Bundesrätin Eva Prischl (SPÖ, Niederösterreich): Schönen guten Morgen meinerseits! Meine Frage zielt auf Sie als Medienministerin ab, und zwar lautet meine Frage folgendermaßen:

1940/M-BR/2023

„Welche Maßnahmen treffen Sie, um im Angesicht ständig sinkender Demo­kra­tie-Rankings sowie die gleichzeitig durch Sie angekündigten Millioneneinsparungen im Bereich von ORF und die beschlossene Einstellung der Wiener Zeitung, die Medienfreiheit und Vielfalt in der Medienlandschaft in Österreich zu stärken?“

Präsident Günter Kovacs: Frau Bundesministerin, bitte.

Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Danke – die freien Medien sind tatsächlich der Grundpfeiler der Demokratie, ein hohes Gut, für das wir uns einsetzen müssen. Deshalb haben wir derzeit folgende Gesetzesvorhaben auf den Weg gebracht:

Wir haben auf der einen Seite eine neue Qualitätsjournalismusförderung, die ja schon in Begutachtung war, die ein neues Fördervolumen von 20 Millionen Euro mit dem Fokus auf journalistische Qualität bringt. Das heißt, unser Zugang ist, dass man, wenn man die Journalistinnen und Journalisten mit guten Arbeits­bedingungen in ihrer Unabhängigkeit stärkt, auch die Qualität heben kann, weil sie einfach frei im Arbeiten sind. Daher haben wir Qualitätskriterien entwickelt: gute Arbeitsbedingungen, kollektivvertragsähnliche Anstellungen, aber genauso Frauenförderungspläne in den Unternehmen, die vorliegen sollen, und Fehler­managementsysteme, die in den Redaktionen gegeben sein sollen. Anhand dessen werden dann künftig auch Förderungen für die Journalistinnen und Journalisten ausgegeben.

Zusätzlich dazu ist es so, dass sich der ganze Trend in der Medienwelt in Rich­tung Digitalisierung entwickelt. Das heißt, wir haben auch eine neue Digitalisierungsförderung auf den Weg gebracht, mit der wir die Unternehmen dabei unterstützen, dass sie die digitale Transformation auch umsetzen können.

Was wir auch gerade machen und hoffentlich bald auch dem parlamentarischen Prozess zuführen können, ist das sogenannte Medientransparenzgesetz, mit dem wir konkret auf Inserate der öffentlichen Hand abzielen, wo wir massiv strenger werden wollen, wenn es um den Einsatz von Steuergeld geht. Daher werden neue Kriterien wie Wirkungsanalysen und Berichtspflichten geschaffen, aber natürlich auch hundertprozentige Transparenz ab dem ersten Euro – wo und wie das Geld eingesetzt wird.

Zum ORF: Es ist so, dass wir nach dem Erkenntnis des VfGH eine Neuregelung für die Finanzierung brauchen. Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, denen wir nähertreten, die wir uns gerade ansehen. Ich bin davon überzeugt, dass öffentlich-rechtlicher Rundfunk einen Wert hat, dass es ihn auch braucht. Ich glaube nur, er kann schlanker, sparsamer und österreichischer sein.

Präsident Günter Kovacs: Danke, Frau Ministerin.

Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte sehr.

Bundesrätin Eva Prischl (SPÖ, Niederösterreich): Welche Maßnahmen setzen Sie, um das Demokratiebewusstsein der Jugendlichen zu stärken?

Präsident Günter Kovacs: Frau Bundesministerin, bitte.

Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: In der neuen Journalismusqualitätsförderung finden sich unter anderem auch Fördermittel besonders für Medien-Know-how in den Schulen. Das heißt, ich glaube, es ist wichtig, dass wir Jugendliche sehr zeitnah auf den Umgang mit Medien vorbereiten, besonders auch was die sozialen Medien betrifft. Da sehe ich eine große Gefahr. Ich bin daher froh, dass der Bildungsminister da ein neues Schulfach einsetzen wird, neue digitale Unter­richtskompetenz, bei der man sich solche Dinge ansehen muss.

Ich unterstütze aber auch Projekte, bei denen die Zeitungen – die Herausgeber, die Journalistinnen und Journalisten – selbst in die Schulen gehen und dort über Medienkompetenz sprechen. Dafür gibt es im neuen Journalismusqualitäts­gesetz auch Budgetmittel.

Präsident Günter Kovacs: Danke schön.

Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Mag. Franz Ebner zu Wort gemeldet. – Bitte sehr.

Bundesrat Mag. Franz Ebner (ÖVP, Oberösterreich): Liebe Frau Bundes­minis­terin, du hast die erforderliche Neuregelung der ORF-Finanzierung ange­sprochen. Wie ist da der aktuelle Stand?

Präsident Günter Kovacs: Frau Bundesministerin, bitte.

Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Vielen Dank für die Frage. Es hat das VfGH-Erkenntnis gegeben, das besagt, dass auch jene, die nur online streamen, in die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks miteinzubeziehen sind. Das heißt, dass die jetzige Regelung, wonach nur jene zahlen, die ein TV-Gerät oder ein Radiogerät haben, verfassungswidrig ist. Das heißt, wir stellen die Finanzierung jetzt auf neue Beine.

Das heißt auch, das ist eine Aufgabe, die uns der Verfassungsgerichtshof mitgegeben hat – keine, die wir uns selbst gewählt haben, der wir aber natürlich nachkommen müssen, denn auch das bedeutet es, staatspolitische Verant­wortung zu übernehmen: höchstgerichtliche Erkenntnisse und Urteile umzu­setzen.

In einem ersten Schritt war es uns wichtig, dass der ORF in einer Zeit, in der alle Unternehmen sparen müssen, besonders Unternehmen sparen müssen, auch selbst einen Sparkurs einschlägt, und ich begrüße es daher, dass der ORF dieses Sparpaket nun auch vorgelegt hat – aus meiner Sicht ein Schritt in die richtige Richtung.

Derzeit arbeiten wir mit Hochdruck an zweierlei Dingen, zum einen daran, wie eine mögliche neue Finanzierung aussehen kann, und zum Zweiten auch an einer Digitalnovelle, denn auch der ORF braucht Möglichkeiten, im digitalen Raum verstärkt aufzutreten, nicht zuletzt auch um mehr Jugendliche zu erreichen und sozusagen auf dem Zug der Zeit mitfahren zu können. Wichtig ist, dass es in einem Rahmen ist, der dem dualen System am Medienmarkt, den Privaten und dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk gemeinsam, zu einem guten Weg verhelfen kann.

Präsident Günter Kovacs: Danke schön.

Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Dr. Johannes Hübner zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesrat.

Bundesrat Dr. Johannes Hübner (FPÖ, Wien): Frau Ministerin! Sie haben auf die letzte Frage hin gemeint, dass man dem ORF weitere Möglichkeiten geben wird, vor allem im digitalen Bereich.

Der ORF hat derzeit schon Gesamteinnahmen, also ein Budget, von deutlich über 1 Milliarde Euro im Jahr. Das zweitgrößte österreichische Medien­unter­nehmen im Bereich Rundfunk, Fernsehen, nämlich die Prosieben-Sat.1-Puls-4-Gruppe, hat ein Budget von ungefähr 120 Millionen Euro, also nicht viel mehr als ein Zehntel. Alle anderen liegen deutlich unter 100 Millionen Euro Budget. Von der 1 Milliarde Euro sind ungefähr 650 Millionen Euro Steuergeld – jetzt heißt das noch GIS-Gebühren –, 250 Millionen Euro Werbeeinnahmen. Alleine die Werbeeinnahmen des ORF sind mehr als doppelt so hoch wie das Gesamt­bud­get des zweitgrößten Medienunternehmens.

Halten Sie eine Fortschreibung dieser Situation durch Umfirmierung der GIS-Gebühren auf Haushaltsabgabe – oder was immer es auch werden wird – im Sinne der angesprochenen Medienvielfalt und Medienfreiheit in Österreich für sinnvoll? – Danke.

Präsident Günter Kovacs: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Ich glaube, um einen starken Medienstandort zu haben, braucht es eben beides, einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk und eine Vielfalt an privaten Medien, und beide Säulen müssen Unterstützung bekommen oder werden Unterstützung bekommen, diesen digitalen Weg sozusagen auch zu gehen.

Es braucht aber natürlich auch Innovation aus den Unternehmen heraus. Der Staat kann das nicht regeln, sondern es braucht Unternehmen, die diesen digitalen Transformationsweg auch bewerkstelligen. Wir unterstützen den privaten Markt mit der digitalen Transformationsförderung – das waren jetzt 54 Millionen Euro für dieses Jahr, für die nächsten Jahre werden es 20 Millionen Euro sein –, und wir werden dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk auch Möglichkeiten geben – hallo (in Richtung einer den Saal betretenden Schüler:in­nengruppe), herzlich willkommen! –, zum Beispiel: online only, online first, dass er sich auch im digitalen Raum weiterbewegen kann.

Aber ja, das muss in einem Rahmen sein, der garantiert, dass das duale System insgesamt weiterhin aufrechterhalten werden kann. Ich glaube auch, dass es ein Weg sein kann, dass es mehr Kooperationen zwischen dem privaten und dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk gibt. Auch das ist ein Weg, den ich nicht gesetzlich reglementieren oder regeln kann, den ich als Medienministerin aber grundsätzlich unterstütze.

Präsident Günter Kovacs: Herzlichen Dank, Frau Ministerin.

Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Marco (niederländisch aussprechend) Schreuder zu Wort gemeldet. – Bitte sehr. (Heiterkeit bei der ÖVP. – Bundesrat Kornhäusl: Perfekte Aussprache!)

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Guten Morgen, Frau Ministerin! Entschuldigen Sie, meine Stimme ist heute ein bisschen angeschlagen.

Sie haben schon die neue Qualitätsjournalismusförderung angesprochen, die ja erfreulicherweise auch die Möglichkeit für reine Onlinemedien eröffnet – und nicht mehr nur für Medien, die nur auf Print setzen. Es gibt allerdings im Onlinebereich auch Plattformen und Seiten, die nicht auf Information, sondern auf Desinformation setzen. Wie wollen Sie verhindern, dass auch diese Zugang zu diesen Fördermitteln erreichen?

Präsident Günter Kovacs: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Ich bin auch davon überzeugt, dass es in Zeiten wie diesen gut ist, wenn man auch Onlinemedien sozusagen mitbedenkt – was wir tun. Sie wissen, dass das Qualitäts-Journalismus-Förderungs-Gesetz jetzt sozusagen erst in Abstimmung, in Endabstimmung ist, dass die Begutachtung geendet hat, wir jetzt derzeit die Stellungnahmen einarbeiten und ich daher noch nicht über das finale Gesetz sprechen kann, sondern nur über den Begutach­tungsentwurf, der in § 5 Abs. 2 auch Ausschlusskriterien für Förderung vorsieht, was ich für wesentlich erachte: dass demokratiefeindliche Medien von der Förderung auch ausgeschlossen sind, beispielsweise wenn in einem Medium eine gerichtlich strafbare Handlung nach unterschiedlichen Straftatbeständen – wie Verhetzung oder terroristische Straftaten – vorgenommen wurde, aber natürlich auch wenn es Verurteilungen in anderen Bereichen gibt. Auch die Förderwürdig­keit für dieses Medium soll dann davon abhängen.

Das ist einmal der grundsätzliche Gedanke, mit dem wir uns der Sache annähern. Es sind aber in der Begutachtung auch zu diesem Punkt einige Stellungnahmen hereingekommen, die derzeit von meinem Haus geprüft werden, die wir sehr ernst nehmen und hinsichtlich derer wir uns auch genau ansehen, wo wir in der Umsetzung noch nachschärfen können.

Präsident Günter Kovacs: Herzlichen Dank, Frau Ministerin.

Recht herzlich darf ich das Bundesrealgymnasium aus Feldkirch bei uns im Haus begrüßen. – Herzlich willkommen im Sitzungssaal des Bundesrates! (Allgemeiner Beifall. – Ruf: Servus!)

Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Mag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky zu Wort gemeldet. – Bitte sehr.

Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS, Wien): Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Ich beziehe mich auch auf die ORF-Finanzierung. Momentan werden ja durch die GIS GmbH Rundfunkgebühren – ORF-Programmentgelt – und Länderabgaben eingehoben. Gibt es Überlegungen, diese Länderabgaben bei einer Umstellung der ORF-Finanzierung zukünftig zu streichen?

Präsident Günter Kovacs: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundeskanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Wir prüfen derzeit natürlich tatsächlich in alle Richtungen, wobei unser Fokus auf der Frage liegt, wie wir den Nettokosten­beitrag, den der ORF aufgrund der Gebühren bekommt, senken können und künftig eine andere Finanzierung sicherstellen können. Das ist für uns das Wichtigste.

Ich glaube auch, dass das jetzige GIS-System einfach­ ein veraltetes System ist. Ich halte nichts davon, wenn Menschen – oder in dem Fall Angestellte des ORF – an Häusertüren klopfen können und an Wohnungstüren klopfen können, um zu sehen, ob da jemand einen Fernseher zu Hause hat. Das ist ein Modell, das veraltet ist, nicht mehr zeitgemäß ist – im freundlichsten Sinne formuliert –, und daher prüfen wir natürlich, wie wir das verändern können. Da ist derzeit unser Fokus. Ich will, dass es für die Menschen, die jetzt seit vielen Jahren brav ihre GIS zahlen, am Ende günstiger wird. Das ist mir das Wichtigste. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Günter Kovacs: Herzlichen Dank.

Wir gelangen nun zur 7. Anfrage, 1938/M-BR/2023. Ich bitte die Anfrage­stel­lerin, Frau Bundesrätin Andrea Michaela Schartel, um die Verlesung der Anfrage. – Bitte, Frau Bundesrätin.