Der Abgeordnete Bruno Rossmann ersuchte den Budgetdienst um eine Kurzstellungnahme zur Wirkungsorientierten Folgenabschätzung der Regierungsvorlage zum 2. Erwachsenenschutzgesetz (1461 d.B. XXV. GP). Die Abschätzungen der finanziellen Auswirkungen in der Regierungsvorlage unterscheiden sich stark von jenen des Ministerialentwurfs und die Erläuterungen dazu seien widersprüchlich.
Die grundlegenden Annahmen zur Entwicklung des Personalaufwandes (und des daraus abgeleiteten betrieblichen Sachaufwandes) werden nach Ansicht des Budgetdienstes nicht nachvollziehbar erläutert. Während im Ministerialentwurf noch von einem deutlichen permanenten Mehrbedarf an Richter:innen, Rechtspfleger:innen und Kanzleibediensteten ausgegangen wird, sieht die Regierungsvorlage keinen zusätzlichen Personalaufwand vor. Laut den Erläuterungen stehen dem Mehraufwand der Gerichte Minderaufwendungen aus dem erwarteten starken Rückgang der gerichtlichen Erwachsenenvertretung gegenüber. Aus Sicht des Budgetdienstes ist aus der Reform zunächst jedenfalls ein Mehraufwand bei den Gerichten zu erwarten, dem erst sukzessive Einsparungen gegenüberstehen werden.
Die zusätzlich übertragenen Aufgaben (obligatorisches Clearing, Errichtung und Registrierung von Vertretungen etc.) führen zunächst zu einem deutlich höheren Transferaufwand für die Förderung der Erwachsenenschutzvereine. Der Rückgang der gerichtlichen Erwachsenenvertretungen soll zu einer Entlastung der Erwachsenenschutzvereine und damit zu einem deutlich geringeren Personalmehrbedarf führen. Damit lässt sich jedoch insbesondere die deutliche Reduktion des zusätzlichen Förderungsbedarfs zwischen 2020 und 2021 um 50 % nicht ausreichend erklären, weil für die Überprüfung bestehender Sachwalterschaften ein wesentlich längerer Zeitraum zur Verfügung steht und bereits Wiederbestellungsverfahren anstehen könnten. Die Annahmen zur erwarteten bzw. angestrebten Änderung des Aufgabenportfolios der Erwachsenenschutzvereine (vermehrter Ressourcenbedarf für Clearingverfahren, dafür Rückgang der von Vereinssachwaltern wahrgenommenen gerichtlichen Erwachsenenvertretungen) und die damit verbundenen Auswirkungen auf den Förderungsbedarf wären daher ebenso dazustellen und zu erläutern gewesen wie ein zeitlich befristeter Mehraufwand der Vereine in der Übergangsphase.
Schließlich sind die Angaben zur Bedeckung der finanziellen Auswirkungen zu unbestimmt und daher nicht ausreichend nachvollziehbar. Der "verbleibende Mehraufwand/Mehrauszahlungen" soll aus dem der UG 13‑Justiz zu Verfügung stehenden Budgetrahmen bedeckt werden, erforderlichenfalls sollen Mehreinzahlungen herangezogen werden. Es wäre gemäß der WFA-FinAV darzulegen, ob die finanzielle Bedeckung der Auszahlungen durch zusätzliche Mittel, Mittelumschichtungen, die Entnahme von Rücklagen oder nichtveranschlagte Einzahlungen gewährleistet werden soll. In der UG 13 bestehen Ende 2016 vorläufig (ohne Zuführung zum Jahresende) Rücklagen iHv 176,2 Mio. EUR. Deren Entnahme von Rücklagen zur Bedeckung eines Mehrbedarfs kann im Vollzug jedoch nur mit Zustimmung des BMF erfolgen oder müsste bereits im Rahmen der Budgetierung vorgesehen werden.
Aus Sicht des Budgetdienstes sind die grundlegenden Ausgangsgrößen, Annahmen und Parameter der WFA bei mehreren Aufwandspositionen nicht im notwendigen Umfang transparent dargestellt und erläutert. Die Abschätzungen der finanziellen Auswirkungen und damit auch die Änderungen zwischen dem Ministerialentwurf und der Regierungsvorlage können daher nicht ausreichend nachvollzogen werden.
Einzuräumen ist allerdings, dass die Schätzungen im konkreten Fall mit erheblichen Unsicherheiten behaftet sind, weil die Ergebnisse stark von der Inanspruchnahme der neuen Instrumente und der Handhabung durch die unabhängige Rechtsprechung abhängig sind. Auch das Bundesministerium für Justiz hat in einer Stellungnahme gegenüber dem Budgetdienst nochmals darauf hingewiesen, dass die Entlastung der Gerichte und Erwachsenenschutzvereine voraussetzt, dass die mit der Reform verfolgten Ziele in vollem Umfang verwirklicht werden können. Im Übrigen habe das BMF die WFA geprüft und für in Ordnung befunden.
Eine interne Evaluierung der WFA ist erst im Jahr 2023 vorgesehen und wird dem Nationalrat daher erst 2024 zugehen. Mit dem BMF wurde jedoch ein laufendes Monitoring der finanziellen Auswirkungen vereinbart. Der Budgetdienst regt daher an, die Ergebnisse dieses Monitorings dem Nationalrat jährlich (z. B. im Rahmen der Budgetberatungen) zur Verfügung zu stellen.
Bei deutlichen Veränderungen zwischen Ministerialentwurf und Regierungsvorlage, die nicht auf offensichtliche Änderungen des materiellen Regelungsgehaltes oder auf konkrete Hinweise in Stellungnahmen im Rahmen des Begutachtungsverfahrens zurückgeführt werden können, erachtet der Budgetdienst entsprechende Darstellungen als Informationsgrundlage für die Abgeordneten bei der Beschlussfassung für geboten. Dies würde die Verständlichkeit und Nachvollziehbarkeit der Abschätzungen deutlich erhöhen, auch wenn keine rechtliche Verpflichtung zur Begründung von Änderungen der finanziellen Auswirkungen gegenüber dem Ministerialentwurf, die sich aus dem Begutachtungsverfahren immer wieder ergeben können, besteht.