Teuerungs-Entlastungspaket (274001/SN)

Stellungnahme

Stellungnahme betreffend den Antrag 2662/A der Abgeordneten August Wöginger, Sigrid Maurer, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, das Kommunalsteuergesetz 1993, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Nationale Emissionszertifikatehandelsgesetz 2022, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das COVID-19-Gesetz-Armut, das Pensionsgesetz 1965 und das Bundesbahn-Pensionsgesetz geändert werden sowie das Bundesgesetz über einen Ausgleich inflationsbedingt hoher Lebenshaltungs- und Wohnkosten (Lebenshaltungs- und Wohnkosten-Ausgleichs-Gesetz – LWA-G) und das Bundesgesetz über den Teuerungsausgleich für Bezieherinnen und Bezieher von Förderungen nach dem Studienförderungsgesetz erlassen werden (Teuerungs-Entlastungspaket)

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Inhalt

Sehr geehrte Damen und Herren,

zum Initiativantrag 2662/A XXVII. GP (Teuerungs-Entlastungspaket) erlaube ich hinsichtlich der personalverrechnungsrelevanten Teile die nachfolgenden Anmerkungen. Im Hinblick auf die äußerst kurze Stellungnahmefrist sind meine Ausführungen sehr knapp gehalten und auf das aus meiner Sicht Wesentliche beschränkt.

Zu § 124b Z 392:
Die aufgrund der Steuerreform ursprünglich mit 1. Juli 2022 vorgesehene Anhebung des FABO Plus soll nun stattdessen rückwirkend mit 1. Jänner 2022 in Kraft treten. Die Arbeitgeber sollen dabei wieder einmal verpflichtet werden, bis Ende September 2022 eine Aufrollung durchzuführen. Auch wenn man die Zielsetzung, für die Arbeitnehmer/innen eine zeitnah spürbare Entlastung herbeizuführen, respektiert, ist die inflationäre Verwendung von rückwirkenden Vorschriften samt Aufrollungspflicht für Lohnsoftwarehäuser und Personalverrechner/innen mittlerweile eine einzige Zumutung. Die für die Gesetzgebung verantwortlichen Kreise, die sich leider oftmals durch Desinteresse und fehlende Kenntnisse für die Funktionsweise der Personalverrechnung auszeichnen, haben sich mittlerweile offenbar an die Annehmlichkeit gewöhnt, immer und immer wieder Regelungen rückwirkend zu schaffen und den diesbezüglichen Verwaltungsaufwand ohne zu zögern den Lohnsoftwarehäusern und Personalverrechner/innen "umzuhängen". Wie die Erläuternden Bemerkungen selbst sogar ausdrücklich anführen, war im Rahmen der Steuerreform bereits für die Tarifsenkung eine Aufrollungspflicht vorgesehen. Diese wurde von nahezu allen Betrieben mittlerweile längst umgesetzt. Nunmehr soll es schon wieder zu einer neuerlichen Aufrollungspflicht kommen. Damit gehen auch wiederum - die immer wiederkehrenden unangenehmen - Fragestellungen für die Praxis einher, etwa jene, wie mit zwischenzeitig (z.B. im März, April, Mai oder Juni) bereits ausgeschiedenen Mitarbeiter/innen umzugehen ist: Muss der AG aufrollen? Oder muss er zwar nicht, aber darf er freiwillig aufrollen? Oder darf gar nicht gerollt werden und muss die Geltendmachung via AN-Veranlagung erfolgen? Hierbei handelt es sich Fragen, die in letzten Jahren bei jeder Aufrollung Unsicherheiten - insb. auch angesichts des drohenden Haftungsrisikos des Arbeitgebers - und damit verbundene unzählige frustrierte Aufwendungen (Abklärungen, Diskussionen, Anfragen an das Finanzamt etc.) nach sich ziehen. Abgesehen von rechtlichen Unsicherheiten ist zu bedenken, dass die Umsetzung von Rollungen jeweils einen Programmierungsaufwand bei den Softwarehäusern und Zeitaufwand bei den Personalverrechner/innen verursacht. Die rückwirkende Änderung des Netto aufgrund der Rollungen hat überdies Auswirkungen auf davor ausgestellte Arbeits- und Entgeltbestätigungen für Wochengeld (diese sind dann i.d.R. zu korrigieren), für in den vergangenen Monaten durchgeführte Lohnpfändungen, die ebenfalls rückwirkend angepasst und ggf. Abklärungen mit Gläubigern und Gericht erfordern. usw. usw. usw. Es spielt sich in der Gefolgschaft von Rollungen mitunter ein wahrhaftiger "Dominoeffekt" ab, dessen Tragweite personalverrechnungsunkundigen Personen oft nicht einmal im Ansatz bewusst ist. Die Unübersichtlichkeit und völlige Intransparenz, die der Gesetzgeber durch leichtfertige Rollungen o.ä. vorsieht, ist leider mittlerweile beinahe legendär. Diese Entwicklung ist aus unserer Sicht desaströs, sie führt zu großen Ärgernissen und Frustrationen im Berufsstand der Personalverrechner/innen, selbständigen Bilanzbuchhalter/innen, Steuerberater/innen. Den Betrieben, Lohnsoftwarehäusern und Personalverrechner/innen entsteht ein unglaublicher Zeit- und Verwaltungsaufwand.

Unsere Anregung: Wenn die gegenständliche Rückwirkung samt Rollungspflicht im konkreten Fall - vermutlich aus politischen Gründen - nicht mehr abgewendet werden kann, dann ersuchen wir bitte ganz dringlich, zumindest für die Zukunft von der inflationären Verankerung von rückwirkenden gesetzlichen Änderungen und vor allem von diesbezüglichen Rollungspflichten der Arbeitgeber abzusehen.

Zu § 124b Z 408:
Die vorgesehene Abgabenbefreiung für Teuerungsprämien bis zu € 3.000,00 jeweils in den Jahren 2022 und 2023 ist zwar im Grundsatz zu begrüßen, die Detailausgestaltung ist allerdings suboptimal. Erfahrene Beobachter/innen der personalverrechnungsrelevanten Gesetzgebung der letzten Jahre waren bei der Ankündigung der Eckpunkte des Entlastungspakets am 14.06.2022, in deren Rahmen insbesondere auch die Abgabenfreiheit von Teuerungsprämien von bis zu € 3.000,00 ohne weitere Voraussetzungen angekündigt wurde, zu recht skeptisch. Insider aus dem Bereich der Personalverrechnung befürchteten sogleich, dass durch die berühmt-berüchtigte österreichische Kleinkariertheit und Bürokratiebessenheit die grundsätzlich gute Idee wieder mit praxisfeindlichen Elementen angereichert werden wird. Leider hat sich diese Befürchtung schon kurz darauf durch den Initiativantrag bestätigt.

Zwei zentrale Kritikpunkte sind hier u.E. hervorzuheben:
1) Die Splittung des abgabenfreien Höchstbetrags von € 3.000,00 (allgemein € 2.000,00 + zusätzlich € 1.000,00 aufgrund lohngestaltender Vorschrift) stellt eine komplett unnötige Bürokratiehürde dar. Diese Zweistufigkeit führt zu einer enormen Verkomplizierung, weil dann für die Ausschöpfung des Maximalbetrages auf betrieblicher Ebene oftmals unterschiedliche rechtliche Grundlagen herangezogen werden müssen (z.B. werden einerseits innerbetriebliche Regelungen mit z.B. individuellen Auswahlkritieren erfolgen, daneben muss eine allfällige KV-Regelung, KV-ermächtigte BV oder sonstige lohngestaltende Vorschrift existieren). Der ohnehin in vielen Bereichen schon überwältigende Wildwuchs an Regelungen würde dadurch zusätzlich verdichtet und noch höhere Unübersichtlichkeit herbeiführen. Auch ist u.E. keine wirklich nennenswerte Steuerungswirkung erkennbar, warum die aufgestockte Abgabenfreiheitsgrenze an eine zusätzliche Regelungsgrundlage geknüpft werden soll. Aus unserer Sicht ist daher im Interesse einer praxistauglichen Umsetzung dringend anzuraten, die Anknüpfung an eine lohngestaltende Vorschrift für den zusätzlichen € 1.000,00-Höchstdeckel ersatzlos zu streichen.

2) Irritierend ist u.E. außerdem die im Initiativantrag vorgesehene Einschränkung, dass der Höchstbetrag gemeinsam für die mit 01.01.2022 eingeführte einkommensteuerfreie Mitarbeitergewinnbeteiligung (§ 3 Abs. 1 Z 35 EStG) gelten soll. Das führt dazu, dass zwei ganz unterschiedlich konstruierte Regelungen (abgabenfreie Teuerungsprämie vs. nur lohnsteuerfreie Gewinnbeteiligung) unter einem gemeinsamen Höchstbetrag vereint werden, was u.E. inkonsistent ist und viele Folgefragen aufwerfen kann. Ohne dies zu vertiefen, sei etwa an den Fall gedacht, dass eine Gewinnbeteiligung von z.B. € 2.500,00 bereits ausbezahlt wurde (z.B. aufgrund einer konzernintern einheitlichen Vereinbarung mit den einzelnen Mitarbeiter/innen, die sich nicht so ohne weiteres nachträglich "umwandeln" lässt), und nun in weiterer Folge eine Teuerungsprämie von € 1.000,00 ausbezahlt wird. Im Bereich der ESt/LSt wären damit nur noch € 500,00 befreit, in der Sozialversicherung und bei den Lohnnebenkosten (DB, DZ, KommSt) stellt sich hingegen die Frage, ob hier der volle Betrag abgabenfrei abgerechnet werden kann (weil in diesen Bereichen die € 3.000,00 für Teuerungsprämien noch komplett unverbraucht sind), oder ob man - was eine gewisse "Ungerechtigkeit" bedeuten würde - aufgrund der Steuerpflicht auch die DB-, DZ-, KommSt-Pflicht die Folge wäre (für die zweitere Auslegung sprechen u.E. die Formulierungen im KommStG und im ASVG, wo ausdrücklich von "steuerfreie" die Rede ist, während im FLAG die Formulierung etwas neutraler ist).
Die im Initativantrag vorgesehene gutgemeinte Möglichkeit, dass der Arbeitgeber eine im Kalenderjahr 2022 gewährte Gewinnbeteiligung im
Jahr 2022 nachträglich zu einer Teuerungsprämie umqualifiziert, mag in der Theorie simpel klingen, führt aber in der Praxis zu einem enormen Verwaltungsaufwand. Eine administrative Herausforderung würde sich wohl vor allem für jene Betriebe ergeben, die bereits im Vertrauen auf die per 01.01.2022 durch die Steuerreform geschaffene Rechtslage fixfertige Gewinnbeteiligungsvereinbarungen getroffen haben und nun auf die abgabengünstigere Teuerungsprämie umsteigen möchten.

Unsere Anregung: Die lit. b ("Werden in den Kalenderjahren 2022 und 2023 sowohl eine Gewinnbeteiligung gemäß § 3 Abs. 1 Z 35 als auch eine Teuerungsprämie ausbezahlt, sind diese nur insoweit steuerfrei, als sie insgesamt den Betrag von 3 000 Euro pro Jahr nicht übersteigen. Eine steuerfrei gewährte Gewinnbeteiligung kann im Kalenderjahr 2022 rückwirkend als Teuerungsprämie behandelt werden" sollte u.E. ersatzlos gestrichen werden.

Die vorgenannten beiden Einschränkungen (aufgestockter Höchstbetrag für die Abgabenfreiheit nur durch lohngestalten Vorschrift, gemeinsamer Höchstbetrag für Teuerungsprämie und Gewinnbeteiligung) sind offenbar von der budgetären Sorge getragen, die Abgabenbefreiungen nicht zu großzügig zu gestalten. Mit der Streichung dieser beiden Einschränkungen könnte man die regulative Kleinkariertheit endlich einmal über Bord werfen und der Praxis zumindest bei diesem Thema eine wirklich gut handhabbare und freundlichere Regelung zur Verfügung stellen, ohne dass Softwarehäuser und Personalverrechner/innen wieder mit unzähligen Folgefragen zur Verzweiflung gebracht werden.

Mit freundlichen Grüßen,
Mag. Rainer Kraft
Geschäftsführer Vorlagenportal für Arbeitsrecht und Personalverrechnung
www.vorlagenportal.at

Stellungnahme von

Vorlagenportal für Arbeitsrecht und Personalverrechnung; Rechts- und Fachredaktion

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