Vom 29. September bis 3. Oktober 2025 wurde der vierte Teil der Sitzungsperiode 2025 der Parlamentarischen Versammlung des Europarats (ER-PV) in Straßburg abgehalten. Die österreichische Delegation war mit neun von insgesamt zwölf Delegationsmitgliedern vor Ort vertreten.
Im Laufe der Sitzungswoche wandten sich die folgenden Persönlichkeiten an die Mitglieder der Versammlung: Der Premierminister von Armenien Nikol Pashinyan, die Staatspräsidentin des aktuellen Vorsitzlandes Malta Myriam Spiteri Debono, der maltesische Vizepremier- und Außenminister Ian Borg sowie der Generalsekretär des Europarats Alain Berset. Außerdem wurde die Generalsekretärin der Versammlung, Despina Chatzivassiliou, für eine zweite Amtszeit von 5 Jahren wiedergewählt.
Angesichts zahlreicher Krisenherde in Europa und seiner Nachbarschaft wurden dringliche und aktuelle Debatten zu den folgenden Themen abgehalten: Demokratie, Rechtstaatlichkeit und inklusiver Dialog in der Türkei (Eröffnungsredner Bundesrat a.D. Schennach als Berichterstatter des Monitoringausschusses für die Türkei); Politische Krise in Serbien; Entwurf eines Übereinkommens zur Einrichtung einer internationalen Entschädigungskommission für die Ukraine; Russland: Neue Gefahren für die europäischen Demokratien; Dringender Aufruf zur Beendigung der verheerenden humanitären Katastrophe und der Ermordung von Journalist:innen in Gaza; sowie zur Aufrechterhaltung der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit in Georgien.
Darüber hinaus verlieh die Versammlung zum dreizehnten Mal den Václav-Havel-Preis für herausragendes zivilgesellschaftliches Engagement für die Verteidigung der Menschenrechte, dieses Jahr an den ukrainischen Journalisten und Menschenrechtsaktivisten Maksym Butkevych, welcher zwei Jahre in Russland inhaftiert war und erst im Rahmen eines Gefangenenaustauschs freigelassen wurde. In der engeren Auswahl der Jury waren außerdem die georgische Journalistin Mzia Amaghlobeli und der aserbaidschanische Journalist Ulvi Hasanli, beide befinden sich aktuell in ihren Heimatländern in Haft.
Passend dazu wurde eine jährliche Gedenkveranstaltung unter dem Titel "Victory for Viktoria" ins Leben gerufen. Sie ist nach der Journalistin Viktoria Roshchyna benannt, die während ihrer Berichterstattung über den Aggressionskrieg Russlands gegen die Ukraine nach Russland entführt, in der Haft schwer misshandelt und gefoltert wurde und dort auch verstorben ist. Damit sollen Journalist:innen geehrt werden, die ihr Leben riskieren, um die Wahrheit zu berichten, beziehungsweise jener gedacht werden, die dabei bereits ums Leben gekommen sind. Das Schicksal von Journalist:innen in Kriegsgebieten wurde sowohl am Mittwoch in einer Debatte zum Krieg gegen die Ukraine, als auch am Donnerstag in einer dringlichen Debatte zu Gaza thematisiert.
ER-PV Präsident Theodoros Rousopoulos hielt sein Eingangsstatement vor dem anlässlich des 75-jährigen Jubiläums der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) im Plenarsaal ausgestellten Originaldokument und erläuterte darauf bezugnehmend: "Die Konvention zieht die Grenzen, die niemals überschritten werden dürfen: die unantastbare Grenze gegen Folter und Sklaverei, die Grenze, die Freiheit und Sicherheit schützt, den heiligen Raum des Denkens, des Gewissens und der Religion, den offenen Horizont der Meinungsäußerung und der friedlichen Versammlung und des Zusammenkommens. Dies sind die schützenden Grenzen der Menschenwürde, die Grenzen, die wir nicht ziehen, um Menschen zu trennen, sondern um die Menschen zu verteidigen." In seiner Rede ging Rousopoulos auf historische und aktuelle Verbindungen zwischen ethischen, physischen und geografischen Grenzen ein, um dann festzustellen, dass die Arbeit der Versammlung auch darin bestehe, zu beweisen, dass Menschen nicht Gefangene geografischer Gegebenheiten sind, sondern letztere durch Institutionen, Gesetze und Dialog überwunden werden können.
Anschließend an die Rede des Premierministers von Armenien, Nikol Pashinyan, fragte Abgeordnete Bayr im Namen ihrer Fraktion nach dem Fahrplan für die Unterzeichnung des Friedensabkommens zwischen Armenien und Aserbaidschan sowie nach dessen Vereinbarkeit mit der armenischen Verfassung. In einer sehr detaillierten Antwort erläuterte der Premierminister, warum das Friedensabkommen mit der Verfassung kompatibel sei. Außerdem werde das Abkommen nach der Unterzeichnung vom Verfassungsgericht geprüft. Sollte dabei wider Erwarten doch eine Unvereinbarkeit festgestellt werden, werde er dafür sorgen, dass der Prozess zur Änderung der armenischen Verfassung eingeleitet wird.