Fachinfos - Fachdossiers 03.06.2020

Informationsfreiheit - Welche Vorgaben und Beispiele gibt es?

Informationsfreiheitsgesetze (IFG) machen Dokumente staatlicher Stellen – mit Ausnahmen – auf Antrag allgemein zugänglich. Jede Person hat einen durchsetzbaren Rechtsanspruch auf Zugang. Das Arbeitsprogramm der österreichischen Regierung 2020-2024 und mehrere Oppositionsanträge im Parlament (Initiativanträge 25/A bzw. 453/A und 60/A sowie 61/A) haben ein IFG zum Ziel. Im Folgenden wird ein kurzer Abriss über die Entwicklung dieser Idee gegeben. Außerdem werden Vorgaben für Österreich sowie Beispiele anderer Länder aufgezeigt.

Eine Idee geht um die Welt

Eine erste Art von IFG wurde, inspiriert von der Aufklärung, 1766 im schwedischen Parlament beschlossen. Zwei Jahrhunderte später, 1966, wurde in den Vereinigten Staaten der "Freedom of Information Act" angenommen. Mittlerweile gibt es mehr als 90 Staaten mit einem Informationsfreiheitsgesetz im weitesten Sinne. Die Zählungen divergieren. So haben laut freedominfo.org 119 Staaten (inklusive Österreich) ein IFG – auch die UNESCO verweist auf diese Quelle. Weltweite Rankings (in englischer Sprache) sind zum Teil kritisch zu lesen: So wird häufig das Right-to-Information-Rating (RTI) (in englischer Sprache), ein weltweiter Vergleich von Gesetzestexten durch das Centre for Law and Democracy (in englischer Sprache) und Access Info Europe (in englischer Sprache), zitiert. Nach diesem RTI-Index (in englischer Sprache) liege derzeit Afghanistan (in englischer Sprache) auf Platz 1 als das Land mit dem besten IFG, ungeachtet dessen, dass es im Freedom House Report (in englischer Sprache) über Demokratie und Grundrechte als "unfreies Land" eingestuft wird. Österreich (in englischer Sprache) liegt nach diesem Index bei einer Gesamtzahl von 128 untersuchten Staaten auf Platz 127.

Beschlussfassungen von Informationsfreiheitsgesetzen

Die nachfolgende Grafik liefert einen Überblick über die Jahre, in denen Informationsfreiheitsgesetze beschlossen wurden. Schweden kommt hierbei eine Vorreiterrolle zu, denn die ersten Ansätze eines IFG wurden bereits 1766 unterzeichnet. Weitere IFGs folgten 1951 in Finnland und 1966 in den USA. Für die Organe der EU gilt seit 2001 ein IFG, während in Deutschland im Jahr 2005 ein Gesetz beschlossen wurde, das den Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen gegenüber Bundesbehörden und sonstigen Bundesorganen regelt.

Völkerrechtliche und europarechtliche Ebene

Erst seit 2016 leitet der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) eindeutig ein Recht auf Zugang zu Informationen (in englischer Sprache) aus Art. 10 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK), dem Recht auf freie Meinungsäußerung, ab. Den Zugang zu Informationen sieht der EGMR als Voraussetzung für das Recht, Informationen zu verbreiten bzw. die Öffentlichkeit zu informieren. Dieses Recht wird sogenannten „public watchdogs“ zuerkannt. Der seit 2009 rechtsverbindliche Art. 11 Grundrechte-Charta der Europäischen Union (GRC) räumt Unionsbürgern und Unionsbürgerinnen sowie jeder natürlichen oder juristischen Person mit Wohnsitz oder satzungsmäßigem Sitz in einem Mitgliedstaat das Recht auf Dokumentenzugang ein. Dieses Grundrecht ist von den Mitgliedstaaten bei Umsetzung und Anwendung von Unionsrecht zu beachten.

Dokumente bei Organen der Europäischen Union (EU) sind aufgrund der VO (EG) 1049/2001 zugänglich. Anträgen auf Dokumentenzugang ist in der Regel binnen 15 Tagen zu entsprechen. Auf diese Weise kann es auch zur Herausgabe von Dokumenten kommen, die von einem Mitgliedstaat stammen.

Die Aarhus-Konvention (von Österreich und der EU 2005 ratifiziert) gewährleistet den Zugang zu Umweltinformationen. Sie legt besonderes Augenmerk auf eine effektive (rasche) Durchsetzung des Informationszugangs. Alle Mitgliedstaaten sowie die EU sind der Konvention beigetreten. Damit wacht neben dem EuGH in Luxemburg auch das Aarhus Convention Compliance Committee (ACCC) (in englischer Sprache) in Genf über die Umsetzungsakte (VO (EG) 1367/2006, Umweltinformations-RL und die entsprechenden nationalen Gesetze und Verfahren). Die so gesetzten Maßstäbe beeinfluss(t)en auch die Debatte zur Ausgestaltung des allgemeinen Informationsrechts. Der Europarat hat 2009 die Konvention über den Zugang zu amtlichen Dokumenten beschlossen. Sie ist jedoch mangels ausreichender Ratifikationen noch nicht in Kraft getreten.

Informationsgesetze ausgewählter Länder

Im Folgenden wird die geltende Rechtslage von vier Ländern, die in diesem Kontext oft genannt werden, beleuchtet: Schweden, USA, Slowenien und Deutschland.

Schweden

Das schwedische (Verfassungs-) Gesetz über die Pressefreiheit (in englischer Sprache) ("Tryckfrihetsförordningen" in schwedischer Sprache) aus 1949 geht in seinen Grundsätzen auf 1766 zurück. Es wurde mehrfach novelliert, zuletzt 2018 (in schwedischer Sprache). Im Prinzip haben alle Personen das Recht, Dokumente der Behörden zu lesen. Dieses Recht wird jedoch auf zwei Arten eingeschränkt. Erstens hat die Öffentlichkeit nur das Recht, solche Dokumente zu lesen, die als offizielle Dokumente gelten. Kein offizielles Dokument ist z.B. ein Entwurf einer Entscheidung. Zweitens sind eine Reihe von offiziellen Dokumenten geheim. Das Verfassungsgesetz enthält einen Katalog von sieben zulässigen Geheimhaltungsgründen. Konkretisiert sind diese u.a. im "Gesetz über den Zugang der Öffentlichkeit zu Informationen und die Geheimhaltung" aus 2009. Eine Herausgabe geheimer Dokumente ist davon abhängig, ob die Veröffentlichung einen Schaden oder einen Nachteil für die geschützten Interessen bringen würde oder nicht (siehe für Details die Broschüre des Justizministeriums (in englischer Sprache), S. 29).

USA

Der Freedom of Information Act (FOIA) (in englischer Sprache) der Vereinigten Staaten aus 1966 wurde öfters, zum Teil grundlegend, geändert (zuletzt 2016). Auf Antrag hat die Bundesverwaltung jeder Person die behördlichen Aufzeichnungen zur Verfügung zu stellen. Die Ausnahmen sind in § 552 lit b und c U.S.C. (FOIA) festgelegt. Innerhalb von 20 Tagen hat die Behörde dem/der AntragstellerIn mitzuteilen, ob die Auskunft erteilt wird oder nicht. Bei Darlegung eines zwingenden Grundes kann sich diese Bearbeitungsfrist auch auf 10 Tage verkürzen. Gegen eine negative Entscheidung kann Berufung an die Behördenleitung eingelegt oder die FOIA Ombudsstelle (in englischer Sprache) um Vermittlung ersucht werden. In weiterer Folge kann das Bezirksgericht angerufen werden. Dieses kann die strittigen Akten in nicht-öffentlicher Sitzung einsehen. In Belangen der nationalen Sicherheit kann die Behörde auch eine eidesstattliche Versicherung über die Notwendigkeit der Geheimhaltung der Akten vorlegen. Wird ein Dokument dreimal angefragt (und herausgegeben), so ist es im "Federal Register" zu veröffentlichen.

Slowenien

Das slowenische Gesetz über den Zugang zu öffentlichen Informationen (in englischer Sprache), zuletzt geändert 2018, hat einen weiten Anwendungsbereich, u.a. gilt es auch für öffentlich beherrschte Unternehmen und Inhaber öffentlicher Befugnisse. Es setzt nämlich zusätzlich die Umweltinformations-RL, die einen weiten Anwendungsbereich vorschreibt, um. Als Berufungsbehörde fungiert der/die Informationsbeauftragte (IFB) (in englischer Sprache), der/die gleichzeitig auch für Datenschutz-Verfahren zuständig ist. Kommt ein Beamter/eine Beamtin der Aufforderung des/der IFB zur Vorlage bzw. Herausgabe der Dokumente im Berufungsverfahren oder nach einer Entscheidung des IFB nicht nach, so kann der/die IFB eine Strafe verhängen (Art. 15 Informationsbeauftragtengesetz (in englischer Sprache)). Der Instanzenzug geht an das Verwaltungsgericht und in weiterer Folge an das Höchstgericht.

Deutschland

Gemäß dem deutschen IFG, zuletzt geändert 2019, sind "Entwürfe und Notizen, die nicht Bestandteil eines Vorgangs werden sollen," keine amtliche Information und daher nicht zugänglich. Abgesehen von anderen Ausnahmen wird der behördliche Entscheidungsprozess mit zwei Bestimmungen geschützt (um die Beratungen nicht zu beeinträchtigen bzw. ihren Erfolg nicht zu vereiteln). So verneinte das Bundesverwaltungsgericht die Zugänglichkeit von Kabinetts-Protokollen mit Wortbeiträgen der Regierungsmitglieder auch für den Fall, dass das in Beratung gezogene Gesetzesvorhaben schon abgeschlossen ist (BVerwG 13.12.2018, 7 C 19.17, siehe Rz 24 und 25). Der/die IFB ist nur vermittelnd tätig. Berufungsinstanz ist das Verwaltungsgericht. In den dt. Bundesländern gibt es – mit drei Ausnahmen – eigene Informationsfreiheits- bzw. Transparenzgesetze, die in Hamburg, Bremen, Rheinland-Pfalz und Thüringen den Behörden auch proaktive Veröffentlichungspflichten und Transparenzregister auftragen. Im dt. Transparenz-Ranking der Bundesländer liegt Hamburg an erster Stelle.

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