Zur Ermittlung der Umverteilungswirkung wird in der Kurzstudie die Verteilung der Markteinkommen der Verteilung der verfügbaren Einkommen auf Haushalts ebene gegenübergestellt. Erstere beschreiben die Einkommenssituation der Haushalte vor Steuern und Transfers, letztere die Einkommen nach Steuern und Transfers, der Vergleich das Ausmaß der Umverteilung.
Österreich gehört im internationalen Vergleich zu jenen Staaten, in denen es durch das Steuer- und Transfersystem zu einer beträchtlichen Umverteilung der Einkommen kommt. Der als gängiges Verteilungsmaß herangezogene Gini‑Koeffizient (liegt immer zwischen 0 und 1; je geringer der Wert, desto gleicher die Einkommensverteilung) beträgt bei den Markteinkommen 0,50 und bei den verfügbaren Einkommen 0,28, was einer Reduktion um 43 % entspricht. Eine ähnlich große Verteilungswirkung hat das Steuer- und Transfersystem etwa in Deutschland, Frankreich oder Belgien, in anderen europäischen Ländern wie Spanien, Schweden, Niederlande oder Italien (Gini-Reduktion zwischen 34 % und 37 %) ist die Veränderung hingegen geringer, allerdings sind teilweise die Markteinkommen bereits gleicher verteilt. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei einer Betrachtung der relativen Armutsquote (Anteil der Personen mit einem Einkommen niedriger als 60 % des verfügbaren Haushaltsmedianeinkommens). Diese liegt in Österreich bei den Markteinkommen bei 36 % und bei den verfügbaren Einkommen bei 15 %, was einem Rückgang um 58 % entspricht. Länder, in denen das Steuer- und Transfersystem in geringerem Ausmaß zur Umverteilung beiträgt, weisen tendenziell eine höhere Spreizung der Einkommensverteilung auf (Ausnahme Schweiz). Etwas verzerrt wird das Ausmaß der Umverteilung im internationalen Vergleich durch die unterschiedlichen Organisationsformen der Pensionssysteme.
Die Abgabenbelastung aus Einkommensteuern und Sozialversicherungsbeiträgen zeigt einen insgesamt progressiven Verlauf, d. h. die durchschnittliche Abgabenbelastung steigt mit dem Einkommen an. Dieser ist auf die Progression bei der Einkommensteuer zurückzuführen, die Sozialversicherungsbeiträge sind hingegen für Einkommen bis zur Höchstbeitragsgrundlage weitgehend proportional und verlaufen danach regressiv. Das Aufkommen aus der Lohn- und Einkommensteuer weist eine hohe Konzentration im oberen Einkommensdezil auf, das rd. 45 % des Gesamtaufkommens leistet. Bei den Sozialversicherungsbeiträgen stammen rd. 22 % des Gesamtaufkommens von Haushalten im obersten Einkommensdezil, der Anteil des untersten Dezils liegt bei 2 %. Der Anteil der Transferleistungen am verfügbaren Einkommen nimmt mit steigendem Einkommen ab, liegt aber auch in den oberen Einkommenssegmenten bei fast 20 %. Insbesondere die Pensionen machen in allen Einkommensbereichen einen beträchtlichen Anteil am verfügbaren Einkommen aus, die relative Bedeutung der übrigen Transferleistungen nimmt mit steigendem Einkommen hingegen deutlich ab. Während auf das oberste Einkommensdezil rd. 16 % der gesamten Pensionsausgaben entfallen, beträgt dieser Anteil bei den übrigen Transferleistungen nur rd. 5 %. Das unterste Einkommensdezil erhält hingegen nur 4 % der gesamten Pensionsausgaben, aber 15 % der übrigen Transferleistungen. Im untersten Einkommensdezil stammen im Durchschnitt mehr als 60 % der verfügbaren Einkommen aus Transferleistungen.
Einen wesentlichen Einfluss auf die Lebensrealitäten einzelner Haushalte haben öffentliche Sachleistungen (z. B. Gesundheitsversorgung, Kindergärten, Schulen), das Vorhandensein von Vermögen (z. B. ein Eigenheim) und die Höhe der indirekten Abgaben (z. B. Umsatzsteuer, Mineralölsteuer). Die Umverteilungsstudie des WIFO aus dem Jahr 2016 zeigt, dass die indirekten Abgaben eine regressive Wirkung aufweisen (der Anteil der indirekten Abgaben am Gesamteinkommen beträgt im untersten Einkommensdezil 17 %, im obersten Einkommensdezil nur 6 %), wodurch die Verteilungswirkung des Abgabensystems deutlich abgeschwächt wird. In Österreich tragen vor allem monetäre Transferleistungen und öffentliche Sachleistungen zur Umverteilung bei.
Der Familienbonus und die Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge für niedrige Einkommen haben unmittelbaren Einfluss auf die Verteilung der verfügbaren Einkommen. Durch den Familienbonus werden insbesondere Haushalte im mittleren Einkommenssegment entlastet, weil in diesem Bereich die durchschnittliche Kinderanzahl am höchsten ist und die Haushalte bereits ein ausreichend hohes Einkommen aufweisen, um den Familienbonus voll in Anspruch nehmen zu können. Der Gini‑Koeffizient sinkt durch die Einführung des Familienbonus geringfügig, sodass dieser insgesamt eine etwas gleichere Einkommensverteilung bewirkt. Die Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge für niedrige Einkommen führt aufgrund des geringen Reformvolumens nur zu einer geringfügigen Veränderung der verfügbaren Einkommen. Der relative Anstieg ist mit 0,24 % im zweiten Einkommensdezil am höchsten. Auf das unterste Einkommensdezil hat diese Maßnahme nur eine geringe Auswirkung.