In der Beantwortung einer Anfrage zur langfristigen fiskalischen Wirkung der zwischen 2017 und 2019 erfolgten Pensionsbeschlüsse werden die Pensionsanpassungsgesetze 2018, 2019 und 2020, die Maßnahmen für Bezieher:innen von Ausgleichszulagen, der neu eingeführte Pensionsbonus, die Aufhebung der Wartefrist für die erste Pensionsanpassung sowie der Entfall von Abschlägen bei vorzeitigen Alterspensionen behandelt. In der Studie werden zunächst für die angeführten Kategorien jeweils die neuen rechtlichen Regelungen und die dadurch bewirkten Veränderungen gegenüber der geltenden Rechtslage, insbesondere im Hinblick auf die Auswirkungen der Maßnahmen auf die Pensionshöhe, dargestellt.
Die finanziellen Auswirkungen der jeweiligen gesetzlichen Regelungen werden für die davon betroffenen Personen auf individueller Ebene dargestellt. Dazu werden die Veränderung des Nettojahreseinkommens sowie die Gegenwartswerte für die Veränderung des Nettolebenseinkommens und aller daraus insgesamt resultierenden fiskalischen Kosten pro Person in Abhängigkeit von der Pensionshöhe sowie anhand typischer Beispielfälle berechnet. Die gesamtstaatlichen fiskalischen Kosten resultieren dabei aus höheren Pensionsleistungen, die dadurch bedingten höheren Krankenversicherungsbeiträge (KV-Beiträge) und Einkommenssteuern werden aber gegengerechnet. Dabei wird zunächst angenommen, dass es zu keinen Verhaltensänderungen, insbesondere zu keiner Änderung der Entscheidung über den Zeitpunkt des Pensionsantritts kommt.
Von den Regelungen gehen für die einzelnen Personen jedoch teilweise starke Anreizeffekte aus, den Pensionsantritt vorzuziehen oder teilweise auch nach hinten zu verschieben (z. B. um die erforderlichen Monate für eine Abschlagsfreiheit zu erreichen). Durch unterschiedliche Voraussetzungen der Regelungen (z. B. hinsichtlich der Anrechenbarkeit des Präsenz- bzw. Zivildienstes) können dabei einzelne Versicherungsmonate die Pensionsleistung und das Nettolebenseinkommen stark verändern. Die Darstellung wird daher um eine Analyse der durch die Anreizwirkungen der neuen Regelungen erwartbaren Verhaltensänderungen ergänzt.
Zur Beantwortung der konkreten Fragestellung werden sodann die in den Abschnitten ermittelten Kosten unter Berücksichtigung von Verhaltensänderungen mit der Anzahl der im jeweiligen Jahr betroffenen Personen gewichtet und somit die aggregierten fiskalischen Auswirkungen auf gesamtstaatlicher Ebene (Differenz aus höheren Pensionsleistungen und dadurch bedingten höheren Sozialversicherungsbeiträgen und Einkommensteuern) berechnet. Für die Berechnungen wird von der im Jahr 2020 gültigen Rechtslage ausgegangen und bis zum Ende der Betrachtungsperiode im Jahr 2050 eine unveränderte Politik unterstellt. Alle für die Jahre ab 2021 berechneten nominellen Beträge sind inflationsbereinigt zu den Preisen des Jahres 2020 dargestellt.
Die von der Studie umfassten Maßnahmen führen zu Mehrausgaben im Jahr 2020 iHv knapp 700 Mio. EUR. Mehr als die Hälfte davon ist mit 366 Mio. EUR auf die über dem gesetzlichen Anpassungsfaktor (im Wesentlichen die Inflationsrate) liegenden Anpassungen der Pensionen in den Jahren 2018 bis 2020 zurückzuführen. Für die stärkere Erhöhung der Ausgleichszulagen und den 2020 eingeführten Pensionsbonus fallen Mehrausgaben iHv 147 Mio. EUR an. Durch die abschlagsfreie vorzeitige Alterspension nach 45 Beitragsjahren steigen die geschätzten Pensionszahlungen 2020 um weitere 115 Mio. EUR und wegen des Entfalls der Wartefrist für die erste Pensionserhöhung nochmals um 43 Mio. EUR. Langfristig werden sich die jährlichen Mehrausgaben durch den Entfall der Wartefrist und die abschlagsfreie vorzeitige Alterspension deutlich erhöhen, weil jedes Jahr zusätzliche Personen davon profitieren. Bei den Pensionsanpassungsgesetzen fallen die Mehrausgaben hingegen, weil die betroffenen Personen entsprechend der Lebenserwartung zunehmend versterben. Insgesamt werden die jährlichen Mehrausgaben im Jahr 2050 etwa 2,9 Mrd. EUR betragen.
Den Mehrausgaben stehen auch einnahmenseitige Effekte gegenüber. Einerseits erhöhen die gestiegenen Pensionszahlungen auch die Beiträge zur Krankenversicherung sowie die Einzahlungen aus der Einkommensteuer. Andererseits führt der Entfall der Abschläge bei einem vorzeitigen Pensionsantritt im Durchschnitt zu einem früheren Austritt aus dem Erwerbsleben und reduziert damit die Anzahl der Beschäftigten, wodurch es zu Mindereinnahmen bei den Sozialversicherungsbeiträgen und der Einkommensteuer kommt. Im Jahr 2020 kommt es insgesamt zu geschätzten Mehreinnahmen iHv 50 Mio. EUR. Langfristig wachsen vor allem die Mehreinzahlungen aus SV-Beiträgen und Einkommensteuer als Folge des Entfalls der Wartefrist und der abschlagsfreien Pension beträchtlich, weil eine zunehmende Anzahl an Pensionist:innen deshalb eine höhere Pension bezieht. Insgesamt werden die jährlichen Mehreinnahmen im Jahr 2050 knapp 800 Mio. EUR betragen.
Daraus werden sich im Jahr 2020 auf gesamtstaatlicher Ebene fiskalische Kosten iHv 621 Mio. EUR bzw. 0,15 % des BIP ergeben. Die jährlichen fiskalischen Kosten werden in der Folge kontinuierlich anwachsen und im Jahr 2050 voraussichtlich rd. 2,1 Mrd. EUR bzw. 0,36 % des BIP betragen.