Stellungnahme zu Ministerialentwurf
Stellungnahme zu dem Ministerialentwurf betreffend Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur Regelung der Elektrizitätswirtschaft (Elektrizitätswirtschaftsgesetz – ElWG) und ein Bundesgesetz zur Definition des Begriffs der Energiearmut für die statistische Erfassung und für die Bestimmung von Zielgruppen für Unterstützungsmaßnahmen (Energiearmuts-Definitions-Gesetz – EnDG) erlassen sowie das Energie-Control-Gesetz geändert werden
Bei den Stellungnahmen handelt es sich nicht um die Meinung der Parlamentsdirektion, sondern um jene der einbringenden Person bzw. Institution. Mehr Informationen finden Sie in den Nutzungsbedingungen.
Inhalt
Version mit Fußnoten und Verlinkungen im PDF
Sehr geehrte Damen und Herren!
Vielen Dank für die Möglichkeit zum Entwurf des Elektrizitätswirtschaftsgesetz und Energiearmuts-Definitions-Gesetz; Energie-Control-Gesetz Stellung zu nehmen. Generell begrüßen wir die Absicht, Österreichs Energiewirtschaft zukunftsfit zu machen. GLOBAL 2000 sieht noch in folgenden Punkten Änderungsbedarf:
Netzgebühren für Privathaushalte
Zusätzliche Netznutzungsgebühren für die Einspeisung von Strom für Besitzer:innen von PV Anlagen stellen eine finanzielle Mehrbelastung für jene Privathaushalte dar, die bereits jetzt einen Beitrag zur Energiewende leisten. Unerwartete Mehrkosten verlängern nicht nur die finanzielle Amortisierung bestehender Anlagen, sie könnten auch die Anzahl zukünftig gebauter PV-Anlagen reduzieren und damit der Energiewende weitere Steine in den Weg legen. Um das Netz zu entlasten, sollte auf Förderungen und Anreize für Energiespeicher gesetzt werden, statt die Vorreiter der Energiewende mit weiteren Gebühren zu belasten.
Spitzenkappung bei Windenergie ad §94a
Während Spitzenkappungen bei PV-Anlagen durchaus als sinnvoll zu erachten sind, da sie Netze zu Spitzenproduktionszeiten mit geringem Energieverbrauch entlasten, sehen wir die Spitzenkappung von Windkraft differenzierter. Windkraftwerke speisen meist in Mittel- und Hochspannungsnetzwerke ein, wo Netzüberlastungen deutlich unwahrscheinlicher sind. Auch bundesweite Spitzenzeiten wie die Mittagsspitze bei der PV-Produktion gibt es bei Windkraftwerken nicht. Gleichzeitig produzieren Windkraftwerke einen Großteil ihrer Energie in den Wintermonaten, wo andere erneuerbare Energieformen wenig produktiv sind und Stromimporte besonders hoch. Hier muss klar geregelt werden, dass Spitzenkappungen nur möglich sein dürfen, wenn jede Möglichkeit stattdessen Energie aus fossilen Quellen oder Stromimporte zu reduzieren bereits ausgeschöpft wurde.
Keine Erwähnung des Ziels der Klimaneutralität 2040
Das ElWG ist der Fahrplan des österreichischen Energienetzes, doch obwohl Österreich sich zum Ziel der Klimaneutralität bis 2040, und damit zum Ausstieg aus fossilen Energien, bekannt hat, finden das 2040 Ziel und das Wort Klimaneutralität keine Erwähnung. Bleibt Österreich auf dem derzeitigen Emissionsreduktionskurs, so verfehlen wir die Klimaziele deutlich. Das ElWG muss also der Fahrplan in Richtung Klimaneutralität sein. Der Ausstieg aus fossilen Energien und der Umstieg auf erneuerbare Energiequellen müssen im Gesetzestext nicht nur Erwähnung finden, viel mehr müssen hier die nötigen Änderungen an Netzen und Systemen genau ausgearbeitet werden. Nur so kann das Energienetz und Österreichs Energiewirtschaft als Ganzes die Herausforderungen dieses Umstiegs meistern.
Sozialtarif
GLOBAL 2000 befürwortet die Einführung eines Sozialtarifs für die Stromversorgung als einen wichtigen Meilenstein beim Kampf gegen Energiearmut. Positiv ist weiters, dass der Sozialtarif unbürokratisch und automatisch zuerkannt werden soll, wenn eine ORF-Beitragsbefreiung vorliegt. Allerdings greift die Beschränkung des Tarifs auf bestimmte Gruppen, die vom ORF Beitrag befreit sind, zu kurz.
In der aktuellen Fassung sind lediglich Bezieher:innen von Pflegegeld, Pensionist:innen und Bezieher:innen von Sozialhilfeleistungen, die vom ORF-Beitrag befreit sind, anspruchsberechtigt.1 Andere Personengruppen, die sich vom ORF-Beitrag befreien können, aber keinen Sozialtarif bekommen, wären demnach Arbeitslose, Lehrlinge, Studierende, sowie gehörlose und schwer hörbehinderte Personen. Insbesondere arbeitslose Menschen sind stark armutsgefährdet und es ist zudem nicht verständlich, warum nicht alle armutsbetroffenen Personen den Anspruch auf einen Sozialtarif haben sollten.
GLOBAL 2000 spricht sich daher für folgende Verbesserungen aus:
• der Sozialtarif soll auch für alle anderen Gruppen automatisch zugestanden werden, die vom ORF-Beitrag befreit sind.
• Personen, die keine ORF-Beitragsbefreiung beantragt haben, aber die dafür erforderlichen Einkommensobergrenzen2 unterschreiten, sollen den Sozialtarif per Antrag erhalten können. Damit würde auch sichergestellt, dass sich der Sozialtarif an alle armutsbetroffenen Haushalte richtet und nicht nur an Haushalte, die eine ORF-Beitragsbefreiung beantragt haben. Die vorgesehene „Abwicklungsstelle für den gestützten Preis“ kann auch dazu dienen, diese Anträge zu bearbeiten.
• Alle Energieversorger sollen verpflichtet werden, auf der nächsten Stromrechnung über die Möglichkeit des Sozialtarifs zu informieren und auf ihrer Website entsprechende Informationen anzubieten.
Energiearmuts-Definitionsgesetz - EnDG
GLOBAL 2000 begrüßt das Energiearmutsdefinitions-Definitions-Gesetz – EnDG) mit dem erstmals eine bundesweit gültige Definition von Energiearmut gewählt wird. Damit wird ein wichtiger Schritt in Richtung einer sozial ausgewogenen Klima- und Energiepolitik vollbracht. Die in §4 gewählte Formulierung3 ist aus unserer Sicht umfassend genug gewählt.
Bei der Definition von unterstützungswürdigen Haushalten (§7), die dann für Maßnahmen zur Bekämpfung von Energiearmut herangezogen wird, wird jedoch rein auf das Einkommen der Haushalte abgestellt. Damit kommt dann nicht mehr der umfassende Ansatz in der Definition in §4 zur Anwendung.
Um als energiearmer Haushalt eingestuft zu werden, sollte daher eine umfassendere Prüfung ermöglicht werden und nicht nur eine Einkommensprüfung, wie das auch der Rechnungshof in seiner Stellungnahme im Jahr 2024 zum damaligen Entwurf des Energiearmuts-Definitions-Gesetzes vorgeschlagen hat.4 Auch die angeführten objektiven, subjektiven und ergänzenden Indikatoren (§5 1,2,3) zur Messung von Energiearmut bieten eine Hilfestellung bei der Einstufung als unterstützungswürdiger Haushalt und sollten berücksichtigt werden.
GLOBAL 2000 schlägt daher vor, bei der Einstufung als unterstützungswürdiger Haushalt nach §7 noch eine unabhängige Stelle festzulegen, die eine Einstufung als energiearmer Haushalt nach der umfassenden Definiton nach §4 vornehmen kann. Damit sollte eine Einstufung als unterstützungswürdiger Haushalt möglich werden, die über die reine Beurteilung der Einkommenssituation hinausgeht. Diese Stelle könnte z.B. beim Sozialministerium angesiedelt werden, auch die Förderstellen können so eine Einstufung bei entsprechender Vorbereitung und Ausstattung potenziell durchführen.
Wir ersuchen Sie diese Änderungsvorschläge in den Entwurf einzuarbeiten und verbleiben
mit freundlichen Grüßen,
Hannah Keller