Budgetdienst - Budgetberichte 11.02.2022

Übernahme von Bundeshaftungen im Jahr 2021

Analyse vom 11. Februar 2022

Überblick

Die Gesamthaftungen des Bundes (brutto, nicht konsolidiert) für Kapital betrugen Ende Dezember 2021 insgesamt rd. 100,5 Mrd. EUR und verringerten sich im Vergleich zum Vorjahr um 0,9 Mrd. EUR (‑0,9 %). Der Rückgang des Haftungs­standes 2021 um 1,7 Mrd. EUR ist vor allem auf die Bundes­haftungen für den Infrastruktur­bereich (ÖBB-Infrastruktur AG, EUROFIMA und ASFINAG) zurückzuführen. Ein Anstieg erfolgte hingegen bei den Haftungen für Leihgaben an Bundes­museen iHv 1,3 Mrd. EUR. Die COVID‑19-Haftungen stiegen gegen­über dem Vorjahr nur leicht um 247,2 Mio. EUR bzw. 4,7 %. Die Neu­über­nahmen 2021 betrugen 23,0 Mrd. EUR, was gegenüber 2020 einem Rückgang um 7,5 Mrd. EUR vor allem bei den COVID‑19-Haftungen entspricht.

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Kurzfassung

Die Gesamthaftungen des Bundes (brutto, nicht konsolidiert) für Kapital betrugen Ende Dezember 2021 insgesamt rd. 100,5 Mrd. EUR und verringerten sich im Vergleich zum Vorjahr um 0,9 Mrd. EUR (‑0,9 %). Der Rückgang des Haftungs­standes 2021 um 1,7 Mrd. EUR ist vor allem auf die Bundes­­haftungen für den Infrastruktur­bereich (ÖBB-Infrastruktur AG, EUROFIMA und ASFINAG) zurückzuführen. Ein Anstieg erfolgte hingegen bei den Haftungen für Leihgaben an Bundes­museen iHv 1,3 Mrd. EUR. Die COVID‑19-Haftungen stiegen gegenüber dem Vorjahr nur leicht um 247,2 Mio. EUR bzw. 4,7 %.

Im Jahr 2021 wurden Haftungen iHv 23,0 Mrd. EUR neu übernommen. Die Neu­über­nahmen haben sich gegenüber 2020 durch deutlich geringere Neu­über­nahmen von COVID‑19-Haftungen um 7,5 Mrd. EUR reduziert. Die Neu­über­nahmen von COVID‑19-Haftungen sind von 5,9 Mrd. EUR auf 0,6 Mrd. EUR markant gesunken. Das Ausmaß der Staats­haftungen gemäß Sixpack-Meldung betrug Ende 2020 rd. 72,3 Mrd. EUR oder 19,1 % des BIP. Von diesen Haftungen entfielen rd. 54,4 Mrd. EUR (rd. 75,2 %) auf den Bund, rd. 9,7 Mrd. EUR (rd. 13,4 %) auf die Länder (ohne Wien) und rd. 8,2 Mrd. EUR (rd. 11,3 %) auf die Gemeinden (inklusive Wien). Im Vergleich zum Jahr 2019 sind die Staats­haftungen von 63,9 Mrd. EUR auf 72,3 Mrd. EUR (+13,2 %) gestiegen. Der Anstieg der Haftungen geht vor allem auf den Bund (+8,6 Mrd. EUR), dessen Anteil am Gesamt­volumen sich um 3,6 %‑Punkte auf 75,2 % erhöht hat. Der deutlich niedrigere Wert der Bundes­haftungen in der Sixpack-Meldung gegenüber dem Haftungs­bericht ist darauf zurück­zuführen, dass die Haftungen dabei in einer wirtschaftlichen Betrachtungs­weise konsolidiert und daher um Mehrfach­­haftungen für gleiche Risiken und Haftungen für Verbindlichkeiten, die bereits in den Schulden des Sektors Staat enthalten sind, bereinigt wurden.

Die maximale Höhe für Haftungs­übernahmen des Bundes und der außerbudgetären Einheiten des Bundes ist im Bundes­haftungs­obergrenzen­gesetz (BHOG) geregelt. Durch eine am 27. Februar 2020 beschlossene Novelle wurde die Haftungsobergrenzen-Vereinbarung mit den Ländern umgesetzt. Nach der bereits für 2019 anwendbaren Neu­regelung erfolgt die Berechnung der Haftungs­obergrenze des Bundes nunmehr nach der Sixpack-Methodik. Dieser werden die in der UG 16‑Öffentliche Abgaben budgetierten öffentlichen Netto­abgaben (=Bundesanteil an den Abgaben) des Vorvor­jahres zugrunde gelegt. Die vorgesehene Ober­grenze entspricht 175 % dieser öffentlichen Netto­abgaben.

Die auf die Haftungsobergrenze anrechenbaren Haftungen betrugen zum 31. Dezember 2020 laut Bundes­rechnungs­abschluss (BRA) für den Bund 53,2 Mrd. EUR und für außer­budgetäre Einheiten des Bundes 996,3 Mio. EUR. Bei einer Obergrenze von 92,7 Mrd. EUR entspricht dies einer Ausnutzung von 58,5 %. Aufgrund der COVID‑19-Haftungen ist der Ausnutzungs­grad gegenüber 2019 um 8,2 %‑Punkte angestiegen. Die Haftungs­ober­grenzen der Länder und Gemeinden wurden von allen Bundes­ländern eingehalten. Insgesamt wurde mit einem Haftungs­stand von 15,0 Mrd. EUR die Haftungs­ober­grenze zu 39,1 % bei den Ländern und mit 2,9 Mrd. EUR zu 39,9 % bei den Gemeinden ausgenutzt. Sowohl bei den Gemeinden als auch bei den Ländern ist die Ausnutzung der Haftungs­ober­grenzen jedoch sehr unterschiedlich. Die größten Ausnutzungs­grade (zwischen 65 % und 75 %) auf Länderebene weisen Burgenland, Niederösterreich und Oberösterreich aus. Die Gemeinden zeigen eine geringere Schwankungs­breite, dennoch bestehen große Unterschiede bei der Ausnutzung. Am niedrigsten sind die Ausnutzungsgrade in Oberösterreich (27,3 %) und am höchsten in Tirol (73,8 %).

Das Format der Berichterstattung wurde gegenüber dem Vorjahr beibehalten und beinhaltet weiterhin ein Kapitel über die COVID‑19-Haftungen. Generell wird der Nationalrat durch mehrere Berichte über die Bundes­haftungen informiert. Neben dem gegenständlichen Haftungs­bericht erfolgen gesonderte detailliertere Berichte über einzelne Teilbereiche an den Haupt­ausschuss bzw. den Budget­ausschuss des Nationalrates (z. B. Bericht gemäß § 6 Ausfuhr­förderungs­gesetz (AusfFG), § 6 Finanz­­markt­­stabilitäts­gesetz (FinStaG) und § 4a Zahlungs­bilanz­stabilisierungs­gesetz (ZaBiStaG)) und eine umfassende Bericht­erstattung im Bundes­rechnungs­­abschluss. Trotz des vielfältigen Berichts­wesens ist aus der Bericht­erstattung eine Einschätzung der mit den Haftungen des Bundes verbundenen finanziellen Risiken schwierig. Die Relevanz des Haftungs­berichts für die Abgeordneten könnte durch ergänzende risikobezogene Berichts­inhalte wesentlich erhöht werden (z. B. Überleitung zwischen den nominellen Gesamt­haftungen und den konsolidierten Haftungen entsprechend der EU-Sixpack-Richtlinie, Ausbau der Erläuterungen, Risiko­einschätzung bzw. Prognose der fiskalischen Auswirkungen). Mittelfristig könnte der Haftungs­bericht zu einem gesamthaften Risiko­bericht weiterentwickelt werden.