Budgetdienst - Analysen auf Anfrage 09.11.2018

Verteilungswirkung des Familienbonus & alternativer Förderungsmodelle

Überblick

Der Abgeordnete Bruno Rossmann (Liste Pilz) ersuchte den Budget­dienst um eine Kurz­studie zu den Verteilungs­wirkungen des Familien­bonus und alternativer Förderungs­modelle (gleich­mäßige Erhöhung der Familien­beihilfe für alle Familien­beihilfen­berechtigten bzw. für alle Kinder unter 10 Jahren im Ausmaß der fiskalischen Netto­belastung durch den Familien­bonus), von denen auch Haus­halte in den unteren Dezilen in vollem Ausmaß profitieren.

Die vollständige Anfragebeantwortung zum Download:

BD - Anfragebeantwortung zur Verteilungswirkung des Familienbonus und alternativer Förderungsmodelle / PDF, 647 KB

Kurzfassung

Mit dem Familien­bonus werden ab dem Jahr 2019 Familien mit Kindern in Form eines nicht negativ­steuer­fähigen Absetz­betrags steuerlich entlastet. Für eine volle Aus­schöpfung der Förderung iHv 1.500 EUR (für Kinder unter 18) bzw. 500 EUR (für Kinder über 18 in Ausbildung) pro Kind und Jahr ist eine ausreichend hohe Einkommen­steuer­belastung Voraus­setzung. Für Familien mit einem geringen steuerpflichtigen Einkommen, die Anspruch auf einen Alleinverdiener- oder Alleinerzieher­absetz­betrag haben, wird als Ersatz ein negativ­steuer­fähiger Kinder­mehr­betrag iHv 250 EUR pro Kind und Jahr eingeführt. Personen, die mehr als 330 Tage im Jahr steuerfreie Sozial­leistungen (insbesondere Arbeitslosen­geld und Notstands­hilfe), Leistungen aus der Grund­versorgung oder Mindest­sicherung beziehen, haben keinen Anspruch. Insgesamt werden die Eltern von etwa 90 % der Kinder, für die Anspruch auf Familien­beihilfe besteht, vom Familien­bonus bzw. dem Kinder­mehr­betrag entlastet. Von der Maßnahme profitieren insbesondere Haus­halte in den mittleren Einkommens­dezilen (Anteil am Entlastungs­volumen in den Dezilen 3 bis 7 jeweils bei über 10 %), weil in diesen Haus­halten über­durch­schnittlich viele Kinder leben und die Einkommen für eine volle Inanspruch­nahme des Familien­bonus ausreichend hoch sind.

Der Abgeordnete Bruno Rossmann ersuchte den Budget­dienst um eine Analyse der Verteilungs­wirkungen von zwei alternativen Szenarien zur Ent­lastung von Familien. Die beiden Szenarien sehen vor, dass das für die Ein­führung des Familien­bonus vorgesehene Netto­entlastungs­volumen von 1,6 Mrd. EUR einer Erhöhung der Familien­beihilfe für alle Kinder (Szenario 1) bzw. für alle Kinder unter 10 Jahren (Szenario 2) zugeführt wird. Dadurch werden Familien unabhängig von ihrem Ein­kommen entlastet, im Szenario 1 werden alle Haus­halte mit Familien­beihilfen­bezug und im Szenario 2 nur Haushalte mit Kindern unter 10 Jahren (diese dafür in einem höheren Ausmaß) entlastet.

Die mit dem EUROMOD-Mikrosimulations­modell durch­geführte Verteilungs­analyse zeigt, dass in beiden Alternativ­szenarien die Ent­lastung insbesondere in den unteren beiden Ein­kommens­dezilen deutlich höher ausfällt als durch die Einführung des Familien­bonus. Während durch den Familien­bonus das verfügbare Haushalts­äquivalenz­einkommen im 1. Dezil nur um 0,4 % und im 2. Dezil um 1,1 % ansteigt, erhöht es sich in den beiden Alternativ­szenarien im 1. Dezil um 2,4 % bzw. 2,3 % und im 2. Dezil um 1,7 % bzw. 1,8 %. Beim Familien­bonus entfallen nur 1,7 % des gesamten Entlastungs­volumens auf Haushalte im 1. Einkommens­dezil, in den beiden Alternativ­szenarien liegt der Anteil bei 9,8 % bzw. 10,5 %. In den obersten Dezilen reduzieren sich der prozentuelle Anstieg des verfügbaren Haushalts­äquivalenz­einkommens und der Anteil am Entlastungs­volumen sowohl beim Familien­bonus als auch bei den beiden Alternativ­szenarien, bei diesen allerdings etwas stärker.

Eine Analyse von ausgewählten Verteilungs­maßen (z. B. Gini‑Koeffizient, Perzentil-Verhältnisse der Haushalts­einkommen) zeigt, dass die Einkommens­verteilung sowohl bei der Einführung des Familien­bonus als auch in den beiden Alternativ­szenarien gering­fügig ausgeglichener wird (jeweils sinkender Gini‑Koeffizient), wobei der Effekt bei einer Erhöhung der Familien­beihilfe etwas stärker ausfällt. Ein etwas anderes Bild ergibt sich bei einer Betrachtung der Verteilungs­maße in Teil­spektren der Einkommens­verteilung. Bei einer Berechnung der Verteilungs­maße nur für die untere Hälfte bzw. die unteren zwei Drittel der Einkommens­verteilung (obere Hälfte bzw. oberstes Drittel der Einkommens­verteilung bleiben dabei unberücksichtigt) zeigt sich, dass die Ungleichheit bei der Ein­führung des Familien­bonus in diesen Segmenten gegenüber dem Status quo leicht ansteigt. Für die beiden angefragten Alternativ­szenarien zeigen die Verteilungs­maße im Vergleich zum Status quo in diesen beiden Teil­segmenten hingegen eine etwas gleichere Einkommens­verteilung, da die unteren Einkommen deutlich stärker profitieren.

Insgesamt sind die Veränderungen der Verteilungs­maße unabhängig vom gewählten Reform­szenario allerdings relativ gering. Das Reform­volumen ist in Relation zu den Gesamt­ein­kommen insgesamt zu klein, um eine größere Auswirkung auf die Verteilung der verfügbaren Ein­kommen zu bewirken. Zudem ist die Reform nicht auf ein kleines Teil­segment der Verteilung beschränkt, sondern bei allen drei untersuchten Modellen gibt es in allen Bereichen der Einkommens­verteilung Haus­halte, die von höheren Familien­leistungen profitieren, im 1. Dezil sind die Unter­schiede jedoch am stärksten ausgeprägt. In diesem Dezil führen auch die beiden angefragten Alternativ­szenarien zu den größten Veränderungen gegenüber dem Familien­bonus.