Die Gesamthaftungen des Bundes (brutto, nicht konsolidiert) für Kapital betrugen Ende Dezember 2021 insgesamt rd. 100,5 Mrd. EUR und verringerten sich im Vergleich zum Vorjahr um 0,9 Mrd. EUR (‑0,9 %). Der Rückgang des Haftungsstandes 2021 um 1,7 Mrd. EUR ist vor allem auf die Bundeshaftungen für den Infrastrukturbereich (ÖBB-Infrastruktur AG, EUROFIMA und ASFINAG) zurückzuführen. Ein Anstieg erfolgte hingegen bei den Haftungen für Leihgaben an Bundesmuseen iHv 1,3 Mrd. EUR. Die COVID‑19-Haftungen stiegen gegenüber dem Vorjahr nur leicht um 247,2 Mio. EUR bzw. 4,7 %.
Im Jahr 2021 wurden Haftungen iHv 23,0 Mrd. EUR neu übernommen. Die Neuübernahmen haben sich gegenüber 2020 durch deutlich geringere Neuübernahmen von COVID‑19-Haftungen um 7,5 Mrd. EUR reduziert. Die Neuübernahmen von COVID‑19-Haftungen sind von 5,9 Mrd. EUR auf 0,6 Mrd. EUR markant gesunken. Das Ausmaß der Staatshaftungen gemäß Sixpack-Meldung betrug Ende 2020 rd. 72,3 Mrd. EUR oder 19,1 % des BIP. Von diesen Haftungen entfielen rd. 54,4 Mrd. EUR (rd. 75,2 %) auf den Bund, rd. 9,7 Mrd. EUR (rd. 13,4 %) auf die Länder (ohne Wien) und rd. 8,2 Mrd. EUR (rd. 11,3 %) auf die Gemeinden (inklusive Wien). Im Vergleich zum Jahr 2019 sind die Staatshaftungen von 63,9 Mrd. EUR auf 72,3 Mrd. EUR (+13,2 %) gestiegen. Der Anstieg der Haftungen geht vor allem auf den Bund (+8,6 Mrd. EUR), dessen Anteil am Gesamtvolumen sich um 3,6 %‑Punkte auf 75,2 % erhöht hat. Der deutlich niedrigere Wert der Bundeshaftungen in der Sixpack-Meldung gegenüber dem Haftungsbericht ist darauf zurückzuführen, dass die Haftungen dabei in einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise konsolidiert und daher um Mehrfachhaftungen für gleiche Risiken und Haftungen für Verbindlichkeiten, die bereits in den Schulden des Sektors Staat enthalten sind, bereinigt wurden.
Die maximale Höhe für Haftungsübernahmen des Bundes und der außerbudgetären Einheiten des Bundes ist im Bundeshaftungsobergrenzengesetz (BHOG) geregelt. Durch eine am 27. Februar 2020 beschlossene Novelle wurde die Haftungsobergrenzen-Vereinbarung mit den Ländern umgesetzt. Nach der bereits für 2019 anwendbaren Neuregelung erfolgt die Berechnung der Haftungsobergrenze des Bundes nunmehr nach der Sixpack-Methodik. Dieser werden die in der UG 16‑Öffentliche Abgaben budgetierten öffentlichen Nettoabgaben (=Bundesanteil an den Abgaben) des Vorvorjahres zugrunde gelegt. Die vorgesehene Obergrenze entspricht 175 % dieser öffentlichen Nettoabgaben.
Die auf die Haftungsobergrenze anrechenbaren Haftungen betrugen zum 31. Dezember 2020 laut Bundesrechnungsabschluss (BRA) für den Bund 53,2 Mrd. EUR und für außerbudgetäre Einheiten des Bundes 996,3 Mio. EUR. Bei einer Obergrenze von 92,7 Mrd. EUR entspricht dies einer Ausnutzung von 58,5 %. Aufgrund der COVID‑19-Haftungen ist der Ausnutzungsgrad gegenüber 2019 um 8,2 %‑Punkte angestiegen. Die Haftungsobergrenzen der Länder und Gemeinden wurden von allen Bundesländern eingehalten. Insgesamt wurde mit einem Haftungsstand von 15,0 Mrd. EUR die Haftungsobergrenze zu 39,1 % bei den Ländern und mit 2,9 Mrd. EUR zu 39,9 % bei den Gemeinden ausgenutzt. Sowohl bei den Gemeinden als auch bei den Ländern ist die Ausnutzung der Haftungsobergrenzen jedoch sehr unterschiedlich. Die größten Ausnutzungsgrade (zwischen 65 % und 75 %) auf Länderebene weisen Burgenland, Niederösterreich und Oberösterreich aus. Die Gemeinden zeigen eine geringere Schwankungsbreite, dennoch bestehen große Unterschiede bei der Ausnutzung. Am niedrigsten sind die Ausnutzungsgrade in Oberösterreich (27,3 %) und am höchsten in Tirol (73,8 %).
Das Format der Berichterstattung wurde gegenüber dem Vorjahr beibehalten und beinhaltet weiterhin ein Kapitel über die COVID‑19-Haftungen. Generell wird der Nationalrat durch mehrere Berichte über die Bundeshaftungen informiert. Neben dem gegenständlichen Haftungsbericht erfolgen gesonderte detailliertere Berichte über einzelne Teilbereiche an den Hauptausschuss bzw. den Budgetausschuss des Nationalrates (z. B. Bericht gemäß § 6 Ausfuhrförderungsgesetz (AusfFG), § 6 Finanzmarktstabilitätsgesetz (FinStaG) und § 4a Zahlungsbilanzstabilisierungsgesetz (ZaBiStaG)) und eine umfassende Berichterstattung im Bundesrechnungsabschluss. Trotz des vielfältigen Berichtswesens ist aus der Berichterstattung eine Einschätzung der mit den Haftungen des Bundes verbundenen finanziellen Risiken schwierig. Die Relevanz des Haftungsberichts für die Abgeordneten könnte durch ergänzende risikobezogene Berichtsinhalte wesentlich erhöht werden (z. B. Überleitung zwischen den nominellen Gesamthaftungen und den konsolidierten Haftungen entsprechend der EU-Sixpack-Richtlinie, Ausbau der Erläuterungen, Risikoeinschätzung bzw. Prognose der fiskalischen Auswirkungen). Mittelfristig könnte der Haftungsbericht zu einem gesamthaften Risikobericht weiterentwickelt werden.