Staatsschutz- und Nachrichtendienst-Gesetz, Sicherheitspolizeigesetz, Telekommunikationsgesetz 2021, u.a., Änderung (9/SN-8/ME)

Stellungnahme zu Ministerialentwurf

Stellungnahme zu dem Ministerialentwurf betreffend Bundesgesetz, mit dem das Staatsschutz- und Nachrichtendienst-Gesetz, das Sicherheitspolizeigesetz, das Telekommunikationsgesetz 2021, das Bundesverwaltungsgerichtsgesetz und das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz geändert werden

Bei den Stellungnahmen handelt es sich nicht um die Meinung der Parlaments­direktion, sondern um jene der einbringenden Person bzw. Institution. Mehr Informationen finden Sie in den Nutzungsbedingungen.

Inhalt

Der Bundestrojaner (aktuell als Chat-Überwachung beworben) stellt eine massive Bedrohung für die Privatsphäre, IT-Sicherheit und Demokratie dar!

Ein Bundestrojaner ermöglicht es, Smartphones flächendeckend zu infiltrieren, indem er Sicherheitslücken ausnutzt. Dadurch werden sensible Daten wie Nachrichten, Standorte, Fotos, Mikrofon- und Kameraaufnahmen, sowie Gesundheitsdaten zugänglich – ein digitaler Hausdurchsuchungsbefehl ohne Grenzen.
Das betrifft nicht nur Verdächtige, sondern spioniert potenziell die gesamte Bevölkerung aus.
Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat 2019 ein entsprechendes Gesetz als verfassungswidrig gekippt, doch neue Gesetzesvorhaben – bereits der vierte Anlauf – zeigen, dass die Politik die Kritik ignoriert.
Die drohenden Gefahren sind vielschichtig.

Erstens gefährdet der Bundestrojaner die IT-Sicherheit aller.
Indem der Staat bewusst Sicherheitslücken offenlässt, um Spionagesoftware einzuschleusen, öffnet er Cyberkriminellen Tür und Tor.
Solche Schwachstellen können von Hackern, ausländischen Geheimdiensten oder kriminellen Netzwerken ausgenutzt werden, was die digitale Infrastruktur des Landes schwächt.

Zweitens ist es ein finanzielles schwarzes Loch.
Die Entwicklung, Implementierung und Wartung der Überwachungstechnologie verschlingt zweistellige Millionenbeträge – Schätzungen bewegen sich im Bereich von 10 bis 20 Millionen Euro oder mehr.
Diese Summen decken nicht nur die Programmierung der Spionagesoftware, sondern auch den Erwerb sogenannter Zero-Day-Exploits, also Sicherheitslücken, die noch nicht öffentlich bekannt sind.
Solche Lücken werden oft auf dunklen Märkten von zwielichtigen Akteuren, darunter kriminelle Hacker, gekauft. Der Preis für einen einzigen hochwertigen Exploit kann laut Berichten zwischen 100.000 und mehreren Millionen Euro liegen, abhängig von der Reichweite (z. B. iOS oder Android) und der Schwere der Lücke.
Diese Geschäfte finden im Verborgenen statt, oft über Broker oder Firmen wie NSO Group oder Hacking Team, die in der Vergangenheit wegen ihrer Verbindungen zu autoritären Regimen in die Kritik gerieten.

Drittens besteht die Gefahr des Missbrauchs.
Internationale Skandale, wie der NSO-Pegasus-Fall, zeigen, wie Staatstrojaner gegen Journalisten, Aktivisten oder politische Gegner eingesetzt werden.
Es gibt bereits jetzt schon Forderungen, weitere staatliche Stellen mit Zugriff auf den Bundestrojaner auszustatten. Diese könnte eine flächendeckende, automatisierte Überwachung etablieren.

Künstliche Intelligenz und Big Data könnten die Auswertung riesiger Datenmengen ermöglichen, wodurch das Verhalten ganzer Bevölkerungsgruppen analysiert wird.
Dies bedroht nicht nur die Privatsphäre, sondern auch die Meinungsfreiheit, da die Angst vor Überwachung freie Meinungsäußerungen einschränken kann.

Zudem können solche Maßnahmen die Wirtschaft schädigen, indem sie das Vertrauen in digitale Technologien untergraben und Innovationen behindern.

Ein Staat, der das Volk ausspioniert und in die Unsicherheit der digitalen Welt investiert, anstatt sie zu schützen, riskiert nicht nur Grundrechte, sondern auch die Zukunft einer sicheren, freien Gesellschaft!