Erster Weltkrieg und Ende der Monarchie

Nach dem Ersten Weltkrieg wurden 1918 wieder Nationalversammlungen eingerichtet, die das Zerbrechen der alten Ordnung in geregelte Bahnen lenken sollten.

Während des Ersten Weltkriegs war die Lage im Parlament schwierig: Das Abgeordnetenhaus hatte sich 1914 wie in den Jahren zuvor vor allem durch Obstruktion selbst blockiert.

Der Weltkrieg bricht aus - in Wien tagt kein Parlament

Die ungünstige Lage nahm der damalige Ministerpräsident, Karl Graf Stürgkh, zum Anlass, die Session des Reichsrats zu schließen und mithilfe kaiserlicher Notverordnungen ohne das Parlament zu regieren.

Als im Juni 1914 der österreichische Thronfolger Franz Ferdinand und dessen Frau Sophie in Sarajewo von einem serbischen Nationalisten erschossen wurden, erklärte Österreich Ende Juli Serbien den Krieg. Zu der Zeit tagte in Wien kein Parlament: Das Reich schlitterte ohne intakte Volksvertretung in den Krieg, der seinen Untergang besiegeln sollte.

Krisenstimmung im Reichsrat

Als der "Kriegsabsolutismus" des Ministerpräsidenten Karl Graf Stürgkh  immer mehr Widerstand hervorrief, wurden auch die Forderungen nach Einberufung des Reichsrats lauter. Stürgkh selbst fand ein überraschendes Ende: Er wurde 1916 vom Sozialdemokraten Friedrich Adler in einem Wiener Hotel erschossen.

Kaiser Karl I., Nachfolger des im November 1916 verstorbenen Kaisers Franz Joseph, berief ihn für den 30. Mai 1917 wieder ein. Die Nationalitäten der Monarchie strebten auseinander: Vor allem die Tschechen und Südslawen mahnten in Erklärungen zur Thronrede des Kaisers das freie Selbstbestimmungsrecht der Völker ein.

Im Juli 1917 segnete der Reichsrat trotzdem das "Kriegswirtschaftliche Ermächtigungsgesetz" ab, das es dem Kaiser ermöglichte, für die Dauer des Krieges v. a. in Wirtschaftsfragen per Verordnung zu regieren. Die slawischen Parteien verweigerten die Annahme des Haushalts gegen Ende des Jahres, was zu einer Budgetkrise führte.

Nationalversammlungen übernehmen parlamentarische Vertretung

Gleichzeitig gab es mehrere Parlamentarier, die der Einberufung des Reichsrats nicht gefolgt waren. Sie betrieben vom Ausland her die Bildung selbstständiger Nationalstaaten. So kam es, dass Frankreich im Juni 1918 den in Paris weilenden tschechoslowakischen Nationalrat unter den Reichsratsabgeordneten und späteren tschechoslowakischen Präsidenten Thomas Masaryk anerkannte.

Mit dem "Völkermanifest" vom 16. Oktober 1918 versuchte Kaiser Karl den Untergang der Monarchie abzuwenden, indem er zur Bildung von Nationalräten und den Umbau des Staates zu einem föderalistischen Bundesstaat aufrief.

Für die Rettung des alten Staates war es zu spät. Schon am 21. Oktober versammelten sich die 208 übrig­gebliebenen Abgeordneten der deutschen Wahlbezirke der Reichsratswahl 1911 im Niederösterreichischen Landhaus zur konstituierenden Sitzung der Provisorischen Nationalversammlung für Deutschösterreich.

12. November 1918: Die Ausrufung der Republik

Kurze Zeit später, am 12. November 1918, einigten sich die Abgeordneten auf die republikanische Staatsform. Einen Eindruck von der Ausrufung der Republik und der Reaktion der Bevölkerung gibt ein Film der Österreichischen Mediathek.

Seine letzte Sitzung hielt der Reichsrat ebenfalls am 12. November ab: Der Präsident Gustav Groß verwies nur mehr darauf, dass an die Stelle der "alten" Volksvertretung bereits die verschiedenen Nationalversammlungen getreten seien.