Bundesgesetz über die Förderung des qualitätsvollen Journalismus in Medien des Print- und Online-Bereichs; Presseförderungsgesetz 2004, Medienkooperations- und -förderungs-Transparenzgesetz sowie KommAustria-Gesetz, Änderung (52/SN-233/ME)

Stellungnahme zu Ministerialentwurf

Stellungnahme zu dem Ministerialentwurf betreffend Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Förderung des qualitätsvollen Journalismus in Medien des Print- und Online-Bereichs erlassen wird und Presseförderungsgesetz 2004, das Medienkooperations- und -förderungs-Transparenzgesetz sowie das KommAustria-Gesetz geändert werden

Bei den Stellungnahmen handelt es sich nicht um die Meinung der Parlaments­direktion, sondern um jene der einbringenden Person bzw. Institution. Mehr Informationen finden Sie in den Nutzungsbedingungen.

Inhalt




An das Bundeskanzleramt
Ballhausplatz 2
1010 Wien
Wien, 01. Dezember 2022


Betreff: Stellungnahme zum Ministerialentwurf betreffend Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Förderung des qualitätsvollen Journalismus in Medien des Print- und Online-Bereichs erlassen wird und Presseförderungsgesetz 2004, das Medienkooperations- und -förderungs-Transparenzgesetz sowie das KommAustria-Gesetz geändert werden (233/ME)


Geschickt an:
das Bundeskanzleramt per E-Mail: medienrecht@bka.gv.at
die Frau Bundesmininsterin per E-Mail: susanne.raab@bka.gv.at
das Parlament per E-Mail: begutachtungsverfahren@parlament.gv.at
Upload bei:
https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/ME/ME_00233/index.shtml#tab-Stellungnahmen


Sehr geehrte Damen und Herren,
wir möchten hiermit zum oben genannten Ministerialentwurf eine Stellungnahme abgeben.

Wir, die Salzburger Straßenzeitung APROPOS, sind ein unabhängiges Printmedium, dessen Ertrag zur Hälfte an von Armut betroffene Menschen geht, die das Blatt auf der Straße verkaufen. Wir erscheinen 12 x im Jahr und sind nicht nur eine Stadtzeitung, sondern geben Menschen am Rande der Gesellschaft auch eine Stimme.

Wir wurden gemeinsam mit allen anderen österreichischen Straßenzeitungen erfreulicherweise im März dieses Jahres zu den vom Bundeskanzleramt abgehaltenen Medienkonferenzen eingeladen und haben dort sehr konkret dargelegt, was es brauchen würde, damit wir, die Straßenzeitungen, in Zukunft nicht mehr prekär arbeiten müssten.
Warum arbeiten wir prekär? Wir haben bisher keine Presseförderung erhalten. Und zum geteilten Ertrag kommt auch noch unser Anspruch, die Inhalte von Apropos genauestens zu
recherchieren und dem Vertrauen, das uns marginalisierte Menschen schenken, mit bestem
Gewissen gerecht zu werden. Außerdem sind wir bemüht, freien Journalist:innen, die für uns
Schreiben, ein faires Honorar zu bezahlen. Das alles kostet.

Nun haben wir den Entwurf zum geplanten Mediengesetz gelesen und sind zum Befund
gekommen, erneut übersehen worden zu sein. Die Großen werden gefördert, die Kleinen haben – knapp aber doch vorbei – nichts davon, wenn er so bleibt. Denn die Hürde, die ein Magazin (die Kategorie, unter die Straßenzeitungen fallen) nehmen muss, um überhaupt um Förderung ansuchen
zu dürfen, ist zu hoch.






Hauptberuflich tätige Journalist:innen
• Begriffsbestimmungen (lt. § 2)
2. „hauptberuflich tätige Journalistin bzw. hauptberuflich tätiger Journalist“ eine Person,
welche nach dem „Kollektivvertrag für die bei österreichischen Tages- und Wochenzeitungen
und deren Nebenausgaben sowie redaktionellen digitalen Angeboten“ angestellten
Redakteurinnen bzw. Redakteure, Redakteursaspirantinnen bzw. Redakteursaspiranten und
Dienstnehmerinnen bzw. Dienstnehmer des technisch-redaktionellen Dienstes oder
vergleichbaren Kollektivverträgen beschäftigt ist oder eine Person, deren monatlicher Bezug den
Tarifgehalt laut aktuellster Tariftabelle des zitierten Kollektivvertrages nicht unterschreitet
oder deren Gehalt sonst marktüblich ist;
• Allgemeine Fördervoraussetzungen (lt. § 4)
(6) 1. Für Magazine gilt neben den Anforderungen nach Abs. 1 weiters, dass 1. ihr
Medieninhaber mindestens drei hauptberuflich tätige Journalistinnen bzw. Journalisten
beschäftigen muss

Das muss sich ein Medium generell erst einmal leisten können. Die meisten Straßenzeitungen, wie auch andere kleine Medien können das nicht. Wir haben wenige fixe Mitarbeiter:innen (die Zahl drei ist zu hoch angesetzt), sind nicht gewinnorientiert, sondern gemeinnützig organisiert und finanzieren uns über Verkäufe, Inserate und eine Förderung des Landes Salzburg.

Unsere inhaltliche Qualität und gesellschaftliche Relevanz sind allerdings sehr hoch. Wir
erfüllen eine wichtige Funktion, nicht nur für die Kolporteur:innen und als Stimme von
gesellschaftlichen Randgruppen, sondern auch für die Leser:innen, die von gesellschaftspolitischen Themen und regionalen Ereignissen erfahren.
Außerdem arbeiten wir oft mit freien Journalist:innen zusammen, um Fachexpertise anbieten zu können. Wenn es darum gehen soll, Qualität zu fördern, dann heißt das in unseren Augen nicht, möglichst viele angestellte Journalist:innen zu haben, sondern möglichst gute Inhalte zu
produzieren.

Was bedeutet das nun konkret? Die Straßenzeitungen werden sich um die Medienförderung nicht bewerben können, weil ihnen das Geld für die Voraussetzungen fehlt. Natürlich würden wir aber alle liebend gern mehr Journalist:innen anstellen, nach Kollektivvertrag bezahlen und Freien ein faires Zeilenhonorar garantieren. Was es also braucht, ist Förderung first und nicht umgekehrt.

Mit diesem Geld könnten unsere Redaktionen aufgestockt werden, dafür können gern auch
Kriterien bezüglich Anzahl etc. festgelegt werden.














Aus- und Fortbildung von Nachwuchsjournalist:innen

Einen zusätzlichen wesentlichen Punkt möchten wir auch noch erwähnen: Mit Geld gefördert
werden soll auch die Nachwuchsausbildung – in Form von Volontariaten und Lehrredaktionen. Vielleicht wurde auch übersehen, welche Rolle die Straßenzeitungen bei der Nachwuchsförderung ohnehin schon einnehmen. Viele Journalist:innen veröffentlichen bei uns ihre ersten Artikel. Manche schreiben frei für Straßenzeitungen UND für andere Medien.
Ohne uns wäre nicht nur die qualitätsvolle und diverse Medienlandschaft ärmer, es gäbe auch
weniger Möglichkeiten, überhaupt im Berufsfeld Journalismus anzufangen. Was wir
Straßenzeitungen also brauchen ist eine Sockelförderung, mit der wir gut und unabhängig von
Privatwirtschaft bzw. Parteipolitik arbeiten können, und mit der wir dann auch gern die jetzt
genannten Voraussetzungen erfüllen.
Wir hoffen sehr, dass unsere Stellungnahme in die parlamentarische Diskussion Einzug findet und zu entsprechenden Veränderungen im Gesetz führt, damit wir diesmal mitmachen können. Denn auch bei der Digi-Transformations-förderung war die Hürde mit 50.000,– Euro Eigenmittel als Voraussetzung leider zu hoch.



Mit freundlichen Grüßen
Mag. Michaela Gründler
Chefredakteurin Apropos. Die Salzburger Straßenzeitung.
Soziale Arbeit gGmbH