Umzug an den Ring

Umzug an den Ring bis zum Ende der Habsburger­monarchie

Die Grundsteinlegung des neuen Parlamentsgebäudes am Ring erfolgte am 2. September 1874, die erste Sitzung des Abgeordnetenhauses fand im Dezember 1883 statt. Die erste Sitzung des Herrenhauses folgte ein Jahr später im Dezember 1884.

Neue Aufgaben für die Parlamentsverwaltung

Mit Bezug des neuen Gebäudes ergaben sich neue Aufgabenbereiche für die Gebäudeverwaltung. Ab nun trug der Gebäudeinspektor für Sicherheit, Reinigung und Erhaltung des Hauses, Beleuchtung, Heizung und Ventilation sowie für die Führung des Inventars die Verantwortung.

Die Verwaltungsstruktur der beiden Kammern

Kanzlei und Archiv der jeweiligen Kammer wurden unabhängig voneinander geführt. Gebäudeverwaltung, Stenographen-Bureau und Bibliothek des Reichsrats nahmen beide Häuser in Anspruch. Dienstrechtlich waren alle dem Ministerium des Inneren unterstellt. Dieses Modell blieb bis 1918 unverändert.

Als Siegfried Lipiner von 1881 bis 1911 die Parlamentsbibliothek leitete, wurden sowohl Bestände als auch personelle Ressourcen ausgebaut. Der wohl bekannteste Beamte der Reichsratsbibliothek war Karl Renner, der nach seiner Wahl zum Reichsratsabgeordneten 1907, karenziert wurde.

Das "Reichsräthliche Stenographenbureau"

Eine weitere wichtige Einrichtung im Parlament war das "Reichsräthliche Stenographenbureau", das die Protokollierung von Sitzungen zur Aufgabe hatte. Eine besondere Herausforderung für die Stenographen war die Vielsprachigkeit des Abgeordnetenhauses. Alle Abgeordneten waren berechtigt, in ihrer Landessprache zu kommunizieren. So waren im Plenarsaal acht verschiedene Sprachen zu hören. Dennoch wurden die Stenographischen Protokolle unter dem Vorwand der Sparsamkeit in deutscher Sprache verfasst. In der Folge hielten die Abgeordneten ihre Reden häufig zwei Mal, erst in ihrer Muttersprache und danach auf Deutsch. Erst 1917 setzte die slawische Mehrheit gemeinsam mit den Sozialdemokraten ein Gesetz durch, das die stenographische Aufnahme anderssprachiger Reden vorschrieb. Praktisch durchgeführt werden konnte diese Vorschrift nicht mehr, da sich die Monarchie und der Reichsrat 1918 mit der Kriegsniederlage auflösten.

Ein Schritt in die Personalautonomie

Beschlüsse waren stark vom Wohlwollen der Regierung beeinflusst, vor allem bei finanziellen Angelegenheiten. Ab dem Jahr 1902 wurden für bestimmte dauernde Tätigkeiten in der Parlamentsadministration Dienstposten fixiert. Verwaltungsangelegenheiten des Parlamentsgebäudes nahm ausschließlich das Präsidium des Abgeordnetenhauses wahr. Eine Vermischung der Personalhoheit war die Folge. Die Personalkompetenz für befristete Dienstverhältnisse lag bei den Parlamentspräsidien. Bedienstete mit Beamtenstatus waren weiterhin dem Ministerium des Inneren unterstellt.

Auf Initiative des Finanzministeriums stellte ab 1905 nicht mehr das Innenministerium die Mitarbeiter der Parlamentsverwaltung, sondern der Reichsrat verfügte selbst über den Personalstand. Die Dienstposten wurden "systemisiert", d.h. Zahl und Einstufung festgelegt. Administrative Angelegenheiten wurden nun zunehmend unter der Leitung des Präsidenten des Abgeordnetenhauses durchgeführt.

Formelles Vetorecht gegen Personalentscheidungen

1917 folgte ein weiterer Schritt in die Personalautonomie: Das Abgeordnetenhaus legte in seiner Geschäftsordnung ein formelles Vetorecht der Präsidenten der beiden Häuser gegen Personalentscheidungen gesetzlich fest.

Als Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand 1914 ermordet wurde, tagte in Wien kein Parlament, in dem sich verbaler Widerstand gegen die Kriegspolitik der Regierung hätte regen können. Der Kaiser schloss die Tagung und dann die Session, um bis auf weiteres mit Hilfe des Notverordnungsrechts zu regieren. Das Parlamentsgebäude wurde von 1914 bis 1916 als Heeresspital verwendet. Verwaltet wurde das Gebäude von den Kanzleidirektoren des Herrenhauses und des Abgeordnetenhauses sowie dem Gebäudeinspektor. Erst 1917 berief der junge Kaiser Karl den Reichsrat wieder ein. Dies war die letzte Session des Reichsrats, für die der administrative Personalstand wieder aufgefüllt wurde. 1918 wurden erstmals Frauen in den Verwaltungsdienst des Parlaments aufgenommen: eine Kanzleioffiziantin und zwei Kanzleigehilfinnen.