Budgetdienst - Anfragebeantwortungen 13.10.2015

Steigende Flüchtlingszahlen

Kurzfassung

Die Flüchtlingsströme haben in den letzten beiden Jahren zu einem deutlichen Anstieg der Asyl­anträge gegenüber den Vorjahren geführt. Im laufenden Jahr haben mit Ende September 2015 bereits 55.248 Personen in Österreich Asyl beantragt, im Gesamt­jahr 2014 wurden 28.064 Asyl­anträge verzeichnet. In den letzten Wochen haben über 200.000 Personen als "Transit­flüchtlinge" die österreichischen Grenzen überschritten und mussten versorgt und weitertransportiert werden. Die aktuelle Flüchtlings­krise ist für Österreich daher mit großen Heraus­forderungen verbunden.

Für die Betreuung und Integration von Flüchtlingen erbringen mehrere Bundes­ministerien sowie die Länder und Gemeinden Leistungen, die zu einem entsprechenden Ressourcen­bedarf führen. Aus den Rechen­werken der Gebiets­körperschaften sind die erforderlichen Beträge zumeist nicht zu erkennen, weil sie Teil von anderen Budgetpositionen und nicht gesondert ausgewiesen sind. Es gibt daher derzeit weder auf Bundes­ebene noch auf gesamt­staatlicher Ebene einen einigermaßen vollständigen Überblick über die Gesamt­leistungen und -kosten. Auch aus den in der Vorbemerkung genannten Gründen kann die Anfrage derzeit nicht umfassend beantwortet werden.

Im Hinblick auf die anstehende Budget­debatte hat der Budgetdienst jedoch die wesentlichen Grund­lagen zur Beurteilung der budgetären Auswirkungen der Flüchtlings­krise auf die öffentlichen Haushalte Österreichs dargestellt und die bedeutendsten Kosten­faktoren identifiziert. Soweit verfügbar, wurden diese auch für die letzten beiden Jahre sowie für das laufende Budgetjahr beziffert (siehe dazu die Ausführungen zu den einzelnen Bundes­ministerien). Dabei sind insbesondere die folgenden Positionen mit besonderen budgetären Auswirkungen auf den Bund bzw. die Länder hervorzuheben:

  • Grundversorgung
  • Bedarfsorientierte Mindestsicherung
  • Arbeitsmarktförderungsmaßnahmen
  • Abwicklung der Asylverfahren
  • Grenz- und Assistenzeinsatz
  • Aufwendungen und Förderungen für die Betreuung der "Transitflüchtlinge"
  • Unterricht und Integration der Pflichtschüler:innen

Aufgrund der aktuellen und sich ständig verändernden Entwicklungen liegen dem Budgetdienst für das Gesamt­jahr 2015 und für die Budgetierung 2016 noch keine belastbaren Zahlen­angaben vor. Teilweise sind die Kosten auch nicht genau prognostizierbar, weil sie maßgeblich von den angenommenen Asylwerber­zahlen abhängen. Im Rahmen seiner Budget­rede am 14. Oktober 2015 wird der Bundes­minister für Finanzen dazu für 2015 und 2016 neue Zahlen vorlegen.

Einen guten Indikator für die gesamtstaatliche Budget­belastung könnten jene BIP-Anteile bilden, die nach Auffassung des Bundesministers für Finanzen aus dem strukturellen Defizit ausgeklammert werden sollten, weil es sich bei der aktuellen Flüchtlings­krise um eine Notlage bzw. Einmal­maßnahmen im Sinne des Stabilitäts- und Wachstums­paktes handle. Medien­berichten zufolge bezifferte der Bundesminister für Finanzen die zusätzlichen Kosten der Flüchtlings­krise 2015 mit rd. 350 Mio. EUR (rd. 0,1 % des BIP) und 2016 mit rd. 1 Mrd. EUR (rd. 0,3 % des BIP). Eine besondere Herausforderung stellen dabei insbesondere auch die Kosten der bedarfsorientierten Mindestsicherung für Asylberechtigte dar, weil dazu praktisch keine aggregierten Daten verfügbar sind.

Aus budgetärer Sicht kommen insbesondere dem raschen Abschluss der Asyl­verfahren und einer gelungenen Integration in den Arbeits­markt besondere Bedeutung zu. Eine noch weitgehend unbekannte Größe stellen die Kosten der Familien­zusammen­führung dar, weil dazu keine Schätzungen vorliegen. Neben den budgetären Kosten für die öffentlichen Haushalte wären aus ökonomischer Sicht jedenfalls auch die kurz- und langfristigen volkswirtschaftlichen Auswirkungen (z. B. Konjunktur­effekte, Beitrag der Zuwanderung für soziale Sicherungs­systeme, Auswirkungen auf dem Arbeits­markt) zu betrachten.