Stenographische Protokolle sind noch heute das Ergebnis des Zusammenwirkens vieler verschiedener Personen. Im Unterschied zu jener Zeit, als die drei geheimen Sitzungen abgehalten wurden, werden die Reden der Abgeordneten heute mittels eines digitalen Aufzeichnungssystems aufgenommen, alle anderen Geschehnisse im Sitzungssaal werden von Stenograph:innen, die sich im 10-Minuten-Turnus abwechseln, mittels Block und Bleistift festgehalten: Wer ruft was dazwischen? Wer spendet Beifall? Was steht auf der von der Rednerin hochgehaltenen Tafel? Auf der digitalen Aufzeichnung ist nur die Rede selbst zu hören, eine Eingabekraft tippt, was sie hört, und wenn der/die Stenograph:in aus dem Sitzungssaal zurückkommt, beginnt die redaktionelle Arbeit.
Geschichte der Stenographischen Protokolle
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wechselten sich die Stenographen – es waren tatsächlich ausschließlich Männer – alle 5 Minuten ab. Sie übertrugen das Stenogramm eigenhändig, ein wichtiges Kriterium für die Stenographen war „eine deutliche und gut leserliche Kurrentschrift“ (Alt: 1948: 84). Anschließend wurde die Reinschrift von einem Revisor, dem jeweils sechs Stenographen zugeteilt waren, durchgesehen und nötigenfalls verbessert. (Alt 1948: 83f.)
Diese Arbeitsschritte lassen sich an den insgesamt rund 600 Seiten umfassenden, großteils handschriftlich verfassten Protokollen sehr gut nachvollziehen, die unterschiedlichen Handschriften lassen erkennen, wie oft die Stenographen sich abgewechselt und wo die Revisoren Korrekturen vorgenommen haben.
Auch die vorliegende Veröffentlichung ist das Ergebnis des Zusammenwirkens vieler verschiedener Personen. Elisabeth Dietrich-Schulz, die ehemalige Direktorin der Parlamentsbibliothek, hat festgestellt, dass die Protokolle der drei geheimen Sitzungen des Abgeordnetenhauses aus dem Juli 1918 nicht in Maschinschrift vorliegen, sondern überwiegend in unterschiedlichen Kurrenthandschriften.
Da die Protokolle in dieser Form für die wenigsten Menschen lesbar sind, wurde eine Abschrift in Auftrag gegeben. Ilse Kogler, langjährige Mitarbeiterin der Abteilung Stenographische Protokolle, hat diese Aufgabe übernommen, wobei, wie sie selbst sagt, die Herausforderung darin bestand, „die unterschiedlichen Handschriften, jede sehr ausgeprägt und individuell“, zu entziffern; die Verwendung von Abkürzungen, geografischen Bezeichnungen, fremdsprachlichen sowie nicht mehr gebräuchlichen Wendungen erschwerte diese Aufgabe zusätzlich.
Die Protokolle dieser geheimen Sitzungen wurden bereits zweimal übertragen: vom Stenogramm in Kurrentschrift und von Kurrentschrift in Maschinschrift (einige wenige Seiten des Originalprotokolls sind maschingeschrieben). Bei jedem dieser Übertragungsschritte können Fehler passiert sein.
Da das Stenogramm nicht mehr erhalten ist, können Übertragungsfehler aus dieser Phase nicht mehr rekonstruiert beziehungsweise behoben werden. Übertragungsfehlern aus der zweiten Phase wurde durch sorgfältige Lektüre und wiederholtes Nachschlagen im Original entgegenzutreten versucht. Ilse Kogler hat bei der Transkription hervorragende Arbeit geleistet; wenn beim Lesen der Protokolle einzelne Wörter unpassend wirkten, wurden diese Stellen markiert und im Original überprüft.
Das Ziel der nun erfolgten Bearbeitung war ein gut lesbares Protokoll, befreit von den vielen Abkürzungen, die wohl aus ökonomischen Gründen verwendet worden waren. Abkürzungen wie m.H., H.H., Se. Exz., Landesvert. Min., k. und k., k.k., AOK, z.B., cm, u. zw., u.s.w., d.h. wurden ausgeschrieben und die Begriffe wenn nötig in einer Fußnote erläutert.
Unterschiedliche Schreibweisen – bedingt dadurch, dass wie oben beschrieben mehrere Stenographen an den Protokollen gearbeitet haben – wurden vereinheitlicht und die Schreibweisen wurden – außer in Zitaten – an die neue Rechtschreibung angepasst: „Phantasie“ wurde immer als „Fantasie“ wiedergegeben, „daß“ als „dass“ und „Piave-Front“ als „Piavefront“.
Beim Redigieren wurde zurückhaltender vorgegangen, als dies heute der Fall ist. Für heutige Ohren ungewöhnlich klingender Satzbau wurde nicht geändert, einerseits um den Stil der Redner so weit wie möglich beizubehalten und andererseits auch um die Arbeit der damaligen Stenographen zu bewahren. Die Markierung der Seitenwechsel wurde im Sinne der besseren Lesbarkeit entfernt; diese sind im Transkript von Ilse Kogler, das auf der Seite der ÖNB abrufbar ist, ersichtlich.
Ebenfalls im Sinne der Lesbarkeit wurden die Korrekturen der Revisoren kommentarlos übernommen; nur wenn durch Streichungen oder Korrekturen durch die Revisoren Information verloren gegangen wäre, die nicht redundant ist, wurden die Korrekturen durch graue Schriftfarbe kenntlich gemacht. Wenn Seiten des Originalprotokolls fehlen – insgesamt fehlen zwei Seiten – oder es Textlücken im Original gibt, wird darauf hingewiesen.
Ein umfangreicher Fußnotenapparat enthält Erklärungen zu geografischen Bezeichnungen, erwähnten Ereignissen, fremdsprachlichen und nicht mehr gebräuchlichen Wendungen und Begriffen sowie darüber hinaus biografische Eckdaten zu zahlreichen erwähnten und zu allen selbst zu Wort kommenden Personen. Die Angaben zu den meisten von den Abgeordneten in ihren Reden erwähnten Personen beschränken sich auf den vollen Namen sowie das Geburts- und das Sterbedatum; bei Personen in besonderen Positionen enthalten die Fußnoten darüber hinausgehende Informationen zu späteren Tätigkeiten und Funktionen.
Die Schreibweisen der Namen der Redner und Zwischenrufer – auch in diesem Fall ausschließlich Männer – wurden ebenfalls vereinheitlicht, ausführlichere Angaben zu den Biografien der Abgeordneten finden sich im Anhang ab Seite 239. Die Schreibweisen der Namen sowie Geburts- und Sterbedaten wurden dabei, wenn nicht anders vermerkt, von Franz Adlgassers biografischem Lexikon über die Mitglieder der österreichischen Zentralparlamente übernommen. Neben den Namen der Redner wurde, wie in den heutigen Stenographischen Protokollen üblich, die jeweilige Fraktion ergänzt. Es wurden keine Unterstreichungen aus dem Originalprotokoll – meist waren Namen unterstrichen – übernommen, Zwischenrufe wurden, wie in den heutigen Stenographischen Protokollen üblich, kursiv gesetzt, die Namen der Zwischenrufer wurden aus dem Originalprotokoll übernommen und fett gesetzt.
Den Vorsitz führten im Laufe der drei Sitzungstage laut Amtlichem Protokoll Präsident Gustav Groß sowie die Vizepräsidenten Ludomił German, Carl Jukel, Teofil Simionovici und Vlastimil Tusar. Es ist nicht durchgängig erkennbar, wer jeweils den Vorsitz führt, auch fehlen in vielen Fällen die Worterteilungen; weder die Namen noch die Worterteilungen wurden ergänzt.