Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Guten Morgen, Herr Finanzminister! Wir haben uns in den letzten Wochen mit der Causa Kika/Leiner auseinandersetzen müssen – ein österreichisches Möbelhaus, bei dem vorgegeben wurde, dass es einer österreichischen Rettung zugeführt wird. Sebastian Kurz war da auch maßgeblich beteiligt. Der Retter ist ja dann in der Person von René Benko gekommen. Schlussendlich ist aber Folgendes passiert: Herr Benko hat 300 Millionen Euro in die eigene Kasse verfrachtet, das Unternehmen ist filetiert worden, man hat es in die Insolvenz verschachert, und insgesamt, glaube ich, kann man einen sehr, sehr üblen Geruch konstatieren.
Zuvor hat man noch im großen Stil Coronagelder abgegriffen, man hat Tausende Jobs vernichtet und schlussendlich auch noch eine Steuerstundung in der Höhe von 150 Millionen Euro erhalten; insgesamt also ein unglaublicher Vorgang.
Herr Bundesminister, ich hätte an Sie die Frage: Warum wurden der Kika/Leiner-Handelsgruppe ohne Sicherheiten Steuerstundungen in der Höhe von 150 Millionen Euro gewährt?
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Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 277/M, hat folgenden Wortlaut:
„Warum wurden der Kika/Leiner-Handelsgruppe ohne Sicherheiten Steuerstundungen in Millionen-Höhe gewährt?“
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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister für Finanzen Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Na ja, also für die unmittelbar nach dem Ausbruch der ersten Covid-Welle gewährten Stundungen wurde ja vom Gesetzgeber – übrigens einstimmig, auch mit Ihren Stimmen, wie ich gelesen habe – in der Bundesabgabenordnung eine eigene gesetzliche Basis geschaffen. Da wurden Stundungsanträge, die nach dem 15. März 2020 positiv erledigt wurden, von Gesetzes wegen verlängert. Da hat die Freiheitliche Partei, glaube ich, auch entsprechend mitgestimmt, Gott sei Dank. Das war eine Maßnahme, um die Liquidität von Unternehmen in der Pandemie zu sichern. Diese Sondermaßnahmen – darum sage ich es – gelten natürlich für alle Unternehmen. Da gibt es keine Ausnahmen, sondern da gibt es klare Regeln, und diese Regeln gelten in Österreich Gott sei Dank für alle Unternehmen.
Zudem wurden diese Stundungen größtenteils – das ist aber auch in den Regeln so vorgesehen – zinsfrei gewährt, um die Unternehmen, die während der Pandemie natürlich auch an Liquiditätsengpässen gelitten haben, entsprechend zu entlasten.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Hafenecker? – Bitte.
Abgeordneter Christian Hafenecker, MA (FPÖ): Herr Finanzminister, der Punkt ist: Diese Stundungen – 150 Millionen Euro – wurden ohne Sicherheit gewährt. Herr Benko hat sich 300 Millionen Euro aus dem Unternehmen herausgezogen, und die Steuerzahler bleiben jetzt auf einem Schaden von 150 Millionen Euro sitzen. Wie wollen Sie diesen Schaden, der jetzt den Steuerzahlern droht, verhindern respektive rückgängig machen?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister für Finanzen Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Ich stelle noch einmal klar, dass in Österreich Gott sei Dank alle gleich behandelt werden. Es gibt Regeln. Die Kika/Leiner-Gruppe war von der Pandemie betroffen wie vergleichbare andere Einzelhandelsfirmen und -gruppen auch. Deswegen wurden natürlich auch bei Stundungen und bei Hilfen dieselben Kriterien, dieselben Möglichkeiten herangezogen wie bei allen anderen Unternehmen in Österreich auch.
Jetzt ist es so, dass der angebotene Sanierungsplan für die Kika/Leiner GmbH vorsieht, dass die Insolvenzgläubiger eine Quote von insgesamt 20 Prozent – zahlbar längstens binnen zwei Jahren ab Annahme des Sanierungsplans – erhalten. Für die Republik ist es so, dass das Finanzamt für Großbetriebe die Forderungen beim Landesgericht Sankt Pölten natürlich entsprechend einbringen wird und die Interessen der Republik vertreten wird, dort natürlich auch das Stimmrecht ausüben wird. (Abg. Kassegger: ... sind futsch! Das heißt es auf Deutsch: 80 Prozent sind futsch!) Die nächste Tagsatzung ist, glaube ich, Ende September angesetzt. – Das ist die eine Seite.
Gleichzeitig haben wir auf der anderen Seite ja auch, wie Sie gehört haben, die Finanzprokuratur beauftragt, die Interessen der Republik in diesem Fall entsprechend wahrzunehmen, alles zu prüfen, mit Hochdruck zu prüfen, ob alles rechtskonform war, ob es rechtlich in Ordnung war und ob es eventuell weitere Rückforderungen geben sollte. Das wird die Finanzprokuratur in der Person von Dr. Peschorn für die Republik wahrnehmen.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Weitere Zusatzfrage: Frau Abgeordnete Krisper. – Bitte.
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Guten Morgen, Herr Finanzminister! Es heißt zwar anscheinend manchmal zu Recht Fragestunde und nicht Antwortstunde, wir erhoffen uns auf die weiteren Fragen trotzdem Antworten und nicht, dass Sie sich wie auf einer Blumenwiese herauspicken, was opportun ist. (Rufe bei der ÖVP: Frage! Geh bitte! Wie ist die Frage?)
Wir haben derzeit die Situation, dass Herr Eduard Müller, der im Finanzministerium für Benko eine zentrale Rolle gespielt hat, als jetziger FMA-Vorstand das Engagement von Österreichs Banken im Signa-Konzern prüft. Das wirft Fragen in Bezug auf Vereinbarkeit und Compliance betreffend seine Eignung als FMA-Vorstand auf.
Bei einer derartigen Situation drängt sich schon eine Frage auf, aber ich möchte es auch grundsätzlicher angehen: Wie gewährleisten Sie, dass eine Exklusivbetreuung einzelner Personen, von der der normale Bürger, die normale Bürgerin nur träumen kann, durch das Finanzministerium – insbesondere mittels Druck der politischen Ebene auf die Verwaltungsebene – in Ihrer Zeit als Finanzminister nicht mehr passieren kann?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister für Finanzen Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Indem man sich an die Regeln hält. Jeder in Österreich ist gleich und wird gleich behandelt. Das ist mein Zugang.
Zu ihrer ersten Frage – es war eigentlich keine Frage, sondern eine Bemerkung von Ihnen, dass ich keine Antworten gebe –: Es hat sich, glaube ich, schon vorhin gezeigt, dass ich das relativiert habe. (Beifall bei der ÖVP.)
Darum auch die klare Antwort: Ich bekenne mich zu den Regeln und jeder hat sich an die Regeln zu halten. Es gibt keine Exklusivität für irgendjemanden (Abg. Hafenecker: Außer für den Herrn Wolf!), sondern jeder wird ganz normal nach den Regeln, die es in der Republik gibt, die vom Parlament beschlossen werden, behandelt. Das steht für mich außer Zweifel und außer Diskussion.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Weitere Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Einwallner. – Bitte.
Abgeordneter Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Das Ändern der Regeln und dass man ordentliche Regeln machen soll, ist der Beginn meiner Frage, und zwar: Jeder Häuslbauer in Österreich, jeder Bürger, jede Bürgerin, die sich eine Eigentumswohnung oder auch nur einen Kleingarten kauft, muss 3,5 Prozent Grunderwerbsteuer bezahlen. Firmenkonstrukte, wie zum Beispiel Herr Benko eines hat, nutzen ein Steuerschlupfloch, und wenn er eine Immobilie erwirbt, zahlt er nur 0,5 Prozent Grunderwerbsteuer. Ein Häuslbauer muss also siebenmal mehr Steuer zahlen als Herr Benko. Wann gedenken Sie, die Regeln so zu ändern, dass das nicht mehr möglich ist? (Beifall bei der SPÖ.)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister für Finanzen Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Mit der Grunderwerbsteuer sprechen Sie natürlich eines meiner Lieblingsthemen an. (Heiterkeit und Widerspruch bei der SPÖ.) Diese würde ich sehr gerne nach unten bringen, vor allem für das erste Eigenheim. Ich glaube, dass das ganz wichtig wäre. (Abg. Einwallner: Gerechter sollte sie werden, oder?) – Sie auch, oder? (Abg. Einwallner: Gerechter sollte sie werden! Der Herr Benko soll einmal gleich viel zahlen wie ein Häuslbauer!) – Ja, eben, und darum: Fürs erste Eigenheim würde ich das unbedingt unterstützen, um jungen Familien, jungen Menschen überhaupt wieder ein Eigenheim ermöglichen zu können, und deshalb auch die Grunderwerbsteuer – zumindest beim ersten Eigenheim – senken. Das würde ich sehr unterstützen. Also wenn Sie mir da helfen könnten: jederzeit, sehr, sehr gerne. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.)
Das nehme ich jetzt so mit. (Abg. Krainer: Das war aber nicht die Frage! Die Frage war, wieso jeder siebenmal so viel zahlt wie Benko! – Abg. Einwallner: Das war nicht die Frage!) – Du hast auch keine Frage gestellt, du hast eine - - (Abg. Einwallner: Ja, das war nicht die Frage! Wann werden die Regeln geändert, damit Investoren wie Benko und Co gleich viele Steuern zahlen müssen wie kleine Häuslbauer? – Abg. Diesner-Wais: Wenn die Häuslbauer weniger zahlen, ist es ja das Gleiche! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Genau: gleich wenig. Das ist ein guter Zugang. (Ruf bei der ÖVP: Gleich wenig!)
Mir geht es auch darum, die Steuern zu senken, und nicht darum, sie nach oben zu setzen. (Abg. Schroll: ... beim Benko raufsetzen!) Das ist, glaube ich, der richtigere Zugang: die Menschen nicht immer zu belasten, denn das bringt ja den anderen auch nichts, sondern wir müssen die Menschen entlasten. Darum halte ich Ihre Idee, für den Häuslbauer mit der Grunderwerbsteuer nach unten zu gehen, für eine sehr, sehr gute. Die werde ich gerne aufnehmen. – Danke. (Abg. Wöginger: Hat er schon aufgenommen!)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Abgeordneter Eßl. – Bitte.
Abgeordneter Franz Leonhard Eßl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Finanzminister! Die Opposition versucht natürlich immer wieder, es anders darzustellen (Abg. Schroll: Nein, ihr lasst die Häuslbauer zahlen ...!), aber die Österreicherinnen und Österreicher wissen, dass sie sich auf Sie verlassen können. (Zwischenrufe der Abgeordneten Erasim, Köllner und Schroll.) Darum die Frage: Wie stellen Sie sicher, dass die Forderungen der Steuerzahler im Insolvenzverfahren gewahrt werden? (Abg. Baumgartner – in Richtung SPÖ –: Dann hört doch ganz einfach einmal zu!)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister für Finanzen Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Ich habe jetzt nicht alles verstanden (Abg. Wöginger: Ja, ist eh klar, weil sie sich nicht benehmen können!), weil die Zwischenrufe so laut waren, aber ich glaube, es ging um die Wahrung der Interessen, wenn ich das richtig verstanden habe – es war so laut (in Richtung SPÖ weisend) von der Seite. (Abg. Erasim: Wir werden laut bleiben!)
Auf der einen Seite gibt es das normale Insolvenzverfahren, wo das Finanzamt für Großbetriebe die Interessen der Republik entsprechend vertritt und wahrt, und auf der andere Seite haben wir eben die Finanzprokuratur eingeschaltet, wobei Dr. Peschorn die Interessen der Republik wahren wird und auch prüfen wird, ob es noch andere Rückforderungen geben sollte, und diese dann auch im Sinne der Republik wahrnehmen wird.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordneter Jakob Schwarz. – Bitte.