Budgetdienst - Anfragebeantwortungen 05.04.2023

Kosten der Neuregelung bei der Angleichung des Frauenpensionsalters

Anfragebeantwortung vom 5. April 2023

Überblick

Der Abgeordnete Gerald Loacker (NEOS) ersuchte den Budgetdienst um eine Kurzstudie zu den budgetären Kosten, die durch eine Änderung bei der Angleichung des Frauenpensionsantrittsalter entstehen. Von der Neuregelung betroffen sind im Dezember bzw. im Juni geborene Frauen der Jahrgänge 1963 bis 1968, deren Regelpensionsalter um ein halbes Jahr geringer wird. In der Analyse werden die geschätzten Auswirkungen auf ihre Einkommen und ihren Pensionsantritt dargestellt. Die daraus abgeleiteten fiskalischen Gesamtkosten betragen 740 Mio. EUR (inflationsbereinigt zu Preisen von 2023), wovon der Großteil in den Jahren 2024 bis 2033 anfällt.

Die vollständige Analyse zum Download:

BD - Anfragebeantwortung zu den Kosten der Neuregelung bei der Angleichung des Frauenpensionsalters / PDF, 1412 KB

BD - Anfragebeantwortung zu den Kosten der Neuregelung bei der Angleichung des Frauenpensionsalters (barrierefreie Version) / PDF, 1628 KB

Kurzfassung

Anpassung der gesetzlichen Regelungen

Die vorliegende Analyse zu einer Anfrage des Abgeordneten Gerald Loacker untersucht die fiskalischen Kosten einer im Februar 2023 beschlossenen gesetzlichen Anpassung bei der Angleichung des gesetzlichen Pensions­antrittsalters von Frauen (Regelpensionsalter) an jenes der Männer. Das Bundesverfassungsgesetz über unter­schiedliche Altersgrenzen von männlichen und weiblichen Sozialversicherten aus dem Jahr 1992 sieht vor, dass beginnend mit 1. Jänner 2024 für weibliche Versicherte die Altersgrenze für die Alters­pension jährlich bis 2033 mit 1. Jänner um sechs Monate zu erhöhen ist. Da gemäß den sozialversicherungsrechtlichen Regelungen der Pensions­stichtag immer der nächst­folgende Monatserste ist, hätten bereits Frauen, die ab dem 2. Dezember 1963 geboren sind, ein höheres gesetzliches Pensionsantrittsalter gehabt. Um unter­schiedliche Interpretationsmöglichkeiten zur verfassungskonformen Umsetzung zu vermeiden, wurden die gesetzlichen Regelungen so angepasst, dass im Dezember bzw. Juni geborene Frauen der Jahrgänge 1963 bis 1968 im Vergleich zur bisherigen Aus­legung des Sozialministeriums und der Pensionsversicherungsträger nun ein um ein halbes Jahr geringeres Regelpensionsalter haben.

Anreiz- und Wirkungsmechanismen der Gesetzesänderung

Die fiskalischen Kosten werden maßgeblich von den Auswirkungen der Maßnahme auf das Pensionsantrittsverhalten der betroffenen Frauen und den damit verbundenen Auswirkungen auf die Pensionshöhe bestimmt. Durch ein Vorziehen des Pensions­antritts verlängert sich die Bezugsdauer und es entfallen die staatlichen Einnahmen aus einer dadurch früher beendeten Erwerbstätigkeit. Darüber hinaus führt ein niedrigeres Regelpensionsalter zu geringeren Abschlägen bei einem vorzeitigen Pensionsantritt bzw. zu höheren Zuschlägen bei einem Antritt nach dem Regelpensionsalter.

Insbesondere Frauen der ersten betroffenen Kohorten (Geburtsmonate) mit einem Regelpensionsalter bis 62 Jahren sowie Frauen, die keine vorzeitige Alterspension (Korridorpension, Langzeitversichertenpension, Schwerarbeitspension, Invaliditäts­pension) in Anspruch nehmen (können), werden ihren Pensionsantritt tendenziell vorziehen. Frauen, die bereits bisher einen Antritt vor dem Regelpensionsalter planten, werden ihr Antritts­verhalten hingegen kaum anpassen, profitieren allerdings von nunmehr geringeren Abschlägen. Diese Mechanismen gelten insbesondere für die etwa 70 % der Frauen, die vor Antritt der Pension erwerbstätig sind, d. h. nicht aus der Arbeitslosigkeit oder einer Nichtversicherung in die Pension übertreten. Jene 30 % der Frauen, die vor dem Pensions­antritt eine Leistung aus der Arbeitslosenversicherung beziehen oder nicht pensions­versichert sind, werden den Pensionsantritt in der Regel soweit wie möglich vorziehen.

Die Pensionshöhe der betroffenen Frauen steigt im Durchschnitt an. Bei jenen Frauen, die ihren Pensionsantritt vorziehen, sinken die Pensionen zwar grundsätzlich wegen der kürzer geleisteten Pensionsbeiträge. Allerdings erreichen die betroffenen Frauen das Regelpensionsalter vor der Neuregelung im Juli und nach der Neuregelung im Jänner. Bei Pensionsantritten ab dem Jahr 2025 erhalten sie dann wegen der Aliquotierung eine höhere erste Pensionsanpassung bei einem früheren Pensionsantritt, sodass die Pensionen ab dem zweiten Jahr höher sind. Bei Frauen mit einem unveränderten Pensionsantritt führen geringere Abschläge bzw. höhere Zuschläge zu einer höheren Pension.

Fiskalische Kosten der gesetzlichen Anpassungen

Der Budgetdienst schätzt die Auswirkungen der Neuregelung mit einem mikro­ökonomischen Modell. Insgesamt sind von der Maßnahme in etwa 53.800 Frauen betroffen. Das Pensionsantrittsalter dieser Frauen sinkt den Modell­rechnungen zufolge um durchschnittlich 3,7 Monate.

Fiskalische Effekte bei den Ausgaben und Einnahmen werden auf gesamtstaatlicher Ebene betrachtet. Für die Berechnungen wird von der im Jahr 2023 gültigen Rechts­lage ausgegangen. Bezüglich der ersten Pensionserhöhung wird bereits die im März 2023 beschlossene Aussetzung der Aliquotierung berücksichtigt, sodass bei Pensions­antritten in den Jahren 2023 und 2024 eine volle Pensionserhöhung und bei Antritten ab 2025 eine aliquote erste Pensions­erhöhung in Abhängigkeit vom Monat des Pensionsstichtags erfolgt. Die Ergebnisse werden inflationsbereinigt zu den Preisen des Jahres 2023 dargestellt.

Die gesetzlichen Anpassungen verursachen den Berechnungen des Budgetdienstes zufolge gesamtstaatliche fiskalische Kosten von insgesamt 740 Mio. EUR, die über­wiegend im Zeitraum bis 2033 auftreten. Ab 2034, wenn alle Jahrgänge das Regel­pensionsalter erreicht haben, sind die fiskalischen Kosten der Maß­nahme gering, es handelt sich daher um eine temporäre und nicht um eine strukturell wirkende Maßnahme.

Die fiskalischen Kosten sind jeweils im Jahr des erreichten Regelpensionsalters am höchsten, weil ein großer Teil der fiskalischen Kosten aus dem Vorziehen der Pensions­antritte resultiert. Dadurch verlängert sich die Bezugsdauer im Jahr des Pensions­antritts und es kommt in dieser Phase zu geringeren Einnahmen aus der Besteuerung der Erwerbs­einkommen. Der Effekt des vorgezogenen Pensionsantritts ist bei den ersten Kohorten am stärksten, weil diese kaum eine Möglichkeit haben eine vorzeitige Alterspension in Anspruch zu nehmen und somit ihr Antrittsverhalten stärker mit dem angepassten Regelpensionsalter verändern.

Die gesamtstaatlichen Mehrausgaben iHv insgesamt 606 Mio. EUR resultieren aus höheren Pensionszahlungen (+635 Mio. EUR) infolge der längeren Bezugsdauer und der etwas höheren Pensionen. Im Zeitraum bis 2033 kommt es durch geringere Zahlungen an Arbeitslose (‑29 Mio. EUR) zu einem leicht gegenläufigen Effekt.

Die gesamtstaatlichen Mindereinnahmen belaufen sich auf 134 Mio. EUR. Sie resultieren aus dem geringeren Abgaben­aufkommen aus Erwerbseinkommen aufgrund der vorgezogenen Pensionsantritte, das durch Mehreinnahmen infolge der höheren Pensionen nicht ausgeglichen wird.

Im aktuell gültigen Bundesfinanzrahmengesetz (BFRG) 2023‑2026 sind die budgetären Auswirkungen dieser Maßnahme nicht berücksichtigt. Allerdings sind die erwarteten Mehrauszahlungen in Relation zu den Gesamt­auszahlungen der UG 22‑Pensions­versicherung vergleichsweise gering (durchschnittlich etwa 0,3 % der erwarteten Auszahlungen der UG 22). Da die Auszahlungsobergrenzen der UG 22 variabel sind, kann ein allfälliger Mehrbedarf ohne eine Anpassung der gesetzlichen Planwerte bedeckt werden.