesetzes 2002 außer Kraft, die die Rektorate ermächtigt, den Zugang zu Studien, die von insgesamt acht deutschen Numerus-clausus-Studien betroffen sind, zu beschränken. Es handelt sich um die sogenannten Zugangsbeschränkungen.

Heute wollen wir nichts anderes tun, als dieses Gesetz mit Ausnahme der Fächer Bio­logie und Pharmazie zu verlängern. Ein EuGH-Erkenntnis hat uns Österreicher dazu gezwungen, über ein Notverordnungsrecht nachzudenken. Es ist nicht einzusehen, dass inländische Studierende angesichts eines zehn Mal so großen Nachbarn keinen Zugang zum Studium erhalten. Wir wissen auch nicht, wie viele Studierende die Bun­desrepublik jedes Jahr mangels eigener Studienplätze nach Österreich schickt. In den achtziger Jahren waren die Maturanten und Maturantinnen aus Deutschland eine klei­ne Minderheit. Sie durften in Österreich studieren, wenn sie nachweisen konnten, dass sie auch in Deutschland einen Studienplatz hatten. Diese Zeiten sind laut EuGH-Er­kenntnis vorbei.

Vorbei sind auch für Studienanfängerinnen und -anfänger die Zeiten, in denen man sich um 6 Uhr in der Früh vor der Hörsaaltür angestellt hat, um einen Sitzplatz in den Vorlesungen zu ergattern, um nicht auf der Stiege sitzen zu müssen. Die bestandene Matura war früher die Berechtigung, zu studieren. Heute gewährt nicht einmal die be­standene Eingangsprüfung die Garantie, studieren zu können. Außerdem hat sich die Zahl der Studienanfänger von 1 800 in den achtziger Jahren auf 6 500 erhöht.

Früher hatte sich auch zum Beispiel die Ärztekammer für eine Beschränkung der Zahl der Studienplätze ausgesprochen. Heute gibt es in Österreich bereits viele Stellen, die nicht nachbesetzt werden können. Ich hoffe, dass wir in unmittelbarer Zukunft nicht in einen Ärztemangel hineinmanövriert werden. Wenn die Zahlen stimmen, dass pro Jahr zirka 800 Ärzteabsolventen und -absolventinnen zu erwarten sind und zirka 1 600 Ärz­te pro Jahr in Pension gehen, müssen Sie sich, Herr Minister, schon jetzt überlegen, wie diese Zahlen ausgeglichen werden können.

Mir ist bewusst, dass der Idealfall in Österreich bedeuten würde: überhaupt keine Zu­satzbeschränkungen! Die Frage ist jedoch nur, Frau Kollegin, woher das Geld kommt. Ja, ich weiß schon, Sie würden wahrscheinlich jetzt reflexartig sagen: Na, von den Abfangjägern, die könnte man abbestellen, zum Beispiel. Das kann ich mir vorstellen. (Bundesrätin Konrad: Jetzt, wo Sie es sagen!)

Es ist daher aus meiner Sicht durchaus ein großer Wurf, dass sich die Regierungspar­teien darauf geeinigt haben, ab dem Jahr 2010 die Uni-Budgets um 150 Millionen € pro


BundesratStenographisches Protokoll750. Sitzung / Seite 31

Jahr anzuheben. Im Jahre 2020 werden wir dann 5 Milliarden € statt 3 Milliarden € für die österreichischen Universitäten zur Verfügung haben.

Das kann sich aus meiner Sicht durchaus sehen lassen. Das ist dann in Wirklichkeit eine 50-prozentige Erhöhung des derzeitigen Geldwerts, die Inflation nicht herausge­rechnet. (Bundesrat Breiner: Das zeigt dir doch nur, wie wir jetzt beieinander sind!) – Eben.

Ich meine daher, dass die heutige Zustimmung zu diesem Gesetz eine große Errun­genschaft für Österreichs Studierende darstellt. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

10.18


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Zu Wort gemeldet ist als Nächster Herr Bundesrat Mag. Baier. – Ich erteile es ihm.

 


10.18.57

Bundesrat Mag. Bernhard Baier (ÖVP, Oberösterreich): Hohes Präsidium! Sehr ge­ehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wir haben jetzt schon das eine oder andere gehört. Fest steht, dass wir den Hintergrund der Regelung kennen, warum wir darüber diskutieren. Es ist das EuGH-Urteil, das uns getroffen hat und das vor allem bei jenen Studienrichtungen, die in Deutschland dem Numerus clausus unterliegen, in Österreich für gewisse Schwierigkeiten gesorgt hat. Es gab in der Vergangenheit das Problem zu lösen, wie man sozusagen im gleichen Maße für österreichische Studierende die glei­chen Chancen wahren und die entsprechenden Studienplätze bereithalten kann.

Ich bin heute zwar nicht verwundert, aber doch überrascht – und vielleicht ist es auch eine späte Genugtuung nach den heißen Diskussionen, die wir in der Vergangenheit mit der SPÖ über diese Regelung geführt haben –, dass das heute hier von Seiten der SPÖ Zustimmung findet. Das zeigt auch, dass es einen Unterschied zwischen Opposi­tionsarbeit und Regierungsarbeit gibt. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das ist ja nichts Neues, darüber brauchen Sie sich nicht aufzuregen, sondern das ist eine normale Sicht der Dinge. (Neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das ist anerkennend gemeint, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ, aber ein bisschen etwas müsst ihr euch schon gefallen lassen.

Zur Kollegin von den Grünen darf ich Folgendes sagen, und da knüpfe ich an das an, was ich gerade vorhin zur SPÖ gesagt habe: Natürlich ist es ein Unterschied, ob man sich in Opposition oder in Regierungsverantwortung befindet. Dass die Opposition im­mer wieder sagt, das sei zu wenig Geld und es könnte alles besser sein, das verstehe ich, das ist ein natürlicher Oppositionsreflex, nur hat es mit der Realität wenig zu tun. Kennt man die Situation an den österreichischen Universitäten, dann sieht man, wie positiv dort gearbeitet wird, wie gut dort gearbeitet wird, wie gut auch die Rahmenbe­dingungen sind; viel besser, als das je zuvor in der Zweiten Republik der Fall war. (Zwischenruf des Bundesrates Schennach. – Bundesrat Breiner: Also Geschichte ist auch ein eigenes Fach!) Dass man immer mehr Geld brauchen würde, ist klar. – Das vielleicht auch dazu, wenn gesagt wird: zu wenig Ressourcen. Kollege Breiner – Sie können dann auch gerne auftreten –, ich weiß ja nicht, an wie vielen Universitäten Sie schon waren (Bundesrat Breiner: Ich tue das nicht zwei Mal im Jahr, sondern öfter als Sie!) und wie tief Ihr Einblick dort ist, ich kann jedenfalls nur sagen, dass die Entwick­lung sehr gut ist.

Sie dürfen eines nicht vergessen, meine sehr geehrten Damen und Herren: Mit dem UG 2002 gibt es eine völlig neue Vorgehensweise, was die Budgetverteilung betrifft, und das ist kein Blabla, Frau Kollegin Konrad, sondern das sind Fakten. Sollten Sie es noch nicht wissen, sage ich es Ihnen gerne: Das UG 2002 sieht vor, dass die öster­reichischen Universitäten Schwerpunktbildungen, Strategien zu entwickeln haben und


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dass auf Basis dieser Strategien, dieser Entwicklungspläne dann auch die Budgetmittel verteilt werden. Jetzt frage ich Sie: Wie war das in der Vergangenheit? Wissen Sie, wie das war? – Es gab einen historischen Prozentschlüssel – so offen muss man sein –, und man hat gesagt: Okay, die Universität hat all die Jahre so und so viel vom Gesamt­budget erhalten, und das bekommt sie in etwa wieder! – Durch das UG 2002 ist es plötzlich so, dass man sich auf Universitätsebene sehr genau überlegen muss: Worauf legt man die Schwerpunkte? Wo gibt es Nischen? Wohin kann man sich gut entwi­ckeln? Wo kann man sozusagen auch neue Gelder vom Bund herausverhandeln?

Das ist beispielsweise einigen Universitäten, so auch der Johannes Kepler Universität, in Ansätzen gelungen. Wir sind natürlich noch nicht ganz zufrieden – das darf ich hier an dieser Stelle sagen –, aber es besteht die Möglichkeit für Universitäten, mit Profil­bildung, mit eigenen Schwerpunkten auch mehr Geld zu bekommen.

Eine nächste Tranche steht schon vor der Tür: 50 Millionen zusätzlich – heuer noch – für Verstärkungsmittel, 42 Millionen, so viel ich weiß, für Infrastruktur und 8 Millionen für Vorziehprofessuren. Da können Sie (in Richtung Bundesrat Breiner) schon lachen, aber das werden Sie heute zum ersten Mal gehört haben. Das macht aber nichts, ich sage es Ihnen gerne. Das heißt, dass hier sehr wohl immer Schritt für Schritt etwas ge­tan wird.

Zusammenfassend darf ich sagen, dass die Situation für die österreichischen Universi­täten sehr gut ist, dass sie den jungen Leuten ausgezeichnete Möglichkeiten bietet, sich der höheren Bildung hinzugeben, und dass die Regelung natürlich auch weiterhin unsere Zustimmung findet. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Schennach: Spärlicher Applaus!)

10.24


Präsident Mag. Wolfgang Erlitz: Danke. – Zu Wort gemeldet hat sich nun Herr Bun­desminister Dr. Hahn. Ich erteile es ihm.

 


10.24.28

Bundesminister für Wissenschaft und Forschung Dr. Johannes Hahn: Herr Präsi­dent! Meine Damen und Herren! Mein „lieber Doktor“ hat mir gesagt, ich sollte nicht zu viel reden, eigentlich gar nichts – was aber für einen Politiker praktisch unmöglich ist –, und daher bitte ich um Verständnis dafür, dass ich mich nur sehr kurz äußern werde.

Zunächst einmal vielen Dank für die einzelnen Debattenbeiträge, die gezeigt haben, dass Sie Verständnis zeigen für die Notwendigkeit von Zugangsbeschränkungen. Dass es nicht unser Ansinnen ist, dass es Zugangsbeschränkungen gibt, wird darin deutlich, dass die jetzige Regelung auch wieder nur auf zwei Jahre befristet ist, weil eben dann wieder neu evaluiert werden soll, ob diese Regelung noch notwendig ist.

Zweitens können Sie davon ausgehen, dass ich mit dem mir eingeräumten Pouvoir, gegebenenfalls diese zwei Fächer mit Zugangsbeschränkungen zu versehen, mindes­tens so zurückhaltend umgehe, wie die Universitäten in der Vergangenheit umgegan­gen sind und auch in Zukunft umgehen werden, wenn es darum geht, autonom zu ent­scheiden, ob man von der Möglichkeit der Zugangsbeschränkungen überhaupt Ge­brauch macht, weil das von Uni zu Uni, von Fach zu Fach durchaus unterschiedlich ist.

Zur Illustration: Wir haben im vergangenen Jahr bei den Erstzugelassenen an allen Universitäten und Fachhochschulen einen Ausländeranteil von 37 Prozent zu vermer­ken, und wir haben overall 20 Prozent Studierende aus dem Ausland. Das heißt, wir stehen auch im internationalen Vergleich, was den Anteil ausländischer Studierender anlangt, exzellent da. Wir brauchen uns also keine Sorgen zu machen, dass wir nicht großzügig wären, was die Möglichkeit anlangt, dass Nichtösterreicherinnen und Nicht­österreicher in Österreich studieren.


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Zu der Zahl der Medizinstudierenden: Wir haben jetzt eine Deckelung vorgenommen. Wir werden in den nächsten Jahren 30 bis 40 Prozent mehr Promovenden haben als in der Vergangenheit, weil die Jüngeren mit dem neuen Curriculum sozusagen schneller studieren als jene mit dem älteren Curriculum. Das heißt, es laufen jetzt abschluss­mäßig die Neuen auf die Älteren auf, und daher gibt es in den nächsten Jahren eine höhere Quote. Wir werden sehr genau beobachten, wie sich in der Tat die Bedürfnisse entwickeln. Ich habe auch schon mit den Rektoren gesprochen, und wir werden uns im Jahr 2010 ansehen, ob die jetzigen Größenordnungen entsprechen.

Gleich dazusagen möchte ich an dieser Stelle – insbesondere auch an die oberöster­reichischen Freunde gerichtet; den Verweis auf die Johannes Kepler Universität habe ich gerne aufgenommen –, und ich sage das auch sehr gerne, ich glaube schon, dass wir im Prinzip mit den drei medizinischen Universitäten österreichweit das Auslangen finden, weil an den jeweiligen Universitäten gegebenenfalls noch Potenzial vorhanden ist, mehr Studienplätze einzurichten. Das muss man eben organisieren.

Es wird uns auch gelingen, bis Ende der Legislaturperiode an allen Medizin-Unis die Warteliste der Studierenden auf Praxisplätze abzubauen. Es wird sozusagen erstmals in der Geschichte der Zweiten Republik der Fall sein, dass Medizinstudierende nicht auf Praxis und Laborplätze warten müssen. Das ist ganz wichtig! Darauf aufbauend können wir dann die nächsten Schritte setzen.

Ich danke auch für die Anmerkung, dass das jetzt mit der Europäischen Kommission passt. Ich gehe davon aus, dass wir das in den nächsten Tagen auch schriftlich be­kommen werden. Wir werden die Zeit nützen und in den nächsten Jahren auch unser Datenmaterial weiter verfeinern. Ich habe in der Zwischenzeit schon wieder eine euro­paweite Studie in Auftrag gegeben, weil wir uns anschauen wollen, wie in den einzel­nen EU-Mitgliedsländern die tatsächlichen Bedürfnisse bei Medizinern und Medizine­rinnen aussehen und wie viele Studienplätze in den einzelnen Ländern bereitgestellt werden, und das ist dann wiederum eine Grundlage, um hier Gespräche zu führen.

Weiters – für alle, die sich auch mit budgetären Fragen beschäftigen –: Ungefähr ein Drittel unseres Universitätsbudgets geht für die medizinischen Universitäten auf. Das sind aber lediglich 10 Prozent der Studierenden. Der durchschnittliche Mediziner-Stu­dienplatz kostet also ungefähr sechs Mal so viel wie ein „normaler“ Studienplatz. Das ist okay, das ist verständlich, das ist nachvollziehbar – das zeigt aber auch, dass wir, gerade was die Bereitstellung solcher Studienplätze anlangt, natürlich drei Mal darüber nachdenken müssen, ob diese notwendig und berechtigt ist.

Kollege Baier hat eigentlich schon alles gesagt, was die, wie ich glaube, sehr positive finanzielle Entwicklung der Universitäten anlangt. Wenn man durch die Lande reist – und ich habe das getan –, kann man sehen: Unsere Universitäten sind entgegen an­ders lautender Gerüchte oder Vermutungen baulich mittlerweile vielfach in einem her­vorragenden Zustand. Das heißt aber nicht, dass man nicht weiter etwas tun muss. Wir haben wieder 500 Millionen € für die nächsten Jahre bereitgestellt, um hier die Dinge weiterzuentwickeln.

Zur Akademikerquote – und das ist die letzte Bemerkung, kein Gejammere von meiner Seite, sondern nur eine Feststellung, die ich immer wieder wiederhole –: Die Akademi­kerquote, die uns von der OECD beschieden wird, ist eine Betrachtungsweise, die auf die Zahl der Akademiker eines OECD-Mitgliedslandes zwischen dem 25. und 64. Le­bensjahr abstellt, in der also 40 Jahrgänge betrachtet werden. Ich darf Ihnen daher jetzt schon sagen, dass die Akademikerquote in drei Jahren auch nicht wesentlich anders ausschauen wird, weil sich das rein statistisch nicht wesentlich ändern lässt. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)


BundesratStenographisches Protokoll750. Sitzung / Seite 34

Was allerdings wichtig ist, ist die Frage: Wie schaut die Situation heute aus? – Im in­ternationalen Vergleich, was die Zahl der Abiturienten und jener anbelangt, die an die Universität gehen, kann ich berichten, das gegenwärtig etwa 42 Prozent eines Jahr­gangs maturieren und ungefähr 37 Prozent eines Jahrgangs, also etwas weniger, eine tertiäre Bildungseinrichtung besuchen. Mit den 37 Prozent liegen wir ein paar Prozent­punkte unter dem OECD-Schnitt, aber da greift dann das, was auch schon angespro­chen wurde, dass es in den verschiedenen Ländern unterschiedliche Betrachtungswei­sen gibt, was eine akademische Ausbildung für die einzelnen Fächer ist. – Das dazu.

Ich sage aber immer wieder dazu: Die Akademikerquote sollte kein Fetisch sein, son­dern das Wesentliche ist, dass wir, egal in welchem Bereich, Ausbildungen bereitstel­len, die tatsächlich den jungen Leuten eine Berufsmöglichkeit bieten. Und da darf ich nur verweisen, dass gerade Finnland, dass immer wieder hochgelobt wird, ausgerech­net bei der Jugendarbeitslosigkeit eine doppelt so hohe Quote wie Österreich hat – und das sollte einem auch zu denken geben.

Im Übrigen: Vor Kurzem hat im letzten Bildungsministerrat mein slowakischer Kollege berichtet, dass in der Slowakei mittlerweile 75 Prozent eines Jahrgangs an die Univer­sität gehen, in Russland sind es schon traditionellerweise seit vielen, vielen Jahren weit über 50 Prozent. Ich glaube, wir sind uns einig darüber, dass die volkswirtschaftliche Performance der angesprochenen Länder durchaus mit Österreich, respektive Öster­reich mit diesen Ländern Schritt halten kann. Insofern, so denke ich, stellt das dann auch wieder die Akademikerquote in eine entsprechende Relation. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

10.32


Vizepräsident Jürgen Weiss: Zu einer zweiten Wortmeldung erteile ich Frau Bundes­rätin Konrad das Wort.

 


10.32.42

Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Sehr geehrter Präsident! Ein paar Worte, weil sich der Herr Kollege Baier so rührend bemüht hat, mir die tatsächliche Situation an den Universitäten nahezubringen: Ich bin ja noch immer eine aktive Studierende, sel­ten aber doch, und ich bin dann auch regelmäßig auf der Universität. (Heiterkeit des Bundesrates Konecny. – Zwischenruf des Bundesrates Mag. Baier.) Ich weiß nicht, wann Sie Ihr Studium abgeschlossen haben oder ob Sie noch studieren – keine Ahnung! Die Uni in Innsbruck ist jedenfalls baulich nicht unbedingt so ausgestattet, dass man sagen könnte, es ist zufriedenstellend, schon gar nicht, es ist toll.

Ich als Geisteswissenschafterin freue mich sehr darauf, wenn jetzt irgendwann einmal die geisteswissenschaftliche Bibliothek gebaut wird. Man hat jetzt mit dreijähriger Ver­zögerung begonnen, diese Bibliothek zu bauen. Es wird also Menschen geben, die in Innsbruck ein geisteswissenschaftliches Fach studieren und nie diese Bibliothek betre­ten haben. Das ist schon eine gewisse Einschränkung im Studium.

Man sollte sich auch die restlichen Unigebäude anschauen! Da geht es um ganz bana­le Dinge, wie: Wie sauber sind die Toilettenanlagen zum Beispiel? Wie sind die räum­lichen Ausstattungen für Lehrveranstaltungen? Das geht dann auch schon ... (Bundes­rat Mag. Himmer: ... Benutzern zuzuschreiben!) – Schauen Sie sich das an! Es gibt Punkte, wo es dann nicht mehr den Benutzern zuschreiben ist. – Wie ist die Ausstat­tung mit Lehrpersonal? Wie ist die Ausstattung der Bibliotheken? Wie viele Bücher habe ich zur Verfügung, und so weiter?

Es gibt wirklich einen ganzen Haufen von Gründen, der, so finde ich, sehr klar dafür spricht, dass die Uni nicht so ausgestattet ist, wie sie es sein sollte und wie es ange­nehm wäre. (Bundesrat Mag. Himmer: Wenn man möchte, gelingt es!) – Ja, natürlich


BundesratStenographisches Protokoll750. Sitzung / Seite 35

kann man studieren und kann man abschließen! Ich sage ja nicht, dass es nicht mög­lich ist, aber gut ausgestattet, wie Sie behauptet haben, ist auf jeden Fall etwas ande­res.

Sie haben auch so lobend von der Schwerpunktbildung gesprochen, die jetzt dank des fantastischen UG 2002 endlich möglich war. Ich war von 2001 bis 2003 in Innsbruck ÖH-Vorsitzende, das heißt, ich hab diese Zeit „relativ“ direkt miterlebt und auch die da­vor schon. Es war eine lange Diskussion, und es wurde auf der Uni nicht wahnsinnig positiv aufgenommen. Diese Schwerpunktbildung hat sich in den meisten Universitäten dann eher so abgespielt, dass man Fächer, die durchaus akzeptabel waren, die durch­aus akzeptiert und gut angenommen waren – wie soll man sagen? –, sozusagen „zu­gedreht“ hat, weil sie halt nicht dem stromlinienförmigen Outfit, das man sich für Uni­versitäten vielleicht wünscht, entsprochen haben. Das ist in Innsbruck so passiert. In Innsbruck ist ein amtierender Rektor abgewählt geworden, weil der Rest der Universität nicht einverstanden mit dem war, was er gemacht hat, obwohl es sehr dem Geist des UG 2002 entsprochen hat.

Diese Schwerpunktsetzung jetzt als etwas ganz Fantastisches hinzustellen, hat, so denke ich, in der Praxis in Innsbruck auch nicht so hingehauen. Ich glaube, Innsbruck ist doch eine der sehr großen Universitäten in Österreich. Wenn das auf Ihrer Universi­tät ganz anderes und ganz toll war, dann gratuliere ich Ihnen. Vielleicht sollten in Zu­kunft alle dort studieren und auch von diesen wunderbaren Rahmenbedingungen profi­tieren können. (Beifall bei den Grünen.)

10.35


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Ebenfalls nicht.

Die Abstimmung über die gegenständliche Beschlüsse des Nationalrates erfolgt ge­trennt.

Wir kommen zunächst zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 7. November 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitätsgesetz 2002 geändert wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Ein­spruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen weiters zur Abstimmung über den Beschluss des Nationalrates vom 7. November 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem ein Fonds zur Förderung der Errichtung einer Fakultät für Bauingenieurwesen und Architektur an der Universität Innsbruck geschaffen wird, aufgehoben wird.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Ein­spruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der An­trag ist angenommen.

10.36.523. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 7. November 2007 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Fachhochschul-Studiengesetz geändert wird (408/A und 277 d.B. sowie 7785/BR d.B. und 7789/BR d.B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen zum 3. Punkt der Tagesordnung.

 


Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Gansterer. – Bitte.

10.37.03


BundesratStenographisches Protokoll750. Sitzung / Seite 36

Berichterstatterin Michaela Gansterer: Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung über den Beschluss des Nationalrates vom 7. November 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fachhochschul-Studiengesetz geän­dert wird.

Dieser Bericht liegt Ihnen allen in schriftlicher Form vor, ich stelle daher sogleich den Antrag.

Der Ausschuss für Wissenschaft und Forschung stellt nach Beratung der Vorlage am 20. November 2007 mit Stimmeneinheitlichkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Erste Rednerin ist Frau Bundesrätin Mühlwerth. – Bitte.

 


10.37.51

Bundesrätin Monika Mühlwerth (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Dass mit dem Fachhochschul-Studien­gesetz eine Klarstellung des Weisungsrechts erfolgt ist, ist ja durchaus zu begrüßen. Dass man aber die Gelegenheit gleich genützt hat, die Pflicht- und Zwangsmitglied­schaft der Österreichischen Hochschülerschaft in die Fachhochschulen mit aufzuneh­men, ist aus freiheitlicher Sicht abzulehnen – traditionell natürlich, weil die FPÖ sich immer gegen Zwangsmitgliedschaften, und zwar nicht nur bei der Hochschülerschaft, sondern auch bei allen Kammern, ausgesprochen hat. (Bundesrat Mag. Klug: Zuge­hörigkeit!) – Auf freiwilliger Basis; das haben wir immer gesagt! Wenn die Kammern alle so gut sind, dann wird es ihnen ja an Mitgliedern wohl nicht fehlen. (Bundesrat Mag. Klug: Das haben die Mitglieder schon bestätigt!)

Die Fachhochschulen sind ja bis jetzt mit einer freiwilligen Studierendenvertretung durchaus gut gefahren. Dass sich die Studierenden dafür ausgesprochen haben, in die Hochschülerschaft eingegliedert zu werden, kann man aus Sicht der Fachhochschüler durchaus verstehen, weil die ÖH aufgrund Ihrer Zwangsmitgliedsbeiträge natürlich auch viel Geld hat. Und wer nascht nicht gerne am Geldtopf mit? Allerdings scheinen sich ja die Studenten nicht allzu gut vertreten zu fühlen, denn wenn man sich die Wahl­beteiligung bei den ÖH-Wahlen anschaut, dann kann man zuschauen, wie sie so von Jahr zu Jahr sinkt. (Bundesrätin Konrad: Das stimmt nicht!)

Das wundert kritische Beobachter auch überhaupt nicht, wenn sie sehen, wofür die ÖH ihre Zwangsmitgliedsbeiträge und die öffentlichen Gelder ausgibt. Es sind – wenn man sich die Homepage anschaut, kann man das feststellen – jedenfalls nicht unbedingt die Anliegen der Mehrheit der Studierenden. Da gibt es die HomoBiTrans-Aktionswoche, wo bei Kaffee und Kuchen über Kaffee und Peitsche geplaudert wird oder über Sex und Brötchen. – Das können Sie auf der Homepage nachlesen. – Oder es gibt einen Workshop – auch aus diesen Zwangsmitgliedsbeiträgen finanziert –: mehr Sex, weni­ger Kinder. – Das ist sicher auch ein „großes“ Anliegen der Leute, die ihr Studium zu Ende führen wollen! (Bundesrat Ing. Einwallner: ... das wissen Sie! – Bundesrat Gie­fing: Wieso wissen Sie das?)

Es gibt auch eine Diskussion mit dem Titel „Sexarbeiterinnen haben Lust ... auf ihre Rechte“. Also die ÖH wird hauptsächlich von Sex dominiert, was nicht grundsätzlich etwas Schlechtes ist, wenn das aber das alleinige Programm ist, das mit öffentlichen Geldern finanziert wird, dann kann man sich schon fragen, wo die ÖH ihre Berechti­gung hernimmt. (Bundesrat Schimböck: ... Frau Kollegin, seriös!)


BundesratStenographisches Protokoll750. Sitzung / Seite 37

Dann kommt noch dazu, dass gegen politisch Andersdenkende ganz massiv vorgegan­gen wird, und zwar in wirklich faschistischer Art und Weise, wo Menschen an den Pranger gestellt werden, denen Sie nichts anderes vorzuwerfen haben, als dass sie eine andere politische Gesinnung haben als die Mehrheit der linksgerichteten Studen­tenvertreterInnen. Und da heißt es dann wörtlich in Flugblättern:

„Wenn Du eines dieser Gesichter“ – die natürlich fotografiert sind – „in Deinem Semi­nar entdeckst, mache alle darauf aufmerksam und versucht gemeinsam die Personen aus dem Hörsaal und der Uni zu entfernen!“

Glatter Aufruf zu Gewalt! Kennen wir von linker Seite ja wirklich schon zur Genüge. (Bundesrat Mag. Klug: Na, na, na! – Bundesrat Todt: Ignorieren! Nicht einmal ignorie­ren!)

Das wird alles mit öffentlichen Geldern finanziert, und das machen die Vertreter der ÖH, die ja sonst vorgeben, die Toleranz geradezu patentiert zu haben! – Also von To­leranz ist da überhaupt nichts zu merken.

Wir wollen solche zum Teil kriminellen Auswüchse mit Pflichtmitgliedsbeiträgen und Zwangsmitgliedschaften keinesfalls mittragen und lehnen daher auch diese Gesetzes­vorlage ab.

10.41


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Hladny. – Bitte. (Rufe bei der SPÖ: Jetzt kommt Sachlichkeit! Bundesrätin Mühlwerth: Na ja! Von Ihrer Sachlichkeit bin ich nicht überzeugt! – Bundesrätin Hladny – auf dem Weg zum Rednerpult –: Lassen Sie sich überzeugen!)

 


10.41.55

Bundesrätin Waltraut Hladny (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Fachhochschulen sind eine Erfolgsge­schichte. 1994/95 wurde mit 693 Studierenden begonnen, und im vergangenen Studi­enjahr waren es 28 426 Studierende, Tendenz steigend.

Daran kann man ersehen, dass wir hier über ein wichtiges Hochschulmodell reden, das vielen jungen Menschen eine exzellente Ausbildung bietet. Die Fachhochschulen wer­den von der Ausweitung des Budgets profitieren. Sie profitieren auch von der Auswei­tung der Forschungsquote, weil es auch ein Wunsch ist, dass wir die Fachhochschulen stärker im Forschungsbereich verankern.

Zwischen 1995 und 2004 ist der Anteil für Bildung und Wissenschaft gemessen am Bruttoinlandsprodukt von 6 Prozent auf 5,5 Prozent gesunken. Die Differenz beträgt mehr als 1 Milliarde €, und das ist natürlich etwas, das deutlich spürbar war und von den Schulen bis zu den Universitäten Rückgänge in der Qualität gebracht hat. Darauf hat die SPÖ immer wieder hingewiesen. In dieser neuen Konstellation gibt es jetzt end­lich ein Umdenken in den Schwerpunkten, und wir sind sehr froh darüber.

Ich möchte auch noch auf einen zweiten Punkt in der Änderung des Gesetzes einge­hen, und zwar was die Klarstellung der nebenberuflichen Tätigkeit betrifft, sei es in einem Angestelltenverhältnis, in einem freien Dienstverhältnis oder auf Werkvertrags­basis.

Im Besonderen möchte ich darauf hinweisen, dass in § 5a Abs. 4 der § 98 Arbeitsver­fassungsgesetz, das personelle Informationsrecht für Betriebsrat oder Personalver­tretung zitiert wird. Hier wird klargestellt, dass dieses personelle Informationsrecht nun auch für die Gruppe der nebenberuflich tätigen Personen, selbst wenn ein freies Dienstverhältnis oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt, anzuwenden ist.


BundesratStenographisches Protokoll750. Sitzung / Seite 38

An der Änderung des Fachhochschul-Studiengesetzes ist deutlich die Regierungsver­antwortung der SPÖ erkennbar, was eine wesentliche Verbesserung für die Studieren­den und auch für die Lehrenden mit sich bringt, und wir sind sehr froh darüber. (Beifall bei der SPÖ.)

10.44


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin MMag. Eibin­ger. – Bitte.

 


10.44.49

Bundesrätin MMag. Barbara Eibinger (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Mit dieser Gesetzesände­rung wird eigentlich Gegebenheiten Rechnung getragen, die es in der Praxis an den Fachhochschulen schon gibt, nämlich der Unterscheidung zwischen haupt- und neben­beruflichem Lehr- und Forschungspersonal. Die Vertragsgrundlage war bisher nach den Regeln des bürgerlichen Rechts zu beurteilen und daher nicht notwendigerweise ein Arbeitsvertrag.

Geregelt wird nun, wer als nebenberuflich gilt, und festgehalten wird dabei, dass der­jenige ausschließlich in der Lehre beschäftigt sein darf, dass er nicht mehr als sechs Semesterwochenstunden unterrichten darf und dass er nachweislich einer anderen voll sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit nachgehen muss. Diese Regelung ist eine enorm wichtige Entlastung für die Fachhochschulträger.

Ein weiterer Punkt in dieser Novelle ist, dass sich der nebenberuflich Tätige auch ver­treten lassen kann, wenn er zum Beispiel aufgrund seiner anderen Tätigkeit verhindert ist. Das ist eine besonders wichtige Entlastung auch für die Vortragenden selbst.

Die Regelung ist deshalb so wichtig, weil gerade an den Fachhochschulen Vortra­gende aus der Praxis gebraucht werden, um eben eine praxisbezogene Ausbildung auf Hochschulniveau gewährleisten zu können. Von dieser profitieren die Studierenden und die Vortragenden: die Studierenden deshalb, weil es eine enorme Bereicherung ist, wenn der Vortragende quasi aus dem Nähkästchen plaudern kann, und auch die Vortragenden bekommen sehr viel aus dem Unterricht zurück. Sie bekommen sehr viele Impulse und Anregungen, oft auch neue Sichtweisen, die sie in die Wirtschaft mit hinausnehmen. Davon profitiert die Wirtschaft, und teilweise profitieren auch ganze Regionen, je nachdem, wo sich die Fachhochschule befindet.

Da möchte ich jetzt kurz auf die Standortfrage von Fachhochschulen eingehen, denn das sieht man bei uns in der Steiermark ganz deutlich. Wir haben etwa 40 Fachhoch­schul-Studiengänge. Diese befinden sich an drei Standorten: neben Graz auch in Bad Gleichenberg beziehungsweise auch in Kapfenberg. Hier hat sich gezeigt, dass ein Studiengang, wenn er inhaltlich in die Region passt, dort sehr wohl angeboten werden kann und nicht unbedingt alles in den Ballungszentren, sprich bei uns in Graz ange­boten werden muss. Jetzt hat es bei uns kürzlich die Diskussion gegeben, dass eine Studienrichtung von Graz nach Kapfenberg abgesiedelt werden muss. Da hat es sofort einen Aufstand gegeben. Es sind die Professoren und Studierenden geschlossen da­gegen aufgetreten, weil dieser Studiengang einfach nicht dorthin gepasst hätte. Ich denke beziehungsweise hoffe, dass unsere Landesrätin daraus jetzt ihre Lehren gezo­gen hat. Der Studiengang bleibt jetzt in Graz.

Organisieren werden sich die Studierenden in Zukunft besser können, denn wie schon angesprochen wird auch die Einrichtung einer Studierendenvertretung verankert. Das war ein Wunsch, der an den Minister herangetragen wurde. Da möchte ich jetzt auch einmal positiv betonen, dass dieser Wunsch von ihm mehr als rasch umgesetzt wurde: Danke schön.


BundesratStenographisches Protokoll750. Sitzung / Seite 39

Gut finde ich auch, dass die Studierendenvertreter von Fachhochschulen mit jenen an Universitäten verknüpft werden. Da muss ich jetzt doch kurz auf die Inhalte der Rede von Kollegin Mühlwerth mit den ÖH-Workshops, die sie genannt hat, eingehen. Ich bin der Meinung, dass die Inhalte die Studierenden selbst beurteilen sollten. (Bundesrätin Mühlwerth: Da geht es um öffentliche Gelder, da geht es nicht um private ...!) Wenn sie mit den Inhalten der Workshops nicht zufrieden sind, dann werden sie diese Frak­tion abwählen, so wie auch wir im Parlament, wie Ihre Partei zum Beispiel oder auch meine abgewählt werden kann.

Diese Verknüpfung würde ich mir auch auf anderen Ebenen wünschen, also eine Ver­knüpfung zwischen Fachhochschulen und Universitäten. Vor allem ist mir die wechsel­seitige Anerkennung von Studienleistungen ein Anliegen. Gerade jetzt bei der Umstel­lung auf Bachelor- und Masterstudien ist das ein weitgehend ungelöstes Problem. Es ist angedacht durch das lebenslange Lernen, dass man vielleicht zuerst einmal einen Bachelor-Abschluss erlangt, vielleicht dann ins Berufsleben einsteigt und später einen passenden Master-Studiengang „draufsetzt“, je nachdem, was man zum Beispiel im beruflichen Umfeld braucht. Da wäre es besonders wichtig, dass man zum Beispiel auf einen Bachelor-Studiengang, der an einer Fachhochschule absolviert wurde, einmal einen Master-Studiengang einer Universität „draufsetzen“ kann.

Aber für heute bitte ich Sie einfach, gegen diese Novelle keinen Einspruch zu erhe­ben. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

10.49


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Schennach.

 


10.49.35

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Bundesminister! Ich kann nur unterstreichen, was meine Vorrednerin ge­meint hat: Die Fachhochschulen sind eine Erfolgsstory.

Wir sehen die hohe Akzeptanz der Fachhochschulen, wir sehen auch, dass gerade in den ersten fünf Jahrgängen auch ein enormer Bedarf aufseiten schon älterer Studie­render festzustellen war, dort eine akademische Graduierung noch nachzuholen. Das heißt, in den ersten Jahren war das Durchschnittsalter, vor allem bei Nicht-Vollzeit-Fachhochschulen, durchaus jenseits von 30 Jahren. In den letzen zwei Jahren erleben wir, dass es jetzt zu einer Verjüngung kommt, aber das ändert nichts daran, dass die Fachhochschulen eine enorme Bereicherung im Ausbildungsbereich sind und auch für Österreich – gerade als einem Land, wo wir mit der Akademikerquote kämpfen – ein wichtiges Signal darstellen.

Frau Kollegin Mühlwerth, ich muss bei Ihnen eine Berichtigung anbringen – denn Sie wiederholen es immer aufs Neue –: Die ÖH hat keine öffentlichen Mittel, sondern sie ist eine Kammer und hat jene Mittel, die die Studierenden abführen. Diese abgeführten Mittel kann man nicht als öffentliche Mittel bezeichnen, sondern das sind die Beiträge, so wie man an die Gewerkschaft einen Beitrag zahlt – wobei die Gewerkschaft keine Kammer ist, sondern es sich hier um eine Art Kammerbeitrag handelt.

Ich finde es sehr wichtig, dass die Studierenden an den Fachhochschulen an die ÖH angeschlossen werden, dass sie in ihren Bemühungen der Weiterentwicklung nicht allein gelassen werden und hier eine effiziente Vertretung haben. Insbesondere konnte erst nach langen Mühen erreicht werden, dass zum Beispiel seit letztem Jahr der „Magister (FH)“ oder die „Magistra (FH)“ auch im Bundesdienst mit einer normalen Uni­versitätsausbildung besoldungsrechtlich gleichgestellt ist. Das war bisher, für die ersten Jahrgänge, nicht der Fall, und das ist erst jetzt der Fall. – Wenn es also um die Beseiti­gung solcher Ungerechtigkeiten ging, so ist dazu vielleicht die Studierendenvertretung


BundesratStenographisches Protokoll750. Sitzung / Seite 40

an den Fachhochschulen am Anfang etwas zu schwach gewesen. Deshalb ist, glaube ich, die Verknüpfung mit der ÖH von besonderer Wichtigkeit.

Und was die Workshops, die Sie hier kritisiert haben, betrifft, so meine ich, wir sollten ja doch versuchen zu vermeiden, dass junge Studentinnen ein Studium zum Beispiel mit einem Baby machen müssen. Das verlängert die Studienzeiten, das kann ja nicht in Ihrem Sinne sein. Also wenn es hier gewisse aufklärende oder vertiefende Informatio­nen gibt – ich weiß nicht, was Sie da dagegen haben.

Nun aber zu dieser vorliegenden Änderung des Fachhochschul-Studiengesetzes, Herr Bundesminister. Frau Kollegin Eibinger hat das vorgelesen, und ich lese es Ihnen auch noch einmal vor, und Sie wissen ja, was die Kritik daran ist.

Die Fachhochschul-Studiengänge haben ein Prinzip, nämlich die Gewährleistung einer praxisbezogenen Ausbildung mit Hochschulniveau – das ist das Wesensimmanente einer Fachhochschule, und so soll es ja auch sein. Und nun scheint man irgendwie in der Diktion dieses Gesetzes mit der deutschen Sprache auf Kriegsfuß zu stehen. Wir müssen ja schon derzeit an den Fachhochschulen die Unterscheidung machen zwi­schen hauptberuflichem und nebenberuflichem Personal. Nun aber schreiben Sie hin­ein, dass nebenberuflich tätige Personen Personen sind, „die ausschließlich in der Leh­re tätig sind“. – „Ausschließlich in der Lehre“!

Welche nebenberuflichen Personen wollen Sie? Wollen Sie sie aus der Praxis, oder wollen Sie sie von den Universitäten? – Wenn Sie heute sagen, nebenberuflich tätige Personen sind Personen, die ausschließlich in der Lehre tätig sind, dann weiß ich schon, was Sie sagen wollten: Sie wollten sagen, an Fachhochschulen sollen keine ne­benberuflich tätigen Personen zum Beispiel im Sekretariat oder in der Bibliothek oder in der Verwaltung tätig sein. – Aber wenn Sie jetzt hineinschreiben, nebenberuflich tätige Personen sind Personen, die ausschließlich in der Lehre tätig sind, können Sie ja nur meinen, dass es sich hier um Angehörige von Universitäten handelt, denn anders kann man das ja kaum interpretieren.

Bisher sieht es aber an den Fachhochschulen so aus, dass die nebenberuflich tätigen Personen in Agenturen, in Firmen, in unterschiedlichen gesellschaftlichen und wirt­schaftlichen Bereichen tätig sind und hier, an der Fachhochschule, ihre Informationen lehrend einbringen. – Und nun schreiben Sie, solche Personen dürfen nur mehr in der Lehre tätig sein! Das heißt, Sie kappen damit genau das für das Wesen der Fachhoch­schulen Wichtige, nämlich praxisbezogene Ausbildung auf hohem Niveau. (Zwischen­ruf des Bundesrates Mag. Baier.) – Ja, das steht ja hier! Ich kann lesen! – Kollege Baier dürfte da gefehlt haben, er versteht das nicht. Es ist ganz einfach. Es sind eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben Wörter, Herr Kollege Baier. Es steht hier – und es ist ganz einfaches Deutsch –: „Nebenberuflich tätige Personen sind Personen, die aus­schließlich in der Lehre tätig sind ...“. – Wenn Sie diesen Satz nicht verstehen, dann zurück nicht an die Uni, sondern an die Grundschule, Herr Kollege! Denn was hier steht, ist ganz klar.

Der nächste Punkt: Herr Minister, Sie meinen auch, nebenberufliches Lehrpersonal kann sich von anderen geeigneten Personen vertreten lassen. – Jetzt ist es manchmal sogar vorgeschrieben, wenn man einen Lehrauftrag hat, dass man ein oder zwei Gast­lehrende einbringt. Aber ich kann mich auch vertreten lassen, weil beispielsweise mei­ne Firma gerade irgendwie eine wichtige Phase hat, ich aber den Lehrauftrag habe. Ich glaube, hier gehört aber schon verankert, dass man sich nicht zu 100 Prozent vertreten lassen kann – denn sonst hat dann irgendjemand einen Lehrauftrag oder das Dienst­verhältnis und lässt sich zu 100 Prozent substituieren! (Bundesrat Mag. Baier schüttelt den Kopf.) – Herr Kollege Baier, ich weiß nicht: Sie haben tatsächlich mit den einfachs­ten Sätzen ein Problem! – Hier gehört meiner Meinung nach so quasi eine Einschrän-


BundesratStenographisches Protokoll750. Sitzung / Seite 41

kung der Vertretung festgeschrieben, denn sonst gibt es dann vielleicht – wenn wir jetzt vom zuerst Erwähnten ausgehen – Universitätsprofessoren, die sich vielleicht noch einen nebenberuflichen Vertrag an der Fachhochschule sichern, diesen aber dort nicht wahrnehmen und sich von geeigneten Personen vertreten lassen. Das kann ja nicht der Lehre ... (Bundesrat Mag. Himmer: ... ganz genau geregelt ...!)

Ich weiß nicht, habt ihr ein Problem damit, dass man gewisse Umgehungen aus­schließt? – Ich verstehe das nicht. (Bundesrat Mag. Himmer: Dann haben wir Geset­ze, die kein Mensch mehr lesen kann!) Kollege Himmer, kann es das Ziel des Fach­hochschul-Studiengesetzes sein, einem Universitätsprofessor eine schöne nebenberuf­liche Tätigkeit zu ermöglichen, die er in Wirklichkeit nur vertragsmäßig hat, sie aber in der Realität nicht ausübt und dort eine geeignete Person hinschickt? – Das kann ja nicht der Sinn sein. (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Himmer.) Das hat doch nichts mit Überreglementierung zu tun. (Bundesrat Mag. Himmer: Du kannst ja nicht alles im Gesetz regeln! – Alles, was Menschen falsch machen, willst du im Gesetz regeln!)

Nein, das ohnedies nicht, Kollege Himmer. Menschen können vieles falsch machen, und vieles werden wir nicht gesetzlich regeln – denn diese eine menschliche Dimen­sion, auch Fehler machen zu dürfen, das muss ja wohl möglich sein. Aber das andere ist, einem gewissen gezielten Missbrauch zumindest einen Riegel vorzuschieben. Das wäre schon interessant. (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Baier.) – Kollege Baier, Sie machen es nicht besser. Wir gehen dann in einen Deutsch-Grundkurs.

Insgesamt aber halten wir die im vorliegenden Beschluss enthaltenen gezielten Ver­besserungen im Bereich der Fachhochschule für richtig. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Mag. Baier.) – Sagen Sie einmal, Kollege Baier, worauf wollen Sie hin­aus? Wollen Sie jetzt meinen Harmoniesatz zum Schluss gänzlich zerstören? Dann können wir auch anders reden. – Ich wollte Ihnen jetzt gerade sagen, ich erwarte, weil Sie des Deutschen nicht so mächtig sind, jetzt eine Interpretation des Herrn Bundesmi­nisters zu dieser Frage. Das wird ja für Sie dann interessant sein. Aber insgesamt sind die Regelungen eine neue positive Weiterentwicklung des Fachhochschul-Studienge­setzes, und deshalb werden wir dem zustimmen. (Beifall bei den Grünen.)

10.59


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile nun Herrn Bundesminister Dr. Hahn das Wort.

 


10.59.12

Bundesminister für Wissenschaft und Forschung Dr. Johannes Hahn: Herr Präsi­dent! Meine Damen und Herren! Vielleicht kann ich gleich auf die letzte Debatte inso­fern eingehen: Ich kenne diese Kritik, sie begleitet uns jetzt schon seit einigen Debat­ten, aber vielleicht sei als Aufklärung auch noch darauf hingewiesen, dass hinsichtlich der diskutierten Thematik hier Folgendes steht: „Nebenberuflich tätige Personen sind Personen, die 1. ausschließlich in der Lehre tätig sind“ – und ich glaube, dann ist wich­tig, dass man auch den zweiten Teil weiterliest – „und 2. nicht mehr als sechs Semes­terwochenstunden lehren“. – Aus diesen Formulierungen wird klar ersichtlich, dass genau das gemeint ist, was Sie, Herr Kollege Schennach, ohnedies auch ausgeführt haben und was letztlich schon hinreichend oft gesagt wurde: dass es auf die Lehrtätig­keit an der Fachhochschule abzielt und nicht – wie Sie richtigerweise darauf hingewie­sen haben – auf eine zum Beispiel administrative Tätigkeit.

Diese Formulierung ist hin- und hergeknetet worden von Experten, und keineswegs sollte damit der Eindruck erweckt werden, und wird auch nicht erweckt – und das kann auch nicht daraus abgeleitet werden –, dass jetzt nur mehr Lehrpersonal, das irgendwo anders Lehrpersonal ist, an der Fachhochschule unterrichten darf, sondern im Gegen­teil: Es ist selbstverständlich – und das ist ja auch das Ziel dieser Lektoratstätigkeit –


BundesratStenographisches Protokoll750. Sitzung / Seite 42

anzustreben, dass Personen aus der Praxis hier die Möglichkeit haben, im Interesse auch der Studierenden, ihre Erfahrung einzubringen.

Damit bin ich auch schon beim zweiten Hinweis, Vorwurf, oder der zweiten Anmer­kung – wie immer Sie es sehen wollen –, nämlich dass nebenberufliches Lehrpersonal sich von anderen geeigneten Personen vertreten lassen kann. Nun, da bin ich sozusa­gen auch bei meinem Kollegen und Freund Harry Himmer. Ehrlich gesagt, wenn sich einer ein ganzes Semester lang vertreten lassen würde – „wenn“ ist „würde“-los, das ist also jetzt falsch, da müssen wir aufpassen –, dann nehme ich an, dass der Fachhoch­schulbetreiber Konsequenzen ziehen und sich von diesem Lehrenden verabschieden wird, denn die Idee war ja, dass er sich genau diese Person als Lektor oder Lektorin holt, weil das einfach spannend ist für die Studierenden. Und wenn sich der dann ständig entschuldigen lässt, dann ist eigentlich das Hauptziel dieser Inanspruchnahme nicht erfüllt, und dann brauche ich ihn nicht. – Ich glaube daher, es ist wohl so zu inter­pretieren: Wenn jemand, der einen Hauptjob hat – und so ist es auch abgestellt in den gesetzlichen Bestimmungen –, einmal aus irgendwelchen Gründen tatsächlich verhin­dert ist, dann kann er sich vertreten lassen. Das ist der Sinn und der Geist. Aber es ist nicht der Sinn und der Geist dieser gesetzlichen Bestimmung, dass er sich das ganze Semester vertreten lassen wird. Wenn er das macht – eine Möglichkeit, die theoretisch aus dieser Bestimmung durchaus ableitbar ist –, dann gehe ich davon aus, dass der Fachhochschulbetreiber die nötigen Konsequenzen zieht und sich einen anderen Schmied, und nicht einen Schmiedl, sucht. – Also ich denke, damit sind die Dinge ge­klärt.

Was die Studienvertretung anbelangt, so darf ich nur sagen, es hat hier schon vieljäh­rige Bemühungen der Studenten und der Studentinnen um eine Vertretung gegeben. Es hat entsprechende Diskussionen gegeben, ob das im Rahmen nur der Fachhoch­schulen stattfinden soll oder letztlich eingebettet und integriert in die ÖH. Ich darf be­richten, dass die Auskunftsvolumina an den ÖHs mittlerweile 40 Prozent Problemstel­lungen aus den Fachhochschulen umfassen, sodass hier durchaus eine Verschrän­kung sinnvoll, angezeigt erschienen ist. Und das Ergebnis dieser heutigen Vorlage war auch, dass die Studierenden unter sich festgestellt haben, a) ob sie eine Studierenden­vertretung haben wollen und b) ob sie innerhalb der ÖH oder stand-alone sein wollen. Sie haben sich für innerhalb der ÖH entschieden. Und ehrlich gesagt, ich bin diesem Wunsch sehr gerne nachgekommen, weil in dem Fall nichts dagegen gesprochen hat, im Gegenteil: Es ist für mich ein hoffentlich Best-Practice-Modell einer stärkeren Ver­schränkung – es ist schon in den Reden angesprochen worden – zwischen Fachhoch­schule und Universitäten. Und man wird schauen, wie weit sich das bewährt und ob das auch für andere Formen der Kooperation als Beispiel dienen kann.

Was die Frage der Anerkennungen anbelangt, in der Tat ein offenes Thema – weniger von der gesetzlichen Bestimmung, da ist im Prinzip alles geklärt, sondern, das muss man leider sagen, oft vom tatsächlichen Agieren insbesondere an den Universitäten –: Hinsichtlich der Frage, wie weit man hier alles gesetzlich einfangen kann, bin ich ein bisschen skeptisch. Da wird es vielfach auch darauf ankommen, dass wir hier sozusa­gen auch im positiven Sinne Stimmung machen. Aber ich bin zuversichtlich, dass wir gerade im Zuge der nachhaltigen Weiterentwicklung von Bachelor- und Master-Struktu­ren auch diese Frage nachhaltig zufriedenstellender lösen können.

Nochmals vielen Dank! Und ich hoffe, es können maximal viele Fraktionen dieser Vor­lage ihre Zustimmung geben. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

11.04


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.


BundesratStenographisches Protokoll750. Sitzung / Seite 43

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Ebenfalls nicht.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, keinen Ein­spruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist angenommen.

11.04.514. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 8. November 2007 betreffend ein Schlussdoku­ment der Sitzung der Regierungsvertreter betreffend die Verlängerung der Erklä­rung über die Produktionsphase der Ariane-Träger bis Ende 2008 (199 d.B. sowie 7795/BR d.B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen zum 4. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Karl Bader. – Der Berichterstatter ist nicht anwe­send, der Ausschussvorsitzende Hans Ager auch nicht, sodass ich den Bericht selbst zur Kenntnis bringe:

Ich verweise auf den vorliegenden schriftlichen Bericht, laut dem der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten nach Beratung der Vorlage am 20. November 2007 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag stellt, gegen den vorliegenden Beschluss des Natio­nalrates keinen Einspruch zu erheben.

Wir gehen in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Bundesrat Reisenberger.

 


11.06.04

Bundesrat Harald Reisenberger (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Das Thema wäre fast dazu angetan, dass Sie die Wortmeldung auch gleich noch übernehmen hätten können, Herr Präsident. Aber wir machen das als sozialde­mokratische Fraktion durchaus selbständig.

Worum geht es denn heute hier? – Es handelt sich um ein Thema, von dem in Wirk­lichkeit so an der Oberfläche schwimmend alle schon irgendwann einmal gehört ha­ben, aber tatsächlich vertieft haben sich die wenigsten in dieses Thema.

Eine wichtige Voraussetzung – und das ist, glaube ich, hier in diesem Haus jedem von uns bewusst – ist, dass Österreich Vollmitglied der Weltraumorganisation ESA ist und die Erklärung europäischer Regierungen über die Produktionsphase von ARIANE-Trä­gern bereits am 21. Mai 1992 – das ist also schon eine ziemlich lange Zeit – ange­nommen hat. Diese Erklärung regelt die kommerzielle Vermarktung der Ariane-Trä­gerraketen. Außerdem ist Österreich auch Teilnehmer am Entwicklungsprogramm der Ariane 5. Die Teilnehmerstaaten, wie wir wissen, haben am 5. Dezember 2005 einer unveränderten Verlängerungsvereinbarung um weitere zwei Jahre bis Ende 2008 zu­gestimmt, und währenddessen soll ein neuer, längerfristiger Vertrag ausgehandelt wer­den.

Es ist also, so meine ich, das Ariane-Projekt, das mit der Firma Arianespace 1980 ge­gründet wurde, ein europäisches Raumfahrtprojekt, das erste große wirtschaftliche technologieorientierte, forschungsorientierte Projekt Europas in der Geschichte der EU gewesen, und bisher ist es auch sehr erfolgreich geführt worden, ohne dass es irgend­welche Probleme in die eine oder andere Richtung gegeben hätte. Und ich glaube, das muss man schon auch anerkennen, dass es solche Projekte für uns gibt, wo wir dabei sind und auch mit profitieren können.


BundesratStenographisches Protokoll750. Sitzung / Seite 44

Wir wissen, dass die Ariane-Raketen jene Raketengeneration sind, die 70 Prozent Marktanteil bei den Satellitentransporten in den Weltraum auf sich vereinen kann. Es ist also wirklich eine Sache, auf die man stolz sein kann, die für uns auch zeigt, wozu wir hier in Europa imstande sind. Und was man auch nicht unerwähnt lassen soll, ist: Die Kosten, die für diese Ariane-Raketentechnologie aufgewendet werden müssen, sind geringer als die, die die amerikanischen Raketenkosten tatsächlich sind.

Österreichische Firmen partizipieren davon mit. Das ist für die Wirtschaft gut, und ich sage als Gewerkschafter natürlich, auch Arbeitsplätze bedeutet es. Das kann nur posi­tiv sein und muss von uns auch so gesehen werden.

Ich habe mich ein bisschen in das Thema einzulesen und klug zu machen versucht und habe dabei festgestellt – und für mich war das auch neu, das muss ich ehrlich zugeben –, dass wir dabei ja in nicht unwesentlichen Bereichen, wie zum Beispiel Zell­stoff- oder Wasserstofftreibstofftank-Technologien für die Auspufftechnologie dieses Segments – im Wesentlichen damals noch von Steyr-Daimler-Puch, heute die Firma Magna –, mit partizipieren können und damit hochtechnologisches Know-how gegeben ist.

Wir haben also hier die Möglichkeit, in den verschiedensten Bereichen, auch solchen, die mit Weltraum überhaupt nichts zu tun haben, daraus Profit zu schlagen, daraus zu lernen, daraus zu Umsetzungen zu gelangen. Und das ist, glaube ich, etwas, was man durchaus auch mehr der Öffentlichkeit bekannt machen könnte.

Es gibt inzwischen mehrere erfolgreiche europäische Projekte. Ich erwähne hier nur die GSM-Technologie, die ein Welterfolg geworden ist und auch ein europäisches Kind ist, und ich erwähne auch EADS, das ja gerade in diesem Haus nicht immer unbedingt dadurch bekannt wurde, dass es den Airbus, Eurocopter und dergleichen gibt, sondern hier haben wir das EADS-Produkt Eurofighter sehr ausführlich diskutiert.

Es ist natürlich die Frage, von welcher Perspektive aus man es sieht, aber dass der Eurofighter von der Technologie her ein gutes Produkt ist, war immer außer Frage gestellt. Uns geht es ja hier um eine andere Kostenfrage.

Aber all das gehört hier dazu, und ich glaube, dass man die Flugzeugtechnologie in der Europäischen Union durchaus als eine erfolgreiche bezeichnen kann. Es ist gelungen, Europa wieder eine eigene Marke zu geben. Ein großes Projekt, dessen Finanzierung derzeit noch ansteht, ist das Galileo-Projekt, das mehr oder weniger die amerikanische GPS-Technologie ersetzen soll. Das ist strategisch, wirtschaftspolitisch, verteidigungs­politisch eine wichtige Angelegenheit und natürlich auch technologiepolitisch von gro­ßer Bedeutung.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, der langen Rede kurzer Sinn: Wir Sozialdemokraten halten es für sinnvoll und werden diesem An­trag natürlich auch zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

11.11


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Dr. Kühnel.

 


11.11.46

Bundesrat Dr. Franz Eduard Kühnel (ÖVP, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am 24. Oktober 2007 hat im Großen Redoutensaal der Hofburg ein Festakt stattgefunden, bei dem gefeiert worden ist, dass Österreich seit 20 Jahren Mitglied der European Space Agency ist, der Europäischen Weltraumagentur, und bei diesem Festakt waren auch der Herr Bundespräsident und die Frau Staatssekretärin Kranzl anwesend, und beide haben darauf hingewiesen, dass in den achtziger Jahren des vorigen Jahrhun-


BundesratStenographisches Protokoll750. Sitzung / Seite 45

derts der Grundstein dafür gelegt worden ist, dass Österreich dieser wichtigen Organi­sation beigetreten ist.

Diese Organisation ist meiner Ansicht nach auch deswegen wichtig, damit wir in Euro­pa nicht von den führenden Trägerraketennationen wie USA und Russland abhängig sind, sondern dass Europa hier auf eigenen Beinen steht.

Die „Ariane“ ist im wahrsten Sinne des Wortes eine Erfolgsgeschichte. Die Ausfallquote bei dieser Trägerrakete ist ausgesprochen gering, und sie ist so gut, dass auch von anderen immer wieder versucht wird, sie zu kopieren.

Damit hat Europa Unabhängigkeit erreicht, aber auch etwas, was ganz besonders bedeutend ist, nämlich dass es Forschung und Entwicklung auf diesem wegweisenden technologischen Gebiet in Europa gibt und weiterentwickelt wird, damit vor allem auch der Wirtschaftsstandort Österreich und Europa gesichert werden kann. Denn wir müs­sen uns dessen bewusst sein, dass heute sehr viele Länder in der Welt auch in der Raketentechnologie Fortschritte erzielt haben – ich darf in diesem Zusammenhang nur an die großen Krisenherde in Südostasien, Südwestasien erinnern, vor allem Iran, Afghanistan, Pakistan und Indien – und immer wieder versucht wird – in Pakistan etwas weniger –, hier entsprechende Technologie zu entwickeln, teilweise auch auszu­spionieren, um sie in diese Länder zu bringen und Trägerraketen im weitesten Sinne, die für verschiedene Dinge verwendet werden können, zu konstruieren und auch zu produzieren.

Österreich ist, wie gesagt, 20 Jahre bei dieser Organisation dabei, und der österreichi­sche Beitrag pro Jahr macht mindestens 14 Millionen € aus als Basisbeitrag – für jene, die noch in Schilling rechnen: ungefähr 200 Millionen Schilling –, und weiters beteiligt sich Österreich auch an den verschiedensten Programmen, sodass wir im Endeffekt pro Jahr 35 Millionen € – zirka 500 Millionen Schilling – der ESA zur Verfügung stellen. Von dieser Summe kommt immer wieder ein Teil nach Österreich zurück. Vor allem im Raum Graz wird sehr viel für die Weltraumtechnologie getan.

Abschließend möchte ich noch sagen, dass ich sehr erfreut bin, dass auch die Grünen diesem Protokoll zustimmen werden. Ich finde, das ist ein Signal in Richtung Nachhal­tigkeit und zeugt sicher auch von einem hohen Maß an Vernunft, denn wenn wir for­schen, können wir am besten versuchen, den Klimawandel vielleicht doch noch etwas zu bremsen.

Meine Fraktion stimmt diesem Protokoll in jeder Hinsicht mit Freude zu. – Ich danke. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Mitterer.)

11.15


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Schennach.

 


11.16.02

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Bundesminister Hahn! Sie sind zwar nicht ressortzuständig, aber wir haben uns darauf geeinigt, dass Sie heute hier sind.

Meine Damen und Herren! Österreich ist jetzt das letzte Mitgliedsland, das der Verlän­gerung zustimmt, nachdem wir bereits 2001 und 2006 zugestimmt haben. Und es macht ja durchaus Sinn, wie Herr Kollege Kühnel gesagt hat, nämlich primär im Hin­blick auf wirtschafts- und forschungspolitische Vorteile, die daraus erwachsen. Diese sind immanent und bringen sowohl für österreichische Forschungseinrichtungen – und insofern ist es ja gar nicht so unglücklich, dass Herr Bundesminister Hahn da ist, denn es geht ja auch um Forschungsfragen – Impulse, als auch für österreichische Unter­nehmen, die direkt an der Produktion der Rakete beteiligt sind.


BundesratStenographisches Protokoll750. Sitzung / Seite 46

Der Vertrag selbst ist ja bereits von zwei Dritteln der Mitgliedstaaten bestätigt worden, und es wird jetzt spannend sein, wie der Vertrag nach 2008 aussieht. Sie wissen, dass zwei neue Raketenstandorte oder zwei neue Produktionen hier kommen sollen, insbe­sondere die russische „Sojus“ und die von einigen ESA-Mitgliedstaaten produzierte „Vega“-Rakete. An beiden ist Österreich nicht beteiligt. Umso wichtiger ist es auch jetzt, dass Österreich hier bei der Verlängerung dabei war.

Aber, Herr Kollege Kühnel, wenn wir jetzt alle zustimmen – oder mehrheitlich, ich weiß das jetzt nicht –, sollten wir nur ganz kurz schon auch an eines denken: Es ist schön, dass Europa mit der Raketentechnik und mit der Forschung den internationalen Anschluss hat, aber das hat auch einen Preis. Das hat für die Bewohner von Franzö­sisch-Guyana den Preis, dass sie aufgrund des Weltraumhafens, des europäischen Weltraumhafens Kourou, nie ihre Eigenstaatlichkeit und ihre Eigenständigkeit erhalten werden, einerseits aufgrund von innerfranzösischen Diskussionen, aber andererseits braucht Europa für dieses Programm einen Standort in der Nähe des Äquators, um Ra­keten in die entsprechenden Umlaufbahnen zu schicken. Deshalb liegt der europäische Weltraumhafen, -flughafen – wenn man das vielleicht so bezeichnen will – Kourou in Französisch-Guyana, und damit bleibt der Status von Französisch-Guyana als einzi­gem Überseedépartement am Festland Lateinamerikas; ich glaube, man darf hier die Bezeichnung Kolonie, Noch-Kolonie, durchaus verwenden.

Wenn Europa mit der gesamten Weltraumtechnologie nach Kourou kommt, ja schon seit 1999 dort ist, stellt man sich natürlich auch die Frage: Warum schauen denn dann die sozialen Daten und Fakten für Französisch-Guyana so schlecht aus? Dort gibt es eine ständige Arbeitslosigkeit von über 20 Prozent. Dadurch, dass die Franzosen 1951 Gott sei Dank die Strafkolonie auf der Teufelsinsel geschlossen haben, kam es dazu, dass sich diese ehemaligen Strafgefangenen in Französisch-Guyana niedergelassen haben, was zu ungeheuren sozialen Problemen in der Bevölkerung führte. Frankreich hat sich dann einige Jahre später entschieden, diese furchtbaren sozialen Probleme insofern aus der Welt zu schaffen, als man die ehemaligen Häftlinge dann nach Frank­reich zurückgeholt hat. Man hat nur mehr die geisteskranken Häftlinge dort gelassen, die aufgrund der desolaten Verhältnisse in den französischen Gefängnissen auf Fran­zösisch-Guyana alle erbärmlich verstarben.

Ich erwähne das auch deswegen, weil modernste Technologien und Forschungen eben einen Preis haben, und diesen Preis müssen die Menschen von Französisch-Gu­yana bezahlen, und zwar mit ihrer Unabhängigkeit. Wir sind froh, dass dieses Pro­gramm weitergeht, aber man sollte vielleicht auch auf europäischer Seite überlegen, ob man für jene Profite und Erfolge, die wir durch dieses Weltraumprogramm und den Weltraumflughafen in Kourou haben, nicht doch auch diesem Land etwas zurückgeben sollten, damit dieses Land, in dem es heute durchgängig über 20 Prozent Arbeitslosig­keit gibt, das nicht die Möglichkeit hat, sich selbst zu versorgen, sondern zu mehr als zwei Dritteln auf Lebensmittelimporte angewiesen ist, zumindest einen gewissen Aus­gleich erhält.

Ich denke, das ist nicht nur eine moralische Verpflichtung, sondern das ist eine poli­tische Verpflichtung aller, die an dem ESA-Programm, das ein gutes Programm ist, teil­nehmen. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie des Bundesrates Mitterer.)

11.22


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile nun Herrn Bundesminister Dr. Hahn das Wort.

 


11.22.04

Bundesminister für Wissenschaft und Forschung Dr. Johannes Hahn: Herr Vor­sitzender! Meine Damen und Herren! In der Tat bin ich nicht ursächlich zuständig, habe


BundesratStenographisches Protokoll750. Sitzung / Seite 47

es aber gerne übernommen, die Frau Außenministerin beziehungsweise den Herrn Staatssekretär hier zu vertreten, auch deshalb – Kollege Schennach hat es schon an­gesprochen –, weil es Berührungspunkte gibt. Ich freue mich, dass alle dem Projekt zu­stimmen, und ich wollte einfach nur die Gelegenheit nutzen, weil ich das öffentlich noch nie sagen konnte oder sagen durfte: Auch Österreich wird demnächst, und zwar 2009, seinen ersten eigenständigen Satelliten in den Orbit schicken, ein schnuckeliges klei­nes Ding mit 12 Kilo. (Heiterkeit.)

Man muss klein beginnen, aber es wird der erste österreichische Satellit sein, den wir in den Orbit schicken können, und ich glaube, darauf können wir stolz sein. Das ist ein Produkt eines Instituts für Weltraumforschung der Akademie der Wissenschaften ge­meinsam mit der TU Graz, und deswegen heißt das Ding auch „TUGSAT-1“. (Bundes­rat Schennach: Ich hab’ mir schon gedacht, es heißt „Gio 1“! – Heiterkeit.) Das wäre eine interessante Weiterentwicklung, ich danke für die Anregung. (Heiterkeit.) – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Konecny.)

11.23


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen dazu nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Von der Berichterstattung wird kein Schlusswort gewünscht.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit, der Antrag ist angenommen.

11.24.10Mandatsverzicht und Angelobung

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Bevor wir in der Tagesordnung fortfahren, gebe ich be­kannt, dass soeben ein Schreiben des Wiener Landtages betreffend Mandatsverzicht beziehungsweise die Wahl von Mitgliedern des Bundesrates und ihrer Ersatzmitglieder eingelangt ist.

Hinsichtlich des Wortlautes dieses Schreibens verweise ich gemäß § 41 Abs. 1 der Ge­schäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte Mitteilung, die dem Stenographischen Protokoll der Sitzung angeschlossen wird.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

„Johann Hatzl

Erster Präsident

des Wiener Landtages

Herrn

Präsidenten des Bundesrates

Mag. Wolfgang Erlitz

Parlament

1017 Wien

                                                                                                                           Wien, 22. November 2007

05042-2007/0001-MDSALTG

Wahl von Mitgliedern und Ersatzmitgliedern des Bundesrates


BundesratStenographisches Protokoll750. Sitzung / Seite 48

Sehr geehrter Herr Präsident!

Das an 9. Stelle gereihte Mitglied des Bundesrates Peter Florianschütz und das an gleicher Stelle gereihte Ersatzmitglied Kurt Wagner haben ihr Mandat im Bundesrat am 21. November 2007 zurückgelegt.

Weiters haben das an 11. Stelle gereihte Mitglied des Bundesrates Gertraud Knoll und das an gleicher Stelle gereihte Ersatzmitglied Martina Malyar ihr Mandat im Bundesrat am 6. November 2007 zurückgelegt.

Auf Vorschlag der Sozialdemokratischen Fraktion des Wiener Landtages und Gemein­derates wurden in der Sitzung des Wiener Landtages vom 22. November 2007 als neues Mitglied für die 9. Stelle Wolfgang Beer und als an gleicher Stelle gereihtes Ersatzmitglied Kurt Wagner sowie als neues Mitglied für die 11. Stelle Josef Kalina und als an gleicher Stelle gereihtes Ersatzmitglied Martina Malyar gewählt.

Mit vorzüglicher Hochachtung

Johann Hatzl“

*****

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Die neuen Mitglieder des Bundesrates sind im Hause anwesend. Ich werde daher sogleich ihre Angelobung vornehmen.

Nach Verlesung der Gelöbnisformel durch die Frau Schriftführerin wird die Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“ zu leisten sein.

Ich bitte die Frau Schriftführerin um Verlesung der Gelöbnisformel.

 


11.24.11

Schriftführerin Sissy Roth-Halvax: „Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze sowie gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten.“

Über Namensaufruf durch die Schriftführerin Roth-Halvax leisten die Bundesräte Wolfgang Beer (SPÖ, Wien) und Josef Kalina (SPÖ, Wien) ihre Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich begrüße die neuen Mitglieder des Bundesrates recht herzlich in unserer Mitte und wünsche eine gute Zusammenarbeit und ein kolle­giales Zusammenwirken. (Allgemeiner Beifall. – Die Bundesräte der SPÖ-Fraktion be­geben sich der Reihe nach zu den soeben angelobten Kollegen und reichen diesen die Hand.)

11.26.095. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 7. November 2007 betreffend ein Bundesge­setz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird (228 d.B. und 316 d.B. sowie 7791/BR d.B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen nun zum 5. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Fröhlich.

 


11.26.35

Berichterstatterin Christine Fröhlich: Der Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend über den Beschluss des Nationalrates vom 7. November 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird, liegt Ihnen in schriftlicher Form vor. Ich komme daher sogleich zum Antrag:


BundesratStenographisches Protokoll750. Sitzung / Seite 49

Der Ausschuss für Familie und Jugend stellt nach Beratung der Vorlage am 20. No­vember 2007 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Erste Rednerin ist Frau Bundesrätin Mosbacher.

 


11.27.17

Bundesrätin Maria Mosbacher (SPÖ, Steiermark): Geschätzter Herr Präsident! Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! In der Novelle des Familienlastenaus­gleichsgesetzes wird die Familienbeihilfe durch eine Erhöhung der Geschwisterstaffe­lung für das dritte Kind auf 35 € sowie für das vierte und jedes weitere Kind auf 50 € zusätzlich angehoben, und es kommt zu einer Anhebung der jährlichen Einkommens­grenze beim Mehrkindzuschlag auf 55 000 € im Jahr.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Das ist unbestritten ein ganz wichtiger Schritt, weil zahlreiche Studien nachweisen, dass Familien mit mehreren Kindern zu den am meisten armutsgefährdeten Gruppen in unserem Land gehören.

Hinzufügen möchte ich aber auch, dass nicht nur Familien mit mehreren Kindern ar­mutsgefährdet sind, es sind dies auch Alleinerziehende, und hier vor allem die Frauen, wie Studien das belegen.

Es muss auch gesagt werden, dass nicht nur die Anzahl der Kinder für Armutsgefähr­dung ausschlaggebend ist, sondern es ist auch das Familieneinkommen. Und selbst­verständlich sind Familien mit mehreren Kindern und nur einem Einkommen diejeni­gen, die besonders gefährdet sind.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Anhebung der Familienbeihilfe ist ein wichtiger Schritt im Sinne der Armutsbekämpfung, aber es müssen noch weitere Schritte folgen. Mindestens gleich wichtig und langfristig ökonomisch sinnvoll ist es, für Frauen Wahlmöglichkeiten zu schaffen, also Rahmenbedingungen herzustellen, um jenen, die es wollen, die Erwerbstätigkeit zu ermöglichen.

Ein weiteres Muss ist der Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen. Hier gibt es unbestrit­ten Nachholbedarf. Aber durch die beschlossene Kindergartenoffensive und durch die zusätzlich zur Verfügung gestellten Finanzmittel kommt nun doch Bewegung in diese Sache. Internationale Erfahrungen zeigen, dass ein besseres Angebot an Kinderbe­treuungseinrichtungen eine höhere Zahl an erwerbstätigen Frauen bedeutet.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Es ist auch erfreulich, dass in dieser Novelle auch die Zuverdienstgrenze für volljährige Kinder, für die Familienbeihilfe gewährt wird, um 275 € auf nunmehr 9 000 € im Jahr angehoben wird.

Ebenfalls erfreulich ist, dass arbeitsuchende Jugendliche, für die Familienbeihilfe bezo­gen wird, die Möglichkeit erhalten, Einkünfte zu beziehen, die monatlich unter der Ge­ringfügigkeitsgrenze des ASVG liegen, ohne den Anspruch auf Familienbeihilfe zu ver­lieren.

Insgesamt sind diese Maßnahmen neben dem Kinderbetreuungsgeld-neu und der Kin­derbetreuungsoffensive weitere familienpolitische Bausteine, die dazu beitragen sollen, Österreich kinderfreundlicher zu machen.

Es tut mir leid, dass die Frau Minister nicht hier ist, ich wollte ihr etwas mit auf den Weg geben, und zwar: Es wurde dieser Punkt im Familienausschuss des Nationalrates be­sprochen, und ich glaube, es wurde auch von ihrer Seite angekündigt, dass als nächs­ter Schritt die Familienbeihilfe für Familien mit behinderten Kindern zu erhöhen ist. Ich


BundesratStenographisches Protokoll750. Sitzung / Seite 50

wollte sie bitten, dass sie darauf nicht vergisst, denn diese Familien bedürfen unseres besonderen Schutzes.

Werte Kolleginnen und Kollegen! Meine Fraktion wird dieser Novelle ihre Zustimmung geben. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten von ÖVP und Grü­nen.)

11.31


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Roth-Halvax.

 


11.31.30

Bundesrätin Sissy Roth-Halvax (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzter Herr Präsi­dent! Herr Minister! Wesentliches Kriterium jeglicher politischer Entscheidung muss die Nachhaltigkeit sein, und es freut mich, dass diese mit dieser Gesetzesnovelle gegeben ist und wir ihr alle zustimmen können.

Die Anhebung der Familienbeihilfe für kinderreiche Familien ist neben der Flexibilisie­rung des Kinderbetreuungsgeldes und der Vereinbarung mit den Bundesländern über die Ausweitung der Kinderbetreuungsplätze bereits die dritte positive Maßnahme für ein exzellentes Familienpaket, das uns in unserem Bekenntnis zur Förderung der Fa­milien und der Familienfreundlichkeit an die vorderste Stelle im europäischen Ranking stellt.

Ich betrachte es als unsere vordringliche Aufgabe, Mehrkindfamilien zu unterstützen und ihnen nicht nur finanziell, sondern auch moralisch unter die Arme zu greifen.

Auch die Erhöhung der Einkommensgrenze für den Erhalt des Mehrkinderzuschlages und die Anhebung der Zuverdienstmöglichkeit für Studierende auf 9 000 € per anno sind wichtige Punkte zur Förderung der Familien.

Dieses Maßnahmenbündel ist, wie jegliche unterstützende Maßnahme, natürlich adap­tierbar, keine Frage. Es freut mich jedenfalls, dass wir – bedauerlicherweise selten ge­nug – über Parteigrenzen hinweg unser Bekenntnis zum Kind, zur Familie und im Be­sonderen damit auch die Wertschätzung für die Leistung von Mehrkindfamilien zum Ausdruck bringen.

Es ist mir aber auch wichtig, hier zu deponieren und ein Bekenntnis dafür abzulegen, dass es nicht nur darum geht, Mut zum Kind zu machen mit der Unterstützung der Familie, der Unterstützung vor allem der Mehrkindfamilie, sondern dass es genauso unsere Verpflichtung sein muss, unsere Eltern, Großeltern auf dem letzten Stück ihres Weges zu begleiten und ihnen eine menschenwürdige Pflege zu gewährleisten. Wir wissen alle sehr genau, dass diese Problematik mit den gesellschaftspolitischen Ver­änderungen zu tun hat, die im letzten Jahrzehnt Platz gegriffen haben, in Richtung Auf­lösung der Familienstrukturen.

Nichtsdestotrotz sind das Dinge, die wir zur Kenntnis zu nehmen haben, die wir als ver­antwortungsvolle Parlamentarier genau beobachten und wo wir entsprechende Maß­nahmen setzen müssen. Es freut mich, dass das Bekenntnis zur Mehrkindfamilie gege­ben ist, aber im selben Maße müssen wir auch darauf schauen, unsere ältere Genera­tion bestmöglich auf dem letzten Stück ihres Lebensweges zu begleiten.

Ich möchte auch den Kollegen Beer und Kalina, die soeben angelobt wurden, alles Gute und viel Erfolg im Bundesrat wünschen, bedaure aber, hier deponieren zu müs­sen, dass damit die Frauenquote wieder gesenkt wurde. – Danke schön. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.)

11.34


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Kerschbaum.

 



BundesratStenographisches Protokoll750. Sitzung / Seite 51

11.34.42

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Frau Kollegin! Wie man sieht bei der Familiendebatte, sind wir mit der Frauenquote nach wie vor noch immer zu hundert Prozent vertreten. (Zwischenbemerkung von Schriftführerin Roth-Halvax.) – Ja, es ist die Frage, ob das immer so erstrebenswert ist.

Auch wir werden dieser Gesetzesnovelle zustimmen, auch wir sind froh, dass es eine Erhöhung der Mehrkinderstaffelung gibt. Wobei ich auch der Kollegin Mosbacher hier recht geben muss: Armutsbekämpfung sollte in erster Linie auf infrastrukturellem Weg passieren, sprich: nicht unbedingt nur über Förderungen, sondern auch über die Infra­struktur, dass das Leben mit mehr als zwei Kindern leichter möglich wird. Ich denke, das ist ein Anspruch, den man haben sollte – und den hat man noch nicht überall in Österreich.

Es gibt einige Punkte, die uns hier leider fehlen, aber wir werden, wie gesagt, trotzdem zustimmen. Ich würde bitten, dass man sich über folgenden Punkt einmal den Kopf zerbricht; vielleicht können Sie mir sagen, ob und wann diese Punkte umgesetzt wer­den könnten: Das UNHCR hat in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf angeregt beziehungsweise eigentlich gefordert, dass auch die Familienbeihilfenregelung für sub­sidiär Schutzberechtigte geändert werden sollte, denn subsidiär Schutzberechtigte be­kommen derzeit nur Familienbeihilfe, wenn sie auch erwerbstätig sind. Das heißt, wenn sie in die Grundversorgung fallen oder wenn sie Krankengeld beziehen, dann fällt die Familienbeihilfe weg. Bei Asylberechtigten ist das nicht so. Es müsste hier also eine Gleichstellung geben. Wie gesagt, das UNHCR hat das bekrittelt, und auch die EU hat eine Richtlinie erlassen, die hier eigentlich eine Änderung erfordern würde.

Ein weiterer Punkt ist die Familienbeihilfe für Eltern, deren Kinder gerade ein soziales Jahr absolvieren. Hier gibt es eine Übergangslösung, und es wäre schön, wenn diese Übergangslösung irgendwann einmal auch zu einer gesetzlichen Regelung werden könnte. Und – auch das hat Frau Kollegin Mosbacher schon gesagt –: Für erheblich behinderte Kinder wäre auch eine Anhebung der Familienbeihilfe dringend notwendig.

Familien mit mehr als drei Kindern sind überdurchschnittlich armutsgefährdet. Es wur­de schon gesagt, es sind nicht nur Familien mit drei oder mehr Kindern armutsgefähr­det, sondern auch Alleinerzieherinnen. Vielleicht kann man sich da auch irgendwann einmal Gedanken machen, wie man hier bessere Regelungen schaffen könnte. Wie gesagt, bei der Familienbeihilfe anzusetzen ist ja nicht die einzige mögliche Maßnah­me, um Armutsgefährdung abzuwenden. Ich denke, in diesem Bereich ist noch einiges zu tun. (Beifall bei den Grünen.)

11.37


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Mühlwerth.

 


11.37.50

Bundesrätin Monika Mühlwerth (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Dass mit der Regierungsvorlage die Erhöhung der Geschwisterstaffel vorgenommen wird, das heißt ab dem dritten Kind die Familienbeihilfe erhöht wird, ist durchaus zu begrü­ßen. Ebenso zu begrüßen ist die Anhebung der Einkommensgrenze und auch die An­hebung der Zuverdienstgrenze der Studierenden.

Auch wenn das so erfreulich ist, denke ich aber doch – die Opposition hat immer Wün­sche, das wissen wir, und Sie wissen das als Minister natürlich im Besonderen –, dass es in dem Fall schon nötig wäre, eine Erhöhung ab dem zweiten Kind vorzunehmen, die in Österreich nicht ein so gewaltiges Finanzloch reißen würde. Bei einer Geburten­rate von 1,2 Kindern pro Frau ist es durchaus gerechtfertigt, hier eine Erhöhung vorzu-


BundesratStenographisches Protokoll750. Sitzung / Seite 52

nehmen, um die einheimischen Familien zu stärken. Das ist uns Freiheitlichen ja immer ein großes Anliegen gewesen.

Es haben ja meine Vorrednerinnen schon gesagt, die Armutsgefährdung ist in Öster­reich bei Familien mit Kindern besonders groß, nicht nur in Österreich, in Europa über­haupt, aber in Österreich ganz besonders, und diese setzt oft schon ab dem zweiten Kind ein. Da rutscht man schon unter das, was man allgemeinen Wohlstand nennt, zumindest ist man sehr davon betroffen. Daher denke ich, eine Erhöhung der Familien­beihilfe ab dem zweiten Kind wäre durchaus zu argumentieren.

Was leider vergessen worden ist, und auch das wurde schon angesprochen: dass es eine Erhöhung der Familienbeihilfe für jene Familien gibt, die ein erheblich behindertes Kind zu versorgen haben. Gerade diese Familien leiden besonders unter diversen Er­höhungen der vergangenen Jahre: Strom, Müllabfuhr, Betriebskosten, Mieten, aber auch unter erhöhten Kosten für Therapie und Diätmittel. Ich denke, man sollte den Fa­milien, die mit einem behinderten Kind nicht nur ein finanzielles, sondern auch ein psy­chisches Problem haben, sehr wohl unter die Arme greifen.

Ich habe zwar gehört, dass die Frau Minister schon darüber nachdenkt, nachdem es da offensichtlich einen Allparteienkonsens gibt, in diesem Punkt tätig zu werden, aber leider wird das erst nächstes Jahr passieren, und ich meine: Nur wer schnell hilft, hilft doppelt!

Ein weiterer Kritikpunkt ist der Leistungsnachweis für Studierende. Ich bin durchaus für einen Leistungsnachweis. Das soll schon so sein. Der hat aber bis jetzt 8 Semester-Wochenstunden betragen und wird jetzt mit einem Faktor 1 : 2 in die ECTS umgewan­delt. Daran hat es in der Begutachtung auch schon Kritik der Universitäten gegeben, die gesagt haben, dass das vor allem bei technischen Studien eine Ungerechtigkeit ist.

Es tut mir leid, dass darauf in keiner Weise eingegangen worden ist. Ich denke, man sollte hier schon Bedacht darauf nehmen, dass es unterschiedliche Studien gibt, die unterschiedlich zu gewichten sind, und dass man mit den Punkten natürlich genauso verfahren könnte. Ich bedauere sehr, dass hier ähnlich wie schon in der Debatte um die Gesamtschule Gleichmacherei um sich greift und einfach alles über einen Kamm geschoren wird.

Aus meiner Sicht wäre es dringend angeraten, die ECTS-Punkte bei den – Grüß Gott, Frau Minister! – verschiedenen Studien, auch was die Familienbeihilfe anbelangt, zu berücksichtigen, und es wäre natürlich ganz dringend nötig, den Familien mit behinder­ten Kindern zusätzlich unter die Arme zu greifen. (Zwischenbemerkung von Bundes­ministerin Dr. Kdolsky.) – Ja, aber leider zu spät. Das hätte man ja jetzt schon machen können.

Trotz allem werde ich dieser Vorlage zustimmen.

11.41


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Diesner-Wais.

 


11.41.54

Bundesrätin Martina Diesner-Wais (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Prä­sident! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren im Bundesrat! Wenn wir heute eine Novelle zum Kinderbetreuungsgeld beschließen, so können wir auf fünf Jahre Erfolgsgeschichte zurückblicken. Wenn wir die Anzahl der BezieherIn­nen betrachten, die sich in den fünf Jahren von 78 000 auf 170 000 verdoppelt hat, so ist das wirklich eine gute Sache. Eine gute Sache ist natürlich, dass jetzt alle mit einbezogen sind, egal, ob es SchülerInnen, ArbeitnehmerInnen, UnternehmerInnen, BäuerInnen oder Hausfrauen sind. Sie alle haben die Möglichkeit, an diesem Erfolgs­modell teilzunehmen.


BundesratStenographisches Protokoll750. Sitzung / Seite 53

Wir begnügen uns aber nicht mit diesem Gesetz, sondern es muss laufend Verbesse­rungen und Weiterentwicklungen geben, damit wir Österreich zum familienfreundlichs­ten Land machen.

Oberster Grundsatz ist, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ständig zu verbessern und auszubauen. Wichtig ist auch, dass die Familie stets Wahlmöglichkeiten hat, und das ist in diesem Gesetz speziell verankert worden. Bei der Bezugsdauer stehen jetzt drei Möglichkeiten zur Auswahl: 36, 24 und 18 Monate.

Wie schon angesprochen, wurde die Zuverdienstgrenze von 14 600 € auf 16 200 € er­höht. Zusammen mit der Erhöhung der Zuverdienstgrenze beim Zuschuss auf 16 200 € kommt es hier gegenüber der bisherigen Regelung sogar zu einer Verdreifachung. Das kommt speziell alleinerziehenden Müttern und auch Vätern zugute.

Ein wichtiger Punkt in diesem Gesetz ist auch die Einschleifregelung, denn damit wird auf die individuellen Bedürfnisse Rücksicht genommen und auch den verschiedenen Berufssparten entsprochen. Sie besagt, dass künftig bei Überschreitungen der Zuver­dienstgrenze nur der Überschreitungsbetrag zurückbezahlt werden muss.

Von meinen Vorrednerinnen ist angesprochen worden, dass gerade Familien mit be­hinderten Kindern eine Erhöhung der Familienbeihilfe erhalten sollten. Unsere Bundes­ministerin hat schon gesagt, dass dies der nächste Schritt sein wird und dass sie sich Gedanken darüber macht.

Als Abgeordnete aus dem ländlichen Raum freut mich besonders, dass bei den 15a-Vereinbarungen in Zukunft auch die Unterstützung von Tagesmüttern berücksichtigt wird. Gerade die Tagesmütter gehen in der Kinderbetreuung individuell auf jedes ein­zelne Kind ein, und das ist natürlich eine wichtige Sache.

Unser Herr Vizekanzler Wilhelm Molterer hat in der „Pressestunde“ bereits angeschnit­ten, dass ab dem Jahr 2008 auch die Mehrkindfamilien mit höherer Familienbeihilfe un­terstützt werden und dass die Gebühren bei der Geburt abzuschaffen sind. Dabei handelt es sich immerhin um 130 € pro Kind. Das wurde gestern im Ministerrat bereits beschlossen. Das ist eine gute Sache, denn so erhalten die Kinder einen sorgenfreien Start ins Familienleben.

Stolz sind wir natürlich auch, dass wir in Niederösterreich für den Titel „Familienland“ noch ein bisschen mehr machen – wenn ich das kurz aufzählen darf –: Vormittags ist bei uns der Kindergarten gratis. Die Kinder können jetzt schon ab zweieinhalb Jahren in den Kindergarten gehen. Es gibt Nachmittagsbetreuung im Kindergarten und in den Schulen und eine Schulstarthilfe von 100 €.

Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird also in Niederösterreich, aber in Österreich generell sehr wichtig genommen. Darum machen wir den jungen Paaren mit diesem Gesetz wieder mehr Mut zu Kindern, um mit den Kindern ein Stück weiter in die Zu­kunft zu blicken. (Beifall bei der ÖVP.)

11.46


Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Ebenfalls nicht.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Hand­zeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist angenommen.


BundesratStenographisches Protokoll750. Sitzung / Seite 54

11.47.056. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 7. November 2007 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung der Gesellschaft „Fami­lie & Beruf Management GmbH“ geändert wird (227 d.B. und 315 d.B. sowie 7792/BR d.B.)

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Wir kommen zum 6. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatterin ist Frau Bundesrätin Mag. Eibinger.

 


11.47.15

Berichterstatterin MMag. Barbara Eibinger: Bericht des Ausschusses für Familie und Jugend über den Beschluss des Nationalrates vom 7. November 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Errichtung der Gesellschaft „Familie & Beruf Management GmbH“ geändert wird. Der Bericht liegt schriftlich vor.

Der Ausschuss für Familie und Jugend stellt nach Beratung der Vorlage am 20. No­vember 2007 mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Bundesrat Breiner.

 


11.47.48

Bundesrat Franz Breiner (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Als die „Familie & Beruf Management GmbH“ vor zwei Jahren gegründet wurde, war die Skepsis der Opposi­tion sehr groß. Diese Skepsis ist berechtigt.

Erinnern wir uns, welche Argumente die damalige Bundesministerin Haubner ins Tref­fen geführt hat. Auf sachpolitischer Ebene gab es überhaupt keine Darlegungen, die diese Ausgliederung gerechtfertigt hätten. Stattdessen hörten wir von der Bundesregie­rung, der zuständigen Bundesministerin sehr nett gemeinte Phrasen wie etwa: Die Effi­zienz soll gesteigert werden. Es soll zu einer besseren Kunden- und Kostenorientie­rung kommen. Die Wirtschaft soll mit eingebunden werden. (Bundesrat Ager: Das sind aber wichtige Dinge!)

Meine Damen und Herren! Kann ein Ministerium nicht effizient arbeiten? Hat es bis da­hin keine Zusammenarbeit mit Vertreterinnen und Vertretern der österreichischen Wirt­schaft gegeben? Hat sich das Ministerium nicht um die Kunden und Kundinnen küm­mern können? Ist das Ministerium nicht imstande, kostenorientiert zu arbeiten? (Bun­desrat Mayer: Jetzt schon! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich bin froh, dass Sie von der ÖVP hier durchwegs meiner Meinung sind, denn ich kann mich noch erinnern, dass die ÖVP in der Regierung gewesen ist, die dies be­schlossen hat. Ich glaube sogar, sie hatte damals die Mehrheit.

Die ÖVP wie auch das BZÖ haben mit der Auslagerung dieser Kernkompetenzen prak­tisch zugegeben, dass sie eine verbesserte Vereinbarkeit von Familie und Beruf nicht bewerkstelligen können. Heute scheint das, Ihrer Aussage nach, anders zu sein. Wir Grünen finden, dass die Kernkompetenz der Politik nicht einfach von ausgegliederten Institutionen umgesetzt werden kann und soll. Wir halten diese Lösung für eine frag­würdige Konstruktion. Auch die angestrebten Verbesserungen werden daran eigentlich nichts ändern. Sie machen aus einer Chimäre halt eine ein bisschen schönere Chi­märe. Man kontrolliert mehr, aber das ändert nichts an der Tatsache der Sinnlosigkeit dieser GmbH.


BundesratStenographisches Protokoll750. Sitzung / Seite 55

Es gibt unserer Meinung nach wesentlich bessere Möglichkeiten, diese Finanzmittel sinnvoller einzusetzen. Mit den 500 000 €, die jährlich für den administrativen Bereich angesetzt sind, könnte man zahlreiche Lösungen herbeiführen, wie etwa die Verbes­serung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie den weiteren Ausbau und die finanzielle Absicherung der Kinderbetreuung. Man könnte damit auch das Bildungssys­tem familienfreundlicher gestalten. Kluge Finanzmodelle könnten mehr Männer für die Kinderbetreuung begeistern. Auch generationenübergreifende Vorsorgemodelle könnte man aufbauen. Also es ist da allerhand an Kreativität möglich. Und für all diese Lösun­gen sind wir offen, und wir sind gerne bereit, diesen auch zuzustimmen.

Meine Damen und Herren! Die Österreicher und Österreicherinnen haben uns gewählt, damit wir gute Lösungen finden. Die Gründung der Gesellschaft „Familie & Beruf Management GmbH“ ist eine sehr schlechte Lösung, von ihrem Ansatz her eine voll­kommen verfehlte Reaktion auf die Situation der Familien in unserem Lande. Für uns war und ist die Einrichtung dieser GmbH ein falsches politisches Signal. Sie ist schlichtweg hinausgeschmissenes Geld ersten Grades und auch durch eine Novellie­rung nicht zu retten. Frau Ministerin, lösen Sie sie auf! (Beifall bei den Grünen.)

11.52


Vizepräsident Jürgen Weiss: Als Nächster erteile ich Frau Bundesrätin Kemperle das Wort.

 


11.52.22

Bundesrätin Monika Kemperle (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Frau Ministerin! Ge­schätzte Damen und Herren des Bundesrates! Der vorliegende Gesetzentwurf betref­fend das Bundesgesetz über die Errichtung der Gesellschaft „Familie & Beruf Manage­ment GmbH“ soll klarstellen, dass die Agenden dieser Gesellschaft nunmehr in die Kompetenz des Bundesministeriums für Gesundheit, Familie und Jugend fallen sollen. Sichtbar wird diese Zuständigkeit durch die Eingliederung des Standortes dieser Ge­sellschaft in das Haus des Bundesministeriums für Gesundheit, Familie und Jugend. Das Bundesministerium für Soziales und Konsumentenschutz und das Bundesministe­rium für Wirtschaft und Arbeit erhalten ebenso wie der Bereich Frauenangelegenheiten im Bundeskanzleramt ein Mandat im Aufsichtsrat. Es bleibt bei dieser Konstruktion nunmehr zu hoffen, dass mit diesem Formalakt mehr Transparenz in diese GmbH ein­kehrt und es mit der Neubesetzung der Aufsichtsratspositionen endlich auch zu einer Kontrolle der Vergabe der Fördermittel kommt und auch eine Transparenz der inhalt­lichen Schwerpunkte und Ziele hergestellt wird.

Auch wenn wir seitens der SPÖ-Fraktion unsere Zustimmung zu diesem Formalakt ge­ben, sind wir nach wie vor der Überzeugung, dass diese Agentur entbehrlich ist und es besser wäre, dieselbe aufzulösen und ihre Agenden in das Ministerium für Gesundheit, Familie und Jugend einzugliedern. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

11.54


Vizepräsident Jürgen Weiss: Als Nächstem erteile ich Herrn Bundesrat Mayer das Wort.

 


11.54.15

Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Herr Präsident! Frau Ministerin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wie die Frau Kollegin Kemperle bereits ausgeführt hat, beschließen wir mit dieser Bundesministeriengesetz-Novelle eine Verschiebung der Kompetenzen vom Bundesministerium für Soziales in das Ministerium für Gesund­heit, Familie und Jugend – an und für sich ein Formalakt, was man nicht noch einmal zu erwähnen braucht, weil die Kompetenzen eben dorthin gehören. Damit verbunden ist auch eine wichtige Änderung für das Gesundheitsministerium im Aufsichtsrat. – So weit, so gut.


BundesratStenographisches Protokoll750. Sitzung / Seite 56

Die Dramatik dieser Vorlage würde sich ja in Grenzen halten, wenn wir hier nicht vor zirka zwei Jahren eine zum Teil wirklich wilde Debatte über diesen Tagesordnungs­punkt gehabt hätten, wo auch Einspruch gegen die Errichtung der Gesellschaft „Fami­lie & Beruf Management GmbH“ erhoben wurde.

Herr Kollege Breiner, es gab damals auch von unserer Seite, von Seiten der Vorarlber­ger Bundesräte, Einigkeit bei diesem Einspruch, indem wir über die Fraktionsgrenzen hinaus in Erfüllung unserer Pflicht als Vertreter des Landes Vorarlberg gegen diese Vorlage gestimmt haben. Das Land Vorarlberg hat unter anderem eingewendet, dass kein Begutachtungsverfahren durchgeführt wurde, hat die hohen administrativen Kos­ten kritisiert und zudem vorgeschlagen, dass für den Fall, dass konkrete Maßnahmen zur Förderung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie wirksam werden sollen, diese auf regional unterschiedliche Bedarfslagen auszurichten beziehungsweise die jewei­ligen Ausgangsbedingungen zu berücksichtigen sind. – Das war jetzt ein kurzer ge­schichtlicher Rückblick über die Gründungsszenarien dieser unglücklichen Gesell­schaft.

Befremdend wirkt in diesem Zusammenhang eine Aussage oder, besser gesagt, ein Zwischenruf des früheren Staatssekretärs Sigisbert Dolinschek in der Debatte über den gegenständlichen Tagesordnungspunkt im Nationalrat. Dieser hat sich nämlich erlaubt, bei der Rede von Nationalrat Karl Öllinger – ich zitiere hier bewusst einen Grünen – einen blamablen Zwischenruf zu machen, und er hat damit auch den Bundesrat herab­gewürdigt.

Ich darf mit Erlaubnis des Präsidenten aus dem Stenographischen Protokoll der Natio­nalratssitzung vom 7. November 2007 die betreffende Passage zitieren:

Abgeordneter Karl Öllinger: „Der Bundesrat und – dankenswerterweise – damals einige ÖVP-Bundesräte haben die Einrichtung dieser Gesellschaft gemeinsam mit uns heftig kritisiert. (Abg. Dolinschek: Die haben sich nicht ausgekannt!)“ – Zitatende.

Diese Aussage kam ausgerechnet von Altstaatssekretär Dolinschek, der im Bundes-
rat öfters in beispielloser Ahnungslosigkeit argumentierte und hier – ich bin geneigt
zu sagen – klägliche Auftritte hatte. (Beifall bei SPÖ und Grünen sowie des Bundes­rates Mag. Himmer.)

Uns ist neben anderen fachlichen Fallrückziehern die Behauptung noch gut in Erinne­rung, dass man die Pensionserhöhungen in den letzten Jahren immer über der Inflati­onsrate beschlossen hätte. Herr Kollege Schimböck kann sich auch daran erinnern, denn er hat damals der Ministerin Haubner diesbezüglich eine tatsächliche Berichti­gung sozusagen umgehängt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei so viel geistiger Fülle fällt mir eigentlich nur noch der Bibelspruch ein: Selig die Armen im Geiste, denn ihrer ist das Himmelreich!

Wir werden dieser Gesetzesvorlage im Bewusstsein dessen, dass seit dem Zeitpunkt, zu dem unsere Bundesministerin Andrea Kdolsky die Zuständigkeit übernommen hat, bereits wesentliche Verbesserungen stattgefunden haben, zustimmen. So wurde diese Gesellschaft, von der eigentlich das Parlament nicht so richtig weiß, was sie macht, weil es keine Tätigkeitsberichte von ihrer Seite gibt, räumlich im Ministerium angesie­delt.

Übrigens: Tätigkeitsberichte von dieser Gesellschaft werden, wie im Ausschuss infor­miert, jetzt angefordert. Also es soll in Zukunft tatsächlich Tätigkeitsberichte von Seiten dieser Gesellschaft geben.

Die Frau Ministerin Kdolsky hat auch ihre Absicht kundgetan, diese Gesellschaft in das Familienministerium einzugliedern. Derzeit sprechen allerdings arbeitsrechtliche Ver-


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träge dagegen beziehungsweise gegen eine sofortige Auflösung dieser Gesellschaft. Wir sind außerdem gewohnt, Verträge einzuhalten, auch wenn es schmerzt.

Sehr verehrte Damen und Herren! Für uns ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie von großer Bedeutung, deshalb müssen auch die dafür notwendigen Rahmenbedin­gungen und auch die dafür erforderlichen Begleitmaßnahmen stimmen. Wir sind voller Zuversicht, dass unsere Frau Ministerin – ausgestattet mit den entsprechenden Kom­petenzen – dann, so wie Sie es eingefordert haben, Herr Kollege Breiner, auch sinnvoll mit den Mitteln umgehen wird. Dafür kann ich bei der Frau Ministerin Kdolsky garantie­ren; aber sie wird ja dann noch selber dazu Stellung nehmen.

Frau Ministerin Kdolsky wird sicher in absehbarer Zeit eine zufriedenstellende Lösung herbeiführen. In diesem Sinne werden wir dieser Vorlage unsere Zustimmung geben. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

11.59


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile nun Frau Bundesministerin Dr. Kdolsky das Wort.

 


11.59.10

Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend Dr. Andrea Kdolsky: Herr Präsident! Sehr geehrte Bundesrätinnen und Bundesräte! Hohes Haus! Lassen Sie mich zunächst zur Novelle zum Familienlastenausgleichsgesetz ein paar Worte sagen. Es freut mich ganz besonders, dass diese Novelle hier heute nun auch dieses Haus, den Bundesrat, passiert hat, da es letztendlich nach der Flexibilisierung des Kinderbe­treuungsgeldes ein weiterer Schritt ist, der dazu dient, positive Ebenen für die Familien in Österreich einzuziehen. Denn: Mit der Geschwisterstaffelung bei der Familienbeihilfe und der Erhöhung der Einkommensgrenze beim Mehrkindzuschlag werden vor allem kinderreiche Familien unterstützt, und zwar ab 2008 mit insgesamt 35,4 Millionen € zusätzlich. Ich glaube, damit kommen wir in dieser Regierung gemeinsam einen Schritt näher dem Ziel, wo wir sagen können: Damit dokumentieren wir, dass uns nicht nur die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, sondern auch die finanzielle Absicherung von Mehrkindfamilien ein wichtiges Anliegen ist!

Die demographischen Daten, die sinkenden Geburtenzahlen in Österreich sind für uns etwas, wo wir sagen: Dagegen müssen wir ankämpfen! Auch das Gesundheitssystem lebt letztendlich davon, dass wir die Familien entsprechend stärken und dazu beitra­gen, dass Familien ja zu Kindern und auch ja zu mehr als einem Kind sagen. (Vize­präsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Mit diesen 35,4 Millionen € ist ein großer Schritt gelungen, der dazu beiträgt, dass das Leben in Mehrkindfamilien lebenswerter wird. Ich betone immer wieder an dieser Stel­le, dass das Wohl der Kinder im Vordergrund stehen muss, wenn wir über Familienpoli­tik sprechen. Es wird nunmehr um 25 Millionen € mehr an Familienbeihilfe ausgeschüt­tet, und von dieser Ausschüttung profitieren insgesamt 170 000 Kinder in Österreich.

Weiters wird die jährliche Einkommensgrenze beim Mehrkindzuschlag um 10 000 € an­gehoben. Damit wird eine Verbesserung für 22 000 Kinder erzielt. Das sind nochmals 9,6 Millionen € mehr.

Insgesamt gibt es also 35,4 Millionen € mehr für die Familien, was, wie ich meine, ne­ben der Schaffung von Kinderbetreuungsplätzen im Wege einer Artikel 15a-Vereinba­rung einen weiteren großen Schritt darstellt. Wir haben damit etwas geleistet, was für die Familien in Österreich ganz, ganz wesentlich ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Es ist gar keine Frage, dass unser großer Dank jenen Familien in dieser Gesellschaft gelten muss und soll, die sich um behinderte Kinder besonders kümmern. Ich verweise darauf, dass wir im Jahr 2008 planen, nach der letzten Erhöhung, die gerade erst er-


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reicht worden ist, neuerlich eine Erhöhung der Unterstützung anzustreben. Durch die jetzige Erhöhung profitieren ja auch Familien mit behinderten Kindern. Gerade in den Bereich behinderter Kinder – denken Sie etwa an die Ausstattung mit speziellen Bü­chern für sehbehinderte Kinder – geben wir sehr, sehr viele zusätzliche Gelder. Ich kann Ihnen auch garantieren, dass das 2008 ein nächster Punkt sein wird, den wir in Angriff nehmen, so wie wir auch alles, was wir bisher versprochen haben, umgesetzt und jetzt in diesem Paket beschlossen haben.

Zum Thema „Familie & Beruf Management GmbH“: Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass Ministerien nicht einfach nur als Ministerium dastehen, sondern sehr hervorra­gend funktionierende Organisationseinheiten mit ausgezeichneten Expertinnen und Ex­perten sind. Ich sehe auch tagtäglich in meinem Ressort, das einen sehr breiten The­menbereich umfasst, dass die Qualität dieser Expertinnen und Experten ermöglicht, dass man Kooperationen, Zusammenarbeit mit der Wirtschaft, Management-Qualifika­tionen und entsprechende Umsetzung von Zielen gewährleisten kann.

Ich habe hohes Vertrauen in die Qualität der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Mi­nisteriums. Daher ist es auch mein erklärtes Ziel, diese „Familie & Beruf Manage­ment GmbH“ wieder in das Ministerium rückzuführen, denn es ist für mich ganz klar, dass das eine Kompetenz und eine Aufgabe der zuständigen Fachexperten ist, die in diesem Ministerium in hoher Anzahl zur Verfügung stehen. Ich bin zutiefst davon über­zeugt, dass wir damit in die richtige Richtung gehen.

Tatsache ist jedoch, und das wurde mehrfach erwähnt, dass wir mit dieser jetzt vorlie­genden Gesetzesmaterie nichts anderes beschließen als die Überführung der Kompe­tenz, ein wesentlicher Schritt allerdings, um uns überhaupt in die Lage zu versetzen, hier Veränderungen anzustreben.

Wir haben aber auch bereits Veränderungen vorgenommen, indem wir erstmalig ent­sprechende Arbeitsüberprüfungen durchgeführt haben. Wir haben auch Zeittabellen vorgelegt. Wir haben die bisher dort tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in das Mi­nisterium eingegliedert, um die zukünftigen Vorhaben auch mit anderen Fachexperten entsprechend abstimmen und in einer übergreifenden Aktivität schon gemeinsam an diesen Dingen arbeiten zu können.

Wir haben hier auch einen relativ hohen Geldbetrag zur Finanzierung innovativer Kin­derbetreuung, worüber auch weiterhin – natürlich entsprechend offengelegt – entschie­den wird. Wir haben hiezu auch schon etliche Anfragen adäquat beantwortet.

Ich bin zutiefst überzeugt, dass wir nach der Bewältigung der arbeitsrechtlichen Pro­blemstellungen durch die derzeit laufenden und gültigen Verträge eine gute Lösung für diese Organisationseinheit finden werden. Es ist allerdings so, dass ich diesen Bereich übernommen habe und davon ausgehen muss, dass gültige Gesetze, die wir auch von Arbeitsrechtlern überprüfen haben lassen, derzeit nur sehr, sehr schwer oder nur zu extrem hohen Kosten veränderbar sind, die der kaufmännischen Sorgfaltspflicht nicht entsprechen würden. Daher denke ich, dass wir uns mit einer Eingliederung ins Minis­terium, mit einer sehr genauen Vorgabe der nächsten Projekte und mit einer klaren Überprüfung des Tätigkeitsspektrums bis zum Zeitpunkt der vollständigen Eingliede­rung in das Ministerium über Wasser halten können. Ich hoffe, dass wir es noch in die­ser Legislaturperiode schaffen, die vollständige Eingliederung ins Ministerium umzuset­zen.

Ich danke Ihnen vielmals! Das ist ein weiterer Schritt, um die nächsten großen Steine für die Kinderbetreuung aus dem Weg zu räumen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Breiner.)

12.06



BundesratStenographisches Protokoll750. Sitzung / Seite 59

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Eine weitere Wortmeldung kommt von Frau Bundesrätin Kerschbaum. – Bitte.

 


12.07.05

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Ministerin! Sie haben soeben in Ihrer Wortmeldung zwei Anmerkungen gemacht, die in mir doch so etwas wie Widerspruch hervorrufen.

Erster Punkt: Es hat sich so angehört, als würden Sie meinen, mit der Erhöhung bei der Mehrkinderstaffel schafften Sie es, die Geburtenrate zu erhöhen. (Bundesministe­rin Dr. Kdolsky schüttelt verneinend den Kopf.) Sie müssten mir sehr, sehr viel mehr Geld bezahlen, damit ich ein drittes Kind kriege. (Bundesrätin Zwazl: Nur des Geldes wegen?) Wegen des Geldes kriegt man kein Kind! (Bundesministerin Dr. Kdolsky: Das habe ich nicht gesagt!) Doch! Sie haben gesagt, dass es dann leichter wird, dass man sich dann leichter dafür entscheiden kann. – Ich werde es dann nachlesen. (Bun­desrat Schöls: Sie haben heute keinen guten Tag!) – Ich habe schon einen guten Tag heute, und deshalb widerspreche ich auch, wenn mich etwas zum Widerspruch reizt.

Ich meine, dass es ganz, ganz wichtig ist, dass wir das Familienland Österreich auch wirklich familienfreundlich gestalten. Vor allem ist eines wichtig: Kinder werden zu Ju­gendlichen, und in Anbetracht dessen, welche Stellung Jugendliche in Österreich ha­ben – und ich weiß da Bescheid –, wäre da noch sehr viel zu tun. Wir haben schon das letzte Mal darüber diskutiert, und ich sage es noch einmal: Es ist noch sehr viel zu tun, damit Österreich auch wirklich familien- und jugendfreundlich wird!

Nun komme ich zu Ihrer zweiten Aussage, Frau Ministerin Kdolsky, die Sie hier getätigt haben und die ich nicht unwidersprochen so stehen lassen will. Sie haben nämlich gesagt, dass auch Familien mit behinderten oder mit schwer behinderten Kindern von dieser Regelung profitieren würden. Ich denke, „profitieren“ ist da einfach der falsche Ausdruck, denn der Staat hat meiner Meinung nach die Verpflichtung, sich hier  (Zwi­schenbemerkung von Bundesministerin Dr. Kdolsky.)

Das ist eine rhetorische Frage, da haben Sie schon recht. Ich kontrolliere aber nicht Ihre Rhetorik, sondern ich sage nur: Ich finde diesen Ausdruck sehr unpassend, weil es meiner Meinung nach die Verpflichtung eines staatlichen Systems ist, sich um behin­derte Kinder zu kümmern – und es nicht darum geht, Familien mit behinderten Kindern von etwas profitieren zu lassen. Das ist schlicht und einfach der falsche Ausdruck! (Beifall bei den Grünen.)

12.09


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist daher ge­schlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

12.10.017. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 7. November 2007 betreffend ein Bundesge­setz, mit dem die Strafprozessordnung 1975, das Strafgesetzbuch, das Jugend-


BundesratStenographisches Protokoll750. Sitzung / Seite 60

gerichtsgesetz 1988 und das Finanzstrafgesetz geändert werden (231 d.B. und 273 d.B. sowie 7786/BR d.B. und 7793/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Nun gelangen wir zum 7. Punkt der Ta­gesordnung.

Die Berichterstattung darüber hat Herr Bundesrat Winter übernommen. Ich bitte um den Bericht.

 


12.10.18

Berichterstatter Ernst Winter: Ich bringe den Bericht des Justizausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 7. November 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Strafprozessordnung 1975, das Strafgesetzbuch, das Jugendgerichtsge­setz 1988 und das Finanzstrafgesetz geändert werden. Da Ihnen der Bericht in schrift­licher Form vorliegt, darf ich mich auf die Antragstellung beschränken.

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 20. November 2007 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des National­rates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Kampl. – Bitte.

 


12.11.13

Bundesrat Ing. Siegfried Kampl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr ge­schätzte Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundesministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Wir haben heute mehrere Gesetzestexte zu beschlie­ßen, nämlich die Strafprozessordnung, das Strafgesetzbuch und das Jugendgerichts­gesetz, weil diese geändert werden sollen.

Demgegenüber sehr kritisch, meine Damen und Herren, ist aber die österreichische Richtervereinigung. Diese hat bemängelt – das hat sie auch in ihrer Stellungnahme schriftlich mitgeteilt –, dass diese kurze Begutachtungsfrist eine umfassende Stellung­nahme unmöglich macht.

Große Bedenken haben neben der Richtervereinigung auch der Landeshauptmann von Tirol, die Landesregierungen von Vorarlberg und Kärnten, die Präsidentenkonfe­renz und die österreichische Arbeiterkammer angemeldet. Sie alle haben sich sehr kri­tisch zu dieser Vorgangsweise geäußert.

Die Richtervereinigung hat folgende Bedenken, Frau Bundesminister: Sie glaubt, es kommt zu einem höheren Verfahrensaufwand durch die Erweiterung der Fristen, was auch Verzögerungen bei der Verhandlungsführung mit sich bringt. Notwendig wäre mehr Personal, auch Sachverständige sind mehr gefordert. Es kommt zu höheren Übersetzungskosten, Verhandlungssäle müssen umgerüstet werden; es gibt Bedenken betreffend § 107a betreffend gemeinnützige Arbeit statt Ersatzfreiheitsstrafe, und es gibt auch Bedenken betreffend eine Sonderstaatsanwaltschaft.

Die Verfassungsabteilung der Kärntner Landesregierung hat am 13. August 2007 eine Stellungnahme abgegeben, in der sie ihre großen Bedenken betreffend die Abschaf­fung des Rechts der Notare ausdrückt, Tätigkeiten wie Rechtsanwälte auszuüben.

Mit diesem Gesetz ist eine weitere Abwanderung der ländlichen Bevölkerung zu erwar­ten. Wir wissen, Frau Bundesministerin, dass die Notare gerade im ländlichen Bereich eine große Beraterfunktion haben und die ersten Ansprechpersonen in Rechtsfragen sind. In vielen Fällen ist das kostenlos, weil dann die Aufgaben, die ein Notar zu erfül­len hat, letzten Endes auch von ihm vollzogen werden.


BundesratStenographisches Protokoll750. Sitzung / Seite 61

Die Kärntner Landesregierung fordert daher die uneingeschränkte Aufrechterhaltung des Rechts der Notare auf Vertretung in Strafsachen.

Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Diese Bedenken werden an Sie von Fachleuten wie jenen der Richtervereinigung, jenen der drei Bundesländer, der Bundeswirtschafts­kammer und der Arbeiterkammer herangetragen.

Ich habe diesen Akt der EU hier – der zuständige Ausschuss hat erst gestern getagt, diesen Akt kennt wahrscheinlich niemand –, in dem auch diese Bestimmungen beinhal­tet sind. Letzten Endes liegt dieser Akt erst am 13. Dezember zur Beschlussfassung in Lissabon vor.

Ich verstehe die Eile nicht! Wer kennt den EU-Entwurf überhaupt, die Artikel 69 bis 69i? – Von 250 Seiten befassen sich 11 Seiten damit! Bei diesen Artikeln sollte es eine vollinhaltliche europäische Übereinstimmung in Strafsachen geben. Nur dann wird es ein gutes Gesetz sein, Frau Bundesministerin, davon bin ich überzeugt.

Aufgrund der Bedenken der Fachleute, wie jenen der österreichischen Richtervereini­gung, und hoher politischer Verantwortungsträger sehen wir, Kollege Mitterer und ich, uns nicht in der Lage, diesem Gesetz heute die Zustimmung zu geben. – Danke schön. (Beifall des Bundesrates Mitterer.)

12.16


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Kemperle. – Bitte.

 


12.16.14

Bundesrätin Monika Kemperle (SPÖ, Wien): Werte Frau Präsidentin! Frau Bun­desministerin! Geschätzte Damen und Herren des Bundesrates! Mit der Änderung die­ser Bundesgesetze, der Strafprozessordnung, des Strafgesetzbuches, des Jugendge­richtsgesetzes und des Finanzstrafgesetzes, wird ein positiver Schritt in die richtige Richtung gesetzt.

Ich vermerke dies hier mit Genugtuung, weil ja durch die durch die sozialdemokrati­sche Fraktion im Nationalrat eingebrachten Entschließungsanträge in den Jahren 2001 und 2003, welche abgelehnt wurden, nunmehr sichergestellt ist, dass diese jetzt end­lich der Gesetzgebung zugeführt werden. Das heißt, Anträge, die man zuvor als nicht in Ordnung oder als nicht zielführend abgelehnt hatte, beweisen jetzt doch, dass es notwendig ist, diese Gesetze zu verändern.

Es soll durch diese Novellierung mehr und bessere Rechte für Privatbeteiligte in der Strafprozessordnung geben, was wir als sehr wichtig erachten. Die Stellung jener Personen, die durch eine Straftat geschädigt wurden, wird verbessert, die Opferrechte werden ausgebaut und die Betroffenen in ihrem Bemühen bestmöglich unterstützt.

Ich möchte aber auch auf eine weitere Tatsache, die es bereits jetzt gibt, hinweisen, und zwar die sogenannte schonende Einvernahme. Dass bereits bisher die Einver­nahme eines Opfers ohne die Anwesenheit des Täters bei unmündigen Sexualopfern zwingend beziehungsweise bei mündigen Sexualopfern auf Antrag erfolgt ist, ist ja un­bestritten. Leider gibt es immer wieder Informationen von Vertreterinnen und Vertretern aus NGO-Bereichen darüber, dass Richter/Richterinnen sich weigern, diese Rechte den Opfern auch tatsächlich zuzugestehen. Es gibt auch Beispiele dafür, eines aus Niederösterreich kann ich zitieren, wo einem zehnjährigen Sexualopfer die sogenannte schonende Einvernahme, obwohl in solchen Fällen zwingend vorgesehen, seitens der Richterin verweigert wurde.


BundesratStenographisches Protokoll750. Sitzung / Seite 62

Die seitens der Richter und Richterinnen angeführten Begründungen dafür liegen meis­tens darin, dass sie dem Opfer Leid ersparen wollten. Tatsache ist aber, dass sich ge­rade in solchen Fällen Opfer und Täter wieder unmittelbar gegenüberstehen.

Mir erscheint allerdings eine andere Begründung weitaus logischer, und zwar jene, dass ein Opfer ein Verfahren zum Scheitern bringen könnte und deswegen das Verfah­ren neu aufgerollt werden müsste. Aufgrund der angespannten Personalsituation ist die Vorgangsweise aus der Sicht der Richter und Richterinnen sicher zu verstehen, für die Opfer allerdings nicht einzusehen.

Zu hoffen ist, dass die im vorliegenden Gesetz vorgesehene Möglichkeit einer Be­schwerde in künftigen Ermittlungsverfahren – leider fehlt eine adäquate Bestimmung für den Bereich der Hauptverhandlung – eine Verbesserung bringen wird. Was Haupt­verhandlungen anlangt, fehlt, wie gesagt, diese Bestimmung nach wie vor.

Der Gesetzesänderung ist aus unserer Sicht jedenfalls die Zustimmung zu geben. Dank an Sie, Frau Bundesministerin, dass Sie seit sieben Jahren die Erste sind, die sich dieser Situation tatsächlich angenommen hat und es so weit gebracht hat, dass es zu einer gesetzlichen Änderung dahin gehend kommt. (Beifall bei der SPÖ.)

12.20


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Kühnel. – Bitte.

 


12.21.03

Bundesrat Dr. Franz Eduard Kühnel (ÖVP, Wien): Frau Präsidentin! Frau Bundes­ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Vorrednerin, Frau Kollegin Kemperle, hat ja bereits sehr viel an Details ausge­führt, sodass ich mich sehr kurz dazu äußere und nur mehr auf ein paar Punkte einge­hen möchte, die mir besonders wichtig erscheinen.

Zweifelsohne ist es so, dass, was das Ermittlungsverfahren anlangt, Vereinheitlichun­gen stattfinden, wobei man aber fairerweise dazusagen muss, dass bereits in der No­velle aus dem Jahre 2004 sehr vieles auf den Weg gebracht wurde und man jetzt klei­ne Änderungen bei Dingen vornimmt, die unter Umständen vom theoretischen Ansatz her gut ausschauen, sich aber in der Praxis nicht unbedingt bewährt haben.

Besonders hinweisen möchte ich darauf, dass in Hinkunft das „Lügen“ vor einer Behör­de, um es salopp zu formulieren, nicht mehr unterschiedlich behandelt wird zu jenem vor Gericht, sondern dass das jetzt einheitlich als falsche Zeugenaussage geahndet wird, damit sich jeder dessen bewusst ist: Wenn ich eine Äußerung von mir gebe, dann hat diese wahr zu sein – und darf nicht, aus welchen Gründen auch immer, abgeändert werden. – Das ist das eine.

Das Zweite, auf das ich noch eingehen möchte, ist, dass nun klargestellt wird, und zwar im § 166 der Strafprozessordnung, dass unter Folter zustande gekommene oder sonst durch unerlaubte Einwirkungen gewonnene Erkenntnisse/Aussagen nichtig sind, also bei der Beweisaufnahme nicht berücksichtigt werden dürfen. – Das scheint mir ganz besonders wichtig zu sein.

Das Thema Besserstellung der Opfer wurde ja bereits angesprochen. – Nur dazu, dass Kollege Kampl sagte, dass, so die Richtervereinigung, nun verschiedene Verzögerun­gen im Verfahren eintreten könnten: In dem Moment, wo auch die Privatbeteiligten unter Umständen gleich im Strafprozess die Möglichkeit erhalten, und zwar über Scha­denersatzansprüche, das dort gleich abzusprechen und eine Verweisung auf den Zivil­rechtsweg nicht mehr erfolgt, müsste eigentlich, zumindest mit der Zeit, eine Beschleu­nigung eintreten.


BundesratStenographisches Protokoll750. Sitzung / Seite 63

Zusammenfassend darf ich sagen, dass meine Fraktion dieser Novelle zustimmen wird und damit ein Einspruch abgewendet werden kann. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

12.24


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.

 


12.24.11

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geschätzte Frau Bundesministerin! Das ist ja eine „heroische“ Tat, Herr Kollege Küh­nel, dass Sie einen Einspruch abwenden – und natürlich völlig „überraschend“; ich gra­tuliere jedenfalls dazu.

Es war klar, dass nach der großen Herausforderung des Jahres 2004 – der Verab­schiedung des Strafprozessreformgesetzes – eine Reihe von weiteren Schritten folgen muss und dass man die bisherigen Vorerhebungen und Voruntersuchungen zu einem einheitlichen Ermittlungsverfahren zusammenführt; das ist eine wichtige Sache.

Der vorliegende Gesetzentwurf folgt der Tradition des Justizministeriums, Herr Kollege Kampl: Das Justizministerium zeichnet sich ja dadurch aus, dass es sehr wohl – auch in der Vergangenheit war das der Fall – auf Kritik in einem Begutachtungsverfahren, und zwar in geradezu beispielhafter Weise, eingeht. Auch das hier vorliegende Strafre­formbegleitgesetz atmet sozusagen diesen Gedanken, dass eben vieles an Kritikpunk­ten aufgenommen und Verbesserungen eingearbeitet wurden. Noch einmal: Man kann dem Justizministerium zu der Art und Weise, wie es mit Begutachtungen umgeht, nur das beste Zeugnis ausstellen. Wünschenswert wäre jedenfalls, dass das in anderen Ministerien auch so gehandhabt würde.

Was das vorliegende Reformbegleitgesetz anlangt: Es kommt zu einer Verbesserung der Stellung der Opfer und der Beschuldigten, etwas, was wir von den Grünen uns im­mer gewünscht haben. Was wir von unserer Seite hingegen immer kritisiert haben – und das betrifft den Punkt, den Herr Kollege Kühnel angesprochen hat –, ist, dass die Kriminalpolizei eine überstarke Stellung in diesem Verfahren hat; das würde ich schon als Schönheitsfehler dieses Gesetzes bezeichnen. Mir wäre lieber, die Staatsanwalt­schaft diesbezüglich zu stärken und die Kriminalpolizei da sozusagen zu schwächen.

Dazu, dass Kollege Kühnel sagte, er sei froh, dass das Lügen nicht mehr möglich ist: Das hätte man auch einfacher regeln können. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Küh­nel.) – Da gibt es schon eine prinzipielle Problematik, Herr Kollege Kühnel, denn bisher war das Lügen vor einer Verwaltungsbehörde und vor einem Gericht unterschiedlich gewichtet. (Bundesrat Dr. Kühnel: Nicht die Lüge, sondern die Falschaussage!) – Sie haben vom „Lügen“ gesprochen, und ich habe Ihre Diktion verwendet. Falschaus­sagen wurden also unterschiedlich behandelt.

Wenn Falschaussagen vor einer Verwaltungsbehörde und vor Gericht jetzt gleich be­handelt werden, Herr Kollege Kühnel, dann brauchen wir dieselben Standards. Das heißt, das ist jetzt eine Frage der Standards. Und bei Gericht ist der Standard defi­niert – bei der Kriminalpolizei hingegen noch nicht unbedingt. Erforderlich ist, dass die Kriminalpolizei diesbezüglich einen ähnlich hohen Standard bietet wie das Gericht; das ist unabdingbare Voraussetzung.

Meiner Meinung nach hätte es genügt, eine Falschaussage bei der Kriminalpolizei un­ter Strafe zu stellen. Das aber jetzt völlig gleich zu bewerten, halte ich nach wie vor für problematisch – trotz der sehr interessanten Diskussion im Ausschuss. Ausdrücklich möchte ich mich bei dieser Gelegenheit auch bei Ihren Beamten, Frau Bundesministe­rin Berger, bedanken. Jedenfalls halte ich diese meine Kritik dazu aufrecht, obwohl ich


BundesratStenographisches Protokoll750. Sitzung / Seite 64

vieles von der Argumentation des Justizministeriums nachvollziehen konnte, wie das im Ausschuss eben dargebracht wurde.

Für wichtig halten wir die Vereinfachung und die Anpassung des Zwischenverfahrens, ebenso den neuen Begriff „Beteiligte im Hauptverfahren“. Dieser Begriff wurde neu ein­geführt, wobei nicht nur wir, sondern auch einige begutachtende Stellen Kritik dazu ge­äußert haben, dass die Opfer als Beteiligte ausgelassen wurden. Opfer werden nun als Subjektstellung im § 66 der Strafprozessordnung explizit aufgezählt. Ich erwähne nur, dass es hiezu Kritik gegeben hat, so zum Beispiel von Präsidenten Dr. Jesionek. Ich glaube aber, dass das mit der Regelung, die Subjektstellung der Opfer im § 66 neu zu definieren, erfüllt wurde.

Die Vorbereitungsfrist für die Angeklagten wird verlängert, und diese Frist steht nun auch den Verteidigern zu. Dass aber – das sollte man schon ernst nehmen – Opfer, Privatbeteiligte und Privatbeteiligtenvertreter im ungünstigsten Fall erst drei Tage vor einer Verhandlung vom Verfahren erfahren, ist meiner Meinung nach schon etwas zu knapp.

Zur neuen Möglichkeit der schriftlichen Gegenäußerung zur Anklageschrift durch den Verteidiger: Das könnte man jetzt so definieren, dass damit eine Art Waffengleichheit im Verfahren geschaffen wurde, weil einer Anklageschrift nun durchaus auch eine Ver­teidigungsschrift gegenübersteht. Ich finde das sehr wichtig.

Dass der Angeklagte nun das Recht hat, neben seinem Verteidiger zu sitzen, finde ich sehr richtig, auch psychologisch wichtig. Das Nach-hinten-Umdrehen, um den eigenen Verteidiger zu suchen, all das sind Dinge, wo man sagen muss, die neue Regelung dient auch der Kommunikation zwischen dem Verteidiger und dem Angeklagten.

Der Eid ist nicht mehr vorgesehen, um eine Zeugenaussage zu bekräftigen. Ich habe das in meiner über 30-jährigen Erfahrung immer eher als einen dramaturgischen Effekt gesehen und eigentlich immer gemerkt, dass somit eine Erhöhung der Wachsamkeit beim Zeugen erregt wird, wenn man sagt: Sie werden bei Ihrer Aussage vereidigt. Dass das heute vielleicht im Strafrecht überholt ist, ist einzusehen, es ist jetzt nicht mehr vorgesehen. Man wird dann vielleicht andere dramaturgische Überlegungen an­stellen müssen.

Es ist auch wichtig, dass heute das Recht des Angeklagten besteht, sich in der Haupt­verhandlung eines Privatsachverständigen zu bedienen.

Zur schonenden Einvernahme der Opfer hat schon Frau Kollegin Kemperle gespro­chen. Das ist wichtig, das ist auch ausgedehnt worden. Interessant ist für mich aber, dass die Opferschutzeinrichtungen das begrüßt haben, jedoch andere Institutionen in der Begutachtung nicht, weil sie sagen, das sei zu weit gefasst, es gebe schon noch die Pflicht, dass ein Zeuge in der Hauptverhandlung in der Gegenwart von Parteien auszusagen hat. Das ist zum Beispiel das Institut für Strafrecht und Kriminologie der Universität Wien oder die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Innsbruck. – Ich will das nur der Korrektheit halber erwähnen. Ich bin aber eher bei Frau Kollegin Kemperle und finde, dass man der schonenden Einvernahme von Opfern weiten Raum geben muss, insbesondere im Sexualstrafbereich und bei Gewaltverbrechen, und dass man auch die Angehörigen mit einschließt, die mitunter einer ähnlich starken Belastung ausgesetzt sind.

Es gibt Änderungen bei den formalen Nichtigkeitsgründen und auch eine Neuregelung bei der Wiederaufnahme.

Wie schon gesagt: Ich bin äußerst dankbar, Frau Bundesministerin, auch in meiner Rolle als Mediensprecher, dass der Journalistenstrafparagraph gefallen ist, denn wir


BundesratStenographisches Protokoll750. Sitzung / Seite 65

hätten uns da schon in einer Grauzone bewegt. Was die „Verletzung schutzwürdiger Interessen“ ist, das ist ein Gummiparagraph. Das ist von der Definition her äußerst schwierig. Man hätte da einen Berufsstand vielfach in eine Grauzone getrieben. Dass das nun wegfällt, das halte ich für einen ganz wichtigen Punkt.

Ein Gesetz, das noch ein ganz junges Gesetz ist – man sieht ja auch, wie oft es schon angewandt wurde –, ist das Stalking-Gesetz. Dass das nun zum Offizialdelikt wird, hal­te ich für einen weiteren Quantensprung. Wir sehen, wie notwendig dieses Gesetz war.

Wir werden also dieser Novelle zustimmen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

12.33


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Nächste Rednerin ist Frau Bundesmi­nisterin Dr. Berger. – Bitte.

 


12.34.04

Bundesministerin für Justiz Dr. Maria Berger: Frau Präsidentin! Danke an alle Red­nerinnen und Redner, die sich die Mühe gemacht haben, sich dieses doch sehr umfas­sende Paket näher anzuschauen und sich damit auseinanderzusetzen. Ich glaube, dass in der Zusammenschau aller Redebeiträge deutlich geworden ist, dass es doch zum einen Folgeanpassungen an die Strafprozessreform, wie sie schon im Jahr 2004 beschlossen worden ist, gibt, mit der Auflage, mit 1. Jänner in Kraft zu treten, auf der anderen Seite aber auch die Gelegenheit, auch das Hauptverfahren teilweise neu zu gestalten, genutzt wurde, um insbesondere die Waffengleichheit zu stärken und – et­was, was mir ein besonderes Anliegen war – die Opferrechte stärker in den Vorder­grund zu rücken.

Ich danke allen, die anerkannt haben, dass wir im Begutachtungsverfahren sehr vieles berücksichtigen konnten, oft auch dadurch, dass wir ursprünglich vorgeschlagene Tat­bestände eben nicht aufgenommen haben wie jenen zur verbotenen Veröffentlichung. Auch wenn wir das jetzt wieder herausgenommen haben, möchte ich trotzdem sagen, dass natürlich mit Veröffentlichungen im Zusammenhang mit Strafverfahren oft Proble­me auftauchen. Wir werden sie im Medienrecht anders lösen müssen, aber nicht hier im Strafrecht. Das sei sicher zugestanden.

Zu Bundesrat Kampl, der die Einwendungen verschiedener begutachtender Stellen, unter anderem auch der Richtervereinigung, angesprochen hat: Die haben wir weitge­hend berücksichtigt, insbesondere dort, wo es um Fristen gegangen ist, und vieles andere auch. Ich möchte aber nicht verhehlen, dass es gewisse Sorgen der Richterin­nen und Richter gibt. Wir haben jetzt massive Änderungen mit diesen Reformen, die im Jänner in Kraft treten werden, auf uns zukommen. Die Staatsanwaltschaften haben neue Rollen, die Richter haben neue Rollen. Wir werden erst in der Praxis wirklich komplett austesten können, wie sich die Arbeitsbelastung zwischen den Staatsanwalt­schaften und den Gerichten entwickeln wird. Wir haben jetzt einmal dafür Sorge ge­tragen, dass wir die personelle Ausstattung der Staatsanwaltschaften sehr verbessert haben. Gott sei Dank war es möglich, neue Planstellen zu bekommen. Wir haben in einem geringeren Ausmaß, als das ursprünglich vorgesehen war, Planstellen aus den Gerichten in die Staatsanwaltschaften verlagert. Das wird durchaus auch von der Rich­tervereinigung anerkannt. Trotzdem gibt es gewisse Sorgen, dass mit den neuen Vor­schriften auch der Aufwand in den Hauptverhandlungen größer werden könnte und dass deshalb auch bei den Richtern planstellenmäßige Verbesserungen notwendig sein werden.

Wir wissen, dass vieles nicht vorhersehbar ist – wir haben unser Bestes versucht, auch in Schulungen und durch gute Zusammenarbeit mit der Kriminalpolizei hier wirklich ge­meinsame Schnittstellen zu haben, damit die elektronische Übermittlung der Anzeige


BundesratStenographisches Protokoll750. Sitzung / Seite 66

direkt an die Staatsanwaltschaften geht. Es war also sehr viel Organisatorisches im Zu­sammenhang mit dieser Reform zu tun. Da jedoch nicht alles eindeutig vorhersehbar ist, ist auch vorgesehen, dass das Wirken dieser Reform wissenschaftlich begleitet wird und dass wir natürlich für alles offen sind – sei es, dass es legistischer Anpas­sungen bedarf, sei es, dass wir in der Ressourcenverteilung insbesondere zwischen Staatsanwaltschaften und Gerichten etwas nachbessern oder anders ausbalancieren müssen. Aber das wird uns erst die Praxis zeigen.

Zu den Notaren darf ich sagen: Das ist eine viel geäußerte Kritik; ich kenne sie sehr gut. Ich komme selbst aus einer ländlichen Gegend. Ich sage dann immer, ich konsul­tiere gerne meinen Notar, aber wenn es um die Verteidigung bei einem Strafverfahren geht, gehe ich selbst in einer kleinen Stadt mittlerweile doch eher zu einem Anwalt. Wir haben versucht, hier eine Balance zu finden. Bei den Notaren wird über das Berufs­rechtsänderungsgesetz, das ja heute im Justizausschuss des Nationalrates behandelt wird, die Verteidigung in Strafsachen bei Bezirksgerichten bleiben, allerdings nicht bei den höheren Gerichten.

Ich danke Herrn Bundesrat Kühnel für die Unterstützung der gleichen Bewertung der falschen Zeugenaussage. Ich glaube, es ist im Sinn des Gesamtansatzes dieser No­velle, dass die falsche Zeugenaussage vor der Kriminalpolizei mit genau dem gleichen Strafrahmen bedroht ist wie bei Gericht. Es ist gerade eine Aussage in diesem Stadium sehr wichtig und kann entscheidend auf den Verlauf der Ermittlungen einwirken.

Zur schonenden Einvernahme, Frau Bundesrätin Kemperle: Ich weiß, dass es in der Praxis immer wieder Probleme gibt, dass sie schon jetzt angewendet wird. Wir dehnen sie aus. Es wird auch kritisiert, dass, wenn eine Richterin, ein Richter das nicht macht, kein eigenständiger Nichtigkeitsgrund gegeben ist. Das ist auch ein Punkt, den wir uns in der Evaluierung anschauen werden, ob das auch ohne Einführung eines eigenstän­digen Nichtigkeitsgrundes angewendet wird. Wir legen auf diesen Punkt jetzt auch im Rahmen der Schulungen der Richterinnen und Richter besonderen Wert. – Danke schön. (Allgemeiner Beifall.)

12.39


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Es ist dies die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.

12.40.388. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 7. November 2007 betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Bundesstatistik (Bundesstatistikge­setz 2000) geändert wird (202 d.B. und 311 d.B. sowie 7794/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir kommen zum 8. Punkt der Tages­ordnung.


BundesratStenographisches Protokoll750. Sitzung / Seite 67

Die Berichterstattung darüber übernimmt der Vorsitzende des Ausschusses, Herr Bun­desrat Weiss. – Bitte, Herr Vizepräsident.

 


12.41.03

Berichterstatter Jürgen Weiss: Ich verweise auf den vorliegenden Ausschussbericht und stelle den Antrag, gemäß dem stimmeneinhelligen Beschluss des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus vom 20. November 2007, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Molzbichler. – Bitte.

 


12.41.30

Bundesrat Günther Molzbichler (SPÖ, Kärnten): Frau Präsidentin! Frau Bundes­ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! In den letzten Jahren hat der Bereich der Gesundheitsstatistik stark an Bedeutung gewonnen, jedoch gibt es derzeit keinen Vertreter oder keine Vertreterin des Bundesministeriums für Gesundheit, Familie und Jugend im Statistikrat.

Dies soll nun geändert werden. Gemäß § 44 Bundesstatistikgesetz 2000 ist der Statis­tikrat bei der Bundesanstalt Statistik Österreich eingerichtet und besteht aus 15 Mitglie­dern. Diese Mitglieder werden für die Funktionsdauer von fünf Jahren vom Bundes­kanzler beziehungsweise von elf Institutionen bestellt.

In Zukunft soll nun ein weiteres Mitglied vom Bundesministerium für Gesundheit, Fami­lie und Jugend in den Statistikrat entsandt werden. Für Bund, Länder und Gemeinden entstehen durch die Aufstockung der Mitgliederzahl von 15 auf 16 keine Mehrkosten. Die Bundesanstalt Statistik Österreich hat die Mehrkosten für ein neues Mitglied im Statistikrat in der Höhe von 72 € Sitzungsgeld pro Sitzung zu entrichten. Der Statistik­rat trifft sich nach Bedarf, jedoch mindestens vier Mal im Jahr.

Die Statistik Austria hat meines Erachtens international einen ausgezeichneten Ruf und leistet gute Arbeit. Wir stimmen der Aufstockung des Statistikrates selbstverständ­lich zu. Es sei jedoch kurz darauf hingewiesen, dass nicht nur der Sektor der Ge­sundheitsstatistiken gewachsen ist, sondern, werte Kolleginnen und Kollegen, meines Erachtens auch Daten – etwa im Bereich der Bildung – fehlen, wenn es etwa darum geht, wie viele Hauptschülerinnen und Hauptschüler maturieren beziehungsweise in den letzten Jahren maturiert haben. Es kann auf keine Daten zurückgegriffen werden, obwohl dies für die derzeitige Diskussion der Gesamtschule meines Erachtens sicher­lich positiv wäre.

Auch in den Bereichen Ökologie und Ökonomie – hier vor allem die Entwicklung zwi­schen Reich und Arm und Energie betreffend – wäre eine Ausweitung der Datenerhe­bung, selbstverständlich immer im Einklang mit den Datenschutzrechten, meiner Mei­nung nach sehr wünschenswert. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundes­räten der ÖVP.)

12.44


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mayer. – Bitte.

 


12.44.25

Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Bei kurzer Betrachtung der Regierungsvorlage kann an und für sich mit einem Satz festgehalten werden, dass der Vorlage zur Aufsto­ckung des Statistikrates um ein weiteres Mitglied – also von 15 auf 16 – durch eine


BundesratStenographisches Protokoll750. Sitzung / Seite 68

Vertreterin oder einen Vertreter des Bundesministeriums für Gesundheit, Familie und Jugend die Zustimmung gegeben werden kann.

Der Statistikrat hat aber doch eine zu wichtige Funktion und verdient deshalb auch keine verkürzte Betrachtungsweise, weil er im Bereich des Statistikwesens in Öster­reich die Kontrolle über die tägliche Arbeit der Statistik Austria wahrzunehmen hat, die durch EU-Normen oder durch Bundesgesetze geregelt ist. Kollege Molzbichler hat ja bereits ausgeführt, dass die Aufstockung im Bereich der Gesundheitsstatistik durchaus Sinn macht, weil das Gesundheitswesen in Österreich eine große Bedeutung hat und das beste Gesundheitssystem der Welt auch eine entsprechende statistische Aufberei­tung verdient und braucht.

Dafür bedarf es, wie gesagt, auch einer dementsprechenden Kompetenz durch einen Gesundheitsexperten – oder noch besser durch eine Gesundheitsexpertin, denn man kann ja den Statistikrat nicht unbedingt als Frauenriege bezeichnen. Ich bin mir aber sicher, dass der Frau Gesundheitsministerin diesbezüglich etwas einfallen wird.

Ich möchte hier auch noch anregen, dass die Situation mit dem europäischen Statistik­institut Eurostat noch verbessert werden könnte, dass man hier noch Verbesserungen herbeiführen kann, damit wichtige Erkenntnisse von Österreich in die EU und natürlich auch von der EU zurück kommen.

Und weil wir gerade bei der EU sind, darf ich doch voller Stolz auch noch anmerken, dass eine Evaluierung der europäischen Statistikinstitute – bisher wurden 21 Institute evaluiert – gezeigt hat, dass das österreichische Statistikinstitut, also die Statistik Aus­tria, hier im absoluten Spitzenfeld ist beziehungsweise an der Spitze liegt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist mir deshalb auch ein Bedürfnis, die hervorra­gende Arbeit der Statistik Austria zu erwähnen und hervorzuheben. Ich sage das auch aus eigener Erfahrung, weil ich bei der letzten Volkszählung – das ist schon eine Weile her – als Leiter des Meldeamtes der Stadt Feldkirch in einer Arbeitsgruppe mit der Sta­tistik Austria war und ich deshalb auch diese hervorragende Arbeitsweise aus eigener Sicht bestätigen kann. Basierend auf diesen Daten wurde damals ja dann das ZMR, das Zentrale Melderegister, aufgebaut, und wir wissen alle, dass dies aus heutiger Sicht – insbesondere aus Sicherheitsgründen – nicht mehr aus dem Staate Österreich wegzudenken ist.

Abschließend – und ich glaube, ich spreche hier auch im Namen von Ihnen allen, ver­ehrte Kolleginnen und Kollegen – einen herzlichen Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Statistik Austria und den Statistikrat für die hervorragende Dienstleis­tung. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten von SPÖ und Grünen.)

12.47


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schennach. – Bitte.

 


12.47.43

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Ich kann mich den beiden Vorrednern nur anschließen und ich denke, wir werden uns bald noch einmal hier zusammensetzen müssen, denn für den gesamten Bereich der Bildung – da beziehe ich jetzt sowohl die Schule als auch die Hochschule ein – besteht ein dringender Bedarf an Daten. Es gibt sie nicht, es werden auch in den Ländern die Daten nicht erhoben, und gerade in der gesamten Diskussion um die neue Mittelschule haben wir gemerkt, dass es einfach keine verfüg­baren Daten gibt.

Warum? – Ich mache es auch ganz kurz. Ich bedanke mich bei den Fraktionen der SPÖ und der ÖVP, die sich im Rahmen der Ausschussberatung auf die Kritik hin, dass


BundesratStenographisches Protokoll750. Sitzung / Seite 69

der derzeitige Statistikrat aus 13 Männern und zwei Frauen besteht, spontan bereit er­klärt haben, eine gemeinsame Entschließung mitzutragen, die ich wie folgt verlesen darf:

Entschließungsantrag

der BundesrätInnen Prof. Konecny, Roth-Halvax und Schennach betreffend geschlech­terparitätische Zusammensetzung des Statistikrates

Der Bundesrat wolle beschließen:

Der Herr Bundeskanzler, der Bundesminister für Finanzen, der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit, die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend, der Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz und der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft werden ersucht, bei der Ent­sendung von Mitgliedern in den Statistikrat dafür Sorge zu tragen, dass bei den von der Bundesregierung insgesamt entsandten Personen das Verhältnis von Männern und Frauen möglichst ausgewogen ist.

*****

Ich darf den Entschließungsantrag übergeben. Ich denke, dass es auch für die Frau Justizministerin als weibliches Mitglied dieser Bundesregierung ein Ansporn ist, dass die Bundesregierung nach Auslaufen dieser Periode in diesem Punkt zu einer Ände­rung kommt.

Denn es ist gerade in der Statistik nicht unerheblich, wie in so vielen anderen Berei­chen des Lebens, egal ob das jetzt zum Beispiel die Geschlechterparität im Verfas­sungsgerichtshof ist – weil gerade die Frau Bundesministerin hier ist –, gerade auch in die Statistik geschlechterspezifische Sichtweisen und Überlegungen einfließen zu las­sen.

Deshalb bedanke ich mich, dass wir uns heute zu diesem gemeinsamen Entschlie­ßungsantrag durchgerungen haben und dass sich das künftig ändern wird. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

12.50


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Herr Kollege, haben Sie die Entschlie­ßung vorgelesen? (Bundesrat Schennach: Ja, die habe ich vorgelesen!) – Gut.

Der Entschließungsantrag der Bundesräte Konecny, Roth-Halvax und Schennach ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Wünscht noch jemand das Wort? – Bitte, Herr Kollege Bieringer.

 


12.51.55

Bundesrat Ludwig Bieringer (ÖVP, Salzburg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Selbstverständlich unterstützt die ÖVP den soeben eingebrachten Entschließungsantrag. Aber gestatten Sie mir dennoch eine Bemerkung: Den Entschließungsantrag haben die Kollegen Ko­necny und Schennach und die Kollegin Roth-Halvax eingebracht. Ich hätte mir eigent­lich gedacht, dass auch bei der SPÖ und bei den Grünen so einen Entschließungsan­trag, der einzig und allein darauf ausgerichtet ist, dass mehr Frauen in diesen Statistik­rat kommen, Damen unterschrieben hätten. Meine Herren von der SPÖ und von den Grünen, die ÖVP ist Ihnen wieder eine Nasenlänge voraus! (Beifall bei der ÖVP. – Zwi-


BundesratStenographisches Protokoll750. Sitzung / Seite 70

schenruf des Bundesrates Breiner. – Bundesrat Molzbichler: Respekt! – Bundesrätin Roth-Halvax: Bei den zwei Neubesetzungen ist eine Frau weniger dabei!) 

12.52


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich darf natürlich schon auch von hier aus sagen, dass wir Frauen genug Selbstbewusstsein haben, um – auch wenn Kolle­gen so einen Antrag einbringen – zu wissen, dass natürlich gemeint ist, dass den Frau­en die entsprechende Vertretung zu gewährleisten ist.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung, da mir keine weitere Wortmeldung vorliegt. Oder wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Der Berichterstatter hat auch schon erklärt, dass er auf ein Schlusswort verzichten wird.

Wir gelangen daher zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmeneinhelligkeit. Der Antrag ist somit angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den eingebrachten Entschließungsantrag. Es ist der Antrag der Bundesräte Konecny, Roth-Halvax und Schennach betreffend ge­schlechterparitätische Zusammensetzung des Statistikrates.

Wer dafür ist, dass dieser Entschließungsantrag angenommen wird, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit an­genommen. (E 223-BR/07.)

12.53.439. Punkt

Petition betreffend Einrichtung eines Polizeiwachzimmers in Linz am Binder­michl, überreicht von Bundesrat Wolfgang Schimböck (19/PET-BR/2007 sowie 7790/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Nunmehr gelangen wir zum 9. Punkt der Tagesordnung.

Die Berichterstattung darüber hat Herr Bundesrat Sodl übernommen. – Ich bitte um den Bericht.

 


12.54.09

Berichterstatter Wolfgang Sodl: Ich bringe den Bericht des Ausschusses für Bürge­rInnenrechte über die Petition betreffend Einrichtung eines Polizeiwachzimmers in Linz am Bindermichl, überreicht von Herrn Bundesrat Wolfgang Schimböck.

Am 20. November 2007 hat der Ausschuss für BürgerInnenrechte die Verhandlungen über die gegenständliche Petition wieder aufgenommen. Bei der Abstimmung wurde mit Stimmeneinhelligkeit beschlossen, dem Bundesrat die Kenntnisnahme des gegen­ständlichen Berichtes zu empfehlen.

Weiters hat es entsprechend der Beschlussfassung im Ausschuss im Antrag an das Plenum richtig zu lauten: Der Ausschuss für BürgerInnenrechte stellt nach Beratung der Vorlage am 20. November 2007 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, diesen Be­richt zur Kenntnis zu nehmen.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke für den Bericht, und ich dan­ke auch dafür, dass auf den Druckfehler hingewiesen wurde, der somit als berichtigt gilt.


BundesratStenographisches Protokoll750. Sitzung / Seite 71

Wir gehen jetzt in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schimböck. – Bitte.

 


12.55.27

Bundesrat Wolfgang Schimböck (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Dieser Antrag, diese Petition wurde eigentlich von Tausenden Bürgern aus dem Stadtteil Linz-Bindermichl eingebracht, die sie unterschrieben haben, und ist ein Abbild der doch sehr problematischen Sicher­heitslage in Linz, wenn man bedenkt, dass von den neun Banküberfällen im Vorjahr, im Jahr 2006 – jetzt haben wir November 2007 –, noch nicht einmal ein einziger aufgeklärt wurde, dass inzwischen in Linz nur mehr jeder achte Einbruchsdiebstahl aufgeklärt wird – das betrifft auch viele selbständige Gewerbebetriebe. Vor zwei Tagen haben alle Fraktionen der Wirtschaftskammer – also auch der Wirtschaftsbund, der Ring Frei­heitlicher Wirtschaftstreibender und die Grüne Wirtschaft – in Oberösterreich beschlos­sen, dass man sich jetzt ganz vehement der Prävention, dem Verbrechensschutzge­setz, widmen wird, dass hier einiges nachzubessern ist.

Ich glaube, die Sicherheitslage macht den Menschen in diesem Stadtteil wirklich große Sorge. Ich habe das auch im Ausschuss vertreten und wurde dann von einem Kollegen von der ÖVP gefragt, ob es denn – wenn so ein Wachzimmer eingerichtet wird – wirk­lich diese Unterstützung, die ich dort angeregt habe, diese Zusammenarbeit von Stadt­verwaltung und Polizei geben wird, ob denn das wirklich gegeben ist. Ich konnte das dort auch noch nicht sagen, darf aber hier den zuständigen Stadtrat der Stadt Linz zitieren, der meint:

„Die Zahlen belegen die sicherheitspolizeiliche Unterversorgung von Oed und Binder­michl. Wir“ – gemeint ist damit die Stadt Linz – „stehen zu unserem Angebot, das freie Grundstück beim Volkshaus Keferfeld zur Verfügung zu stellen. Der gestrige Über­fall“ – es hat bekanntlich dort jetzt sogar vor wenigen Tagen einen Postamtsüberfall ge­geben – „soll den Innenminister dazu bewegen, endlich grünes Licht für dieses zusätz­liche Wachzimmer zu geben. Das Sicherheitsgefühl der Linzerinnen und Linzer hat“ – in diesem Fall – „Vorrang.“ – Zitatende.

Noch zu den Zahlen: Es wurde uns von den Fachreferenten, die heute bedauerlicher­weise nicht hier sind – es fehlt auch der Herr Innenminister –, bekannt gegeben, dass 51 Beamte beim zuständigen Wachzimmer „Neue Heimat“ zur Verfügung stehen. Das heißt aber, dass dort im Tagdienst bestenfalls acht vorhanden sind. Beim Nachfragen im Ausschuss hat sich dann herausgestellt, dass eigentlich ein Unterstand gegeben ist; die Rede war von zehn Prozent; als nach den konkreten Zahlen nachgefragt wurde, waren es auf einmal zehn. – Also nach meinen Rechenkünsten entspricht das eher 20 Prozent oder sogar mehr. So schaut es dort also aus.

Wenn es heute diesen Bericht gegeben hat, dann sollte dieser wirklich ein ganz vehe­menter Hinweis sein, dort, in diesem Stadtteil, entsprechende Sicherheitsverhältnisse zu gewährleisten und damit dem Wunsch der Bevölkerung zu entsprechen. Ich würde bitten, dass wir das dann vielleicht auch noch schriftlich weitergeben, denn offensicht­lich bestehen im Innenministerium nicht die personellen Ressourcen, diese berechtig­ten Wünsche der Bevölkerung persönlich entgegenzunehmen.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und besonders auch für die Mitarbeit bei dieser Petition im Ausschuss. – Danke. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

12.59


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Breiner. – Bitte.

 



BundesratStenographisches Protokoll750. Sitzung / Seite 72

12.59.13

Bundesrat Franz Breiner (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Anscheinend sollten wir eine Abgängigkeitsan­zeige aufgeben, denn der Minister, den dieser Punkt betrifft, scheint immer  (Bundes­rätin Roth-Halvax: Wir haben alle gewusst, dass er heute nicht hier sein kann!) – Und letztes Mal und vorletztes Mal? – Es ist immer das Gleiche. Vielleicht sollten wir es doch mit einer Abgängigkeitsanzeige versuchen.

Nun zum Thema: Das Sicherheitspolizeigesetz wurde in den letzten Jahren regelmäßig novelliert. Die Umwälzungen – Zusammenlegung von Polizei und Gendarmerie – sind ja hinlänglich bekannt. Die Schließung von Wachzimmern ist ebenfalls eines dieser Er­gebnisse. (Bundesrat Mitterer: Ihr seid ja eher für die Einsparung bei der Polizei, oder nicht?) – Nein, das ist auch ein Irrtum!

1 425 Unterschriften zur Unterstützung dieser Petition: Das ist eine große Anzahl von Menschen, die mit der verbliebenen Infrastruktur im Sicherheitsbereich nicht mehr zu­frieden sind. Nun können wir uns die Frage stellen, welche Sicherheitsüberwachung am effizientesten ist und den größten Nutzen hat. Die Antwort für diese Menschen ist: eine zusätzliche Polizeiwachstube im Bereich des Bindermichls.

Wir müssen uns auch die Frage stellen, warum diese Menschen eine Petition an den Bundesrat stellen müssen, damit ihnen Gehör geschenkt wird. Sind ihre Stimmen in den vergangenen Jahren einfach nicht gehört worden?

Die Situation am Bindermichl ist unverändert. Wir wissen aus einer Umfrage von Ende 2004, dass 63 Prozent der Menschen im Bereich des Bindermichls die Aufgaben der Sicherheitspolizei, der Sicherheitsbeamten als Freund und Helfer sehen. Jedoch nur 14 Prozent sind damit zufrieden, wie diese Aufgabe ihrer Meinung nach erfüllt wird.

Das ist doch ein eindeutiger Hinweis nicht nur darauf, dass die Sicherheitsbeamten nicht durch ihre Anwesenheit für ein Gefühl der Sicherheit sorgen, sondern dass auch ein sensibler und behutsamer Umgang mit der Bevölkerung gefordert ist. Wir haben in der Petition gehört, dass die Wege zu weit sind, dass die Erreichbarkeit der nächsten Wachstube gerade für ältere Menschen nicht gegeben ist.

Für mich ist die Forderung nach einem zusätzlichen Wachzimmer nachvollziehbar. Mit dem alleinigen Ausbau der Infrastruktur wird es aber nicht getan sein. Die Aufgaben der Sicherheitsbeamten haben sich in den vergangenen Jahren verändert und sind mehr geworden, und die Arbeit wird natürlich kritischer beobachtet.

Die SPÖ Oberösterreich sammelt in letzter Zeit gerne Unterschriften; das ist gut so. (Bundesrat Stadler: Schon unterschrieben? Wenn du noch nicht unterschrieben hast, ist es zu spät!) Wir fordern aber (Bundesrat Schimböck: Für ihn haben wir verlängert, bis morgen!), über das Anhäufen von Namenslisten hinauszudenken. Wir fordern eine fundierte Auseinandersetzung mit der Rolle der Polizei in unserer Gesellschaft, und wir fordern daneben eine umfassende humanistische Ausbildung für unsere Polizisten, da­mit sie der Bevölkerung gerecht werden können. (Beifall bei den Grünen.)

13.03


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Kampl. – Bitte.

 


13.03.20

Bundesrat Ing. Siegfried Kampl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geehr­te Frau Präsident! Geschätzte Kollegen und Kolleginnen! Es ist erfreulich, wenn die SPÖ, die Grünen und eine große Zahl der Mandatare einen solchen Antrag einbringen, denn die Sicherheit steht bei unserer Bevölkerung ganz, ganz oben!


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Meine Damen und Herren! Wir haben 140 Jahre lang eine Gendarmeriestation in der Marktgemeinde Gurk gehabt. Ich habe zweimal beim Herrn Bundesminister um die Aufrechterhaltung auch für die Zukunft vorgesprochen. 1991 wurde der Posten ge­schlossen. Ich habe eine Abstimmung bei der Bevölkerung erbeten. Zu 99,9 Prozent ist die Bevölkerung zur Abstimmung gegangen, um diesen Gendarmerieposten in Zukunft aufrechterhalten zu können, aber trotzdem ist der Gendarmerieposten weggekommen.

Aber etwas ist uns Gott sei Dank zugesagt worden. Wir haben jährlich 250 000 Besu­cher, und um dort die Sicherheit aufrechtzuerhalten, fahren laufend die Streifenwagen. Bei jeder Durchfahrt durch unseren Ort müssen sie um den Dom fahren und ausstei­gen, damit die Gäste, die nach Gurk kommen, und auch die eigene Bevölkerung sie sehen und damit eine Sicherheit haben.

In Kärnten – das ist sehr erfreulich – hat der Herr Bundesminister am 27. August eine Spatenstichfeier für den Bau einer großen Polizeistation in Annabichl, in Klagenfurt, durchgeführt. Das war für uns, für die Kärntner, auch etwas Besonderes. Im Septem­ber ist bereits der Baubeginn vollzogen worden.

Daher wünsche ich mir, dass wir heute gemeinsam das Anliegen der Kollegen aus Oberösterreich voll und ganz unterstützen und auch gleichzeitig darum ersuchen, dass rasch mit dem Bau begonnen wird – nicht, dass wir etwas beschließen, und in fünf Jah­ren kommt es vielleicht zum Baubeginn, sodass man erst nach vielen Jahren eine ord­nungsgemäße Station für die Polizei zur Verfügung hat.

Ich wünsche mir, dass wir uns alle für die Sicherheit einsetzen. Die Bevölkerung hat diesen Wunsch, und dem sollten wir Rechnung tragen. – Danke. (Beifall des Bundes­rates Mitterer sowie bei Bundesräten von SPÖ und Grünen.)

13.05


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Schöls. – Bitte.

 


13.05.59

Bundesrat Alfred Schöls (ÖVP, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Liebe Kollegin­nen und Kollegen! Hohes Haus! Ich glaube, wir sind alle einer Meinung, dass in der Frage der Sicherheit nicht gespart werden kann. (Demonstrativer Beifall bei SPÖ und Grünen. – Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten ohne Fraktionszugehörigkeit.) Wir sind alle dafür, dass die Infrastrukturen nach Möglichkeit genutzt werden. Dementspre­chend macht das diese Bundesregierung und auch dieser Bundesminister.

Für alle, die es nicht können: Ich berufe mich hier auf eine Zeugin, die hoffentlich von der linken Seite des Hauses nicht hinterfragt wird, nämlich auf Frau Bundesministerin Doris Bures, die mir in einer Anfragebeantwortung erst vor wenigen Tagen Folgendes mitgeteilt hat:

„Die Stellenpläne für 2007 und 2008 sind verhandelt, wurden am 3.5.2007 im National­rat beschlossen ... Eine Nachverhandlung des Stellenplans ist nicht angedacht. Eine Forderung nach zusätzlichen Exekutivplanstellen“ kann nicht gewährleistet werden.

„Ich weise jedoch darauf hin, dass den hohen und vermehrten Anforderungen im Sicherheitsbereich in den Stellenplänen 2007 und 2008 Rechnung getragen wurde. Mit dem mit 1. Juni 2007 in Kraft getretenen Stellenplan ... wurde nicht nur von der für die anderen Ressorts umgesetzten Einsparung eines Teiles der Pensionierungen im In­nenministerium abgesehen, sondern zusätzlich die Zahl der Planstellen um 260 er­höht.“

So viel zu der Schimäre, dass hier gespart wird! Frau Bundesministerin Bures ist ande­rer Meinung.


BundesratStenographisches Protokoll750. Sitzung / Seite 74

Es ist natürlich den internen Kompetenzen des Polizeidirektors von Linz unbenom­men – noch dazu, wenn die Stadtgemeinde den Baugrund zur Verfügung stellt –, dass dort ein Wachzimmer eingerichtet wird und dieses mit den um 260 erhöhten Personal­planstellen auch entsprechend ausgerüstet wird. Daher stimmen wir natürlich auch die­ser Forderung generell zu. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten ohne Fraktions­zugehörigkeit.)

13.08


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Konecny. – Bitte.

 


13.08.21

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte diesen Tagesordnungspunkt nicht zum Anlass dafür nehmen, zur Polizeiinspektion Bindermichl Stellung zu nehmen – hier sind wir ja ganz offensichtlich in einem verblüffenden Ausmaß übereinstimmender Meinung –, sondern ich möchte darauf verweisen, dass wir mit der Verhandlung dieses Berichtes insofern Neuland be­treten, als ein neu geschaffener Ausschuss bewiesen hat, dass er sinnvoll und ergiebig ist.

Wir haben als Bundesrat immer wieder das Problem, dass die Funktion dieser parla­mentarischen Kammer in der öffentlichen Diskussion steht. Ich glaube, eine der wich­tigsten Maßnahmen, um die Akzeptanz des Bundesrates in der Bevölkerung zu stär­ken, besteht darin, dass wir uns der Anliegen der Menschen in diesem Land nicht nur auf dem Gebiet der Gesetzgebung annehmen.

Dieser Ausschuss für BürgerInnenrechte ist ein – ich glaube, dies inzwischen sagen zu können – gelungener Versuch, diese Aufgabe zu erfüllen. Ich gestatte mir, darauf hin­zuweisen, dass dieser Ausschuss aufgrund einer Initiative und einer Idee der sozialde­mokratischen Bundesratsfraktion entstanden ist. Aber die Arbeitsweise des Ausschus­ses unter seinem Vorsitzenden, Kollegem Einwallner, hat auch bewiesen, dass wir in der Lage sind, solche Probleme, die Menschen an uns herantragen, aufzugreifen.

Ich lade alle Mitglieder dieses Hauses dazu ein – denn eine Petition ist ja von einem Mitglied des Bundesrates vorzulegen –, Initiativen der Bevölkerung aufzugreifen und in diesen Ausschuss hereinzubringen. Wir wollen und wir werden uns mit den Anliegen der Menschen verstärkt beschäftigen. Das ist sinnvoll, weil es eine Möglichkeit mehr ist, ...

(In Richtung ÖVP:) Herr Kollege, wenn Sie meinen, das vertrotteln zu müssen, dann tun Sie es, bitte. Ich singe hier nicht, sondern ich sage, dass wir auf die Bürger zuge­hen müssen und dass wir dazu die Vermittlung von Bundesräten brauchen. Die Bürger brauchen die Vorlage durch ein Mitglied des Hauses. Auch in Ihrem Bereich wird es, so hoffe ich doch, initiative Bürger geben, die für ihre Interessen und Rechte eintreten. Ich lade auch Sie dazu ein, solche Petitionen an den Bundesrat heranzutragen.

Es ist das ein Stück angewandte Reform. Es sind die ersten Gehversuche dieses Aus­schusses durchaus erfolgversprechend, und wir sollten diese Arbeit vertiefen. (Allge­meiner Beifall.)

13.11


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Mühlwerth. – Bitte. (Bundesrätin Mühlwerth findet auf dem Weg zum Rednerpult im Bereich der Bundesräte ohne Fraktionszugehörigkeit nur beengten Raum vor. – Bun­desrat Konecny: Au, schon wieder ein interner Konflikt! – Bundesrätin Mühlwerth: Es war so schwer, da herauszukommen!)

 



BundesratStenographisches Protokoll750. Sitzung / Seite 75

13.11.23

Bundesrätin Monika Mühlwerth (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Ich finde es völlig in Ordnung, dass Bürger eines Stadtteils, eines Bezirks, einer Region, einer Stadt sich mit einer Petition an die Ländervertretung, an den Bundesrat wenden, und unter­stütze das auch gerne, wenn wir uns hier in der Sache einig sind. Beim letzten Mal waren wir es nicht, hier sind wir es. Ich unterstütze voll und ganz die Einrichtung eines Polizeiwachzimmers, weil ich – wie auch schon einige Kollegen vor mir – der Meinung bin, dass die Sicherheit der Bevölkerung absolut zu gewährleisten ist.

Mit der Zusammenlegung von Gendarmeriekommanden, von Wachzimmern – was ja auch den Bereich Wien betrifft – hat man, glaube ich, seinerzeit ein bisschen das Kind mit dem Bad ausgeschüttet und ist übers Ziel geschossen in dem Verschlankungs­wahn, in dem wir uns oft befinden: dass alles strukturiert werden muss, alles so klein wie möglich. Dann passieren solche Sachen, und dann kommt die Bevölkerung und sagt zu Recht: In meinem Bereich sind die Wege zu weit; ich habe keine Anlaufstelle mehr, um mich im Fall des Falles an die Polizei zu wenden. – Wir wissen aber, dass gleichzeitig Wohnungseinbrüche, Diebstähle sonder Zahl ansteigen. Dem muss natür­lich Rechnung getragen werden.

Allerdings muss ich schon auch kritisch anmerken, dass die schriftliche Stellungnahme des Innenministers, die hier eingeflossen ist, keineswegs zu meiner Beruhigung bei­trägt beziehungsweise nicht meiner Hoffnung Nahrung gibt, dass auch tatsächlich et­was passieren wird. Denn der Minister schreibt, warum das wichtig war: Man soll keine Parallelstrukturen und keine Parallelverwaltungen aufbauen. – Und dann kommt der meiner Meinung nach entscheidende Satz: „Ihr in der Petition dargelegtes Ansinnen wird jedenfalls in die Überlegungen einfließen und so weit wie möglich berücksichtigt werden.“

Als Kenner der österreichischen Politik wissen wir, was solche Sätze in den meisten Fällen – vielleicht wird diesmal die einzige Ausnahme gemacht – zu bedeuten haben: Es wird nämlich die Beruhigungspille verabreicht, und passieren wird gar nichts! Das wäre im Sinne der betroffenen Bevölkerung aber äußerst schade. Daher halte ich die­sen kleinen Funken Hoffnung noch aufrecht, dass wir es hier vielleicht mit einer Aus­nahme zu tun haben. (Beifall bei den Bundesräten Ing. Kampl und Mitterer.)

13.14


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Baier. – Bitte.

 


13.14.09

Bundesrat Mag. Bernhard Baier (ÖVP, Oberösterreich): Ich war tatsächlich am Bin­dermichl, auch wenn ich kein Kind desselben bin.

Hohes Haus! Ich darf vielleicht Folgendes sagen und aus Linzer Sicht auch eines beto­nen: Es gibt da nichts einzuwenden. Es sind sich ja auch die Parteien in Linz über alle Parteigrenzen hinweg darüber einig, dass es am Bindermichl eine zusätzliche Polizei­inspektion geben soll.

Ich möchte aber schon betonen, dass für die Österreichische Volkspartei eines klar ist (Bundesrat Boden: ... etwas anderes gesagt!): Das kann nicht auf Kosten anderer Poli­zeiinspektionen gehen. Das heißt, wir sind nicht dafür, dass man innerhalb des Linzer Stadtgebietes eine Polizeiinspektion in einen anderen Bereich verlegt, sondern da kann es sich nur um eine zusätzliche Inspektion handeln. (Bundesrat Konecny: ... hat ihn nicht unter Kontrolle!)

Da gibt es auch keine Widersprüchlichkeiten, sondern es ist klar – wie auch vorhin der Kollege gesagt hat –, dass es um zusätzliche Dinge geht. So möchten wir diese Zu-


BundesratStenographisches Protokoll750. Sitzung / Seite 76

stimmung auch verstanden wissen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten ohne Fraktionszugehörigkeit.)

13.15


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Dies ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir gelangen daher zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die den vorliegenden Ausschussbe­richt unter Berücksichtigung der Druckfehlerberichtigung zur gegenständlichen Petition 19/PET-BR/2007 zur Kenntnis nehmen, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmen­einhelligkeit. Der Antrag auf Kenntnisnahme ist somit angenommen.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Tagesordnung ist erschöpft.

13.16.28Einlauf und Zuweisungen

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich gebe noch bekannt, dass seit der letzten beziehungsweise in der heutigen Sitzung insgesamt drei Anfragen eingebracht wurden.

Weiters teile ich mit, dass die Bundesräte Helmut Kritzinger, Kolleginnen und Kollegen den Entschließungsantrag 166/A(E)-BR/2007 betreffend Verlängerung der Pflegeam­nestie eingebracht haben, der dem Ausschuss für Soziales und Konsumentenschutz zugewiesen wurde.

*****

Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem Wege erfolgen. Als Sitzungstermin wird Mittwoch, der 19. Dezember 2007, 9 Uhr in Aussicht genommen, wobei geplant ist, die Sitzung um 19 Uhr zu unterbrechen und am Don­nerstag, dem 20. Dezember, um 9 Uhr wieder fortzusetzen.

Für die Tagesordnung dieser Sitzung kommen jene Beschlüsse in Betracht, die der Nationalrat bis dahin verabschiedet haben wird, soweit sie dem Einspruchsrecht bezie­hungsweise dem Zustimmungsrecht des Bundesrates unterliegen.

Die Ausschussvorberatungen sind für Dienstag, den 18. Dezember 2007, ab 11.30 Uhr vorgesehen.

Ich wünsche Ihnen ein gutes Nachhausekommen – und kommen Sie gesund wieder!

Die Sitzung ist geschlossen.

13.17.55Schluss der Sitzung: 13.18 Uhr

 

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