Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 43. Sitzung / Seite 48

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Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter Gusenbauer! Ich bin gerne bereit, über die Frage, was zur Sache eines Tagesordnungspunktes gehört, in der nächsten Präsidiale einen Exkurs zu liefern. Ich möchte dazu nur sagen: Methode dieses Hauses war es, diesen Begriff bisher relativ weit zu fassen. (Abg. Reitsamer: Aber nicht so weit!) Ich möchte nicht dann, wenn eine Frau am Wort ist, insbesondere dann, wenn es die Frau Vizekanzlerin ist, plötzlich einen anderen Maßstab anlegen.

Jetzt ist am Wort Frau Abgeordnete Mag. Prammer. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Sie ist zurückgereiht worden!)

12.47

Abgeordnete Mag. Barbara Prammer (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Frau Vizekanzlerin! (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Was mir bei Ihrer Rede aufgefallen ist: Sie sind die Pressesprecherin des "einfachen Parteimitgliedes" in Kärnten geblieben. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Ich nehme zur Kenntnis, dass es einen guten Brauch, den es früher in diesem Hause gegeben hat, nicht mehr gibt (Abg. Ing. Westenthaler: Warum sind Sie denn zurückgereiht worden? Warum hat man Ihnen Edlinger vorgesetzt?), wie es vieles nicht mehr gibt in diesem Land und in diesem Haus, nämlich dass von der Regierungsbank keine Polemik auszugehen hat, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ. – Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen. – Abg. Ing. Westenthaler: Wer hat Ihnen die Krawatte gebunden? – Abg. Haigermoser: Das ist eine Verlierer-Krawatte!)

Wir haben seit kurzem einen "Frauenministerin", und es ist ja schon darauf hingewiesen worden: Das "in" bei der Funktionsbezeichnung hat es früher einmal ausgemacht. Wir haben nun einen "Herrn Frauenministerin".

Es war schon bezeichnend, dass die Frau Ministerin Sickl das Wort "Frauen" sehr schamvoll benutzt hat. Herr Ministerin Haupt hingegen sagt es im Brustton seiner Überzeugung. Aber Sie haben schon Recht, meine Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei: So weit brauche ich gar nicht zu gehen. Es ist ja nicht mehr vonnöten, über eine fortschrittliche Frauenpolitik in diesem Hause zu diskutieren. (Abg. Haigermoser: Was haben Sie gegen uns? Was haben wir Ihnen getan?)

Der Herr Minister stellt klar, dass es in der heutigen Europäischen Union die Gleichbehandlung so lange zu geben hat, bis die Frauen in den entsprechenden Positionen sind. Wir nehmen zur Kenntnis, dass es einen Mann gebraucht hat, damit klar wurde, dass Gleichbehandlung zeitlich begrenzt aufzufassen ist. (Abg. Haigermoser: Was haben Sie gegen uns, Frau Kollegin?) Es ist gar nicht notwendig, nachzufragen, was nun die entsprechenden Frauenpositionen sein sollen. Wir freuen uns, endlich erkennen zu dürfen, dass Gleichbehandlung eine Übergangserscheinung ist. Irgendwann, meine Damen, dürfen wir uns also wieder ganz flott ungleich behandeln lassen – wie in den guten alten Zeiten.

Wie werden Sie es denn halten, Herr Minister Haupt, wenn durch ein geplantes Objektivierungsgesetz das Bundesgleichbehandlungsgesetz nahezu außer Kraft gesetzt wird? Hat das mit dem Tatbestand zu tun, dass in diesem Lande schon Gleichberechtigung eingetreten ist und daher die Ungleichbehandlung bereits wieder Platz greifen darf, meine Damen und Herren?

Wie halten Sie es denn, Herr Minister Haupt, mit der Definition des Feminismus, der Emanzipation? Werden Sie es genauso halten wie Ihre Vorgängerin, die ja diese Definition bereits sehr einschlägig geprägt hat?

Herr Minister! Wenn die Vorherrschaft der Männer als radikal eingestuft werden darf – und sie darf, wie ich glaube –, dann darf Feminismus auch ein Stück weit radikal sein, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haigermoser: Warum ist Gusenbauer keine Frau?)


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