Stellungnahme zu Ministerialentwurf
Stellungnahme zu dem Ministerialentwurf betreffend Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur Regelung der Elektrizitätswirtschaft (Elektrizitätswirtschaftsgesetz – ElWG) und ein Bundesgesetz zur Definition des Begriffs der Energiearmut für die statistische Erfassung und für die Bestimmung von Zielgruppen für Unterstützungsmaßnahmen (Energiearmuts-Definitions-Gesetz – EnDG) erlassen sowie das Energie-Control-Gesetz geändert werden
Bei den Stellungnahmen handelt es sich nicht um die Meinung der Parlamentsdirektion, sondern um jene der einbringenden Person bzw. Institution. Mehr Informationen finden Sie in den Nutzungsbedingungen.
Inhalt
Stellungnahme des EMC (Elektro Mobilitäts Club Österreich)
Nach unserer Stellungnahme zum Entwurf vom Jänner 2024 freuen wir uns, dass
• „Netzdienliches Laden“ als „systemdienlicher Betrieb“ (§107. 25., §119 (1), …) sowie
• „Bidirektionales Laden“ (§107. 25., …)
im Gesetz berücksichtigt wurden.
Ebenso begrüßen wir die Verpflichtung der Verteilnetzbetreiber, mit Eigentümern und Entwicklern von intelligenten und bidirektionalen Ladepunkten zusammenzuarbeiten (§107, 25.).
Wir begrüßen es, dass durch § 94a (1) und (2) klar geregelt wird, dass sich die Ansteuerbarkeit von Windkraft- und PV-Anlagen ausschließlich auf die netzwirksame Leistung bezieht, da manche Netzbetreiber aktuell über die WLV-Steuerung auch den Eigenverbrauch einschränken.
Bezüglich der aufkommenden Anwendung von V2G freut es uns, dass wir folgende anwendbare gesetzliche Regelungen gefunden haben. Für Fahrzeuge im V2G-Betrieb
• entfällt der Herkunftsnachweis, da <250 kWh, §80. (7&8)),
• entfallen für systemdienlichen Betrieb für einen Zeitraum von 20 Jahren ab Inbetriebnahme hinsichtlich des Bezugs der zu speichernden elektrischen Energie die Entgeltkomponenten (Netznutzungsentgelt (Netzverlustentgelt) (§119. (3))).
• Ebenso sind Fahrzeuge im V2G-Betrieb im Rahmen des „Engpassmanagement im Übertragungsnetz“ (§ 132. (1) 1.) als Stromerzeugungsanlagen und Energiespeicheranlagen mit einer Maximalkapazität unter 1 MW vorgesehen.
Die im §125 vorgesehenen Ausnahmen für Systemnutzungsentgelte für Forschungs- und Demonstrationsprojekte sollten insbesondere auch die praktische Erprobung von V2G Projekten unterstützen und die rasche Hochskalierung dieser Technologie sicherstellen. Wir empfehlen in diesem Sinne § 125. (1) mit folgendem Satz zu ergänzen: „Damit sollen u.a. netzdienliche Technologien wie V2G beim Hochlauf unterstützt werden.“
Bzgl. der Einführung von Systemnutzungsentgelten auch für die Einspeisung geben wir zu bedenken, dass im Sinne des Vertrauensschutzes die Planungssicherheit nicht nur für die Wirtschaft, sondern auch für Private erwartet wird. Wir erwarten deshalb, dass Anlagen der typischen Privat-Betreiber (netzwirksamen Leistung <25 kW) von den Systemnutzungsentgelten für die Einspeisung ausgenommen werden.
Zusätzliche Stellungnahmen, die sich aus der Interpretation des ElWG in der Video-Konferenz der E-Control vom 29.7.2025 ergeben haben:
Mit Befremden haben wir die Idee wahrgenommen, dass die Netzgebühr eines Monats aufgrund der Viertelstunde des höchsten Energieverbrauchs in diesem Monat bemessen werden soll. Dieses Bepreisungsmodell macht zwar für Gewerbekunden mit einem über längere Zeit gleichartigen Leistungsniveau (z.B. einer Produktionsanlage) Sinn. Bei Haushalten mit einem niedrigen bis mittleren (Dauer-)Leistungsniveau ist das im Sinne eines netzdienlichen Verhaltens im Sinne einer Flexibilitätsleistung wie Laden von Elektrofahrzeugen in Phasen von Strom-Überangebot bzw. Einspeisen (z.B. V2G) in Phasen von Strom-Mangel kontraproduktiv.
Das Wesen von systemdienlichem Verhalten, bzw. Flexibilitätsleistungen besteht nun einmal darin, höhere (kontinuierlichere) Leistungen in Tageszeiten mit Überschuss und geringerer Netzauslastungen zu verschieben. Darunter fallen
• verstärkter Betrieb von Wärmepumpen,
• das Laden von stationären Akkus zur Entlastung von Leistungsspitzen im Netz speziell in den Wintermonaten und
• das Laden von Elektro-Fahrzeugen, hoffentlich netzdienlich 3-phasig und nicht in Schieflast. Es kann ja nicht das Ziel sein, um Leistung zu reduzieren, das 1- oder 2-phasige Laden von Elektrofahrzeugen (Schieflast) mit geringerer Last zu begünstigen?
Dieses geänderte Lastprofil, mit solchen Verbrauchern, resultiert aus der notwendigen Energiewende im Privatbereich, deren Fortschreiten für die Erreichung der Klimaziele erforderlich ist. Oder sollen Haushalte ohne PV/Akku, mit Gasheizung und Verbrennerautos bei den Netzgebühren bevorzugt werden?
Der Ansatz „die leistungsstärkste Viertelstunde definiert die Monatsnetzgebühr“ bei Haushaltskundinnen und Haushaltskunden sowie Kleinunternehmen) gehört deshalb dringend überdacht.
Für Haushaltskunden bietet sich hier z.B. ein zeitvariables Netzentgelt an, wie es von der Deutschen Netzargentur (BK8-22/010-A, 6.2) angedacht wird. Dieses sieht ein allgemeines Netzentgelt (ST-Preisstufe), eine Preisstufe für Hochlasttarife (HT-Preisstufe) und eine für Niederlasttarife (NT-Preisstufe) vor. Dadurch wird in der jeweils netzdienlichen Laststufe eine „höhere Bezugs- bzw. Einspeiseleistung“ nicht gestraft. Dies würde den in §119. (1) beschriebenen „Anreizen für systemdienlichen Betrieb“ entsprechen.
Aus den Erfahrungen mit einem solchen „statischen Modell“ können dann auch dynamische Netzgebühren nach dem Muster dynamischer Stromtarife entwickelt werden.
Um bereits bestehendes und künftig abzusehendes netzdienliches Verhalten von Privathaushalten bereits in der Konzeption besser berücksichtigen zu können, sollten Gruppen mit Erfahrungen im Bereich der Energie- und Mobilitätswende, wie z.B, der EMC (ElektroMobilitätsClub Österreich) in den Beratungsprozess der E-Control zu neuen Tarifmodellen bereits im Vorfeld intensiver eingebunden werden.
DI Dr. Christian Koza
EMC (ElektroMobilitätsClub Österreich)
Gerasdorf bei Wien, 4 August 2025