Budgetdienst - Analysen auf Anfrage 20.01.2015

EuGH-Urteil zur Anrechnung von Vordienstzeiten

Überblick

Die Abgeordnete Kathrin Nachbauer (Team Stronach) ersuchte den Budget­dienst bezugnehmend auf einen Zeitungs­artikel vom 18. Dezember 2014 mit dem Titel "Brisantes Urteil: Nachzahlung für Beamte könnte drei Milliarden kosten" um Prüfung der geschilderten Causa und Einschätzung etwaiger budgetärer Auswirkungen. Der Europäische Gerichts­hof stellte mit Urteil vom 11. November 2014 fest, dass die im Jahr 2010 erfolgte Neu­regelung zur Anrechnung von Vordienst­zeiten für Beamte und Vertrags­bedienstete weiterhin altersdiskriminierend wirkt (Ungleich­behandlung von Zeiten vor und nach dem 18. Lebens­jahr) und daher nicht mit dem EU‑Recht vereinbar ist. Die budgetären Auswirkungen des Urteils sind von der konkreten nationalen Neu­regelung abhängig, weil bei der Festlegung geeigneter Maßnahmen ein weites Ermessen besteht.

Die vollständige Anfragebeantwortung zum Download:

BD - Anfragebeantwortung zum EuGH-Urteil zur Anrechnung von Vordienstzeiten / PDF, 351 KB

Kurzfassung

Aufgrund eines Vorabentscheidungs­ersuchens des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) stellte der Europäische Gerichtshof (EuGH) in der Rechtssache Schmitzer mit Urteil vom 11. November 2014 fest, dass die im Jahr 2010 erfolgte Neu­regelung zur Anrechnung von Vordienstzeiten für Beamte und Vertrags­bedienstete weiterhin alters­diskriminierend wirkt (Ungleich­behandlung von Zeiten vor und nach dem 18. Lebensjahr) und daher nicht mit dem EU‑Recht vereinbar ist. Die Entscheidung des VwGH über die konkreten Rechtsfolgen im Einzelfall ist derzeit noch ausständig.

Um den zeitlichen Druck für eine europarechts­konforme Neuregelung zu verringern, erfolgte im Dezember 2014 ein gesetzlicher Verjährungs­verzicht für allfällige Ansprüche infolge des EuGH‑Urteils gegenüber den Dienstnehmer:innen ab dem Tag der Urteils­verkündung.

Der EuGH hat wiederholt entschieden, dass die Mitgliedstaaten bei der Entscheidung darüber, welches konkrete Ziel sie im Bereich der Arbeits- und Sozialpolitik verfolgen wollen und bei der Festlegung der dazu geeigneten Maßnahmen über ein weites Ermessen verfügen. Die budgetären Auswirkungen des Urteils sind daher von der konkreten nationalen Neuregelung abhängig.

In der Sitzung des Verfassungsausschusses vom 19. Jänner 2015 wurde nunmehr ein Abänderungs­antrag der Abgeordneten Peter Wittmann, Wolfgang Gerstl, Kolleginnen und Kollegen zur Regierungs­vorlage 454 d.B. eingebracht, der eine grundlegende Anpassung des Besoldungs­systems der Bundesbediensteten und insbesondere der Anrechnungs­regelungen vorsieht. Die Regelung soll sowohl alte als auch neue Bundes­bedienstete umfassen. Der umfangreiche Abänderungs­antrag enthält zwar eine Begründung (insbesondere die Notwendigkeit einer raschen Erledigung zur Herstellung von Rechts­sicherheit), jedoch keine Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen und keine Angaben zu den budgetären Folgewirkungen, wie dies für Regierungs­vorlagen in Form einer Wirkungs­orientierten Folgen­abschätzung und eines Begutachtungs­entwurfs vorgesehen wäre.

Im Verfassungsausschuss ging die Staats­sekretärin von der Kosten­neutralität des Abänderungs­antrages aus. Es ist davon auszugehen, dass das neue Besoldungs­modell eine Verschiebung des Personal­aufwandes aus 2015 in die Folge­jahre bewirken wird, weil die Gehalts­steigerungen mit Vorrückungs­termin 1. Juli 2015 geringer ausfallen und erst nachfolgend ausgeglichen werden. Innerhalb des minimalen Zeit­rahmens zwischen Einbringung des Abänderungs­antrages und geplanter Beschluss­fassung im Plenum kann auf Basis der vorliegenden Unterlagen jedoch keine endgültige Validierung der Kosten­neutralität des Modells bzw. der zeitlichen Zahlungs­verläufe vorgenommen werden.