Stellungnahme zu 198/A (167/SN)

Stellungnahme

Stellungnahme betreffend den Antrag 198/A der Abgeordneten Leonore Gewessler, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur Regelung der Elektrizitätswirtschaft (Elektrizitätswirtschaftsgesetz – ElWG) und ein Bundesgesetz zur Definition des Begriffs der Energiearmut für die statistische Erfassung und für die Bestimmung von Zielgruppen für Unterstützungsmaßnahmen (Energiearmuts-Definitions-Gesetz – EnDG) erlassen werden sowie das Energie-Control-Gesetz geändert wird

Bei den Stellungnahmen handelt es sich nicht um die Meinung der Parlaments­direktion, sondern um jene der einbringenden Person bzw. Institution. Mehr Informationen finden Sie in den Nutzungsbedingungen.

Inhalt

Sehr geehrte Damen und Herren,
als European Climate Pact Ambassador und praktischer Anwender erneuerbarer Energien sehe ich den aktuellen Gesetzesvorschlag kritisch, insbesondere was die Auswirkungen auf dezentrale Energiegemeinschaften und den Eigenverbrauch betrifft.

1. EEG und BEG dürfen nicht durch dynamische Netzentgelte benachteiligt werden. Im aktuellen Entwurf sind keine Ausnahmen für Teilnehmer:innen an Erneuerbaren-Energie-Gemeinschaften (EEG) und Bürgerenergiegemeinschaften (BEG) im Zusammenhang mit den dynamischen Netzentgelten (§ 67) vorgesehen.
Das widerspricht den EU-Vorgaben zur Förderung von gemeinschaftlichem Eigenverbrauch und kollektiver Teilhabe (RED II, Art. 22 und RL 2019/944, Art. 16). Gerade EEG und BEG leisten einen entscheidenden Beitrag zur Energiewende – sie dürfen nicht durch netzseitige Preisnachteile ausgebremst werden.
Ich fordere daher explizit:
Teilnehmer:innen an EEG und BEG sind von dynamischen Netzentgelten auszunehmen.

2. Wärmepumpen, PV und Speicher – die Realität ignoriert
Die geplanten Entgelte orientieren sich an tageszeitlicher Netzlast. Das ist kurzsichtig. Denn:
• Wärmepumpen benötigen Strom v. a. nachts im Winter – genau dann soll Strombezug teuer sein?
• Photovoltaik speist v. a. mittags im Sommer ein – genau dann ist Einspeisung teuer?
• Speicher helfen kaum, da sie im Sommer voll und im Winter leer sind.
Damit werden genau jene Technologien wirtschaftlich geschwächt, die wir für eine klimaneutrale Zukunft brauchen. Wer jetzt schon umweltfreundlich heizt oder produziert, darf nicht benachteiligt werden.

3. Bestandsanlagen nur teilweise geschützt
Zwar sind PV-Bestandsanlagen von der im Entwurf vorgesehenen technischen Spitzenkappung ausgenommen – das ist zu begrüßen.
Nicht ausgenommen sind sie aber von den neuen dynamischen Netzentgelten.
Damit werden auch Betreiber:innen von bestehenden Anlagen künftig für Einspeisung zur „falschen Zeit“ wirtschaftlich belastet, obwohl sie ihre Investitionen unter anderen gesetzlichen Bedingungen getätigt haben.
Das ist de facto eine rückwirkende Entwertung des Eigenverbrauchsmodells, wie es in den letzten Jahren in Österreich aktiv beworben und gefördert wurde. Vielmehr sollte die Energiespeicherung das "Problem" der EVU sein und nicht nur auf Private abgewälzt werden.

4. Regional ist nicht lokal – und trotzdem benachteiligt
Zwar sind „lokale“ Strukturen im Gesetz über Netzebene 7 definiert. Doch regionale EEG und BEG, die über mehrere Orte oder Netzebenen hinweg aktiv sind, fallen durch dieses Raster.
Sie gelten damit nicht als lokal, obwohl sie dezentral agieren – und erhalten dynamische Netznutzungstarife, obwohl sie das überregionale Netz ebenfalls entlasten.
Diese Einschränkung ist systemisch falsch. Wer Energie gemeinsam erzeugt und verbraucht, soll unabhängig von der Netzebene begünstigt werden – nicht benachteiligt. BEG könnte es besonders hart treffen, da sie über verschiedene Netzbetreiber laufen.

Forderungen:
Ich fordere eine Überarbeitung des Gesetzesentwurfs mit folgenden Punkten:
1. Ausnahme von dynamischen Netzentgelten für EEG und BEG.
2. Keine rückwirkende Benachteiligung bestehender PV-Anlagen durch neue Entgeltsysteme.
3. Berücksichtigung saisonaler Nutzungsmuster in der Preislogik. Wärmepumpen dürfen nicht nocheinmal, wie beim Preisschock 2022 einen Bremser erfahren.
4. Keine Benachteiligung regional tätiger Energiegemeinschaften – Entlastung auch über Netzebene 7 hinaus.
5. Stärkere Systemdienlichkeit durch faire Anreize, nicht durch Straflogik.
6. Keine Änderung der früher propagierten und geförderten Strategien. Jeder Wärmepumpen- , E-Auto- oder PV Anlagen Betreiber sieht sich mit völlig geänderten Spielregeln konfrontiert.

Fazit:
Der Gesetzesentwurf in der jetzigen Fassung benachteiligt Wärmepumpenbesitzer:innen, PV-Anlagenbetreiber:innen, E-Autofahrer und engagierte Energiegemeinschaften – also jene Akteure, die den Green Deal konkret umsetzen.
Das ElWG darf nicht zur Bremse der Energiewende werden. Bitte üben Sie Druck im Sinne der Bürger:innen und der EU-Ziele auf dieses Gesetz aus.