Parlamentskorrespondenz Nr. 1461 vom 21.12.2020

Sonderpensionen: Abgeordnete nutzen Gesetzesreparatur für weitere Beschlüsse

Sozialausschuss ebnet Weg für Nulllohnrunde für 30 SpitzenpolitikerInnen und verlängerte Freistellungsmöglichkeit für RisikopatientInnen

Wien (PK) – Der Sozialausschuss des Nationalrats hat die notwendige Reparatur des Gesetzesbeschlusses zu den Sonderpensionen heute auch dafür genutzt, um den Weg für weitere Beschlüsse zu ebnen. Abseits der schon angekündigten Nulllohnrunde für SpitzenpolitikerInnen haben die Abgeordneten auch einige Bestimmungen des ersten Sozialversicherungs-Änderungsgesetzes in das Sozialversicherungspaket integriert, deren Inkrafttreten sich durch eine vorübergehende Blockade im Bundesrat verzögert hätte. Dabei geht es etwa um die Verlängerung der Bestimmungen für Arbeitsunfälle im Home-Office, die weitere Freistellungsmöglichkeit von RisikopatientInnen, die Ausweitung der sechswöchigen Schutzfrist in der Krankenversicherung, den Anspruch auf Waisenpension und die Selbstversicherung von Studierenden, wobei bei einigen dieser Punkte noch eine zusätzliche Verordnung des Sozialministers notwendig ist.

Die Reparatur des Gesetzesbeschlusses zu den Sonderpensionen inklusive der weiteren Änderungen im Sozialversicherungsrecht wurden vom Sozialausschuss einstimmig gebilligt. Die Nulllohnrunde für SpitzenpolitikerInnen erhielt lediglich die Zustimmung von ÖVP, Grünen und NEOS. SPÖ und FPÖ hatten dazu weitreichendere Vorschläge vorgelegt, die jedoch keine Mehrheit fanden. Endgültig beschlossen werden sollen die Gesetze heute Nachmittag in einer Sondersitzung des Nationalrats. Gibt morgen auch der Bundesrat grünes Licht, können sie zeitgerecht zum Jahreswechsel in Kraft treten.

Im Nationalrat eingelangt ist auch ein Gesetzentwurf der Koalitionsparteien zur Änderung des Epidemiegesetzes und des COVID-19-Maßnahmengesetzes. Dieser soll aber erst im Jänner beraten werden.

Sonderpensionen: Sozialausschuss repariert Formalfehler

Zusammengetreten war der Sozialausschuss wegen eines Einspruchs des Bundesrats gegen das 2. Sozialversicherungs-Änderungsgesetz. Der Nationalrat hatte Mitte Dezember einstimmig beschlossen, analog zur allgemeinen Pensionsanpassung 2021 auch die Erhöhung von Sonderpensionen im kommenden Jahr mit 35 € zu deckeln. Dabei wurde allerdings verabsäumt, nicht nur die Bestimmungen selbst, sondern auch das zugehörige Inkrafttretensdatum als Verfassungsbestimmung auszuweisen. Ohne Korrektur dieses Formalfehlers könnten weder diese Regelung noch die weiteren Teile der Sammelnovelle beurkundet werden. Dazu gehören unter anderem auch Erleichterungen für Unternehmen bei der Rückzahlung gestundeter Sozialversicherungsbeiträge und Vorkehrungen für kostenlose COVID-19-Impfungen durch Haus- und FachärztInnen.

Der Korrekturbeschluss erfolgte einstimmig, wobei ÖVP und Grüne die Gelegenheit auch dazu nutzten, um das 2. Sozialversicherungs-Änderungsgesetz mit einigen Bestimmungen aus dem 1. Sozialversicherungs-Änderungsgesetz zu ergänzen. Dieses liegt derzeit auf Eis, weil SPÖ und FPÖ eine Behandlung im Plenum des Bundesrats blockiert haben. Sie wollten damit gegen die in diesem Paket ebenfalls enthaltene Abschaffung der abschlagsfreien Frühpension bei 45 Arbeitsjahren ab dem Jahr 2022 protestieren. Dadurch wird allerdings nicht nur die Kundmachung der Bestimmungen zur Hacklerregelung verzögert, auch die anderen Gesetzesinhalte könnten erst nach Ablauf der achtwöchigen Einspruchsfrist der Länderkammer – also in der zweiten Jännerhälfte – in Kraft treten. Durch den neuerlichen Beschluss dieser Punkte, die, wie erwähnt, etwa die Freistellungsmöglichkeit für RisikopatientInnen und die Unfallversicherung im Home-Office betreffen, sollte nun – die Zustimmung im Nationalrat und im Bundesrat vorausgesetzt – ein zeitgerechtes Inkrafttreten mit 1. Jänner gewährleistet sein.

In der kurzen Debatte zum Sozialversicherungspaket erläuterte Markus Koza (Grüne), dass mit dem eingebrachten Abänderungsantrag auch Klarstellungen zu den Sonderpensionen vorgenommen werden, um etwaige Missinterpretationen zu vermeiden. Verena Nussbaum (SPÖ) betonte, ihrer Fraktion sei es wichtig, dass in Bezug auf die Arbeitsfreistellung für RisikopatientInnen keine Lücke entstehe. Sie forderte Sozialminister Rudolf Anschober in diesem Sinn auf, die notwendige ergänzende Verordnung umgehend zu erlassen. Anwesend war Anschober im Ausschuss allerdings nicht, er schaffte es wegen eines technischen Defekts auf der Bahnstrecke nicht rechtzeitig ins Parlament.

Nulllohnrunde für 30 SpitzenpolitikerInnen

Die auf Initiative von ÖVP und Grünen beschlossene Nulllohnrunde für bestimmte SpitzenpolitikerInnen betrifft insgesamt 30 Personen. Neben dem Bundespräsidenten sind von der Regelung etwa die Regierungsmitglieder, die drei NationalratspräsidentInnen, die Klubobleute, die drei Volkswanwälte und Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker umfasst. Alle anderen Politikerbezüge sollen gemäß der Kundmachung des Rechnungshofs um 1,5% steigen. Das entspricht der Inflationsrate für das heurige Jahr.

Kritisch zu diesem Beschluss äußerten sich SPÖ und FPÖ. Sie beharrten darauf, auch für weitere PolitikerInnen wie Landeshauptleute, Abgeordnete und BundesrätInnen eine Nulllohnrunde festzusetzen, konnten sich mit entsprechenden Anträgen (1192/A, 1194/A) aber nicht durchsetzen. Es brauche ein starkes Zeichen der Solidarität, meinte SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch, der Regierungsantrag gehe zu wenig weit. Vielmehr sollten alle PolitikerInnen, die mehr als 49% des Gehalts eines Nationalratsabgeordneten beziehen, von der Regelung umfasst werden. Sein Fraktionskollege Alois Stöger sieht es außerdem als falsches Signal, dass Landeshauptleute künftig einen höheren Bezug haben werden als MinisterInnen.

Auch nach Meinung von Dagmar Belakowitsch (FPÖ) wäre es ein wichtiges Symbol, würden weitere PolitikerInnen wie Abgeordnete, BundesrätInnen, LandespolitikerInnen und BürgermeisterInnen größerer Städte auf eine Gehaltserhöhung verzichten. Die Politik habe den BürgerInnen im vergangenen Jahr einiges abverlangt, da wäre es nur gerechtfertigt, einen weitergehenden Schritt zu setzen, sagte sie.

Zudem sprach sich Belakowitsch dafür aus, dass auch MitarbeiterInnen staatsnaher Unternehmen, die der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegen, und des ORF keine Gehaltserhöhung erhalten, sofern ihr Gehalt mehr als 49% eines Abgeordnetenbezugs beträgt. Ein entsprechender Entschließungsantrag der FPÖ wurde allerdings von den anderen Fraktionen abgelehnt. Man könne nicht in individuelle Verträge eingreifen, für die der Gesetzgeber keine Zuständigkeit hat, gaben neben den Koalitionsparteien auch SPÖ und NEOS zu bedenken. So qualifizierte etwa Christian Drobits (SPÖ) den Antrag als überschießend.

Was die Nulllohnrunde für PolitikerInnen betrifft, hielt NEOS-Abgeordneter Nikolaus Scherak fest, man könne unterschiedliche Zugänge haben. Er stimmte in diesem Sinn sowohl dem Gesetzesantrag der Regierungsparteien als auch den Anträgen von SPÖ und FPÖ zu. Generell sieht Scherak durch die Nulllohnrunde aber kein großes Einsparungsvolumen, zielführender wäre es, würde die Bundesregierung bei den Werbeausgaben sparen. Auch SPÖ-Abgeordneter Stöger drängte auf Kürzungen in diesem Bereich.

Seitens der Koalitionsparteien hoben Wolfgang Gerstl (ÖVP) und Ralph Schallmeiner (Grüne) hervor, es gehe darum, mit der Nulllohnrunde für SpitzenpolitikerInnen ein Symbol zu setzen. Das "Missverhältnis", dass Landeshauptleute einen höheren Bezug hätten als MinisterInnen, bestehe schon seit zwei Jahren, sagte Gerstl und würde auch durch den SPÖ-Antrag nicht behoben. Schallmeiner will sich in diesem Zusammenhang dafür stark machen, die ursprüngliche Gehaltspyramide wieder herzustellen, und hofft dazu, wie er sagte, auf einen entsprechenden Fünf-Parteien-Antrag unabhängig vom heutigen Beschluss.

Zuletzt war die Gehaltsanpassung für die auch nun betroffenen SpitzenpolitikerInnen 2019 ausgesetzt worden. 2018 gab es für alle PolitikerInnen – mit Ausnahme von GemeindepolitikerInnen mit einem Bezug unter 4.290 € – eine Nulllohnrunde. (Schluss) gs