Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 und ASFINAG-Gesetz, Änderung (9/SN-292/ME)

Stellungnahme zu Ministerialentwurf

Stellungnahme zu dem Ministerialentwurf betreffend Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 und das ASFINAG-Gesetz

geändert werden

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Inhalt

Stellungnahme des Österreichischen Camping Clubs, kurz ÖCC

zum Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 und das ASFINAG-Gesetz geändert werden (GZ: 2023-0.585.566)

Zu Z. 4, 11, 16, 23, 34, 36 und 38 (§ 6, § 10 Abs. 1 und 4, § 13 Abs. 2 und 3, § 15 Abs. 1 Z 18, § 30b Abs. 1, § 32 Abs. 1 und § 33 Abs. 18 BStMG) (Abgrenzung der fahrleistungsabhängigen von der zeitabhängigen Maut):
Die durch die Wegekostenrichtlinie in der Fassung der Änderungsrichtlinie (EU) 2022/362 vorgesehene neue Abgrenzung der Fahrzeuge bzw. Mautkategorien nach der technisch zulässigen Gesamtmasse anstatt der bisherigen österreichischen Kategorisierung nach dem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von 3,5 Tonnen hat weitreichende Folgen, sowohl für den gewerblichen wie auch den Freizeitverkehr.

Zahlreiche Kleintransporteure und Wohnmobilbesitzer:innen besitzen keine Lkw-Lenkberechtigung und haben daher ihre Fahrzeuge „abgelastet“ bzw. „heruntertypisiert“: Sie machen nur in dem Ausmaß von ihrem Fahrzeug Gebrauch, wie es ihre Lenkberechtigung der Kategorie B erlaubt, d.h. bis zu 3,5 Tonnen höchstzulässiges Gesamtgewicht. Die rein theoretisch mögliche, vom Hersteller bei der Typisierung angegebene höhere technisch zulässige Gesamtmasse wird und darf also nicht ausgenützt und im täglichen Betrieb daher auch nicht erreicht werden. Dennoch soll diese fiktive Gewichtsangabe nun für die Einstufung in die Kategorie Lkw-Maut sorgen, d.h. die identen Fahrzeuge sollen in Zukunft mehr Maut zahlen, da nun nach Fahrleistung und diversen anderen Kriterien abgerechnet werden soll.

Das ist in mehrfacher Hinsicht verfassungsrechtlich bedenklich, wie selbst die Erläuterungen einräumen müssen. Nicht nur wird das Vertrauen der betroffenen Fahrzeugbesitzer:innen in die bisherige Rechtslage und ihren Besitzstand verletzt; es führt auch zu einer unsachlichen Ungleichbehandlung gleicher Sachverhalte und damit zu einer Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes. Außerdem ist mit verheerenden Folgen für den Camping-Tourismus und die Verkehrssicherheit zu rechnen, da viele Gäste, insbesondere aus Deutschland, dann wohl die Autobahnen meiden und/oder sich Reiseziele suchen werden, in welchen Wohnmobile nicht mit zusätzlichen finanziellen Belastungen bestraft werden.

Der ÖCC möchte auf die Schwierigkeit der eigenständigen Kontrolle der Fahrzeugdokumente durch unzählige in- und ausländische Touristen, im Vorhinein des Befahrens des mautpflichtigen Straßennetzes und der im Bedarfsfall einhergehenden vorherigen Registrierung einer Go-Box sowie auf der Aufwand der Kontrolle der Mitarbeiter:innen an den Vertriebsstellen und deren Kontrolle der Fahrzeugpapiere hinweisen. Der gleichsprachige, deutsche Zulassungsschein ist mit Werten befüllt, deren Felder nur durch Codes ausgelesen werden können, die mit anderen Begrifflichkeiten als in Österreich besetzt sind, was auch bei fachkundigen Personen zu Fehleranfälligkeit führt.

So sehr wir begrüßen, dass nunmehr eine Übergangsphase von fünf Vignettenperioden geschaffen werden soll, in welcher die Mauterhöhung ausgesetzt wird, um die Auswirkungen einer solchen Mauterhöhung auf die betroffenen Kreise zu evaluieren, kommen wir nicht umhin darauf hinzuweisen, dass all dies nicht notwendig wäre. Die Wegekostenrichtlinie gibt zwar die neuen Gewichtskategorien vor, doch sie stellt es den Staaten frei, Wohnmobile von dieser Art der Bemautung auszunehmen. Zu diesem Zweck und um Missbrauch vorzubeugen, enthält die Richtlinie eine genaue Definition, was als Wohnmobil zu gelten hat („Fahrzeuge mit einem Wohnbereich, der Sitzgelegenheiten und einen Tisch, getrennte oder durch Umstellung von Sitzen geschaffene Schlafgelegenheiten, Kochgelegenheiten und Einrichtungen zur Unterbringung von Gegenständen umfasst“) und normiert in Artikel 2 ausdrücklich:
„Unbeschadet des Artikels 7da Absatz 3 können die Mitgliedstaaten Wohnmobile als Kraftomnibusse oder als Personenkraftwagen behandeln.“
Diese Möglichkeit wird im vorliegenden Entwurf und den Materialien nicht erwähnt und es wird auch nicht erklärt, warum man sich hierzulande gegen diese Option entschieden hat. Mit der Schaffung einer gesonderten Vignettenkategorie für Wohnmobile könnte eine sachgerechte und bürgerfreundliche Lösung gefunden werden, die auch allfällige (befürchtete) Einnahmenausfälle der Asfinag wettmachen würde.

Es bleibt zu hoffen, dass der Normengeber sich vom Weitblick der EU-Gesetzgebung leiten lässt. Die verfassungsrechtlichen Probleme lösen sich durch einen fünfjährigen Aufschub jedenfalls nicht, egal was die Evaluierung ergibt.

Zu Z 12 (§ 11 Abs. 1 und 2 BStMG) (Mautentrichtung)
Der ÖCC begrüßt ausdrücklich, dass nun endlich die Möglichkeit geschaffen wird, die digitale Vignette beim Fahrzeugwechsel „mitzunehmen“.

Leider nach wie vor ungelöst und sogar dezidiert in den EB ausgeschlossen sind Konstellationen mit Zulassungsbesitzerwechsel. Damit sind Erbfälle oder die Fahrzeugweitergabe innerhalb der Familie weiterhin mit dem erneuten Kauf einer Vignette belastet.

Die Schaffung der Eintagesvignette ist eine sinnvolle Ergänzung des Vignettenportfolios. Ermöglicht wurde sie jedoch nur aufgrund der Vorgaben der WegekostenRL, denn innerstaatlich konnte man sich in der Vergangenheit nicht dazu durchringen.

Die EB ließen leider unerwähnt, wie eine digitale Eintagesvignette im Zusammenhang mit der derzeit bestehenden 18tägigen Rücktrittsfrist funktionieren soll. Vielleicht ist dies nun Anlass, Vignettenkäufer:innen generell den Verzicht auf ihr Rücktrittsrecht zu ermöglichen.

Mit dem Entfall der Rücktrittsfrist wäre auch endlich das Problem der dubiosen online-Portale gelöst, die österreichische Vignetten zu überhöhten Preisen mit dem Argument der sofortigen Gültigkeit verkaufen.

Es sei hier abschließend auch darauf hingewiesen, dass mehrere andere Länder der EU die 14 Tage-Rücktrittsfrist nicht gewähren und bisher nicht von den EU-Behörden beanstandet wurden.

Zu Z 14 (§ 12 BStMG) (Vignettenpreise, Vignettenkategorien)
Die einmalige Aussetzung der Vignettenpreiserhöhung wird begrüßt.

Der ÖCC fordert die Schaffung einer Vignettenkategorie für Wohnmobile (siehe unsere Ausführungen zu Z 4 ff). Damit könnte endlich eine Endbürokratisierung und finanzielle Entlastung erzielt werden. Das derzeitige System des Nachweises der richtigen Kategorie für die fahrleistungsabhängige Maut hat sich in der Praxis für Laien als kompliziert und fehleranfällig erwiesen und das Erfordernis des zweifachen Nachweises (an der Vertriebsstelle und nachträglich gegenüber der Asfinag) war selbst nach Jahren noch nicht allen befassten Kreisen geläufig. Dies führte zu zahllosen, unnötigen Strafverfahren und Strafzahlungen aufgrund von Formalfehlern. Wer nur zur Hauptsaison nach Österreich oder durch Österreich reist, ist kein Profi in Sachen Lkw-Maut, wie man das von der gewerblichen Lkw-Lenkern erwarten kann.

Die neue Vignettenkategorie, die sich anhand der Wohnmobil-Definition der WegekostenRL leicht einrichten und abgrenzen lässt, könnte durch einen Fixbetrag einfach und jederzeit erworben werden. Aus vergangenen Umfragen wissen wir, dass die Wohnmobil-Community durchaus bereit wäre, einen höheren Jahresvignettenpreis als in der Pkw-Kategorie vorgesehen, zu bezahlen, solange er nur fair, transparent und vorhersehbar ist.

Zu Z 16 und 17 (§ 13 Abs. 2 und 3 BStMG und Entfall des § 13 Abs. 10 BStMG) (Ausnahmen und Erleichterungen, Menschen mit Behinderung)
Wir begrüßen die Ausnahme von der fahrleistungsabhängigen Mautpflicht für Fahrzeuge, welche auf Menschen mit Behinderungen zugelassen und gem. § 4 Abs 3 Z 9 VersStG von der motorbezogenen Versicherungssteuer befreit sind. Damit erhalten auch die wenigen betroffenen Fahrzeuge von MmB, die ab der Gesetzesänderung keine kostenlose Digitale Vignette mehr erhalten können, weiterhin die Mautbefreiung.


Tomas Mehlmauer
Präsident ÖCC; Wien, am 13.09.2023

Stellungnahme von

Österreichischer Camping Club; NPO

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