Budgetdienst - Anfragebeantwortungen 11.03.2020

Fiskalische Wirkung der Pensionsbeschlüsse zwischen 2017 und 2019

Anfragebeantwortung des Budgetdienstes

Überblick

Die Abgeordnete Karin Doppelbauer (NEOS) ersuchte den Budget­dienst um eine Kurz­studie zur fiskalischen Wirkung der Pensions­beschlüsse 2017 bis 2019. In der Anfrage­beantwortung werden die Pensions­anpassungs­gesetze 2018, 2019 und 2020, die Maßnahmen für Bezieher:innen von Ausgleichs­zulagen, der neu ein­geführte Pensions­bonus, die Aufhebung der Warte­frist für die erste Pensions­anpassung sowie der Entfall von Abschlägen bei vorzeitigen Alters­pensionen behandelt. Die Auswirkungen werden zunächst auf Personen­ebene dargestellt, wobei auch die von neuen Regelungen ausgehenden Anreiz­effekte einbezogen werden. Daraus werden dann die fiskalischen Wirkungen auf gesamt­staatlicher Ebene bis zum Jahr 2050 abgeschätzt.

Die vollständige Anfragebeantwortung zum Download:

BD - Anfragebeantwortung zur fiskalischen Wirkung der Pensionsbeschlüsse zwischen 2017 und 2019 / PDF, 2 MB

Kurzfassung

In der Beantwortung einer Anfrage zur langfristigen fiskalischen Wirkung der zwischen 2017 und 2019 erfolgten Pensions­beschlüsse werden die Pensions­anpassungs­gesetze 2018, 2019 und 2020, die Maßnahmen für Bezieher:innen von Ausgleichs­zulagen, der neu eingeführte Pensions­bonus, die Auf­hebung der Warte­frist für die erste Pensions­anpassung sowie der Ent­fall von Abschlägen bei vorzeitigen Alters­pensionen behandelt. In der Studie werden zunächst für die angeführten Kategorien jeweils die neuen rechtlichen Regelungen und die dadurch bewirkten Veränderungen gegen­über der geltenden Rechts­lage, insbesondere im Hinblick auf die Aus­wirkungen der Maßnahmen auf die Pensions­höhe, dargestellt.

Die finanziellen Aus­wirkungen der jeweiligen gesetzlichen Regelungen werden für die davon betroffenen Personen auf individueller Ebene dargestellt. Dazu werden die Veränderung des Netto­jahres­einkommens sowie die Gegenwarts­werte für die Veränderung des Netto­lebens­einkommens und aller daraus insgesamt resultierenden fiskalischen Kosten pro Person in Ab­hängigkeit von der Pensions­höhe sowie anhand typischer Beispiel­fälle berechnet. Die gesamt­staatlichen fiskalischen Kosten resultieren dabei aus höheren Pensions­leistungen, die dadurch bedingten höheren Kranken­versicherungs­beiträge (KV-Beiträge) und Einkommens­steuern werden aber gegen­gerechnet. Dabei wird zunächst angenommen, dass es zu keinen Verhaltens­änderungen, insbesondere zu keiner Änderung der Entscheidung über den Zeit­punkt des Pensions­antritts kommt.

Von den Regelungen gehen für die einzelnen Personen jedoch teil­weise starke Anreiz­effekte aus, den Pensions­antritt vorzuziehen oder teil­weise auch nach hinten zu verschieben (z. B. um die erforderlichen Monate für eine Abschlags­freiheit zu erreichen). Durch unter­schiedliche Voraus­setzungen der Regelungen (z. B. hinsichtlich der Anrechenbarkeit des Präsenz- bzw. Zivil­dienstes) können dabei einzelne Versicherungs­monate die Pensions­leistung und das Netto­lebens­einkommen stark verändern. Die Darstellung wird daher um eine Analyse der durch die Anreiz­wirkungen der neuen Regelungen erwartbaren Verhaltens­änderungen ergänzt.

Zur Beantwortung der konkreten Frage­stellung werden sodann die in den Ab­schnitten ermittelten Kosten unter Berück­sichtigung von Verhaltens­änderungen mit der Anzahl der im jeweiligen Jahr betroffenen Personen gewichtet und somit die aggregierten fiskalischen Aus­wirkungen auf gesamt­staatlicher Ebene (Differenz aus höheren Pensions­leistungen und dadurch bedingten höheren Sozial­versicherungs­beiträgen und Einkommen­steuern) berechnet. Für die Berechnungen wird von der im Jahr 2020 gültigen Rechts­lage aus­gegangen und bis zum Ende der Betrachtungs­periode im Jahr 2050 eine unveränderte Politik unterstellt. Alle für die Jahre ab 2021 berechneten nominellen Beträge sind inflations­bereinigt zu den Preisen des Jahres 2020 dar­gestellt.

Die von der Studie umfassten Maßnahmen führen zu Mehr­ausgaben im Jahr 2020 iHv knapp 700 Mio. EUR. Mehr als die Hälfte davon ist mit 366 Mio. EUR auf die über dem gesetzlichen Anpassungs­faktor (im Wesentlichen die Inflations­rate) liegenden Anpassungen der Pensionen in den Jahren 2018 bis 2020 zurück­zu­führen. Für die stärkere Erhöhung der Ausgleichs­zulagen und den 2020 eingeführten Pensions­bonus fallen Mehr­ausgaben iHv 147 Mio. EUR an. Durch die abschlags­freie vorzeitige Alters­pension nach 45 Beitrags­jahren steigen die geschätzten Pensions­zahlungen 2020 um weitere 115 Mio. EUR und wegen des Ent­falls der Warte­frist für die erste Pensions­erhöhung nochmals um 43 Mio. EUR. Lang­fristig werden sich die jährlichen Mehr­ausgaben durch den Entfall der Warte­frist und die abschlags­freie vorzeitige Alters­pension deutlich erhöhen, weil jedes Jahr zusätzliche Personen davon profitieren. Bei den Pensions­anpassungs­gesetzen fallen die Mehr­ausgaben hingegen, weil die betroffenen Personen entsprechend der Lebens­erwartung zunehmend versterben. Insgesamt werden die jährlichen Mehr­ausgaben im Jahr 2050 etwa 2,9 Mrd. EUR betragen.

Den Mehr­ausgaben stehen auch einnahmen­seitige Effekte gegenüber. Einer­seits erhöhen die gestiegenen Pensions­zahlungen auch die Beiträge zur Kranken­versicherung sowie die Einzahlungen aus der Einkommen­steuer. Anderer­seits führt der Ent­fall der Ab­schläge bei einem vorzeitigen Pensions­antritt im Durch­schnitt zu einem früheren Austritt aus dem Erwerbs­leben und reduziert damit die Anzahl der Beschäftigten, wodurch es zu Minder­einnahmen bei den Sozial­versicherungs­beiträgen und der Einkommen­steuer kommt. Im Jahr 2020 kommt es insgesamt zu geschätzten Mehr­einnahmen iHv 50 Mio. EUR. Lang­fristig wachsen vor allem die Mehr­einzahlungen aus SV-Beiträgen und Einkommen­steuer als Folge des Entfalls der Warte­frist und der abschlags­freien Pension beträchtlich, weil eine zunehmende Anzahl an Pensionist:innen deshalb eine höhere Pension bezieht. Insgesamt werden die jährlichen Mehr­einnahmen im Jahr 2050 knapp 800 Mio. EUR betragen.

Daraus werden sich im Jahr 2020 auf gesamt­staatlicher Ebene fiskalische Kosten iHv 621 Mio. EUR bzw. 0,15 % des BIP ergeben. Die jährlichen fiskalischen Kosten werden in der Folge kontinuierlich anwachsen und im Jahr 2050 voraus­sichtlich rd. 2,1 Mrd. EUR bzw. 0,36 % des BIP betragen.