Budgetdienst - Analysen auf Anfrage 02.09.2024

Entwicklung der Förderungen des Bundes seit 2017

Überblick

Der Abgeordnete Kai Jan Krainer (SPÖ) ersuchte den Budget­dienst um eine Analyse zur Entwicklung der direkten und indirekten Förderungen seit 2017. Das Gesamt­förder­volumen des Bundes belief sich im Jahr 2022 auf 37,1 Mrd. EUR und war um 70 % höher als 2017. Bereinigt um temporäre Krisen­maßnahmen betrug der Anstieg 35 %. Damit stieg das Förder­volumen in diesem Zeit­raum deutlich stärker als die Verbraucher­preise (+17,2 %) bzw. das nominelle BIP (+21,1 %). Der Anteil des Förder­volumens am Brutto­inlands­produkt stieg dadurch um 2,4 %-Punkte auf 8,3 % des BIP bzw. bereinigt um Krisen­maßnahmen um 0,7 %-Punkte auf 6,6 % des BIP.

Die vollständige Anfragebeantwortung zum Download:

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Das Gesamtfördervolumen belief sich im Jahr 2022 auf 37,1 Mrd. EUR und war um 70,4 % höher als 2017. Bereinigt um Krisenmaßnahmen betrug der Anstieg 35,0 %. Damit stieg das Fördervolumen in diesem Zeitraum stärker als die Verbraucherpreise und das nominelle BIP.

Kurzfassung

Die vorliegende Anfrage­beantwortung des Budget­dienstes zu einer Anfrage des Abgeordneten Kai Jan Krainer untersucht die Entwicklung der direkten und indirekten Förderungen von 2017 bis 2023 auf Basis der Förderungs­berichte des Bundes. Das Volumen der indirekten Förderungen (Einnahmen­verzichte aus Steuer­begünstigungen) liegt derzeit nur bis zum Jahr 2022 vor, sodass das Gesamt­förder­volumen nur bis 2022 dargestellt werden kann. Bei den direkten Förderungen wird zusätzlich zum Erfolg 2023 auch das im Jahr 2024 veranschlagte Förder­volumen ausgewiesen. Die temporären Förder­maßnahmen im Zusammenhang mit der COVID‑19-Krise bzw. der Energie­krise werden gesondert dargestellt.

Gesamtvolumen der direkten und indirekten Förderungen des Bundes

Das Gesamt­fördervolumen belief sich im Jahr 2022 auf 37,1 Mrd. EUR und war um 70 % höher als 2017. Bereinigt um temporäre Krisen­maßnahmen betrug der Anstieg 35 %. Damit stieg das Förder­volumen in diesem Zeitraum deutlich stärker als die Verbraucher­preise (+17,2 %) bzw. das nominelle BIP (+21,1 %). Der Anteil des Förder­volumens am Brutto­inlands­produkt (BIP) stieg dadurch um 2,4 %-Punkte auf 8,3 % des BIP bzw. bereinigt um Krisenmaßnahmen um 0,7 %-Punkte auf 6,6 % des BIP. Insbesondere der bereinigte Anstieg ist überwiegend auf eine Ausweitung des indirekten Förder­volumens zurück­zuführen.

Diese Entwicklung zeigt, dass sowohl direkte als auch indirekte Förderungen in den letzten Jahren verstärkt als Politik­instrument genutzt wurden. Die Ausweitung des Förder­volumens betraf neben den temporären krisen­bedingten Förderungen alle wesentlichen Förder­bereiche des Bundes. Die Verschlechterung des Budget­saldos im Betrachtungs­zeit­raum seit 2017 ist zu einem maßgeblichen Teil auf das gestiegene Förder­volumen zurückzuführen. Durch das Auslaufen der temporären Maßnahmen wird dieser Effekt zwar abnehmen. Die Entwicklung des um Krisen­maßnahmen bereinigten Förder­volumens zeigt aber, dass das Förder­volumen auch strukturell angestiegen ist und den Bundes­haushalt ohne ein Gegen­steuern nachhaltig belasten wird.

Veränderung des direkten Fördervolumens seit 2017

Das direkte Förder­volumen war im Jahr 2023 mit 11,3 Mrd. EUR um 5,4 Mrd. EUR bzw. 92 % höher als im Jahr 2017. Bereinigt um Krisen­maßnahmen, die das direkte Förder­volumen um 2,7 Mrd. EUR erhöhten, betrug der Anstieg 2,7 Mrd. EUR. Der krisen­bereinigte Anstieg seit 2017 war mit 46 % stärker als jener der Verbraucher­preise (+26,3 %) bzw. des nominellen BIP (+29,5 %).

Der Anstieg des Förder­volumens betraf alle wesentlichen Förder­bereiche, wobei es in den Bereichen Klima, Umwelt und Mobilität (+786 Mio. EUR) sowie Bildung, Wissenschaft und Forschung (+535 Mio. EUR) zu besonders hohen Zuwächsen kam. Der Bundes­voranschlag (BVA) 2024 sieht eine weitere deutliche Ausweitung des direkten Förder­volumens vor allem im Bereich Klima, Umwelt und Mobilität vor.

Förderungen in der Transparenzdatenbank

In den Haushalts­daten des Bundes werden zum Teil unterschiedliche Förder­programme auf einer Budget­position zusammen­gefasst veranschlagt bzw. verrechnet. Dementsprechend eignen sie sich insbesondere für eine Betrachtung der Entwicklung der Gesamt­förder­volumina in den einzelnen Unter­gliederungen. Zum Teil können auch wesentliche Förder­bereiche herausgearbeitet werden, dies ist aber in einigen Unter­gliederungen nur auf einem hohen Aggregations­niveau möglich. Dadurch wird die Identifikation entfallener oder neu hinzugekommener Förderungen gemäß Frage­stellung erschwert. Zusätzliche Informationen zu den Auszahlungen auf Programm- bzw. Leistungs­ebene können jedoch der Transparenz­datenbank (TDB) entnommen werden. Neue und entfallene Förderungen bzw. Erhöhungen oder Reduktionen werden daher ergänzend auch anhand von Auswertungen der TDB dargestellt.

Auch auf Basis der Auszahlungs­daten der TDB stiegen die Förderungen im Zeitraum 2017 bis 2023 in allen Leistungs­kategorien stärker als die Verbraucher­preise, wobei die Anstiege durch Nach­meldungen für 2023 (Datenstichtag 31. März 2024) noch verstärkt werden können. Die höchsten absoluten Anstiege seit 2017 verzeichnen laut Haushalts­daten und TDB die Förderungen für den Austausch von Öl- und Gas­heizungen und für Photovoltaik­anlagen. Sehr hohe relative Zuwächse weisen Förderungen für den Breitband­ausbau, die Filmförderungen und für Maßnahmen für Menschen mit Behinderungen auf. Im Beobachtungs­zeitraum neu hinzugekommen sind unter anderem Förderungen für die Grüne Transformation, den Wald­fonds, für Community Nursing, die Important Projects of Common European Interest (IPCEI) oder für Halbleiter­technologien (Chips Act). Der Handwerker­bonus wurde neu auf­gelegt, der Beschäftigungs­bonus und die Investitions­zuwachs­prämie sind ausgelaufen.

In der TDB werden auch Förderungen der Bundes­länder erfasst, seit 2017 für den Pilot­bereich Umwelt und Energie. Auf Basis bislang freiwillig gemeldeter Auszahlungs­daten belaufen sich die Förderungen der Bundes­länder im Jahr 2023 im Bereich Umwelt-, Klimaschutz und Energie auf 260 Mio. EUR. Auch hier zeigt sich im Vergleich zum Jahr 2017 ein deutlicher Anstieg um 173 Mio. EUR bzw. 199 %.

Veränderung des indirekten Fördervolumens seit 2017

Das indirekte Förder­volumen war im Jahr 2022 mit 23,7 Mrd. EUR um 7,8 Mrd. EUR bzw. 49 % höher als 2017. Bereinigt um temporäre Krisen­maßnahmen, die sich im Bereich der indirekten Förderungen im Jahr 2022 auf 2,3 Mrd. EUR beliefen, betrug der Anstieg 5,5 Mrd. EUR bzw. 34 %.

Der Anstieg des um Krisen maßnahmen bereinigten indirekten Förder­volumens resultiert vor allem aus der Einführung neuer indirekter Förderungen (v. a. Familien­bonus) und aus diskretionären Erhöhungen bestehender Förderungen (v. a. Erhöhung SV-Rückerstattung und Pensionisten­absetz­betrag). Darüber hinaus trugen insbesondere makro­ökonomische Entwicklungen (v. a. Inflation, Beschäftigungs­anstieg) zum Anstieg des (nominellen) Förder­volumens bei. Die Abschaffung einiger Steuer­begünstigungen (Topf­sonder­ausgaben, Kinder­freibetrag, Abzugs­fähigkeit von Kinder­betreuungs­kosten) dämpft den Anstieg etwas.

Volumen der temporären krisenbedingten Förderungen

Ab dem Jahr 2020 erhöhten temporäre Krisen­maßnahmen das Förder­volumen signifikant. Zunächst betrafen diese vor allem die von der COVID‑19 Finanzierungs­agentur des Bundes (COFAG) abgewickelten Förder­programme (z. B. Fixkosten­zuschüsse, Ausfalls­bonus) und die Kurzarbeit bzw. bei den indirekten Förderungen den ermäßigten Umsatz­steuer­satz von 5 %. In den Jahren 2020 und 2021 erhöhten diese Maßnahmen das Förder­volumen um 12,0 Mrd. EUR sowie 14,9 Mrd. EUR. Während das Volumen der COVID‑19-Förderungen ab 2022 deutlich abnahm, erhöhten verschiedene Energie­krisen­maßnahmen das Förder­volumen. Diese umfassen bei den direkten Förderungen etwa Energie­kosten­zuschüsse an Unternehmen und bei den indirekten Förderungen die temporär gesenkten Steuer­sätze bei den Energie­abgaben. In Summe steigerten die Krisen­maßnahmen das Förder­volumen 2022 um 7,7 Mrd. EUR. In den Jahren 2023 und 2024 sind die krisen­bedingten Förderungen zwar rückläufig, belasten die öffentlichen Haushalte aber weiterhin beträchtlich.

Mittelfristige Entwicklung bis 2027 gemäß Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnung

Förderungen können auch anhand der Systematik der Volks­wirtschaftlichen Gesamt­rechnung (VGR) dargestellt werden, wobei zwischen Unternehmens­förderungen (Subventionen und Vermögens­transfers) und VGR‑Transaktionen mit Förderungs­charakter unterschieden wird, die auch sonstige laufende Transfers an Haushalte, Non-Profit-Organisationen und die EU umfassen.

Die VGR-Transaktionen mit Förderungs­charakter stiegen zwischen 2017 und 2023 deutlich stärker als das nominelle BIP, sodass ihr Anteil am BIP um 2,0 %-Punkte auf 6,9 % des BIP wuchs. Dieser Anstieg ist zu einem erheblichen Teil auf Ausgaben für temporäre Krisen­maßnahmen zurückzuführen, die in den nächsten Jahren auslaufen werden. Der Budget­prognose des BMF zufolge geht der Anteil der VGR-Transaktionen mit Förderungs­charakter am BIP dementsprechend bis 2027 auf 5,7 % des BIP zurück, liegt damit aber noch immer um 0,8 %-Punkte über dem Wert des Jahres 2017. Dieses Ergebnis stimmt mit der Analyse auf Grundlage der Förderungs­berichte überein, wonach das Förder­volumen in den letzten Jahren nicht nur krisen­bedingt, sondern auch strukturell angestiegen ist.

Die VGR‑Transaktionen mit Förderungs­charakter lagen 2023 um 0,6 %-Punkte über dem EU-Durchschnitt (6,3 % des BIP). Die enger gefassten Unternehmens­förderungen waren 2023 mit 3,6 % des BIP hingegen etwas niedriger als der Durch­schnitt der EU-Mitgliedstaaten (4,0 % des BIP).

Bereinigung von Strukturbrüchen

Das in den einzelnen Förderungs­berichten genannte Förder­volumen weist bei einem Vergleich im Zeitverlauf Strukturbrüche auf, die der Budget­dienst bereinigt hat, um rein technisch bedingte Änderungen im Förder­volumen zu vermeiden. Bei den direkten Förderungen betreffen die Struktur­brüche Änderungen der Ressort­zuständigkeiten und wechselnde Zuordnungen einzelner Maßnahmen (z. B. ESA-Programme, Zuwendungen an die EUMETSAT, Schutz­maßnahmen gegen Hoch­wasser). Der Budget­dienst hat die in den Jahren 2017 bis 2024 zwischen Unter­gliederungen umgeschichteten Budgetbereiche für die vorliegende Analyse über den gesamten Betrachtungs­zeitraum jener Untergliederung zugeordnet, in der die Verrechnung im Jahr 2024 erfolgt. Auch bei wechselnden Zuordnungen einzelner Maßnahmen wurde die aktuelle Zuordnung für den gesamten Zeitraum herangezogen. Im Bereich der indirekten Förderungen kommt es aufgrund von Schätz­revisionen beim ermäßigten Umsatz­steuer­satz und der Gruppen­besteuerung sowie einer Doppel­zählung im Zusammenhang mit dem Teuerungsabsetzbetrag zu Struktur­brüchen, die ebenfalls bereinigt wurden.

Aussagekraft des in den Förderungsberichten ausgewiesenen Fördervolumens

Die Aussagekraft des in den Förderungs­berichten dargestellten Gesamtförder­volumens wird bei den direkten Förderungen häufig durch die formale Organisation einzelner Politik­bereiche beeinflusst. Tritt der Bund als Eigentümer auf (z. B. Bundes­theater und ‑museen, Universitäten, Forschungs­einrichtungen), leistet er Basis­abgeltungen, die nicht als Förderungen gelten. Transfers an wirtschaftlich vergleichbare Unternehmen außerhalb des Bundes­eigentums (z. B. Volkstheater, Fachhoch­schulen) werden hingegen als Förderung klassifiziert. Darüber hinaus wirken sich die (teilweise wechselnden) Zuordnungen wirtschafts­politischer Maßnahmen auf die Aussage­kraft des Förder­volumens aus. Der Klima­bonus und der Energiekosten­ausgleich waren im Förderungsbericht 2021 noch als Förderungen angeführt, während sie im Förderungsbericht 2022 kein Teil der Förderungen mehr waren. Der Stromkosten­zuschuss für Haushalte (Strompreis­bremse) wird in der Haushalts­verrechnung des Bundes nicht als Förderung klassifiziert. In der VGR werden der Stromkosten­zuschuss für Haushalte und der Energie­kosten­ausgleich als Subventionen an Unternehmen und der Klima­bonus als sonstiger laufender Transfer kategorisiert, sie zählen somit zu den Transaktionen mit Förderungs­charakter.

Im Bereich der indirekten Förderungen ist die Aussage­kraft des ausgewiesenen Gesamt­förder­volumens beschränkt, da fast ein Drittel der angeführten Steuer­begünstigungen nicht quantifiziert wird und wesentliche Steuer­begünstigungen nicht im Förderungs­bericht enthalten sind (z. B. "Dieselprivileg", steuerliche Maßnahmen zur Förderung der Elektro­mobilität, Homeoffice-Pauschale). Aus den Veränderungen im Zeitverlauf, auf denen der Fokus dieser Anfrage­beantwortung liegt, lassen sich aber dennoch Aussagen über das Ausmaß der Nutzung von Förderungen als Politik­instrument ableiten.