Stellungnahme zu Ministerialentwurf
Stellungnahme zu dem Ministerialentwurf betreffend Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur Regelung der Elektrizitätswirtschaft (Elektrizitätswirtschaftsgesetz – ElWG) und ein Bundesgesetz zur Definition des Begriffs der Energiearmut für die statistische Erfassung und für die Bestimmung von Zielgruppen für Unterstützungsmaßnahmen (Energiearmuts-Definitions-Gesetz – EnDG) erlassen sowie das Energie-Control-Gesetz geändert werden
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Inhalt
Rückäußerung zur geplanten Regelung der Spitzenkappung gemäß § 94a ElWG (Begutachtungsentwurf vom 3. Juli 2025)
Die im Entwurf vorgesehene Regelung zur dauerhaften Begrenzung der netzwirksamen Leistung bei neuen oder geänderten Photovoltaikanlagen (§ 94a Abs. 2 ElWG-E) wird aus Sicht der Praxis kritisch gesehen. Gerade bei PV-Anlagen mit Ost-West-Ausrichtung, die systemdienlich erzeugen und keine typische Mittagsspitze aufweisen, erscheint eine pauschale Begrenzung der Leistung auf 60 % der Modulspitzenleistung sachlich nicht gerechtfertigt .
Insbesondere ergeben sich schwerwiegende Probleme für Betreiber, die bereits vertragliche Verpflichtungen eingegangen sind oder eingehen möchten – etwa:
• PPA-Verträge (Power Purchase Agreements),
• Peer-to-Peer-Verträge gemäß § 62 ElWG-E ,
• Direktliefermodelle im Rahmen gemeinsamer Energienutzung,
• sowie klassische Börsenvermarktung und Hedge-Produkte (z. B. Jahres- oder Quartalsprodukte im EEX-Handel).
Ein zentrales Problem ergibt sich daraus, dass die geplante Begrenzung (auch dynamisch) durch Dritte (Netzbetreiber) gesteuert wird – und damit das Erzeugungsprofil des Betreibers unkalkulierbar macht. Dies beeinträchtigt:
• die Langfristprognose und Preisbildung für standardisierte Produkte,
• die Erstellung belastbarer Lastprofile zur Portfoliooptimierung,
• die Bewertung und Absicherung von Preis- und Mengenschwankungen (Hedging),
• die Erfüllung bilateraler Lieferverträge (z. B. garantierte Mengen bei PPAs),
• die Bilanzgruppenbewirtschaftung und damit auch das Ausgleichsenergiemanagement.
Gerade letzteres führt dazu, dass nicht beeinflussbare Produktionsausfälle zu nicht kompensierbaren Mehrkosten bei Ausgleichsenergie führen können – mit negativen Folgen für die Wirtschaftlichkeit und die Kalkulierbarkeit neuer Projekte.
Zwar verweist der Gesetzesentwurf auf ein „Maximierungsgebot“ (§ 94a Abs. 4 ElWG-E) und eine Evaluierung zwei Jahre nach Inkrafttreten , doch bietet dies keine ausreichende Planungs- und Rechtssicherheit. Selbst temporäre statische Begrenzungen (Übergang bis zur dynamischen Ansteuerung laut § 70b) werden in der Praxis erhebliche Unsicherheiten erzeugen – zumal sie gerade kleinere, aber dennoch marktaktive Betreiber (> 7 kW) betreffen .
Zusammenfassung der Kritikpunkte:
1. Ost-West-Anlagen werden benachteiligt, obwohl diese netzdienlich und oft lastorientiert produzieren.
2. Verletzung von Investitionssicherheit durch nachträgliche Eingriffe in die technische Leistung.
3. Widerspruch zu europarechtlichen Zielen wie Marktintegration und Ausbau dezentraler Produktion.
4. Gefährdung marktbasierter Vertragsmodelle wie PPA, Peer-to-Peer, Aggregation oder Flexibilitätsbereitstellung.
5. Absehbare Mehrkosten für Ausgleichsenergie und erschwerte Prognostizierbarkeit der Erzeugung.
6. Fehlende Differenzierung nach Netzzustand und Anlagentyp, insbesondere keine Ausnahme für Anlagen mit intelligentem Einspeisemanagement.
Forderung:
Eine gesetzlich vorgesehene Spitzenkappung darf keinesfalls pauschal, sondern nur im Fall nachweislich bestehender Netzenge und unter Wahrung der Vertragstreue (inkl. entsprechender Entschädigungsregeln) erfolgen. Für Anlagen mit geregelter Einspeisung oder flexibler Netzanschlussvereinbarung (§ 96) muss eine Ausnahme von der pauschalen Begrenzung möglich sein. Andernfalls droht ein Rückgang der Investitionsbereitschaft – insbesondere für mittelgroße, marktorientierte PV-Anlagen.