Budgetdienst - Analysen auf Anfrage 19.12.2024

Abgabenquote in Österreich und im internationalen Vergleich

Überblick

Auf Anfrage des Abgeordneten Hubert Fuchs (FPÖ) untersuchte der Budget­dienst die Abgaben­quote und die Belastung des Faktors Arbeit in Österreich und nahm dazu auch internationale Vergleiche vor. Die Abgaben­quote belief sich im Jahr 2023 auf 43,5 % des Brutto­inlands­produkts (BIP), Abgaben iHv 23,7 % des BIP entfielen auf den Faktor Arbeit. Damit lag sowohl die gesamte Abgaben­quote als auch der Anteil der Abgaben auf Arbeit am BIP über dem Durchschnitt der EU. Das österreichische Steuer- und Transfer­system weist in den meisten Einkommens­bereichen eine hohe Grenz- und Durchschnitts­belastung und zusätzlich einige Sprung­stellen auf. Daraus ergeben sich negative Erwerbs­anreize.

Die vollständige Anfragebeantwortung zum Download:

BD - Abgabenquote in Österreich und im internationalen Vergleich / PDF, 4 MB

Kurzfassung

Die vorliegende Beantwortung einer Anfrage des Abgeordneten Hubert Fuchs durch den Budgetdienst untersucht die Abgaben­quote in Österreich und stellt sie in einen internationalen Kontext. Außerdem wird näher auf die Belastung des Faktors Arbeit durch Abgaben in Österreich eingegangen und ebenfalls ein internationaler Vergleich vorgenommen.

Die Abgabenquote belief sich im Jahr 2023 auf 43,5 % des Brutto­inlands­produkts (BIP). Damit entsprach sie dem langjährigen Durch­schnitt im Zeitraum 1995 bis 2023. Zwischen­zeitlich unterlag sie vor allem als Folge steuer­politischer Maßnahmen und der Progressions­wirkung bei der Einkommen­steuer gewissen Schwankungen. Der Anstieg der Abgaben­quote während der Konsolidierungs­phase zwischen 2010 und 2015 lag größtenteils an steuer­politischen Maßnahmen und dem Progressions­effekt. Die Steuerreform 2015/2016 führte dann zu einem deutlichen Rückgang der Abgaben­quote. In den Folge­jahren bis zum Ausbruch der COVID‑19-Krise im Jahr 2020 verzeichnete die Abgaben­quote nur einen geringen Zuwachs. Dem Progressions­effekt bei der Einkommen­steuer standen steuersenkende Maßnahmen (z. B. Einführung Familien­bonus, Lohn­nebenkosten­senkungen) gegenüber. Die sonstigen Änderungen spielten im Zeitraum 2010 bis 2020 in Summe nur eine geringe Rolle. Ab dem Jahr 2021 nahm der Effekt der sonstigen Änderungen signifikant zu und führte dazu, dass es trotz umfassender steuer­senkender Maßnahmen zu keinem deutlicheren Rückgang der Abgaben­quote kam. Dies ist überwiegend auf Sonder­faktoren im Zusammenhang mit der COVID‑19- und der Energiekrise, auf die zuletzt gestiegene Lohnquote und auf die gestiegenen Vermögens­preise zurückzuführen.

Der Effekt der sonstigen Änderungen könnte in den Folge­jahren wieder abnehmen oder sich sogar umkehren und bei einer unveränderten Politik zu einer rückläufigen Abgaben­quote führen. Aus solchen rückläufigen Einnahmen würde ein zusätzlicher Druck auf die Entwicklung der öffentlichen Finanzen entstehen.

Der internationale Vergleich der Abgaben­quote zeigt erhebliche Unterschiede. Während Frankreich, Belgien, Österreich und skandinavische Staaten hohe Abgaben­quoten aufweisen (über 40 % des BIP), liegen diese etwa in der Schweiz und osteuropäischen Ländern deutlich niedriger. Erklärende Faktoren für diese Unterschiede sind unter anderem die Ausgestaltung der sozialen Sicherungs­systeme und länder­spezifische Präferenzen hinsichtlich des Umfangs staatlicher Tätigkeit.

Auf den Faktor Arbeit entfielen im Jahr 2023 Abgaben iHv 23,7 % des BIP. Bei den Abgaben auf Arbeits­einkommen entfiel im Jahr 2023 mit insgesamt 62,1 Mrd. EUR bzw. 13,1 % des BIP der größte Teil auf Pflicht­sozial­beiträge. Das Volumen der Einkommen­steuer auf Arbeits­einkommen belief sich auf 24,4 Mrd. EUR bzw. 5,2 % des BIP, jenes aus den weiteren Steuern auf Arbeits­einkommen (v. a. Dienstgeber­beitrag zum FLAF, Kommunal­steuer) betrug 13,4 Mrd. EUR bzw. 2,8 % des BIP.

Von den bezahlten Arbeitnehmer­entgelten (Bruttolöhne und Dienstgeber­beiträge) entfielen 42,6 % auf Abgaben. Seit 2010 ist dieser Anteil leicht um 1,2 % Punkte gesunken. Dieser Rückgang der effektiven Abgaben­belastung kann primär auf eine Reduktion des Anteils der Einkommen­steuer zurückgeführt werden. Die Steuerreform 2015/2016 und weitere Maßnahmen seit 2019 (v. a. Einführung Familien­bonus, Ökosoziale Steuerreform) führten dazu, dass der Anteil der Einkommen­steuer an den Arbeitnehmer­entgelten zwischen 2016 und 2023 durchschnittlich um 0,8 %-Punkte geringer war als 2010. Im gleichen Zeitraum war auch der Anteil der sonstigen Steuern auf Arbeits­einkommen um durchschnittlich 0,4 %-Punkte niedriger als 2010. Hierfür verantwortlich sind vor allem die schrittweise Absenkung des Dienstgeber­beitrags zum FLAF und weitere Lohn­nebenkosten­senkungen (z. B. Beitrag nach dem Insolvenz-Entgeltsicherungs­gesetz). Der Anteil der Sozial­beiträge war hingegen auch zwischen 2016 und 2023 höher als im Jahr 2010.

Der Anteil der Abgaben auf Arbeit am BIP lag zuletzt deutlich über dem Durch­schnitt der Europäischen Union (EU), Österreich wies den dritthöchsten Wert innerhalb der EU auf. Ein internationaler Vergleich der Abgaben­belastung auf Haushalts­ebene bestätigt, dass der Faktor Arbeit in Österreich vergleichs­weise stark mit Steuern und Sozial­beiträgen belastet ist. Bei einem Einpersonen­haushalt ohne Kinder mit einem durchschnittlichen Jahres­brutto­einkommen fallen Abgaben iHv 47,5 % der Arbeitnehmer­entgelte an. Dies ist der dritthöchste Wert innerhalb der Gruppe europäischer OECD-Länder. Österreich liegt damit auch deutlich über dem OECD-Durchschnitt von 34,9 %. Nur in Deutschland und Belgien ist die Abgaben­belastung noch höher als in Österreich. Auch für Paare mit zwei Kindern weist Österreich mit 42,4 % eine über­durchschnittlich hohe Abgaben­belastung auf. Lediglich Belgien liegt hier vor Österreich.

Das österreichische Steuer- und Transfer­system weist in den meisten Einkommens­bereichen eine hohe Grenz- und Durchschnitts­belastung und zusätzlich einige Sprung­stellen auf. Daraus ergeben sich negative Erwerbsanreize, die im Bereich der Sprungstellen besonders stark ausgeprägt sind, weil dort ein geringer Einkommens­anstieg zu einer hohen zusätzlichen Abgaben­belastung führt. In den mittleren und oberen Einkommens­bereichen verläuft die Grenz­belastung zwischen den dargestellten Haushalts­typen recht ähnlich und liegt in den mittleren Einkommens­bereichen bei 46,7 %. Ab der Höchst­beitrags­grundlage geht die Grenz­belastung leicht zurück. In den unteren Einkommens­bereichen weist der Verlauf der Grenz­belastung größere Unterschiede zwischen den dargestellten Haushalts­typen auf, was vor allem auf Absetz­beträge für Kinder und diesbezügliche Frei­grenzen zurückzuführen ist. Besonders auffällig sind die Sprung­stellen im Zusammenhang mit dem neu eingeführten Kinder­zuschlag, dem Alleinverdiener­absetzbetrag, der Geringfügigkeits­grenze und den reduzierten Beiträgen zur Arbeitslosen­versicherung.