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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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745. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

 

Donnerstag, 10. Mai 2007

 

 


Stenographisches Protokoll

745. Sitzung des Bundesrates der Republik Österreich

Donnerstag, 10. Mai 2007

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 10. Mai 2007: 9.02 – 14.17 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Gerichtsgebührengesetz, das Gerichtliche Einbringungsgesetz 1962, das Einkommensteuergesetz 1988, das EU-Quellensteuer­gesetz, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Gebührengesetz 1957, das Mineralölsteuer­gesetz 1995, das Normverbrauchsabgabegesetz, die Bundesabgabenordnung, das Abgaben­verwaltungsorganisationsgesetz, das EG-Amtshilfegesetz, das Zollrechts-Durchfüh­rungsgesetz, das Bundeshaushaltsgesetz, das Bundesfinanzierungsgesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, das Lebensmittelsicherheits- und Verbraucher­schutzgesetz, das Schülerbeihilfengesetz 1983, das Universitätsgesetz 2002, das Bundesmuseen-Gesetz 2002, das Bundestheaterorganisationsgesetz, das Bundes­gesetz über die Neuorganisation der Bundessporteinrichtungen, das Altlastensanie­rungsgesetz, das Umweltförderungsgesetz, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungs­gesetz und das Bundesbahngesetz geändert werden (Budgetbegleitgesetz 2007)

2. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz geändert wird

3. Punkt: Jahresvorschau des BMGFJ 2007 auf der Grundlage des Arbeitsprogramms der Kommission für 2007 sowie des 18-Monate-Programms der deutschen, portu­giesischen und slowenischen Präsidentschaft

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Ergänzung der Tagesordnung ........................................................................................ 30

4. Punkt: Selbständiger Entschließungsantrag der Bundesräte Manfred Gruber, Jürgen Weiss, Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen betreffend jährlichen Bericht des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie über geplante Maßnahmen und Absichten der Bundesregierung im Bereich der Infrastruktur in den Bundesländern [158/A(E)-BR/2007]


BundesratStenographisches Protokoll745. Sitzung / Seite 2

5. Punkt: Selbständiger Entschließungsantrag der Bundesräte Manfred Gruber, Jürgen Weiss, Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen betreffend Berück­sichtigung von Anregungen im Begutachtungsverfahren [159/A(E)-BR/2007]

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Inhalt

Bundesrat

Antrag der Bundesräte Jürgen Weiss, Stefan Schennach, Manfred Gruber, Kolleginnen und Kollegen, den Selbständigen Entschließungsantrag 158/A(E)-BR/2007 der Bundesräte Manfred Gruber, Jürgen Weiss, Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen betreffend jährlichen Bericht des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie über geplante Maßnahmen und Absichten der Bundesregierung im Bereich der Infrastruktur in den Bundesländern sowie den Selbständigen Entschließungsantrag 159/A(E)-BR/2007 der Bundesräte Manfred Gruber, Jürgen Weiss, Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen betreffend Berücksichtigung von Anregungen im Begutachtungsverfahren gemäß § 16 Abs. 3 GO-BR ohne Vorberatung durch einen Ausschuss unmittelbar in Verhandlung zu nehmen – Annahme ........  29, 30

Personalien

Verhinderungen ................................................................................................................ 6

Fragestunde (126.)

Finanzen .......................................................................................................................... 6

Wolfgang Sodl (1551/M-BR/07); Alfred Schöls, Eva Konrad

Sonja Zwazl (1547/M-BR/07); Wolfgang Schimböck, Franz Breiner

Stefan Schennach (1550/M-BR/07); Josef Saller, Monika Mülwerth

Waltraut Hladny (1552/M-BR/07); Franz Wolfinger, Elisabeth Kerschbaum

Franz Perhab (1548/M-BR/07); Wolfgang Schimböck, Franz Breiner

Peter Mitterer (1554/M-BR/07); Elisabeth Kerschbaum, Ing. Reinhold Einwallner, Günther Köberl

Peter Florianschütz (1553/M-BR/07); Karl Bader, Stefan Schennach, Ing. Sieg­fried Kampl

Reinhard Jany (1549/M-BR/07); Erwin Preiner, Stefan Schennach

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ....................................................................................................... 6

Nationalrat

Beschlüsse und Gesetzesbeschlüsse .......................................................................... 29


BundesratStenographisches Protokoll745. Sitzung / Seite 3

Ausschüsse

Zuweisungen .................................................................................................................. 29

Verhandlungen

1. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 24. April 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gerichtsgebührengesetz, das Gerichtliche Ein­bringungsgesetz 1962, das Einkommensteuergesetz 1988, das EU-Quellen­steuergesetz, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuer­gesetz, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Gebührengesetz 1957, das Mineral­ölsteuergesetz 1995, das Normverbrauchsabgabegesetz, die Bundesabgaben­ordnung, das Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz, das EG-Amtshilfegesetz, das Zollrechts-Durchführungsgesetz, das Bundeshaushaltsgesetz, das Bundes­finanzierungsgesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, das Lebens­mit­telsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz, das Schülerbeihilfen­ge­setz 1983, das Universitätsgesetz 2002, das Bundesmuseen-Gesetz 2002, das Bundes­theaterorganisationsgesetz, das Bundesgesetz über die Neuorganisation der Bundessporteinrichtungen, das Altlastensanierungsgesetz, das Umwelt­förde­rungsgesetz, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz und das Bundes­bahngesetz geändert werden (Budgetbegleitgesetz 2007) (43 d.B. und 67 d.B. sowie 7681/BR d.B. und 7682/BR d.B.)                            30

Berichterstatter: Reinhard Todt .................................................................................... 31

Redner/Rednerinnen:

Stefan Schennach ................................................................................................... ..... 31

Peter Florianschütz ................................................................................................ ..... 33

Ing. Siegfried Kampl ............................................................................................... ..... 34

Edgar Mayer ............................................................................................................ ..... 36

Staatssekretär Dr. Christoph Matznetter ...........................................................  38, 56

Eva Konrad .............................................................................................................. ..... 45

Wolfgang Schimböck ............................................................................................. ..... 46

Monika Mühlwerth .................................................................................................. ..... 48

Ferdinand Tiefnig .................................................................................................... ..... 50

Elisabeth Kerschbaum ........................................................................................... ..... 51

Martin Preineder ..................................................................................................... ..... 56

Annahme des Antrages des Berichterstatters, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 58

2. Punkt: Beschluss des Nationalrates vom 24. April 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz geändert wird (68 d.B. sowie 7683/BR d.B.)                   59

Berichterstatterin: Christine Fröhlich ........................................................................... 59

Redner/Rednerinnen:

Franz Breiner ........................................................................................................... ..... 59

Martina Diesner-Wais ............................................................................................. ..... 60

Werner Stadler ........................................................................................................ ..... 61

Helmut Kritzinger ................................................................................................... ..... 63

Dr. Erich Gumplmaier ............................................................................................ ..... 63

Bundesministerin Dr. Andrea Kdolsky ..............................................................  64, 70

Albrecht Konecny ........................................................................................................ 69

Annahme des Antrages der Berichterstatterin, gegen den vorliegenden Be­schluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben .................................................................................................... 70


BundesratStenographisches Protokoll745. Sitzung / Seite 4

3. Punkt: Jahresvorschau des BMGFJ 2007 auf der Grundlage des Arbeits­programms der Kommission für 2007 sowie des 18-Monate-Programms der deutschen, portugiesischen und slowenischen Präsidentschaft (III-323-BR/2007 d.B. sowie 7684/BR d.B.) .................................................................... 71

Berichterstatter: Helmut Kritzinger .............................................................................. 71

Redner/Rednerinnen:

Bundesrat Peter Florianschütz ............................................................................. ..... 71

Hans Ager ................................................................................................................ ..... 73

Franz Breiner ........................................................................................................... ..... 74

Ing. Siegfried Kampl ............................................................................................... ..... 76

Bundesministerin Dr. Andrea Kdolsky ................................................................ ..... 77

Annahme des Antrages des Berichterstatters, den Bericht III-323-BR/07 d.B. zur Kenntnis zu nehmen             ............................................................................................................................... 82

4. Punkt: Entschließungsantrag der Bundesräte Manfred Gruber, Jürgen Weiss, Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen betreffend jährlichen Bericht des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie über geplante Maß­nahmen und Absichten der Bundesregierung im Bereich der Infrastruktur in den Bundesländern [158/A(E)-BR/2007] ........................................................................ 82

Redner:

Mag. Gerald Klug .................................................................................................... ..... 82

Peter Mitterer .......................................................................................................... ..... 84

Annahme des Entschließungsantrages 158/A(E)-BR/2007 (E 220-BR/07) .................. 85

5. Punkt: Entschließungsantrag der Bundesräte Manfred Gruber, Jürgen Weiss, Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen betreffend Berücksichtigung von Anregungen im Begutachtungsverfahren [159/A(E)-BR/2007] ......................................................................................................................... 85

Redner:

Albrecht Konecny ................................................................................................... ..... 85

Jürgen Weiss ........................................................................................................... ..... 87

Stefan Schennach ................................................................................................... ..... 89

Annahme des Entschließungsantrages 159/A(E)-BR/2007 (E 221-BR/07) .................. 90

Eingebracht wurden

Anfragen der Bundesräte

Wolfgang Schimböck, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Unter­richt, Kunst und Kultur betreffend freie Schulwahl der ersten Klasse der AHS-nterstufe an Gymnasien in der Landeshauptstadt Linz für das Schuljahr 2007/2008 (2512/J-BR/07)

Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend betreffend Anerkennung von NLP als Psychotherapieverfahren (2513/J-BR/07)


BundesratStenographisches Protokoll745. Sitzung / Seite 5

Elisabeth Kerschbaum, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Berichte der Bundesländer gemäß § 1 Abs. 4 Zweckzuschuss­gesetz (i.d.g.F) (2514/J-BR/07)

Elisabeth Kerschbaum, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Berichte der Bundesländer gemäß § 1 Abs. 4 Zweckzuschussgesetz (i.d.g.F) (2515/J-BR/07)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für Frauen, Medien und öffentlichen Dienst auf die Anfrage der Bundesräte Edgar Mayer, Jürgen Weiss, Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ausreichende Dotierung der Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie (2290/AB-BR/07 zu 2489/J-BR/07)

des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie auf die Anfrage der Bundesräte Karl Bader, Kolleginnen und Kollegen betreffend rasche Umsetzung des Bundesstraßengesetzes für das Bundesland NÖ (2291/AB-BR/07 zu 2487/J-BR/07)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Bundesräte Jürgen Weiss, Edgar Mayer, Ing. Reinhold Einwallner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Errichtung neuer Atomkraftwerke in der Schweiz (2293/AB-BR/07 zu 2490/J-BR/07)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft auf die Anfrage der Bundesräte Elisabeth Kerschbaum, Kolleginnen und Kollegen betreffend Berichte der Bundesländer gemäß § 1 Abs. 4 Zweckzuschussgesetz (i.d.g.F) (2294/AB-BR/07 zu 2492/J-BR/07)

*****

des Präsidenten des Bundesrates auf die Anfrage der Bundesräte Elisabeth Kerschbaum, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abgeordnetenimmunität der niederösterreichischen BundesrätInnen (2292/AB-BR/07 zu 2506/J-BR/07)


 



BundesratStenographisches Protokoll745. Sitzung / Seite 6

09.02.53 Beginn der Sitzung: 9.02 Uhr

 


Präsident Manfred Gruber: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kollegin­nen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren auf den Zuhörerbänken! Ich begrüße Sie recht herzlich und eröffne die 745. Sitzung des Bundesrates.

Das Amtliche Protokoll der 744. Sitzung des Bundesrates vom 13. April 2007 ist aufgelegen, unbeanstandet geblieben und gilt daher als genehmigt.

Verhindert sind die Mitglieder des Bundesrates Mag. Barbara Eibinger, Johann Kraml, Günther Molzbichler und Helmut Wiesenegg.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsident Manfred Gruber: Das Bundeskanzleramt hat die Mitteilung gemacht, dass der Bundesminister für Finanzen, Vizekanzler Mag. Wilhelm Molterer am 10. Mai 2007 durch die Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend, Dr. Andrea Kdolsky, und am 25. Mai 2007 durch den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit, Dr. Martin Bartenstein sowie innerhalb des Zeitraums vom 7. bis 12. Mai 2007 der Bundes­minister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, Dipl.-Ing. Josef Pröll durch den Bundesminister für Inneres, Günther Platter vertreten wird. 

09.04.22Fragestunde

 


Präsident Manfred Gruber: Wir gelangen zur Fragestunde.

Bundesministerium für Finanzen

 


Präsident Manfred Gruber: Bevor ich jetzt, um 9.04 Uhr, mit dem Aufruf der Anfragen beginne, weise ich darauf hin, dass ich die Fragestunde im Einvernehmen mit den beiden Vizepräsidenten, um die Behandlung aller mündlichen Anfragen zu ermög­lichen, bis zu 120 Minuten erstrecken werde.

Wir kommen nun zur 1. Anfrage, 1551/M, an den Bundesminister für Finanzen.

Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Sodl, um die Verlesung der Anfrage.

 


Bundesrat Wolfgang Sodl (SPÖ, Burgenland): Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Frage lautet:

1551/M-BR/2007

„Welche Entlastungseffekte für das Budget erwarten Sie von der Verwaltungsreform?“

 


Präsident Manfred Gruber: Bitte, Herr Staatssekretär.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Christoph Matznetter: Mit einem ambitionierten Verwaltungsreformprogramm beabsichtigt die österreichische Bundes­regierung, auch in dieser Legislaturperiode die Budgetkonsolidierung zu unter­stützen. Wir wollen eine umfassende und effektive Verwaltungsreform in den nächsten Jahren gewährleisten. Es werden Verwaltungsreformmaßnahmen auf ver­schiedenen Schienen vorbereitet und umgesetzt.


BundesratStenographisches Protokoll745. Sitzung / Seite 7

Die Maßnahmen umfassen insbesondere eine Verwaltungsqualitätsoffensive, auf der Grundlage von Zielvereinbarungen, die mit dem jeweiligen Ressort, dem Bundes­kanz­leramt sowie dem Bundesministerium für Finanzen abgeschlossen werden. Die einzelnen Zielvereinbarungen werden innerhalb der nächsten Wochen vorliegen.

Im Rahmen des 2004 begonnenen Projekts „Service im Bund“, das sich zum Ziel gesetzt hat, die Supportleistungen des Bundes, wie beispielsweise Druck- und Kopier­kosten, Reinigungsleistungen, EDV-Hilfsleistungen wie Wartung und Druck zu reorganisieren und dadurch Einsparungspotentiale zu lukrieren, werden die noch nicht abgeschlossenen Teilprojekte, wie insbesondere das Reisemanagement, finalisiert. Weitere Maßnahmen wie Nachbarschaftskooperation – räumlich oder sachlich benach­barte Bundesdienststellen nützen gemeinsam eine Infrastruktur – sind geplant.

Das Ziel ist, auch die Verwaltungskosten für Unternehmen aus bundesrechtlichen Informationsverpflichtungen um 25 Prozent bis zum Jahr 2010 zu senken. Das wird dazu führen, dass es auch zu einer Reduktion des Verwaltungsaufwandes beim Bund selbst kommen wird. An dieser Initiative sind alle Bundesministerien beteiligt. Die Gesamtkoordination liegt beim Bundesministerium für Finanzen.

Die Einsparungspotentiale werden sich Ende des vierten Quartals des heurigen Jah­res, sobald die einzelnen Maßnahmenpläne vorliegen, ermitteln lassen.

Weiters ist eine Reihe von Personalmaßnahmen vorgesehen. In den Jahren 2007 und 2008 werden insgesamt 1 174 Vollbeschäftigungsäquivalente gegenüber dem Stand Ende 2006 eingespart, wobei die Lehrer davon nicht betroffen sind. Im Bereich der Nebengebühren, die zusätzlich zum Bezug ausbezahlt werden, plant die Bundes­regierung eine deutliche Reduktion der Mehrdienstleistungsvergütungen. Dies alles läuft unter der Prämisse im Regierungsprogramm, dass nur jede zweite Planstelle, die frei wird, auch wirklich nachbesetzt wird.

Ich darf an der Stelle noch ergänzen, dass es im Bereich der Lehrer so ist, dass es durch die Erhöhung der Mittel, die dem Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur im Zusammenhang mit der Einführung der Klassenschülerhöchstzahl von 25 sowie weiterer bildungspolitischer Maßnahmen zur Verfügung stehen, zu einer Aus­weitung durch Anstellung neuer Lehrer kommt, um die bildungspolitischen Ziele zu erfüllen.

Ein gemeinsames, den gesamten öffentlichen Sektor betreffendes Projekt stellt die Staats- und Verwaltungsreform dar. Das gemeinsame Ziel ist, einen wichtigen Beitrag zu ausgabenseitigen Kosteneinsparungen zu leisten und das Budget zu entlasten. Bis 30. Juni wird der Expertenbericht vorliegen. Darin enthaltene Aufgabenverschiebungen werden auch zur Budgetentlastung der öffentlichen Haushalte führen.

 


Präsident Manfred Gruber: Zu einer Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Schöls gemeldet. Ich bitte um die Zusatzfrage, Herr Kollege.

 


Bundesrat Alfred Schöls (ÖVP, Niederösterreich): Herr Staatssekretär! Wie ent­wickelt sich das Vorhaben Qualitätsoffensive? Sie haben schon kurz die einzu­sparen­den Vollbeschäftigungsäquivalente von 1 174 angedeutet und auch ange­sprochen. Ist gewährleistet, dass vom Herrn Bundeskanzler beziehungsweise von Frau Bundes­minister Bures, die ja dafür die Kompetenz haben, auch die entsprechende Um­schich­tung vorgesehen ist? – Es geht auch darum, bei der Exekutive die entsprechenden Vollbeschäftigungsäquivalente zu bekommen.

 


Präsident Manfred Gruber: Bitte, Herr Staatssekretär.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Christoph Matznetter: Wie Sie wissen, ist das Ziel der Verwaltungsreform auch eine entsprechende Effizienz-


BundesratStenographisches Protokoll745. Sitzung / Seite 8

steigerung. Wir wollen ja damit nicht nur einen konkreten Einspareffekt erzielen, sondern gleichzeitig insbesondere im E-Government-Bereich durch die Vornahme der einzelnen Maßnahmen erreichen, dass es zu einer Verbesserung der Verwaltung kommt. Das heißt, das Ziel ist, unter gleichzeitiger effizienterer Nutzung aller Ressourcen die Servicequalität zu verbessern und nicht einzuschränken.

 


Präsident Manfred Gruber: Wir kommen zu einer weiteren Zusatzfrage. Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Konrad. – Bitte.

 


Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Frage bezieht sich auf die Homepage www.verwaltungskostensenken.at, an der ja zehn Ministerien und zwei Sponsoren beteiligt sind. Mich würde interessieren:

Wie groß ist der Anteil des Sponsorings und in welchem Verhältnis bezahlen die Ministerien für diese Homepage?

 


Präsident Manfred Gruber: Herr Staatssekretär, bitte.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Christoph Matznetter: Vielleicht darf ich die Frage kurz beantworten: Die externen Kosten für die Erstellung der Homepage – und zwar durch eine Werbeagentur – betrugen 9 408 € exklusive Mehrwertsteuer.

 


Präsident Manfred Gruber: Danke, Herr Staatssekretär. (Staatssekretär Dr. Matznet­ter: Die internen Kosten wollen Sie auch wissen? – Bundesrätin Konrad: Das Sponsoring!) – Bitte sehr, Herr Staatssekretär.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Christoph Matznetter: Ich muss bei der Frage passen. – Wir werden die Information schriftlich nachliefern.

 


Präsident Manfred Gruber: Meine Damen und Herren, wir kommen zur 2. Anfrage, 1547/M-BR/2007, vorgetragen von der Anfragestellerin, Frau Bundesrätin Zwazl. – Ich bitte um Verlesung der Anfrage.

 


Bundesrätin Sonja Zwazl (ÖVP, Niederösterreich): Herr Staatssekretär!

1547/M-BR/2007

„Welche Maßnahmen setzt die Bundesregierung zur Belebung der Konjunktur?“

 


Präsident Manfred Gruber: Herr Staatssekretär, bitte.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Christoph Matznetter: Frau Bundesrätin! Wie Sie wissen, hat Österreich im Gefolge der internationalen Konjunkturbelebung 2006 mit einem Wachstum von über 3 Prozent den Höhepunkt des Konjunkturzyklus erreicht. Die diesbezüglichen Prognosen, was die internationale, die Weltkonjunktur betrifft, aber auch, was die Entwicklung in der Europäischen Union und der Eurozone betrifft, gehen jetzt von einer leichten Abkühlung der Konjunktur aus.

Wie Sie wissen, waren die Prognosen der Wirtschaftsforscher noch bis zum Ende des Jahres 2006 so, dass wir heuer mit rund 2,5 Prozent, in den folgenden Jahren mit rund 2,3 Prozent Wachstum gerechnet haben. Mittlerweile liegt das Regierungsprogramm der neuen Bundesregierung vor, mit einer Fülle von Maßnahmen, die dazu beitragen, dass wir trotz der Abkühlung der Konjunktur im internationalen Umfeld weiterhin ein sehr hohes Niveau des Wachstums aufrechterhalten.

Ich darf in diesem Zusammenhang daran erinnern, dass allein die Investitionen in das hochrangige Straßennetz sowie in die Schieneninfrastruktur mit einem Gesamtvolumen von 11 Milliarden € in den nächsten vier Jahren deutliche Impulse auch für das Wirtschaftswachstum nach sich ziehen werden. Dazu kommt eine Fülle weiterer


BundesratStenographisches Protokoll745. Sitzung / Seite 9

Maßnahmen der Bundesregierung: Ich darf an dieser Stelle exemplarisch nur die Maßnahmen für aktivierende und aktive Arbeitsmarktpolitik nennen, wo das Rekord­niveau des Jahres 2006, als die Geldmittel für diese Maßnahmen ja um über 200 Millionen € angehoben wurden, mit einem Gesamtumfang von 1 730 000 000 € für die nächsten Jahre aufrechterhalten wird.

Die Summe dieser Maßnahmen plus der übrigen Maßnahmen im Bereich des Regie­rungsprogramms, insbesondere die Stärkung auch der sozialen Absicherung – ich darf an die Erhöhung der Ausgleichszulagenpensionen auf 14-mal 726 €, die nun auf Basis des Regierungsprogramms erfolgende Festlegung eines Mindestlohns und die geplante Einführung einer bedarfsorientierten Mindestsicherung erinnern – führt auch dazu, dass die Wirtschaftsforscher im Bereich der Inlandsnachfrage einen stärkeren Impuls erwarten, sodass in Unterstützung zur gut laufenden Exportkonjunktur und der öffentlichen Nachfrage auch die Nachfrage privater Haushalte entsprechend stark bleiben sollte.

Das Wirtschaftsforschungsinstitut rechnet daher im heurigen Jahr mit einem Wachstum von bis zu 3 Prozent und im nächsten Jahr mit einem von 2,5 Prozent. Auch die seit gestern vorliegende Frühjahrsprognose der Europäischen Kommission geht mit 2,9 Prozent beziehungsweise, wenn ich es richtig im Kopf habe, 2,7 Prozent von einem deutlich besseren Wachstum aus.

 


Präsident Manfred Gruber: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte sehr.

 


Bundesrätin Sonja Zwazl (ÖVP, Niederösterreich): Herr Staatssekretär! Wie hat sich die im Rahmen der Steuerreform 2005 eingeführte steuerliche Begünstigung des nicht entnommenen Gewinnes entwickelt?

 


Präsident Manfred Gruber: Herr Staatssekretär, bitte.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Christoph Matznetter:  Ich darf an dieser Stelle darauf verweisen, dass in § 11a des Einkommensteuergesetzes die Möglichkeit geschaffen wurde, dass, wenn Unternehmen Teile ihres Gewinnes zumindest für den Zeitraum von sieben Jahren im Unternehmen belassen, diese Teile durch die Gewährung des halben Steuersatzes darauf begünstigt werden.

Die Auswirkung dieser Maßnahme ist natürlich, wenn man so will, noch nicht im vollen Umfang abschätzbar: Wir müssen abwarten, wie sich die Steuerzahlungen im Ein­zelnen entwickeln. Ich darf an dieser Stelle aber darauf verweisen, dass wir im Bereich der Einkommensteuer – im Unterschied zur Lohnsteuer und der Körperschaft­steuer – trotz dieses auf Grund der Weltkonjunktur unerwartet hohen Wachstums 2006 nicht jene Mehreinnahmen an Einkommensteuer hatten, die den Zunahmen im Bereich der Körperschaftsteuer und der Lohnsteuer kongruent entsprechen würden. – Das heißt, die Inanspruchnahme ist da, die Evaluierung können wir aber erst im Sommer 2008 vornehmen, sobald alle Veranlagungen eingebucht sind, damit wir die komplette Einkommensteuerstatistik berechnen können.

Erlauben Sie mir, an dieser Stelle noch darauf hinzuweisen, dass ein zweiter Aspekt derzeit noch gar nicht abschätzbar ist, nämlich der Umstand, dass durch die Ent­scheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 6. Dezember 2006 auch den Frei­beruf­lern die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Begünstigung für nicht entnommene Ge­winne eingeräumt wurde. Dieser Bereich betrifft eine Personengruppe, die in den freien Berufen – insbesondere bei Wirtschaftsprüfern, Steuerberatern, Anwälten, Notaren, aber auch diversen Fachärzten – ein hohes Potenzial eröffnet, ihre Steuerbasis zu reduzieren.


BundesratStenographisches Protokoll745. Sitzung / Seite 10

Diesbezügliche Auswirkungen können wir im Detail noch gar nicht abschätzen. Die aktuelle Schätzung des Bundesministeriums für Finanzen nur für diesen Teil lautet auf bis zu 100 Millionen € Steuerausfall.

 


Präsident Manfred Gruber: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Schimböck gemeldet. Ich bitte um die Zusatzfrage.

 


Bundesrat Wolfgang Schimböck (SPÖ, Oberösterreich): Herr Staatssekretär! Welche budgetären Effekte erwarten Sie sich von dem Umstand, dass die öster­reichische Verschuldensquote 2008 erstmals unter 60 Prozent fallen wird?

 


Präsident Manfred Gruber: Bitte, Herr Staatssekretär.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Christoph Matznetter: Es ist ja eines der ambitionierten Ziele der österreichischen Bundesregierung gewesen, dass wir trotz der vorher von mir angesprochenen Abkühlung der Konjunktur eine Konsolidierung des Haushaltes vornehmen, um bis zum Jahr 2010 den notwendigen Spielraum für eine umfassende und große Steuerreform zu erarbeiten.

Auf dem Weg dorthin gelingt es auf Grund des am 3. Mai im Nationalrat beschlossenen Doppelbudgets bereits im Jahr 2008, die öffentliche Verschuldung unter den Referenz­wert der Maastricht-Kriterien zu bringen, unter die 60 Prozent. Wir werden in der weiteren prospektiven Entwicklung, die wir im Stabilitätsprogramm, das wir notifiziert und bei der EU-Kommission bereits dargestellt haben, Richtung 58 Prozent und tiefer bis zum Jahr 2010 sinken.

Das eröffnet die notwendigen Spielräume – Österreich erfüllt alle Kriterien aus dem Maastricht-Vertrag –, damit wir einerseits beim Fortschreiben der bisherigen Maß­nahmen die Steuerreform ohne Risiko für die öffentlichen Finanzen durchführen können, andererseits aber gibt es den österreichischen öffentlichen Haushalten die notwendige Reserve, dass, falls es in den nächsten Jahren zu einem unerwarteten Konjunktureinbruch kommen sollte, auch die Spielräume da sind, um entsprechend gegenzusteuern.

 


Präsident Manfred Gruber: Danke, Herr Staatssekretär. – Zu einer weiteren Zusatz­frage hat sich Bundesrat Breiner gemeldet. Ich bitte um die Zusatzfrage.

 


Bundesrat Franz Breiner (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Im Bereich der Belebung der Konjunktur fehlten mir die Ausführungen über Klima­schutz und Energiewende – beides hat in Oberösterreich wesentlich zur Belebung beigetragen.

Was hat die Bundesregierung in diesen Bereichen an Investitionen vor, um der Belebung der Konjunktur Rechnung zu tragen?

 


Präsident Manfred Gruber: Bitte sehr, Herr Staatssekretär.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Christoph Matznetter: Herr Bundesrat! Gerade der Bereich des Klimaschutzes ist ein ganz besonderes Anlie­gen dieser Bundesregierung.

Die Bundesregierung hat ja nicht nur im Zuge des Europäischen Rates und der Konferenz der Regierungschefs im März ausdrücklich und entschieden die deutsche Präsidentschaft in deren Ansicht unterstützt, dass die Anstrengungen der europäischen Staaten koordiniert und verstärkt werden, nachdem die Erfüllung des Kyoto I-Ziels in einer Reihe von Mitgliedsländern – insbesondere auch in Österreich – nicht gegeben ist, sondern zweitens hat sich die Bundesregierung auch über die Maßnahmen im Regierungsprogramm verständigt.


BundesratStenographisches Protokoll745. Sitzung / Seite 11

Ich darf daran erinnern: Dort war eine Erhöhung der Mineralölsteuer für Benzin um 1 Cent und für Diesel um 3 Cent sowie eine Anhebung der Lkw-Maut um 4 Cent vorgesehen, wobei alle Mittel, die dadurch hereingebracht werden – abgesehen von den Länder- und Gemeinde-Anteilen –, ausschließlich dem Ausbau der Verkehrs­mittel – und dort wieder mit dem Schwerpunkt auf dem Ausbau der Schiene, nämlich im Verhältnis 6 : 4 – zur Verfügung gestellt werden.

Die Bundesregierung hat sich daher nach den Klimaschutz-Beschlüssen des Gipfels der Europäischen Union dazu entschlossen, in einem weiteren Anstrengungsakt einen österreichischen Klimaschutzfonds einzurichten. Zu diesem Zweck wurde die Mineralölsteuer – wird die Mineralölsteuer, muss man korrekterweise sagen: das Budgetbegleitgesetz harrt ja noch der Fragestellung, ob der Bundesrat heute dies­bezüglich nicht einen ablehnenden Beschluss fasst – um weitere 2 Cent erhöht, sodass die Erhöhung beim Benzin insgesamt 3 Cent und beim Diesel 5 Cent beträgt.

Die gesamten zusätzlichen Mittel sollen dergestalt dem Klimaschutz zugeführt werden, dass die Bundesregierung einen Klimaschutzfonds einrichtet – die diesbezüglichen legis­tischen Vorhaben sind bereits in diesem Hause eingebracht –, in den die gesamten Mehreinnahmen aus dem Titel Mineralölsteuer, soweit sie dem Bund verbleiben, eingebracht werden und in der Folge für mehrere Zwecke zur Verfügung stehen.

Erstens dafür, dass Forschungsaktivitäten entfaltet werden, um Maßnahmen zu set­zen – von der Wärmedämmung angefangen bis zur effizienteren Nutzung von Energie, dem Ausbau von erneuerbaren Energien –, um eine entsprechende Forschungs­tätigkeit zu unterstützen.

Zweitens geht es darum, alle Maßnahmen der öffentlichen Hand zu unterstützen, die dazu beitragen können, das CO2-Ziel insgesamt zu erfüllen.

Jener Teil der Mehr-Mittel aus der Mineralölsteuer, die auf Länder und Gemeinden fallen, sollen auf Basis einer Vereinbarung mit den Ländern ausschließlich für Zwecke des öffentlichen Nahverkehrs zur Verfügung gestellt werden, sodass den Ländern und Regionen die Möglichkeit einräumt wird, mit der Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs einen ganz wesentlichen Beitrag auch für die Erreichung der Klimaschutzziele zu erreichen.

Wir erhoffen uns, dass es mit diesen Maßnahmen nach langen Jahren wieder zur Verdichtung von Busintervallen kommt, zur Verbesserung auch bei Nebenverkehrs­verbindungen, um den Menschen, die sehr mobil ihrer Pendlereigenschaft nachgehen, eine entsprechende Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel zu ermöglichen.

Erlauben Sie mir den Nachsatz in der Beantwortung: Wir als Bundesregierung haben uns gleichzeitig bemüht, diesen Mehrkosten, die auf Seiten der Kfz entstehen, für jene, die beruflich bedingt das Kfz benützen müssen, weil sie sonst den weit entfernten Arbeitsort nicht oder in nicht zumutbarer Zeit erreichen können, eine Erhöhung der Pendlerpauschale um 10 Prozent gegenüberzustellen und – darauf bin ich besonders stolz – gleichzeitig auch jenen zu helfen, die auf Grund der Geringfügigkeit ihres Ein­kommens, also weniger als 1 130 € brutto im Monat, trotz Pendlerpauschale zu keiner Steuerreduktion kommen, nämlich durch die Einführung einer Negativsteuer in der Höhe von zusätzlich 90 € ab dem Jahr 2008 – das geht natürlich nicht während des Jahres –, um auch einen Ausgleich für die Mehrkosten, die an der Zapfsäule ent­stehen, zu schaffen.

 


Präsident Manfred Gruber: Danke, Herr Staatssekretär.

Wir kommen nun zur 3. Anfrage, 1550/M, und ich bitte den Anfragestellter, Herrn Bundesrat Schennach, um Verlesung der Anfrage.

 



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Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Erlauben Sie mir eine Vorbemerkung: Im Sinne der Abgrenzung zu Ihrem doch etwas unrühmlichen Vorgänger sollten Sie vielleicht auf der von Frau Konrad ange­sprochenen Homepage den Anteil und die Höhe des Sponsorings von Industriellen­vereinigung und Kammer ausweisen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Meine Frage:

1550/M-BR/2007

„Im Sinne der Transparenz über die Kosten der Ministerkabinette: Welche Mitar­beiter/innen sind in welchem Beschäftigungsverhältnis in Ihrem Kabinett tätig?“

Ich weiß nicht, warum Frau Zwazl da jetzt so nervös ist. (Zwischenruf der Bundesrätin Zwazl.)

 


Präsident Manfred Gruber: Herr Staatssekretär, bitte.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Christoph Matznetter: Herr Bundesrat! Die unkonventionelle Form im Bundesrat, auch andere Fragen stellen zu können, ist eine Bereicherung des Parlamentarismus.

Ich kann gleich zeigen, wie leistungsfähig die Beamtenschaft im BMF ist, und darf daher noch kurz zur Homepage zurückkommen. Die Kosten des bestehenden Rah­menvertrages, nämlich die internen im Bundesrechenamt, waren 12 000 € – und es hat kein Sponsoring gegeben!

Was nun Ihre Frage hinsichtlich der Kosten der Ministerkabinette und der dort tätigen Mitarbeiter betrifft, darf ich wie folgt antworten:

Im Kabinett des Herrn Vizekanzlers und Bundesministers für Finanzen sind folgende Personen beschäftigt – es ist mir ein besonderes Anliegen, sie einzeln zu verlesen, sodass nicht der Eindruck entsteht, man würde irgendjemanden nicht darstellen wollen –: Kabinettschef Ralf Böckle, Mag. Nikola Donig, Mag. Harald Friedl, Minis­terialrat Mag. Helmut Brandl, Hans-Georg Kramer, Botschafter Dr. Hans-Peter Manz, Universitätsprofessor Mag. Dr. Gerhard Baumgartner, Roman Kunyik, Mag. Florian Welzig, Ministerialrat Karl Zach und Frau Mag. Susanne Baumann.

Davon sind fünf Mitarbeiter beziehungsweise Mitarbeiterinnen Vertragsbedienstete, drei Mitarbeiter beziehungsweise Mitarbeiterinnen als Beamte und drei Mitarbeiter beziehungsweise Mitarbeiterinnen auf Grundlage einer Arbeitsleihe beschäftigt.

In meinem persönlichen Kabinett sind folgende Personen beschäftigt: Mag. Erich Holnsteiner als Kabinettschef, Mag. Dagmar Strobel, Oberrat Mag. Andreas Rendl, Mag. Georg Ortner und Mag. Julian Bartsch.

Davon sind drei Mitarbeiter beziehungsweise Mitarbeiterinnen als Vertragsbedienstete mit Sondervertrag gemäß § 36 VBG, ein Mitarbeiter als Beamter und ein Mitarbeiter auf Grundlage einer Arbeitsleihe beschäftigt.

Die Angaben beziehen sich nicht auf die im Haus grundsätzlich tätigen Sekretariats­kräfte beziehungsweise Schreibkräfte oder sonstiges Hilfspersonal.

 


Präsident Manfred Gruber: Danke, Herr Staatssekretär.

Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Eine Zusatzbemerkung: Herr Staats­sekretär, dass es im zweiten Anlauf möglich war, dafür sei Ihnen gedankt. Sie wissen, dass sich bei der schriftlichen Anfrage das Bundesministerium für Finanzen hinter den


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Datenschutz gestellt hat, während alle anderen Ministerien, ob Justiz oder Inneres, das gleich in der ersten Runde beantwortet haben. Dass es jetzt in der zweiten Runde möglich war, dafür danke ich.

 


Präsident Manfred Gruber: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Saller gemeldet. Ich bitte um die Zusatzfrage.

 


Bundesrat Josef Saller (ÖVP, Salzburg): Herr Staatssekretär, danke, meine Frage ist bereits beantwortet.

 


Präsident Manfred Gruber: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Mühlwerth gemeldet. Ich bitte um die Zusatzfrage.

 


Bundesrätin Monika Mühlwerth (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Wie viele Konsulentenverträge – und mit wem abgeschlossen – existieren zurzeit in Ihrem Ressort?

 


Präsident Manfred Gruber: Bitte, Herr Staatssekretär.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Christoph Matznetter: Ich bitte um Verzeihung, aber der momentane Status ist in der Schnelle nicht beant­wortbar, und zwar aus einem ganz einfachen Grund, weil natürlich „Konsulenten­vertrag“ eine sehr weitgehende Definition ist.

Null beziehen sich auf direkte politische oder Beratungsverträge, die für die Kabinette geleistet werden. Wenn Sie jedoch insgesamt das Bundesministerium für Finanzen und die gesamte Finanzverwaltung meinen, so können wir diese Frage nur in abseh­barer Zeit beantworten, da eine entsprechende Datenerfassung über alle regionalen Managementstellen erfolgen müsste, damit wir klären, wo welcher Vertrag vorliegt. Denn letztlich ist es auch, wenn der Heizungstechniker kommt und empfiehlt, aus Gründen des Arbeitnehmerschutzes eine Lüftung in einem Finanzamt einzubauen, ein Konsulentenvertrag, und das müssten wir erst erheben.

Wir werden das selbstverständlich im Rahmen des Anfragerechtes des Parlaments, wenn es kommt, beantworten müssen.

 


Präsident Manfred Gruber: Danke, Herr Staatssekretär.

Wir kommen nun zur 4. Anfrage, 1552/M, und ich bitte die Anfragestellerin, Bundes­rätin Hladny, um ihre Frage.

 


Bundesrätin Waltraut Hladny (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sie haben meine Frage schon ausführlich beantwortet. Ich möchte aber die Gelegen­heit zu Zusatzfragen bieten und stelle die Frage daher noch einmal:

1552/M-BR/2007

„Welche Maßnahmen setzen Sie für den Klimaschutz – insbesondere für die Erreichung des Kyoto-Ziels?“

 


Präsident Manfred Gruber: Bitte, Herr Staatssekretär.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Christoph Matznetter: Ich habe mir vorher schon erlaubt, in der Beantwortung etwas weiter auszuholen, darf aber die Frage dazu nützen, sehr geehrte Frau Kollegin, das um zwei Detailbereiche, die für uns eine besondere Rolle spielen, zu ergänzen.

Österreich hat sich ja mit dem Kyoto-Ziel I eine sehr, sehr hohe Latte gelegt, da Österreich von einem im Verhältnis zu anderen Industriestaaten eigentlich sehr guten Niveau der Vermeidung von CO2, wie es Anfang der neunziger Jahre auf Grund der


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Klimapolitik der achtziger Jahre gegeben war, ausgeht und sich sehr weitgehende Ziele einer weiteren Reduktion gesetzt hat.

Ich darf nur ein Beispiel herausgreifen: Dass sich ein Land wie Österreich, das im Bereich des Wohnbaus schon weitgehende Formen von Wärmedämmmaßnahmen seit den siebziger Jahren, erste und zweite Erdölkrise, gesetzt hat, natürlich nicht so leicht tut in der Erreichung einer Reduktion wie Länder, die unter Umständen noch gar keine Maßnahmen für die thermische Sanierung gesetzt haben, ist klar.

Dass sich ein Land wie Österreich, das eine sehr gut ausgebaute Verkehrsinfrastruktur schon im Jahr 1990 hatte – sozusagen exemplarisch: Gehen Sie hinaus, und zählen Sie in der Bundeshauptstadt nur einmal die Straßenbahnen!, in anderen Großstädten müssen erst mühsam wieder welche errichtet werden –, nicht so leicht tut, bei einer hohen Akzeptanz öffentlicher Verkehrsmittel eine weitere Steigerung der Benutzung und Minimierung des Verkehrs mit dem privaten Auto zu erreichen, ist auch klar.

All das führt dazu, dass Österreich doppelte Anstrengungen unternehmen muss und soll. Ich darf daran erinnern, dass ja ein umfassendes Förderungsprogramm auch der Länder vorliegt, vor allem biogene Heizstoffe zum Einsatz zu bringen. Und – das ist das zweite Entscheidende – im Bereich der Verkehrsmaßnahmen wollen wir durch ein entschiedenes Investitionsprogramm dafür sorgen, ein so hochleistungsfähiges Ver­kehrsnetz zu haben, insbesondere im Bereich der Schiene, dass wir in der Lage sind, durch die Attraktivität des Verkehrsmittels zu einem stärkeren Wechsel im Nutzer­verhalten, nämlich von der Straße auf die Schiene, beizutragen.

Wenn an der Stelle oft die Frage kommt: Freunde, warum investiert ihr dann in die Straßen ebenfalls?, ist die Antwort ganz klar: Nur bei einem funktionierenden Straßen- und Schienennetz, wo auch die Übergänge passen, ist es möglich, für eine ent­sprechende Verlagerung des Verkehrs zu sorgen.

Die Frage, wie man mit dem Lkw-Verkehr umgeht, habe ich, glaube ich, vorher schon beantwortet: Indem wir versuchen, so weit die EU-Kommission uns lässt, eine nutzerabhängige Lkw-Maut mit der höchstmöglichen Höhe einzuheben. Seit letzter Woche wissen wir, dass wir die Erhöhung um 4 Cent je Lkw-Kilometer im Schnitt – das geht ja je Achse – durchführen können, um einen weiteren Beitrag dazu zu leisten, dass der Transport möglichst nicht auf der Straße, sondern auf der Schiene oder zu Wasser erfolgt. Wir erhoffen uns davon eine weitere Verbesserung.

 


Präsident Manfred Gruber: Danke, Herr Staatssekretär.

Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Wolfinger gemeldet. Ich bitte um die Zusatzfrage.

 


Bundesrat Franz Wolfinger (ÖVP, Oberösterreich): Herr Staatssekretär! Wie sehen Sie die Diskussionen rund um die Wohnbauförderung im Hinblick auf den Klimaschutz?

 


Präsident Manfred Gruber: Bitte, Herr Staatssekretär.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Christoph Matznetter: Herr Bundesrat Wolfinger! Ich darf an der Stelle darauf verweisen, dass die Wohn­bauförderung eine komplexe Angelegenheit ist, die immer wieder Anlass zu gewissen Diskussionen, auch zwischen Bund und Ländern, zu diesem Kapitel gibt.

Natürlich ist die Frage der Verwendung der Wohnbauförderung etwas, was man vordringlich mit den Finanzausgleichspartnern ausdiskutieren muss.

Ich darf daran erinnern, dass die Landeshauptleutekonferenz die österreichische Bun­des­regierung ersucht hat, die Finanzausgleichsverhandlungen frühzeitig zu beginnen –


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der Finanzausgleich wird ja noch bis Ende 2008 laufen –, und die Bundesregierung hat selbstverständlich die Absicht, im Zusammenhang mit diesen Gesprächen auch dar­über zu reden, wie wir insbesondere Förderungsmittel dafür verwenden können, um eine Anregung für Bürgerinnen und Bürger zu geben, deren Wohnraum noch nicht auf dem letzten Stand der Technik ist – und das ist noch viel –, diese Umrüstung durch­zuführen.

Ich bitte um Verständnis dafür, dass die Bundesregierung eine solche Maßnahme den Finanzausgleichspartnern nicht diktieren wird und ich daher an dieser Stelle nicht einfach sagen kann, wie die Maßnahmen ausschauen, weil sie Gegenstand der Verhandlungen sind.

Aber ein gemeinsames Ziel muss uns dabei tragen: Wir haben letztlich, wenn wir die thermische Sanierung im Rahmen der Wohnbauförderung und mit anderen Maß­nahmen entsprechend vorantreiben, eine Win-win-win-Situation.

Erstens: Wir erfüllen in besserem Ausmaß unsere internationalen Verpflichtungen zum Klimaschutz, zur Reduktion von CO2.

Zweitens: Es verbessert sich ja gerade durch die thermische Sanierung auch das Haushaltsbudget der einzelnen Personen, die heizen müssen. Das ist eine Maßnahme, die sowohl sozialpolitisch als auch im Hinblick auf Armutsvermeidung sehr, sehr wichtig ist, denn die Heizkosten sind umso bedeutender, je geringer das Einkommen einer Person ist.

Drittens: Wir lösen damit ein Konsumverhalten aus, bei dem statt dem Bezahlen von im Regelfall Heizöl- oder Erdgasrechnungen – mit einem hohen Abfluss des Betrages durch den Einkauf Österreichs an fossilen Brennstoffen in Form von Öl und Gas – die frei werdenden Mittel im Konsum eingesetzt werden können, bei dem der Importanteil geringer ist und im höheren Ausmaß inländische Wertschöpfung, insbesondere auch für kleine und mittlere Unternehmen und solche im regionalen Raum, stattfindet.

In diesem Sinne hoffe ich, dass die Gespräche einen guten Verlauf nehmen werden.

 


Präsident Manfred Gruber: Danke, Herr Staatssekretär.

Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Kerschbaum gemeldet. Ich bitte um die Zusatzfrage.

 


Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Ich möchte gerne wissen, wie das Verhältnis der geplanten und getätigten Klimaschutzinvestitionen zwischen Inland und Ausland aussieht, und wie das im Ausland mit der Wertschöpfung für uns aussieht.

 


Präsident Manfred Gruber: Herr Staatssekretär, bitte.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Christoph Matznetter: Frau Bundesrätin! Ich nehme an, dass ich die Frage richtig verstanden habe, nämlich ob geplant ist, mit den Mitteln des Klimaschutzfonds Zertifikate im Ausland anzukaufen. (Bundesrätin Kerschbaum: Insgesamt die Klimaschutzmittel!) – Das ist nicht der Fall.

Ich sage gleich ganz offen: Wir haben im Rahmen des Doppelbudgets 2007/2008 sehr wohl die Steigerung des Ankaufs von Zertifikaten vorgesehen, es ist aber nicht vor­gesehen, dass innerhalb des Klimaschutzfonds damit Zertifikate angekauft werden.

Wenn Ihre Frage darauf abzielt, wie in volkswirtschaftlicher Hinsicht die Verteilung der Summe der Ausgaben, die der Klimaschutzfonds macht, auf Inland und Ausland erfolgen wird, muss ich sagen: Ich bitte um Verständnis dafür, dass ich im Moment, nachdem ja der Klimaschutzfonds gesetzlich noch nicht eingerichtet ist, daher die


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entsprechende Richtlinienplanung auch noch nicht weit fortgeschritten ist, überfragt bin, welchen endgültigen Anteil, auch nur schätzungsweise, das ausmachen wird.

Ich sage aber gleich dazu: Es wird wahrscheinlich nicht möglich sein, 100 Prozent ausschließlich im Inland auszugeben, denn eine offene Volkswirtschaft wie die öster­reichische, die als Mitglied der Europäischen Union dem vollen Binnenmarkt unterliegt und die sich zusätzlich bemüht, gerade im Bereich Wissenschaft und Forschung durch die Zusammenarbeit über die Grenze, eine Cross-border-Zusammenarbeit, im verstärkten Ausmaß eine Intensivierung des Wissenschaftsbereichs zu erreichen, diese Kombination kann dazu führen, dass unter Umständen auch Forschungsaufträge erteilt werden, die dann zum Beispiel von der Universität Bratislava und Wien erfüllt werden, was natürlich dazu führt, dass jener Anteil, der auf Bratislava entfällt, außerhalb Österreichs ausgegeben wird.

Wenn Sie darauf ansprechen, dass geplant ist, mit österreichischen Klimaschutzmitteln Wasserkraftwerke irgendwo in der Welt zu errichten, so kann ich sagen, dass das nach meiner Information derzeit nicht geplant ist.

 


Präsident Manfred Gruber: Danke, Herr Staatssekretär.

Wir kommen nun zur 5. Anfrage, 1548/M, und ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Perhab, um Verlesung der Anfrage.

 


Bundesrat Franz Perhab (ÖVP, Steiermark): Herr Staatssekretär! Sie haben in der ersten Anfrage bereits das Projekt 25 Prozent Verwaltungskostensenkung für Unter­nehmen erwähnt.

Meine Frage lautet:

1548/M-BR/2007

„Wie entwickelt sich Ihr Vorhaben ,Verwaltungskostensenkung für Unternehmen‘?“

 


Präsident Manfred Gruber: Bitte, Herr Staatssekretär.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Christoph Matznetter: Wie Sie wissen, Herr Bundesrat, ist dies ja eine Initiative, die auf eine europaweite Initiative zurückgeht, basierend auf dem Modell, das die niederländische Regierung vor vielen Jahren entwickelt hat. Unter dem Stichwort „less and better regulations“ ist geplant, durch Reduktion der Antwort- und Datenlieferverpflichtungen der Unternehmen einen entsprechenden Bürokratieabbau und damit eine Kostenreduktion zu erreichen.

Die Initiative wird bei uns unter dem Titel „Verwaltungskosten senken für Unter­nehmen“ betrieben. Die Bundesregierung hat sich das Ziel gesetzt, in den Jahren bis 2010 die Kosten für diese gesetzlichen Informationsverpflichtungen um 25 Prozent zu senken.

Wie ich vorher schon gesagt habe, wird derzeit von allen Ressorts der derzeitige Stand an Informationsverpflichtungen erhoben, und es werden entsprechende Vorschläge gemacht, wie unter Anwendung des internationalen Standardkostenmodells ein ent­sprechender Maßstab angelegt werden kann, wie hoch die Einsparung ist.

Die Ergebnisse dieser Messungen sollten Ende Juni abgeschlossen sein und ein entsprechender Bericht vorliegen.

Ich darf an dieser Stelle berichten, dass die Zusammenarbeit zwischen den Ressorts ausgezeichnet funktioniert und die Ausgangsbasis erfolgversprechend ist, dass wir im Rahmen des Zeitplans diese Berechnungen sehr rasch vornehmen können.


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Geplant ist, dass im dritten Quartal 2007 die Bundesregierung die ressortspezifischen Reduktionsziele, also aufgeteilt auf die einzelnen Ressorts, festlegen wird. Dann erfolgt die Maßnahmenplanung, sodass noch heuer, bis Ende des vierten Quartals, die Maß­nahmenpläne vorliegen sollen, damit in den Jahren 2008 bis 2010 alle notwendigen, zum Teil auch legistische Maßnahmen, gesetzt werden können, um diese Reduktion zu erreichen.

Die Änderungen von Informationsverpflichtungen, also solche, die der Nationalrat beschließt und die in der Folge auch der Genehmigung des Bundesrates unterliegen, müssen in Zukunft die entsprechenden Berechnungen mitliefern. Detto müssen jene Ministerien, die auf dem Verordnungsweg Informationsverpflichtungen regeln, die Berechnung in entsprechender Form darstellen.

In diesem Sinne wurde in das Bundeshaushaltsgesetz ein neuer § 14a eingefügt, der ja heute auch dem Bundesrat zur Diskussion vorliegt.

Erlauben Sie mir, an dieser Stelle auch darauf hinzuweisen, dass wir im Zuge der Regierungsklausur in Linz auch darüber gesprochen haben, dass diese Reduktion von Kosten nicht bei den Unternehmen haltmachen soll. Die Bundesregierung wird sich bemühen, im Zusammenhang mit der Einführung von verstärktem E-Government dazu beizutragen, dass auch für die Bürgerin und den Bürger als Privatperson die Informationsverpflichtung möglichst effizient gestaltet wird, sodass es dort zu einer Reduktion, wenn man so will, zumindest des zeitlichen Einsatzes kommt, aber auch der Kosten, zum Beispiel, weil eine elektronische Eingabe anstelle eines einge­schriebenen Briefes möglich ist.

Auch dort wollen wir Bürgerinnen und Bürger nicht mit einer Vielzahl von Verpflich­tungen gegenüber dem Staat belasten, sondern erreichen, dass möglichst an einer Stelle eine Information gegeben wird, und das auf einem möglichst kostengünstigen Weg.

 


Präsident Manfred Gruber: Danke, Herr Staatssekretär.

Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

 


Bundesrat Franz Perhab (ÖVP, Steiermark): Wie liegen wir mit diesem Projekt im internationalen oder europäischen Vergleich?

 


Präsident Manfred Gruber: Herr Staatssekretär, bitte.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Christoph Matznetter: Wie ich vorher schon beantwortet habe, liegt die Vorreiterrolle in der Europäischen Union bei den Niederlanden. Es hat in den vergangenen Jahren eine Reihe europäischer Staaten begonnen, Initiativen zur Reduktion der Verwaltungskosten zu entwickeln und umzusetzen. Das von mir vorher erwähnte Standardkostenmodell wird derzeit von 17 Mitgliedstaaten bereits für die Messung der Verwaltungskosten angewandt.

Ausgehend von den Vorarbeiten hat der Europäische Rat im März 2007 beschlossen, die aus dem Gemeinschaftsrecht resultierenden Verwaltungskosten für Unternehmen bis 2012 um 25 Prozent zu senken. Das ist zwar zwei Jahre später als unsere Initiative, man muss aber berücksichtigen, dass ja eine Vielzahl dieser Regelungen einen sehr komplizierten Rechtswerdungsprozess hat, das heißt, Bestimmungen, die zu ändern sind – oft Richtlinienanpassungen –, auch vom Procedere der Richtlinienwerdung einen entsprechenden Vorlauf haben.

Österreich hat sich auf EU-Ebene sehr stark für diese Initiative eingesetzt. Das Aktionsprogramm der Europäischen Kommission sieht eine Messung in 13 prioritären Bereichen anhand der Standardkostenmodell-Methode vor.


BundesratStenographisches Protokoll745. Sitzung / Seite 18

Weiters sollen elf Rechtsvorschriften – bitte, die lustige Bezeichnung „low hanging fruits“, also tief hängende Früchte wurde im Bereich der EU gewählt – sofortige Maßnahmen zur spürbaren Entlastung bringen. Ich hoffe, dass nicht neue Gekrümmte-Bananen-Vorschriften in anderer Form zu mehr Verpflichtungen führen, wenn sie sehr tief hängen. (Heiterkeit des Bundesrates Konecny.)

Präsident Manfred Gruber: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Schimböck gemeldet. Ich bitte um die Zusatzfrage.

 


Bundesrat Wolfgang Schimböck (SPÖ, Oberösterreich): Herr Staatssekretär! Wie werden die Verwaltungskosten in den Unternehmen konkret gemessen?

 



BundesratStenographisches Protokoll745. Sitzung / Seite 19

Präsident Manfred Gruber: Bitte, Herr Staatssekretär.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Christoph Matznetter: Die Verwaltungskosten werden anhand des international erprobten Standardkostenmodells gemessen, das in seinem Kern eigentlich in den Niederlanden entwickelt wurde. Wie Sie selbst aus Ihrer betrieblichen Tätigkeit wissen, Herr Bundesrat, ist es ja so, dass für ein Unternehmen eine durchaus verständliche Rechtsvorschrift oft mit einer Fülle und Vielzahl von zusätzlichen Arbeitsgängen im Betrieb verbunden ist. Wenn ich nur daran erinnere, sagt der Gesetzgeber: Klimaschutz ist sehr vernünftig! Wir wollen gern wissen, welchen Heizstoff du wann und wo eingesetzt hast!

Die Beantwortung eines solchen Fragebogens gegenüber der Statistik Austria führt aber in einem Betrieb dazu, dass oft jemand in die Abteilungen gehen und eine Art detektivische Recherchearbeit entfallen muss, um zu klären, wie viel für jede einzelne Anlage – nämlich ausgedrückt in Kilowattstunden – tatsächlich verbraucht wurde. Dann werden Tabellen gesucht, wo man den Einsatz von Kohle in den anderen Faktor umrechnet.

All das kann im Standardkostenmodell ermittelt werden, und es kann sozusagen damit festgestellt werden, wie hoch auch diese indirekte Wirkung der Informations­ver­pflichtung ist – also nicht nur das Ausfüllen des Formulars, sondern was die Unter­nehmen damit insgesamt an Aufwendungen haben.

Ich denke, das ist auch das Entscheidende, meine Damen und Herren, dass man nicht nur einen kleinen Ansatz sieht, sondern versucht, zu ermitteln, was denn unser Tätigwerden als Regierung/Gesetzgeber auslöst und was wir dafür tun können, dass wir den Rechtsunterworfenen möglichst Hilfestellungen geben, damit diese das nicht in dem Ausmaß beantworten müssen.

Die Arbeitszeit von Mitarbeitern und ähnliche Dinge – externe Kosten wie Steuer­berater zum Beispiel – sind typische Kosten, die bei so einer Informationsverpflichtung anfallen. Und genau diese werden durch das Standardkostenmodell entsprechend ermittelt.

 


Präsident Manfred Gruber: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Breiner gemeldet. Ich bitte um die Zusatzfrage.

 


Bundesrat Franz Breiner (Grüne, Oberösterreich): Herr Staatssekretär! Auf der Homepage „www.verwaltungskostensenken.at“ sind Partner angeführt – das sind die IV und die Wirtschaftskammer –, es sind aber keine Vertretungen der Arbeitnehmer dort aufzufinden.

Daher meine Frage: Können Sie ausschließen, dass wichtige Informations­verpflich­tungen im Konsumentenschutz, Umweltschutz und ArbeitnehmerInnenschutz beein­träch­tigt oder sogar abgeschafft werden?

 


Präsident Manfred Gruber: Bitte, Herr Staatssekretär.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Christoph Matznetter: Wie vorher schon in verspäteter Beantwortung bekanntgegeben wurde, sind diese zwar dort vertreten, aber offensichtlich noch nicht in der Form, dass entsprechende Geld­mittel gekommen sind. Die knappen Kassen sind ja nicht nur bei Interes­sen­vertretungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gegeben, sondern oft auch bei den Interessenvertretungen der Arbeitgeber – diese müssen auch jeden Cent zweimal umdrehen.

Aber ich darf darauf hinweisen, dass die Zusammenarbeit mit allen Interessen­vertretungen ein vordringliches Interesse auch seitens der Bundesregierung ist, weil wir ja deren Kenntnisstand brauchen, nämlich um zu wissen: Wo drückt der Schuh? Daher ist gerade, wenn es um diese Standardkosten geht, die Mithilfe der Interes­senvertretungen ein ganz entscheidendes Faktum.

Was die Partizipation von Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung betrifft, begrüße ich das Zusammenwirken und darf gleichzeitig darauf hinweisen, dass gerade die Vertretung der Arbeitnehmerschaft, die Arbeiterkammer sich in der letzten Zeit sehr stark in den Prozess eingebracht hat, sodass ich davon ausgehe, dass auch hinsichtlich der Logos in Kürze diese dort zu finden sein wird.

Insbesondere an dieser Stelle darf ich insgesamt den Dank an die Sozialpartner aussprechen, die auch in diesem Bereich einen ganz wesentlichen Beitrag leisten, was halt der Vorteil unseres Landes ist! Andere Länder haben keine Sozialpartnerschaft, die das tut. Die tun sich schwerer, wir tun uns leichter. (Beifall bei der SPÖ.)

 


Präsident Manfred Gruber: Wir gelangen nun zur 6. Anfrage, 1554/M.

Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Mitterer, um Verlesung der Anfrage. – Bitte.

 


Bundesrat Peter Mitterer (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Durch die Erhöhung der MöSt werden neben der Transportwirtschaft vor allem auch die Pendler stark betroffen sein. Meine Frage lautet:

1554/M-BR/2007

„Wie werden Sie die Ankündigung der Weitergabe eines Teiles der Mehreinnahmen aus der Mineralölsteuer-Erhöhung an die Länder für den öffentlichen Verkehr konkret umsetzen?“

 


Präsident Manfred Gruber: Bitte, Herr Staatssekretär.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Christoph Matznetter: Herr Bundesrat Mitterer! Ich habe vorher – so glaube ich – schon darauf hingewiesen, dass die entsprechenden Gespräche mit der Landeshauptleutekonferenz noch nicht statt­gefunden haben. Es war klar, dass wir in Form einer Vereinbarung zwischen Bund, Ländern und letztlich Gemeinden zu einer Situation kommen wollen, dass sicher­gestellt ist, dass jeder Cent aus diesem Bereich für den öffentlichen Nahverkehr beziehungsweise allenfalls für andere direkte Klimaschutzmaßnahmen zur Verfügung steht.

Ich bitte um Verständnis dafür, dass ich an dieser Stelle noch nicht sage, welche Form das haben wird, weil das Gespräche betrifft, die noch nicht stattgefunden haben. Es wäre etwas unfreundlich, wenn – am 1. Juni ist die Konferenz der Finanzreferenten der Länder – sozusagen aus der Beantwortung im Bundesrat mitgeteilt wird, was der Bund von ihnen verlangt. Das ist nicht der Stil zwischen Verhandlungspartner.


BundesratStenographisches Protokoll745. Sitzung / Seite 20

Wir werden uns auf eine entsprechende Regelung mit den Ländern einigen: Sei es eine politische Zielvereinbarung, sei es eine entsprechende Vereinbarung als Artikel-15a-Regelung, sei es eine Vereinbarung, dass man eine Zweckbindung macht.

Ich favorisiere es ganz ehrlich – und das sage ich ganz offen und bin da im Einklang mit dem Herrn Vizekanzler –, wenn wir rasch eine politische Vereinbarung haben. Unser Vertrauen in Länder und Gemeinden ist groß genug, dass diese Maßnahmen auch umgesetzt werden. Schon derzeit setzen Länder und Gemeinden ja eine Fülle von Klimaschutzprojekten um. Ich darf an der Stelle lokale Fernwärmeprojekte und anderes erwähnen. Und wenn mehr Mittel zur Verfügung stehen, haben wir hohes Vertrauen, dass es ausreicht, diesen Teil politisch zu akkordieren.

Im Übrigen unterliegt jede dieser Körperschaften der demokratischen Kontrolle durch ihre Körperschaften, ob es jetzt der Gemeinderat oder der Landtag ist. Ich bin zuver­sichtlich, dass auch die dortigen Vertreterinnen und Abgeordneten ein entsprechendes Auge darauf werfen werden, dass im Vollzug jeder Cent dort ankommt, wo er hingehört.

 


Präsident Manfred Gruber: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte sehr, Herr Kollege.

 


Bundesrat Peter Mitterer (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Herr Staats­sekretär! Neben der Erhöhung der MöSt ist ja jetzt in den Medien bekannt geworden, dass es auch zu einer kräftigen Erhöhung der Lkw-Maut kommen wird. Ich befürchte, dass das die Konsumenten zu bezahlen haben werden. Ich frage Sie daher:

Können Sie ausschließen, dass die deutlich höher als geplant ausgefallene Erhöhung der Lkw-Maut direkt auf die Konsumenten abgewälzt und so zu einer Verteuerung des Warenkorbes führen wird?

 


Präsident Manfred Gruber: Bitte, Herr Staatssekretär.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Christoph Matznetter: Herr Bundesrat! Ich darf erstens darüber informieren, dass diese nicht höher als geplant ist, denn es war die Erhöhung der Maut um 4 Cent je Lkw-Kilometer bereits im Regierungsprogramm vorgesehen, und dass zweitens natürlich im Kreislauf einer Volkswirtschaft jede Form von Ressourcenbesteuerung sich in irgendeiner Form im Kreislauf wiederfindet, darf Ihnen aber auch sagen, dass sich ja aus diesem Grund die Bundesregierung und die Regierungsparteien darauf verständigt haben, gleichzeitig eine wesentliche Reduktion der Lkw-Steuer für die inländischen Transporteure Gesetz werden zu lassen.

Die diesbezügliche Vorlage ist im Ministerrat. Diese führt dazu, dass für den öster­reichischen Frächter die Kosten, die er bezahlen muss – egal, wie viele Kilometer er fährt! –, deutlich reduziert, nämlich halbiert werden und er gleichzeitig für den gefah­renen Kilometer diese 4 Cent bezahlt. Das führt im Regelfall dazu, dass es gerade dort, wo es um die Nahversorgung und ähnliche Bereiche geht, zu keiner Verteuerung für diesen lokalen Transport führt, der ja sein muss. Der Schwerpunkt der Belastung liegt auf jenem Transitverkehr, wo Laster-Kolonnen quer durch das Land fahren.

Ganz ehrlich, Herr Bundesrat: Es ist durchaus politisches Ziel, dass die Erdäpfel, die nur zum Schälen zehntausend Kilometer durch den Kontinent rollen, ein bisschen teurer werden, denn vielleicht nimmt man dann die Erdäpfel vom regionalen Bauern – und da meinen wir nicht nur die österreichischen, sondern auch die in Norddeutsch­land. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

 


Präsident Manfred Gruber: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Frau Bundesrätin Kerschbaum gemeldet. Ich bitte um die Zusatzfrage.

 



BundesratStenographisches Protokoll745. Sitzung / Seite 21

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Ich möchte zum öffentlichen Verkehr zurückkommen. Werden Sie und Ihre Regierungskollegen bei der überfälligen Fortsetzung der Arbeiten an der Nahverkehrsreform den Beschluss und die klaren Forderungen der Landeshauptleutekonferenz – zuletzt in Salzburg im April 2007 – berücksichtigen, und wenn nicht: warum nicht?

 


Präsident Manfred Gruber: Bitte, Herr Staatssekretär.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Christoph Matznetter: Ich beantworte die Frage ganz kurz: Es hat sich Verkehrsminister Faymann ja bemüht, in sehr kurzer Zeitdauer die gesamten Maßnahmen des Bauprogramms mit jedem der einzelnen Länder abzustimmen. Er hat sich der Mühe unterzogen, auch in Einzel­gesprächen nach den Erfordernissen der Regionen die Projekte abgestimmt in einen Gesamtplan zu bringen, der nunmehr vorliegt.

Es ist ja mittlerweile über eineinhalb Monate her, dass dieser vorgestellt wurde. Logischerweise gibt es in den Bereichen immer bestimmte Wünsche, aber im Großen und Ganzen – so muss ich sagen – hat dieser Abstimmprozess die gewünschte Wir­kung entfaltet, nämlich dass man abhängig von den Bedürfnissen in den Regionen auch die Verkehrsprojekte ansetzt.

 


Präsident Manfred Gruber: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Ing. Einwall­ner gemeldet. Ich bitte um die Zusatzfrage.

 


Bundesrat Ing. Reinhold Einwallner (SPÖ, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Staats­sekretär! Sie haben die Frage ja schon sehr ausführlich beantwortet und auch beantwortet, wofür der Bund die Mittel aus der Mineralölsteuer verwenden wird.

Meine Frage noch einmal: Nach welchen Kriterien wurden die Prioritäten beim ÖBB-Rahmenplan und bei den Maßnahmen für die ASFINAG gesetzt?

 


Präsident Manfred Gruber: Bitte, Herr Staatssekretär.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Christoph Matznetter: Herr Bundesrat Einwallner! Ich darf daran erinnern, dass ja die Frage des Ausbaues des Schienennetzes eine Frage ist, die in Österreich schon eine sehr alte Tradition hat. Bis zum Verkehrsminister Übleis zurückgehend ist das Bemühen da, eine Verkehrs­infrastruktur der Schiene, die in einer ursprünglichen Form eigentlich aus der Monar­chie stammte und lange Jahre keiner entsprechenden Investition zugeführt wurde, seit den achtziger Jahren auch durch Neubau von Trassen, durch den Ausbau von Trassen zu modernisieren.

Auf diesem Weg weitergehend wurde der Generalverkehrsplan, der vor ein paar Jahren ausgearbeitet wurde, noch einmal reevaluiert, das heißt, in jedem einzelnen Punkt geklärt: Dient das Bauprojekt, sobald es fertig gestellt ist, am besten den notwendigen verkehrspolitischen Zielen? Das gilt einerseits dafür, was den Personen­verkehr betrifft, aber andererseits auch, was die Attraktivität der Schiene für den Cargo, für den Güterverkehr betrifft.

Hierbei sind die internationalen Verkehrsströme, insbesondere transeuropäische Trans­versalen und deren verkehrsmäßige Erschließung zu beachten, wie auch umgekehrt zu klären, welche Notwendigkeiten sich aus dem Verkehr ergeben.

Logischerweise ist der Blickwinkel von Bürgern und Bürgerinnen, aber auch von Unternehmerinnen und Unternehmer und damit auch der Regionalpolitik aus einer Region, wo die Entscheidung nicht gelautet hat, gerade jetzt das Projekt zu machen, ein anderer, als dort, wo es stattfindet. Es ist aber Aufgabe der Bundesregierung, diesen Gesamtzusammenhang herzustellen.


BundesratStenographisches Protokoll745. Sitzung / Seite 22

Ich spreche es gleich offen an: Logischerweise für Oberösterreich wäre es hoch­charmant, wenn die Transversale Summerauer Bahn von Nord nach Süd durch die Alpen-Transversale an oberster Stelle der Priorität stünde, und nicht die Erschließung des gesamten Korridors, der via Koralm-Tunnel, Semmering-Tunnel über den Bal­lungs­raum Wien führt.

Ich bitte um Verständnis! Ich bin kein Verkehrspolitiker, aber alle sagen uns dabei, dass es natürlich für die Gesamtverkehrsströme in diesem Bereich, insbesondere für die Erschließung, die letztlich von Litauen – und damit der ganzen Ostseeküste – durch die Industriezonen nach Süden bis zur Erschließung der Adria und des Balkans reicht, notwendig ist, leistungsfähige Bahnstrecken herzustellen, die zum Teil vierspurig auch durch Tunnels geführt werden müssen.

Da ergibt die Topographie des Landes unter Umständen, dass man prioritär einen Teil vorher baut, wo Längstäler längerer Form mit nur zwei Tunnelabschnitten sind, und dann erst die schwierige und mit mehr Überwindungen topographischer Schwierig­keiten sich ergebende Nord-Südverbindung.

Warum beantworte ich das so umfangreich? – Ich will damit zum Ausdruck bringen, dass der Bundesregierung, ihren Mitgliedern, aber insbesondere ihrem Verkehrs­minis­ter völlig bewusst ist, welch hohe Bedeutung das in Regionen hat, dass aber gleichzeitig trotzdem versucht werden muss, in dieser Verkehrsplanung Gesamt­interessen nicht nur Österreichs, sondern letztlich Europas verkehrspolitischer Art in die Planung mit zu berücksichtigen.

 


Präsident Manfred Gruber: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Köberl gemeldet. Ich bitte um die Zusatzfrage.

 


Bundesrat Günther Köberl (ÖVP, Steiermark): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Zusatzfrage wurde bereits von Kollegem Einwallner vorweggenommen. Sie erübrigt sich daher. – Danke.

 


Präsident Manfred Gruber: Wir kommen zur 7. Anfrage,1553/M.

Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Florianschütz, um die Verlesung der Anfrage.

 


Bundesrat Peter Florianschütz (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Vor­weg einen herzlichen Dank zum Bekenntnis der Einbindung der Interessen­vertretun­gen in die praktische Politik der Bundesregierung.

Es sei mir nur eine Anmerkung gestattet: Bei Teilen der Bundesregierung jedenfalls muss man den Eindruck haben, dass sie die österreichische Hochschülerschaft nicht gebührend behandelt. (Bundesrat Schöls: Zur Sache!)

Zur Frage:

1553/M-BR/2007

„Wie beurteilen Sie die Einhaltung des österreichischen Stabilitätspaktes zwischen Bund, Ländern und Gemeinden?“

 


Präsident Manfred Gruber: Bitte, Herr Staatssekretär.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Christoph Matznetter: Herr Bundesrat Florianschütz! Ich möchte an der Stelle gleich einmal mit einem Aus­spruch des Dankes beginnen, dass es in den letzten Jahren die Überschüsse – insbesondere der Länder – dem Bund ermöglicht haben, seine budgetpolitischen Ziele gesamtstaatlicher Natur, was die Erfüllung des Maastricht-Kriterien betrifft, zu erfüllen.


BundesratStenographisches Protokoll745. Sitzung / Seite 23

Das war eine wesentliche Hilfestellung dafür, dass es trotz des Defizit des Bundes möglich gewesen ist, unter den jeweiligen Referenzkriterien von Maastricht zu bleiben und auch die entsprechenden Anforderungen – sagen wir einmal – grosso modo zu erfüllen.

Logischerweise ist die Erwartungshaltung des Bundes immer eine weitergehende. Ich darf daran erinnern, dass nach dem innerösterreichischen Stabilitätspakt die nachge­ord­neten Gebietskörperschaften eigentlich verpflichtet werden, in laufender Steigerung der Überschüsse bis zu einem Überschuss von 0,75 Prozent des Bruttoinlands­produktes im Jahr 2008 ihren Anteil zur Konsolidierung des Staatshaushaltes zu leisten. Wir sind von der Erfüllung dieser Verpflichtung mit 0,4 Prozent und im kommenden Jahr mit 0,5 Prozent deutlich weit entfernt.

Man muss gleichzeitig berücksichtigen, dass für die gesamte Periode des Finanz­ausgleiches der warme Regen zusätzlicher Steuereinnahmen via Ertragsanteile nicht unbedeutend war. Wir gehen derzeit davon aus, dass in Summe gegenüber den ursprünglichen dem Finanzausgleich zu Grunde gelegten Ziffern insgesamt 2,7 Milliar­den € an zusätzlichen Einnahmen bei Ländern, Städten und Gemeinden angekommen sind. Das ist ein wichtiger Beitrag zur Entspannung der finanziellen Situation, insbesondere bei den Gemeinden, wo viele deutliche Finanzprobleme haben, führt aber in unterschiedlicher Qualität in den Ländern auch zu einer deutlich entspannten Lage der dortigen Budgetsituation.

Ganz ehrlich: Ich hoffe, dass wir in den Finanzausgleichsverhandlungen auf den Um­stand stoßen, dass die Länder auf Basis dieser Verbesserungen, die nicht sichtbar wurden, durch entsprechende Steigerung des Überschusses im Jahr 2006 – sagen wir einmal – entsprechende Mobilisierungsmöglichkeiten entstandener Reserven vorfin­den, damit in gemeinsamer Anstrengung, in gemeinsamem Zusammenwirken diese Erreichung des Nulldefizits und Überschusses vor allem im Jahr 2010 erreicht wird.

 


Präsident Manfred Gruber: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte sehr.

 


Bundesrat Peter Florianschütz (SPÖ, Wien): Was unternehmen Sie, damit alle ihren Beitrag leisten?

 



BundesratStenographisches Protokoll745. Sitzung / Seite 24

Präsident Manfred Gruber: Bitte, Herr Staatssekretär.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Christoph Matznetter: Ich darf daran erinnern, dass der innerösterreichische Stabilitätspakt wohl Sanktions­mechanismen vorsieht, der Umgang der Partner miteinander aber ein solcher ist, dass man sich eher im diskursiven Weg der Probleme annimmt und es auch in der Vergan­genheit so war, dass man sich bemüht hat – und wir werden das im verstärkten Ausmaß tun –, ohne, dass man über irgendwelche Sanktionen oder andere Dinge auch nur redet, entsprechende vernünftige Gespräche zu führen.

Mit einer Zusatzantwort: Da der Bund in den letzten Jahren ebenfalls nicht in oberster Pflichterfüllung des Stabilitätspaktes alles so eingehalten hat, wie es drinsteht, fällt es ihm schwer – selbst wenn es zu einem Wechsel in der Bundesregierung kommt, und diese Disziplin jetzt dann mit dem neuen Finanzminister vorliegt –, als Bund sozusagen mit der großen Keule zu erscheinen. Er wird wohl beraten sein in diesen Verhand­lungen, dies partnerschaftlich zu tun – und das haben wir vor.

 


Präsident Manfred Gruber: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Bader gemeldet. Ich bitte um die Zusatzfrage.

 


Bundesrat Karl Bader (ÖVP, Niederösterreich): Herr Staatssekretär! Sind Organi­sations­änderungen bei den Standorten des Finanzamtes Lilienfeld, Sankt Pölten geplant, und wenn ja: welche?

 


Präsident Manfred Gruber: Bitte, Herr Staatssekretär.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Christoph Matznetter: Aus heutiger Sicht ist keine Schließung des Finanzamtes beziehungsweise Zusam­menlegung zu einem anderen Standort geplant.

 


Präsident Manfred Gruber: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Schennach gemeldet. Ich bitte um die Zusatzfrage.

 


Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Herr Staatssekretär! Ihre Bemerkung, dass der Bund hier nicht gerade die große moralische Autorität ist, war – so glaube ich – sehr wichtig bei dieser Diskussion.

Noch eine Einschätzung: Die, die am bravsten bezahlt haben, sind die Gemeinden. – Werden Gemeinden auch künftig diesen Beitrag zum Stabilitätspakt leisten?

 


Präsident Manfred Gruber: Bitte, Herr Staatssekretär.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Christoph Matznetter: Wie Sie wissen, Herr Bundesrat, tun sich gerade Städte und Gemeinden sehr schwer, ihre Verpflichtungen, die sich aus der Mehrzahl der Aufgaben, durch Aufgabenmehrungen ergeben haben, entsprechend zu erfüllen.

Ich darf daran erinnern, dass es zur Erleichterung dieser Situation der Gemeinden – allein die Entwicklung der freien Finanzspitze in den letzten Jahren macht sichtbar, wie knapper die Kassen geworden sind – eine Fülle von Maßnahmen gibt, die einen Beitrag dazu leisten sollen, für eine gewisse Entspannung der Situation zu sorgen.

Teil eins, der Bereich der Pflege: Es ist so, dass wir in dem Doppelbudget 2007/2008 vorgesehen haben, Bundesminister Buchinger durch entsprechende Ermächtigungen eine ausreichende Finanzierung aus Bundesmitteln zur Seite zu geben, damit er bei der Aushandlung der Pflegemaßnahmen auch einen entsprechenden Bundesbeitrag beibringen kann. Dies führt auf der anderen Seite – wenn ein Gemeindebürger nicht mehr zahlen kann, endet das immer in der Zahlungsverpflichtung der jeweiligen Ge­meinde – zu einer entsprechenden Spannung.

Teil zwei: Zur Ausweitung der Bildungsangebote, die auch die Nachmittagsbetreuung und Ähnliches betreffen, hoffen wir, auch einen Beitrag von Bundesseite leisten zu können, sei es über die Refundierung der Landeslehrergehälter, sei es in der Form der Bereitstellung im Bereich von Bundesschulen, um in einem gewissen Ausmaß, auch was Kinder- und Jugendbetreuung betrifft, eine Entspannung zu erreichen.

Drittens: Die Mehreinnahmen aus der Mineralölsteuer, die dem öffentlichen Nah­verkehr gewidmet sein sollen, sind beim Gemeinde- oder Stadtbudget die leichtesten. Jede Bürgermeisterin, jeder Bürgermeister, jeder Gemeinderat braucht jeden Cent für die Verkehrsverbindungen; sei es deshalb, weil sie konfrontiert sind mit der Situation, dass eine Busstation eingestellt ist, sei es deshalb, weil er selbst Verkehrsbetriebe unterhalten muss. Dort ist jeder Beitrag zum Ausbau und zur Verbesserung des öffentlichen Verkehrs ein Beitrag zur Erfüllung der Verpflichtungen.

Wir hoffen daher insgesamt, dass sich die Situation diesbezüglich nicht verschlechtern wird, und sagen als Bund gleichzeitig dazu, dass wir uns natürlich in einzelnen Bereichen unserer Verpflichtung bewusst sind, für Aufgaben, die nicht unmittelbar in die Bundeskompetenz fallen, ebenfalls einen finanziellen Beitrag zu leisten, damit es zu entsprechenden Verbesserungen kommt. – Danke.

 


Präsident Manfred Gruber: Danke, Herr Staatssekretär.

Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Ing. Kampl zu Wort gemeldet. – Ich bitte um die Zusatzfrage.

 



BundesratStenographisches Protokoll745. Sitzung / Seite 25

Bundesrat Ing. Siegfried Kampl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geehr­ter Herr Präsident! Geschätzter Herr Staatssekretär! Die ländlichen Regionen und die Landgemeinden werden wieder Nachteile haben.

Meine Frage: Welche realen Einsparungsmöglichkeiten für die Länder und vor allem für die Gemeinden sehen Sie, Herr Finanzstaatssekretär, damit diese den von Ihnen geforderten Anteil an der Reduktion des gesamtstaatlichen Defizits einbringen können?

 


Präsident Manfred Gruber: Bitte, Herr Staatssekretär.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Christoph Matznetter: Ich darf einmal daran erinnern, Herr Bundesrat, dass die Städte und Gemeinden keinen Überschuss beibringen müssen, sondern der Überschuss muss aus den Landes­budgets im Maastricht-Vollzug kommen.

Was können wir tun, um gerade kleinen Gemeinden im regionalen Raum Hilfestel­lungen zu geben? – Es sind im Rahmen des letzten Finanzausgleiches schon Verän­derungen in der Frage des Bevölkerungsschlüssels erreicht worden. Zweitens aber gibt es eine Fülle anderer Politikfelder, wodurch es zu deutlichen Verbesserungen für die Regionen kommt. Ich darf nur daran erinnern: Mit der Zug um Zug erfolgenden Umstellung der Agrarförderung der Europäischen Union ist für die Entwicklung des ländlichen Raumes in Relation zu den direkten Agrarförderungen eine Veränderung zugunsten jener Beträge, die im ländlichen Raum zur Verfügung stehen, vorgenommen worden. Die Umsetzung davon erfolgt auf nationaler Ebene. Der diesbezüglich zuständige Landwirtschaftsminister wird daher, was die Unterstützung des ländlichen Raumes betrifft, eine Reihe von Förderprogrammen – teilweise sind diese schon begonnen worden – in die Wege leiten.

Ein wesentliches möchte ich hervorheben: die sogenannte Breitbandinitiative. Die österreichische Bundesregierung hat sich darauf verständigt, dass zum flächen­deckenden Ausbau des Breitbandes – eine ganz entscheidende Frage für die Men­schen und Betriebe im ländlichen Raum –, um das Problem des Electronic Divide geringer zu machen, entsprechende Mittel zur Verfügung gestellt werden. Ich darf gleichzeitig dazusagen, dass dies kein sehr einfacher Vorgang ist, da alle Maßnahmen des Regierungsprogramms unter Finanzierungsvorbehalt stehen und wir daher die Mittel aus verschiedenen Budgets zusammentragen müssen. Ein Teil wird die Entwicklung des ländlichen Raumes sein. Das Bemühen der Bundesregierung ist da.

Sie sehen an dem, was ich vorhin zum öffentlichen Nahverkehr ausgeführt habe: Das sind Mittel, die in Wirklichkeit jene Lücken schließen, die in den letzten Jahren beim öffentlichen Nahverkehr sichtbar geworden sind, nämlich Zusatzmittel – fresh money, wie man so schön sagt –, um den Personennahverkehr auszubauen. – Mittel, die aber auch überwiegend den Regionen zur Verfügung kommen, weil ein dichterer Busfahr­plan oder eine Nebenbahn, die nicht eingestellt oder sogar ausgebaut wird, einen wesentlichen Beitrag für die Verbesserung der Lebensqualität darstellen.

 


Präsident Manfred Gruber: Danke, Herr Staatssekretär.

Wir kommen zur 8. und letzten Anfrage, 1549/M. Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Jany, um Verlesung seiner Anfrage.

 


Bundesrat Reinhard Jany (ÖVP, Burgenland): Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Frage lautet:


BundesratStenographisches Protokoll745. Sitzung / Seite 26

1549/M-BR/2007

„Welche Maßnahmen werden Sie nach dem Wegfall der Schengen-Grenze gegen Schmuggel und Abgabenhinterziehung setzen?“

 


Präsident Manfred Gruber: Bitte, Herr Staatssekretär.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Christoph Matznetter: Herr Bundesrat! Ich darf an dieser Stelle daran erinnern, dass mit dem Wegfall der Schengen-Grenze nach EU-Recht auch ein Wegfall der Kontrolle erfolgen muss. Das heißt, das EU-Recht erfordert bei einem Wegfall automatisch, dass es an der Grenze keine weitere Kontrolle gibt und quasi der Übergang, wenn auch im Schritttempo, wie im Inland erfolgt.

Die Zollbetrugsbekämpfung kann daher eigentlich nur noch durch mobile Kontrollen erfolgreich umgesetzt werden, und wir werden diesbezüglich die im Rahmen des Finanzressorts bereits im Jahr 2006 begonnenen Reformmaßnahmen weiter umset­zen. Es wird zu einer verstärkten Bekämpfung des Schmuggels und der Abgaben­hinterziehung durch Einsatz mobiler Einheiten kommen. Mit Wirksamkeit 1. Jän­ner 2007, also heurigen Jahres, wurde bereits die Steuerfahndung Österreich und mit Wirksamkeit 1. März 2007, also vor rund zwei Monaten, wurden zwei neue Zollfahn­dungen eingerichtet, und zwar in der Region Ost, in den Bundesländern Nieder­österreich und Burgenland.

Erlauben Sie mir an dieser Stelle noch einen Zusatzhinweis – man wird ja Wünsche auch in der Beantwortung nennen können –: Wie Sie vielleicht wissen, habe ich in den letzten Jahren auch als Abgeordneter in der anderen Kammer dieses Hauses darum gekämpft, dass wir aus den Zöllnern, die in den Bereich des Innenministeriums gegan­gen sind, eine entsprechende Finanzwache hätten aufrechterhalten sollen. Ein dies­bezügliches Vorhaben ist leider noch nicht erfolgt. Wir haben aber im Regierungs­programm vorgesehen, dass wir alle möglichen Maßnahmen zur Verbesserung der Bekämpfung von Finanzdelikten insgesamt evaluieren. Und gerade das Inkrafttreten von Schengen, das uns den Wegfall von Grenzkontrollen bringt, insbesondere auch im Bereich der Sicherheitsexekutive, ermöglicht uns, hervorragend ausgebildete Men­schen zielgerichtet gerade auch für Delikte, die im Zusammenhang mit dem Wegfall der Grenzen stehen, einzusetzen.

Wir erhoffen uns, dass in Kooperation mit dem Innenministerium, auch was jetzt Schleppfahndung oder – wie es so schön heißt – Schleierfahndung – auch wenn das nichts mit den Kopftüchern zu tun hat, die Einzelne tragen mögen – betrifft, dass in diesem Zusammenhang auch die Verbesserung der Schmuggelbekämpfung im Hinter­land erfolgen wird.

Ich sage nur eines dazu: Wenn uns das nicht gelingt, sind die Auswirkungen für einzelne Branchen katastrophal. Ich darf an dieser Stelle die Trafikanten nennen, großteils Menschen mit einem langen Arbeitstag, mit minimalen Einkünften, viele davon auch mit körperlicher oder anderer Behinderung ausgestattet, die darauf angewiesen sind, dass sichergestellt wird, dass nicht billige oder gar unversteuerte Zigaretten in den Handel kommen. Daher wird es unserer aller Anstrengung bedürfen, hier zu intensivieren. Ich glaube, das ist ein Beitrag, mit dem wir alle einen Beitrag auch zur Erhaltung der Lebensqualität dieser Menschen leisten können. – Danke. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

 


Präsident Manfred Gruber: Danke, Herr Staatssekretär.

Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte, Herr Bundesrat.

 



BundesratStenographisches Protokoll745. Sitzung / Seite 27

Bundesrat Reinhard Jany (ÖVP, Burgenland): Welche personellen und organisato­rischen Maßnahmen zur Betrugsbekämpfung hat die Bundesregierung in den letzten Jahren gesetzt?

 


Präsident Manfred Gruber: Bitte, Herr Staatssekretär.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Christoph Matznetter: Vielleicht darf ich an dieser Stelle die von mir bereits erwähnten neuen Zollfahndungen in der Region Ost, die zwei neuen Finanzstrafbehörden zur Unterstützung anführen.

Insgesamt hat die Regionalisierung der Zollbetrugsbekämpfung – früher war es so, dass Wien allein für den kompletten Ostraum zuständig war – eine bedeutende Verstärkung der regionalen Zusammenarbeit, auch mit den lokalen Polizeibehörden gewährleistet. Es gab zusätzliche, in der letzten Zeit entwickelte mobile Kontrollen, die außerhalb der Zollfahndung mittelfristig noch verstärkt werden sollen.

Weiters ist es so, dass das Personal, das frei wird durch die elektronische Zoll­dekla­ration – wir haben europaweit das Verfahren, dass von der händischen Deklaration zur elektronischen Zolldeklaration übergegangen wird –, frei wird, um entsprechende Kontrollen durchzuführen. Sie werden mit der weiteren Herabsetzung dieser administrativen Tätigkeit stärker für die operative Zollaufsicht, OZA, eingesetzt werden.

Insgesamt ist daher zu konstatieren, dass das Finanzressort mit den durchgeführten Reformmaßnahmen im Bereich der Betrugsbekämpfungseinheiten für die Schengen-Erweiterung sehr gut vorbereitet ist.

 


Präsident Manfred Gruber: Danke, Herr Staatssekretär.

Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Preiner zu Wort gemeldet. – Ich bitte um die Zusatzfrage.

 


Bundesrat Erwin Preiner (SPÖ, Burgenland): Herr Staatssekretär! Wie haben sich die Aufgriffe im Zigarettenschmuggel in den letzten Jahren entwickelt?

 


Präsident Manfred Gruber: Bitte, Herr Staatssekretär.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Christoph Matznetter: Ich darf Ihre geschätzte Frage, Herr Bundesrat, wie folgt beantworten:

Es ist so, dass die Aufgriffe insgesamt im letzten Jahr auf einem sehr hohen Niveau stattgefunden haben. Im Jahr 2006 wurden insgesamt 92,5 Millionen Stück Zigaretten beschlagnahmt – was historisch betrachtet die zweithöchste Gesamtmenge ist. Das entspricht gegenüber dem Jahr 2005 einer Steigerung um zirka 6,5 Prozent. Wenn man den berühmten Film „Der dritte Mann“ und den sogenannten Schleich – die Wiener wissen, was der Schleich ist, nämlich der Schmuggel in der Nachkriegszeit – betrachtet, als sich Menschen das nicht leisten konnten, dann kann man ungefähr ermessen, was das bedeutet: die historisch zweithöchste Menge.

Logischerweise führte die EU-Erweiterung zu einem Ansteigen dieses Schmuggels. Allerdings müssen wir mit Sorge betrachten, dass die Professionalität der Banden immer besser wird. Allein die Menge an gefälschten Zigaretten, die durchaus nicht ungefährlich für den Konsumenten sind, weil die darin eingesetzten Stoffe ja oft aus einer bedenklichen Zusammensetzung bestehen, macht uns Sorgen und erfordert, dass wir unsere Anstrengungen weiter verstärken, um in diesem Bereich noch bessere Aufgriffe zu machen.

Insgesamt ist es zwar ein wirklich schöner Erfolg, zu dem ich den Kolleginnen und Kollegen des Zolls, im Zusammenwirken mit den Kräften des Innenministeriums, gratulieren muss – aber eigentlich ist das kein Anlass zur Gratulation! Wenn wir 92,5 Millionen Stück beschlagnahmen: Wie viel Stück sind dann angekommen bei


BundesratStenographisches Protokoll745. Sitzung / Seite 28

Konsumenten, die oft gar nicht wissen, dass diese Zigaretten eben nicht jene Mar­kenqualität haben, die sie aus österreichischer Produktion in der Trafik bekom­men?

 


Präsident Manfred Gruber: Danke, Herr Staatssekretär.

Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Schennach gemeldet. – Bitte um die Zusatzfrage.

 


Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Es stellt sich natürlich die Frage, was das Bundesministerium für Finanzen mit 92,5 Mil­lionen Stück Zigaretten dann in der Verwertung macht.

Aber eine andere Frage: Es kommt ja nicht zu einem Wegfall der Schengen-Grenze, sondern nur zu einer lokalen Verschiebung, einer Art geographischen Verschiebung. Ist seitens des Bundesministeriums für Finanzen daran gedacht, den Nachbarländern Know-how beziehungsweise auch personelle Hilfe zur Verfügung zu stellen, auf Grund der jahrelangen Erfahrungen, die wir als Schengen-Außengrenze gehabt haben?

 


Präsident Manfred Gruber: Bitte, Herr Staatssekretär.

 


Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Christoph Matznetter: Ich als Raucher muss darauf hinweisen, dass tatsächlich in der Finanz tätige Menschen in stärkerem Ausmaß der Nikotinsucht verfallen sind. Ich darf Sie aber beruhigen, Herr Bundesrat, die aufgegriffenen Zigaretten werden zerstört – oft in der Form, dass sie einfach mit dem Bagger zusammengeführt und angezündet werden –, sodass der Genuss dieser Zigaretten eher bei den Vögeln stattfindet als bei den Finanzbeamten. (Allgemeine Heiterkeit.)

Zu Ihrer zweiten Frage, die eine ernsthafte ist: Was können wir zur Verbesserung beitragen, dass das bereits an der Außengrenze erfolgt? – Ich darf darauf verweisen, dass die österreichische Finanzverwaltung in der Vergangenheit in einer Fülle von Pro­grammen dazu beigetragen hat, dass gerade unsere Nachbarländer und die neuen Beitrittsländer jenen Stand an Technik – sei es auf der EDV-Seite, sei es in den Verwaltungsabläufen, sei es in der praktischen Durchführung ihrer finanz- und zollamtlichen Tätigkeit – gewährleistet haben. Stichwort Twinning-Programme, in deren Rahmen österreichische Beamte oft längere Zeit den Kolleginnen und Kollegen Hilfestellung vor Ort geben und diese auch zu entsprechend gemeinsamen Schulun­gen einladen.

Wir haben in diesem Bereich, wenn man die Größe des Landes betrachtet, einen sehr wesentlichen Beitrag geleistet – oft selbst auch im absoluten Umfang deutlich mehr als andere, viel größere westliche Mitgliedsländer der Europäischen Union.

Wir werden dies natürlich im Sinne der partnerschaftlichen Zusammenarbeit auch in Zukunft tun und insbesondere bei den ganz neuen Beitrittsländern weiterhin forcierte Anstrengungen unternehmen, um die dortigen Verwaltungen in den Stand zu versetzen, ihre Aufgaben zu erfüllen.

Ich darf Ihre Frage auch dazu nützen, darauf hinzuweisen, dass wir sicherstellen müssen, dass die internationalen Programme, die es den nationalen Regierungen ermög­lichen, für eine bessere Bezahlung ihrer Beamten zu sorgen, von uns auch weiterhin politisch unterstützt werden. Denn nur dann, wenn eine ausreichende Bezahlung der örtlichen Sicherheitskräfte und Zollkräfte gewährleistet ist, kann ein entsprechendes Maß an Korruptionsfestigkeit erreicht werden. Wenn sehr schlechte Löhne bezahlt werden, dann ist die Gefahr sehr hoch, dass man gerne etwas extra nimmt. Und natürlich ist auch das, was jemand verliert, falls er seinen Arbeitsplatz verliert, eine nicht so dringende Last, als wenn man einen gut bezahlten, sicheren Arbeitsplatz an der Grenze hat.


BundesratStenographisches Protokoll745. Sitzung / Seite 29

In diesem Sinne mein Appell: alles zu tun, um jene Programme zu unterstützen, die zum Teil die Europäische Union und zum Teil andere multinationale Organisationen machen, damit diesen Ländern geholfen wird, hier auch etwas für die Bezahlung der dort tätigen Kolleginnen und Kollegen zu tun. – Danke.

 


Präsident Manfred Gruber: Danke schön, Herr Staatssekretär.

Nach Beantwortung aller Fragen und aller Zusatzfragen ist die Fragestunde beendet.

10.16.11Einlauf und Zuweisungen

 


Präsident Manfred Gruber: Hinsichtlich der eingelangten, vervielfältigten und verteil­ten Anfragebeantwortungen 2290/AB bis 2294/AB sowie jener Verhandlungsgegen­stände, die gemäß Artikel 42 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz nicht dem Mitwir­kungs­recht des Bundesrates unterliegen, verweise ich auf die im Sitzungssaal verteilten Mitteilungen gemäß § 41 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates, die dem Stenographischen Protokoll dieser Sitzung angeschlossen werden.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

Liste der Anfragebeantwortungen (siehe S. 5.)

*****

Beschlüsse des Nationalrates, die gemäß Art. 42 Abs. 5 B-VG nicht dem Mitwirkungs­recht des Bundesrates unterliegen:

Beschluss des Nationalrates vom 3. Mai 2007 betreffend ein Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2007 (Bundesfinanzgesetz 2007 – BFG 2007) samt Anlagen (39 und 70/NR der Beilagen)

Beschluss des Nationalrates vom 3. Mai 2007 betreffend ein Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2008 (Bundesfinanzgesetz 2008 – BFG 2008) samt Anlagen (40 und 71/NR der Beilagen)

*****

 


Präsident Manfred Gruber: Eingelangt und den zuständigen Ausschüssen zuge­wiesen wurden jene Beschlüsse des Nationalrates beziehungsweise jener Bericht, die Gegenstände der heutigen Tagesordnung sind. Die Ausschüsse haben ihre Vor­beratungen abgeschlossen und schriftliche Ausschussberichte erstattet. Ich habe diese Verhandlungsgegenstände auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung gesetzt.

10.16.39Antrag gemäß § 16 Abs. 3 GO-BR

 


Präsident Manfred Gruber: Ich gebe bekannt, dass die Bundesräte Jürgen Weiss, Stefan Schennach, Manfred Gruber, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 21 der Geschäftsordnung des Bundesrates den Entschließungsantrag 158/A betreffend den „Jährlichen Bericht des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie über geplante Maßnahmen und Absichten der Bundesregierung im Bereich der Infrastruktur in den Bundesländern“ eingebracht haben.

Überdies haben die Bundesräte Jürgen Weiss, Stefan Schennach, Manfred Gruber, Kolleginnen und Kollegen gemäß § 21 der Geschäftsordnung des Bundesrates den


BundesratStenographisches Protokoll745. Sitzung / Seite 30

Entschließungsantrag 159/A betreffend „Berücksichtigung von Anregungen im Begut­achtungs­verfahren“ eingebracht.

Weiters wurde gemäß § 16 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates beantragt, diese beiden Entschließungsanträge jeweils ohne Ausschussvorberatung in Verhand­lung zu nehmen.

Sofern sich kein Einwand erhebt, werde ich die Abstimmung über die beiden Anträge unter einem vornehmen lassen.

Ich lasse nun, nachdem kein Einwand erhoben wurde, über den Antrag der Bundesräte Jürgen Weiss, Stefan Schennach, Manfred Gruber, Kolleginnen und Kollegen, die gegenständlichen Entschließungsanträge gemäß § 16 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates jeweils ohne Vorberatung durch einen Ausschuss unmittelbar in Verhandlungen zu nehmen, abstimmen. Hiezu ist eine Mehrheit von mindestens zwei Drittel der abgegebene Stimmen erforderlich.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem vorliegenden Antrag gemäß § 16 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates zustimmen, um ein Hand­zeichen. – Es ist dies Stimmeneinhelligkeit.

Der Antrag, die gegenständlichen Entschließungsanträge jeweils ohne Vorberatung durch einen Ausschuss unmittelbar in Verhandlung zu nehmen, ist somit mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit angenommen.

Ich ergänze daher die Tagesordnung um den Entschließungsantrag 158/A(E) als weiteren Tagesordnungspunkt 4 und um den Entschließungsantrag 159/A(E) als weiteren Tagesordnungspunkt 5.

*****

Wird zur Tagesordnung das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

10.19.191. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 24. April 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gerichtsgebührengesetz, das Gerichtliche Einbringungs­ge­setz 1962, das Einkommensteuergesetz 1988, das EU-Quellensteuergesetz, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, das Umsatz­steuergesetz 1994, das Gebührengesetz 1957, das Mineralölsteuergesetz 1995, das Normverbrauchsabgabegesetz, die Bundesabgabenordnung, das Abgaben­verwaltungsorganisationsgesetz, das EG-Amtshilfegesetz, das Zollrechts-Durch­führungsgesetz, das Bundeshaushaltsgesetz, das Bundesfinanzierungs­gesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, das Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz, das Schülerbeihilfengesetz 1983, das Universi­täts­gesetz 2002, das Bundesmuseen-Gesetz 2002, das Bundestheaterorgani­sations­gesetz, das Bundesgesetz über die Neuorganisation der Bundes­sport­einrich­tungen, das Altlastensanierungsgesetz, das Umweltförderungsgesetz, das Arbeits­marktpolitik-Finanzierungsgesetz und das Bundesbahngesetz geändert werden (Budgetbegleitgesetz 2007) (43 d.B. und 67 d.B. sowie 7681/BR d.B. und 7682/BR d.B.)

 


Präsident Manfred Gruber: Wir gehen in die Tagesordnung ein und gelangen zu deren Punkt 1.

Berichterstatter ist Herr Bundesrat Reinhard Todt. – Ich bitte um den Bericht.

 


10.19.33


BundesratStenographisches Protokoll745. Sitzung / Seite 31

Berichterstatter Reinhard Todt: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Der Bericht des Finanzausschusses liegt Ihnen schriftlich vor. Ich komme daher sogleich zur Antragstellung.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 8. Mai 2007 mit Stimmen­mehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Präsident Manfred Gruber: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Schennach. – Bitte, Herr Kollege.

 


10.20.22

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Der Herr Staatssekretär hat in einer Anfragebeantwortung einmal gemeint: Soferne der Bundesrat heute zustimmt. – Es könnte natürlich sein, dass er auch nicht zustimmt, wenn der Bundesrat, das Hohe Haus hier, sich bezüglich seiner früheren Anträge ernst nimmt, denn immerhin haben sich alle Fraktionen hier in zwei Entschließungen im Jahre 2003 an den Nationalrat mit dem dringenden Ersuchen gewandt, keine Sammelgesetze mehr dem Bundesrat vorzulegen.

Wir haben hier heute ein Sammelgesetz vorliegen, das 28 höchst unterschiedliche Gesetze betrifft. Der Bundesrat hat sich damals in einer Entschließung auf Initiative von Jürgen Weiss, der wir alle unsere Zustimmung gegeben haben und die auf den Empfehlungen des Rechnungshofes gefußt hat, der mehrmals gemeint hat, dass solche Sammelgesetze sowohl für die Verwaltung als auch für die Transparenz falsch sind, an den Nationalrat gewandt mit der Bitte, solche Sammelgesetze in Zukunft nicht mehr zu machen.

Durch dieses Sammelgesetz, dass uns heute hier vorliegt, sind wir sozusagen in eine Nötigung gekommen, und zwar dazu, hier kontra zu reden, obwohl viele der in diesem Gesetz enthaltenen Maßnahmen sehr erfreulich sind.

Es werden zum Beispiel die Bundesräte Vorarlbergs genötigt, diesem Gesetz zuzu­stimmen, obwohl sie den Konsultationsmechanismus nach Art. 15a ausgelöst haben.

Es werden auch die Vertreter der Wirtschaftskammer genötigt, diesem Gesetz zuzu­stimmen, obwohl sie, was die Änderungen des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes betrifft, heftigste Kritik üben.

Hätten wir hier kein Sammelgesetz vorliegen, wären hier keine solchen Zwangs­mechanismen gegenüber den Mitgliedern dieses Hohen Hauses notwendig, denn dann könnte vielleicht Vorarlberg gemäß dem ausgerufenen Konsultationsmechanismus heute und hier sein Nein deponieren beziehungsweise könnten die Vertreter der Bundes­wirtschaftskammer sagen, dass sie mit der Novellierung des Lebensmittel­sicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes nicht konform gehen.

Aber leider bekamen wir hier sozusagen einen Rieseneintopf, wo wir von grüner Seite sagen müssen: Ja, es ist gut, dass zum Beispiel das Reverse-Charge-System eingeführt wurde und dadurch die „Karussellgeschäfte“ abgestellt wurden. Wir finden es richtig, dass die Neuregelung bei der Wertpapierdeckelung für die Pensions­rückstellung in dieser Weise erfolgt ist. Wir finden es richtig, dass das Kernstück dieses Budgetbegleitgesetzes die Mineralölsteuererhöhung ist. Wir haben aber bei einer Reihe von Vorhaben kritische Anmerkungen zu machen, hätten aber dennoch bei über zwei Drittel der Materie diesem Budgetbegleitgesetz zugestimmt.


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Was uns etwas komisch vorkommt, Herr Staatssekretär – und Sie werden natürlich heute auch keine andere Antwort geben können, weil Sie es ja selber noch nicht wissen –, ist Folgendes: Es wurde vereinbart, dass bei der Mineralölsteuererhöhung die Summe von 440 Millionen €, die dadurch hereinkommen wird, für die Pauschal­vorsorge für Infrastrukturunternehmen verwendet wird. Aber was Sie nicht sagen können – und Sie wissen es auch heute nicht bei der Vorlage dieses Budget­begleitgesetzes –, ist, in welchem Verhältnis das zwischen den ÖBB und der ASFINAG aufgeteilt wird. Das ist nicht vereinbart worden!

Sie können sich aber auch bei der Zurverfügungstellung der Mittel an die Länder und Gemeinden hinsichtlich des öffentlichen Personennahverkehrs nicht auf eine Vereinbarung oder auf eine Vorlage eines Finanzausgleichsgesetzes berufen, sondern nur auf eine politische Vereinbarung. Das ist relativ dünnes Eis.

Herr Staatssekretär, auch das Problem des Tanktourismus haben Sie mit dieser Regelung noch nicht angepackt.

Sie sagen, ein gewichtiger Teil dieser Erhöhung diene der Erreichung des Kyoto-Ziels. Sie wissen aber selber – und soviel Ehrlichkeit sollte gegeben sein –, dass mit diesen Mitteln das Kyoto-Ziel noch einmal deutlich verfehlt wird. Das heißt, es werden zwar Mittel dafür zur Verfügung gestellt, aber damit, Herr Staatssekretär – und das wissen Sie wahrscheinlich selber ganz genau –, werden wir das Kyoto-Ziel natürlich nicht erreichen können. Dazu bedarf es mehr.

Auch der sozusagen als Mystifikation vorhandene Klimaschutzfonds, der in letzter Minute noch gespeist wurde – das hat man ja eigentlich übersehen – und der nur bis 2008 existieren wird, braucht um ein Vielfaches mehr.

Herr Staatssekretär, Sie waren in Ihrer Zeit als aktiver Abgeordneter, auf die Sie heute schon Bezug genommen haben, ein vehementer Kämpfer gegen die Abschaffung der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Kollege Schöls wird das bestätigen können, er lächelt nämlich so wissend. (Zwischenruf des Bundesrates Schöls.) Darüber gibt es jetzt noch keine Regierungsübereinkunft.

Aber ich frage Sie: Wenn Sie jetzt bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer so großzügig sind, warum sind Sie bei den Pendlern so kleinherzig? Sie haben zwar die Negativsteuer von 110 € auf 200 € erhöht, aber Sie wissen ganz genau, dass durch die Mineralölsteuererhöhung nicht diese Großzügigkeit bei den Pendlern und Pendlerinnen herauskommt, wie sie beim Wegfall der Schenkungs- und Erbschaftssteuer stattfindet. Das heißt, die kleinen Pendler und Pendlerinnen werden sehr wohl zur Kassa gebeten, weil die Negativsteuererhöhung nicht ausreicht, um diese zu entlasten, und die, die wirklich etwas zu verschenken haben und etwas zu erben haben, können sich dann ... (Bundesrätin Roth-Halvax: Das ist eine total falsche Sichtweise!) Nein, dem ist nicht so! (Neuerlicher Zwischenruf der Bundesrätin Roth-Halvax.) Ja, natürlich. Aber die Kleinen sind ja jetzt auch schon ausgenommen worden. Ja ich weiß schon. (Bun­desrätin Roth-Halvax: Das ist ein falscher Denkansatz!) Nein, das ist überhaupt kein falscher Denkansatz, Frau Kollegin.

Die kleinen Erbschaftsgeschichten waren auch bisher schon ausgenommen. Aber ich weiß, es tut der ÖVP weh, wenn man dieses Kapitel anspricht. (Bundesrat Mayer: Sie haben falsch argumentiert, Herr Kollege!) Oh, jetzt meldet sich der ÖAAB zu Wort. Vielleicht könnten Sie oder der Kollege Schöls, der ein hochgradiger Gewerkschafter ist ... (Bundesrat Schöls: Ich stehe dazu!) Das ist ja gut. Aber wenn hier über soziale Harmonie und Ausgeglichenheit gesprochen wird, so muss ich sagen: Das versteht der Kollege Schöls und das versteht auch der Kollege Mayer, aber wer es nicht versteht, das ist der Kollege Kühnel. Er macht zwar ein Weiterbildungsseminar, weil er glaubt, dass das Klassenkampf ist (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kühnel), aber soziale


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Harmonie und Ausgeglichenheit als Klassenkampf zu betrachten  (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kühnel.)

Sie sind ein „Allesfresser“, das wissen wir: Sie sind ein „Kommunistenfresser“, ein „Grünen-Fresser“, ein „Frauenfresser“. – Aber lassen wir das, denn das führt vielleicht doch etwas zu weit! (Bundesrat Dr. Kühnel: Rasenmähergleichheit! – Bundesrat Konecny: Ungeheuer! – Präsident Gruber: Kollege Schennach ist am Wort! – Bundesrat Dr. Kühnel: ... „Ungeheuer“!)

Er soll sich durchsetzen. Ich freue mich, dass der Präsident hinter mir steht. Es stand auch einmal eine Präsidentin hinter mir. Also, man muss sich nicht überall selber durchsetzen, es wird auch manchmal die Möglichkeit geboten, dass für einen etwas durchgesetzt wird. (Bundesrat Schöls: Das ist Ausbeutung von ...!)

In diesem Sinne, meine Damen und Herren, liebe Vorarlberger Bundesräte, liebe Mit­glieder der Bundeswirtschaftskammer oder den Kammern nahestehende Bundesräte, wie Kollege Schimböck oder Frau Zwazl (Bundesrat Konecny: Ein Traumpaar!): Machen Sie aus Ihrem Herzen – ich denke da an die Meinung Ihres Bundeslandes – keine Mördergrube und gehen Sie auch hier mit uns den Weg, zu sagen: Dieses Sammelgesetz lehnen wir ab und würden wir gehen zurückschicken! Das ist eigentlich die Meinung des gesamten Bundesrates seit 2003. – Ich danke. (Beifall bei den Grünen.)

10.29

Präsident Manfred Gruber: Danke, Herr Kollege Schennach.

Zu Wort gemeldet ist als Nächster Herr Bundesrat Florianschütz. – Bitte, Herr Kollege.

 


10.30.23

Bundesrat Peter Florianschütz (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Budget­begleitgesetz 2007, das hier zur Verhandlung steht – das Budget selbst ist ja sozu­sagen nicht bundesratspflichtig –, stellt aus meinem Verständnis heraus eher eine erfreuliche Entwicklung dar und geht in die richtige Richtung. Erfreulicht ist – und das muss man ganz deutlich sagen –, dass in dieser Gesetzesmaterie nur legistische Maß­nahmen zum Budget enthalten sind. Das heißt, der Unfug aus der Vergangenheit, dass man in das Budgetbegleitgesetz Kraut und Rüben hineinverpackt, ist bei diesem Gesetz nicht gemacht worden. Es handelt sich zwar um ein Sammelgesetz, aber es handelt sich um ein Sammelgesetz, das sich ausschließlich mit budgetären Maß­nahmen befasst. Und das, meine Damen und Herren, ist nach sieben Jahren eine Rückkehr zu den guten Sitten und Gepflogenheiten, die in diesem und im anderen Haus gepflegt werden sollten. (Bundesrat Schöls: Man soll nichts übertreiben!) Ja, Fredi, es ist schon wahr: Das ist die Rückkehr zu den guten Sitten! (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Darüber hinaus ist es, meine Damen und Herren – und dafür muss man besonders Ihnen, Herr Staatssekretär, danken –, auch eine Rückkehr zur sozialen Ausgewogen­heit. Und ich finde es erfreulich, dass die grüne Fraktion hier angemerkt hat, sie könnte zu zwei Dritteln diesem Gesetz zustimmen, was auch ein Zeichen dafür ist, dass da soziale Signale gesetzt geworden sind. Einige Beispiele dafür: die Erhöhung des Kin­dergeldes, die Erhöhung der Schulbeihilfen, die Erhöhung der Pendlerpauschale, die 2-Prozent-Regelung bei den Rezeptgebühren, die Erhöhung der Mindest­pensionen, durch welche 150 000 Frauen abgesichert werden. Letzteres ist eine sehr herzeigbare Maßnahme, und alleine deshalb zahlt es sich aus, diesem Gesetz zuzustimmen.

Ein wesentlicher Punkt in diesem Zusammenhang ist Folgendes: Durch die Erhöhung der Schülerbeihilfe kommen 3 000 Familienhaushalte zusätzlich in deren Genuss. Das


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ist eine Steigerung von 15 Prozent. Und wenn man die Maßnahmen, die bei den Studienförderungen geplant sind, dazuzählt, dann ergibt das insgesamt eine Erhöhung von 28,8 Prozent. Das ist herzeigbar, meine Damen und Herren, und trägt meiner Meinung nach die sozialdemokratische Handschrift in einer neuen Budgetpolitik in diesem Haus.

Im Familienlastenausgleichsgesetz sind, wie in den vergangen Jahren, 14,5 Millionen € vorgesehen, um soziale Härten bei den Studiengebühren abzufedern. So soll das auch in den Jahren 2007 und 2008 sein. Nur, meine Damen und Herren: Diese 14,5 Mil­lionen € sind deshalb notwendig, weil wir Studiengebühren haben. Ich habe mir Folgendes sagen lassen: Da das Budget auf den Daten des Dezember 2006 aufgebaut ist, ergibt sich jetzt durch sprudelnde Einnahmen des Bundes bereits ein Mehrein­nahmensaldo von 500 Millionen bis 800 Millionen €. Ich weise darauf hin, dass aus sozialdemokratischer Sicht die Frage der Studiengebühren nach wie vor in der Agenda ist. Wir haben uns da noch nicht verständigen können, aber die finanziellen Mittel, die Studiengebühren abzuschaffen, sind durch diese Mehreinnahmen des Bundes durchaus gegeben. Es kann keiner sagen, wir hätten dazu nicht die Möglichkeiten, und darüber sollten wir in Zukunft auch weiter nachdenken.

Meine Damen und Herren, zusammenfassend: Mit dem Einstieg in die Grundsicherung und mit einem sozial ausgewogenen Budget ist es gerechtfertigt, notwendig und sinnvoll, dieser Vorlage die Zustimmung zu geben. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

10.33


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Ing. Kampl. – Bitte.

 


10.34.02

Bundesrat Ing. Siegfried Kampl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geehr­ter Herr Präsident! Geschätzter Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren des Bundesrates! Diese umfangreiche gesetzliche Novellierung enthält 28 verschie­dene gesetzliche Änderungen und umfasst auf 196 Seiten insgesamt 43 Seiten Gesetzestext und 49 Seiten Erläuterung und 104 Seiten Textgegenüberstellung.

Herr Staatssekretär, das ist relativ viel. Ich glaube, dass wir alle gern arbeiten, aber das ist beinahe unzumutbar, denn erstens sind die Unterlagen sehr kompliziert und daher nicht leicht zu lesen, weil es eine ständige Wiederholung gibt, und zweitens muss man ein Jurist und ein Steuerberater sein, um das alles so verstehen zu können, wie es von Ihnen für die Bevölkerung gemeint ist.

Das alles soll beschlossen werden unter dem Titel „Budgetbegleitgesetz 2007“. Die Grundüberlegungen, Herr Staatssekretär, sind bis auf wenige Ausnahmen sehr, sehr gut. Ich denke dabei vor allem an den Umweltschutz. Dazu gibt es sehr viele gute Ansätze. Positiv zu vermerken ist auch die Finanzierung der Umweltoffensive. Weitere Positiva sind: höhere Förderung für Bildung und Kultur, ein Mehr für Familien und Kinder, Verbesserung der Rechtssicherheit, Anpassung bezüglich Erweiterung von Rumänien und Bulgarien. Also es gibt da viele positive Sachen.

Aber es gibt da auch Punkte, die nicht zufriedenstellend sind, Herr Staatssekretär. Ich werde nur ein paar Beispiele dafür herausgreifen, weil meine Redezeit ja begrenzt ist. Man könnte wahrscheinlich vor allem in diesem Bereich, Herr Staatssekretär, drei bis vier Stunden reden, so umfangreich ist diese Gesetzesmaterie. Ich verstehe eigentlich nicht, wie man dem Nationalrat hat zumuten können, dass er das alles in einer so kurzen Zeit durchpeitscht. Ich verstehe auch nicht, wie man dem Bundesrat zumuten kann, das alles in so einer kurzen Zeit zu bewältigen. Das ist eine große Aufgabe, und


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daher grenzt das meiner Meinung nach schon an Verantwortungslosigkeit, wenn man all dem zustimmt.

Ich werde diesem Gesetz zustimmen, weil es sehr viel Positives darin gibt. Nur: Der Kollege Schennach hat auch in sehr vielen Belangen recht. Es herrscht hier schon einen anderer Geist, denn wir haben hier die Länder zu vertreten, wir sind sozusagen näher am Bürger.

Erstes Negativum: Es gibt in Österreich 1 500 000 Pendler. 600 000 davon müssen täglich tanken, ob Benzin oder Diesel, um zu ihrem Arbeitsplatz zu kommen. Die Benzinpreiserhöhung von 3 Cent und die Dieselpreiserhöhung von 5 Cent trifft sicher die Tagespendler – das sind 600 000 Menschen; Familienväter, Arbeitnehmer –, sehr, sehr stark.

Herr Staatssekretär, sofern die Unterlagen stimmen, würde das die Pendler 56 Mil­lionen € jährlich kosten. Aber der Finanzausgleich dafür beträgt nur 20 Millionen € an Steuerersparnis. Also hier ist eine sehr große Diskrepanz vorhanden. Wenn wir dazu noch bedenken, dass gerade diese Menschen aus dem ländlichen Raum kommen und wir alles tun, dass es zu keiner Abwanderung kommt, so sehen wir die ganze Problematik, mit der hier die ländlichen Arbeitnehmer konfrontiert sind. Das betrifft dann auch die Kindergärten und die Schulen, weil sich die Bevölkerung durch die Abwanderung sozusagen so sehr verdünnt, dass wir als Bürgermeister es wirklich sehr schwer haben, die ganze Infrastruktur aufrechtzuerhalten, damit die Menschen bei uns bleiben.

Eine zweite negative Entwicklung im Budgetbegleitgesetz betrifft das Lebensmittel­sicherheits- und Verbraucherschutzgesetz. Ich verstehe nicht, Herr Staatssekretär, warum man dieses Gesetz so schnell durchpeitschen möchte und den Ländern kaum Zeit lässt, sich damit ernsthaft zu befassen.

Ich habe hier ein Schreiben der Landesregierung Kärnten, das Ihnen, Herr Staats­sekretär, sicherlich zugekommen ist, dass man nicht einmal genug Zeit hat, über diese Materie zu beraten, geschweige denn die Auswirkungen dieses Gesetzes richtig zu erfassen.

Es ist ja so, dass die Betriebe in Zukunft mehr Gebühren zu zahlen haben werden, Herr Staatssekretär. Dazu gehören auch die Pflegeheime, die Spitäler, die Kinder­gärten. Es gibt die Einstufung in neun Risikogruppen. Es ist sehr viel in diesem Gesetz enthalten, wo die Länder mehr Zeit zur Beratung hätten haben sollen. So wurde zum Beispiel die Kostentragung im § 64 Abs. 5 mit den Ländern gar nicht abgesprochen. Durch die Neuregelung wird es massive Änderungen in der österreichischen Lebensmittelkontrolle geben, das ist keine Frage, die Entwicklung geht weiter.

Für Kärnten könnte zum Beispiel diese neue Regelung für das eigene Kompetenz­zentrum, das geplant ist, sehr große Nachteile bringen. Daher ist die Frage, Herr Staatssekretär, ob es nicht sinnvoll wäre, da Kärnten eine andere Struktur in der Lebensmittelaufsicht und in der Lebensmitteluntersuchung als die übrigen Bundes­länder hat, diese zusammenzuführen und miteinander die Verantwortung dafür zu tragen.

Denn: Wenn das für Kärnten gesetzlich so vollzogen wird, dann würde von Kärnten Geld nach Wien abfließen, und das sollte nicht der Fall sein.

Ich werde diesem Gesetz die Zustimmung geben, Herr Staatssekretär, nur bitte ich Sie, hier die Interessen des Landes Kärnten zu berücksichtigen und zu schauen, dass darüber noch einmal geredet wird. Wir sind sicher gute Mitverantwortliche für die


BundesratStenographisches Protokoll745. Sitzung / Seite 36

Republik Österreich, aber wenn es Nachteile geben sollte, dann bitte ich Sie, das ent­sprechend zu berücksichtigen. – Danke. (Beifall des Bundesrates Mitterer.)

10.40


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Edgar Mayer.

 


10.40.59

Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem vorliegenden Budgetbegleit­gesetz legen wir die Grundlage für ein erfreuliches und im Hinblick auf die Vorzeichen auch erfolgreiches Doppelbudget 2007/2008. Und ich möchte es nicht verabsäumen, nachdem Kollege Florianschütz den Herrn Staatssekretär hier bereits gelobt hat, natürlich auch den Finanzminister mit einzuschließen, den Finanzminister und das Finanz­ministerium – da möchte ich natürlich auch den Herrn Staatssekretär nicht unerwähnt lassen –, und ihm und seinen Mitarbeitern für das hervorragende Handling und das schnelle Umsetzen dieses Doppelbudgets in einer geradezu hervorragenden Art und Weise zu danken.

Es zeigt in höchstem Maße, wie verantwortungsvoll mit Budgetmitteln umgegangen wurde. Mit diesem Doppelbudget setzen wir wichtige Impulse für die nächsten zwei, drei Jahre, und es ist auch ein ganz wichtiger Faktor hier anzumerken, nämlich dass es zukunftstauglich ist, sehr verehrte Damen und Herren.

Es weist auch einige wichtige Strategien auf, nämlich einerseits die wichtige Stabilität im Haushalt, also die Fortschreibung der hervorragenden Budgetpolitik der letzten Jahre, andererseits auch wichtige Investitionen für unsere Wirtschaft, um den Wirt­schaftsstandort Österreich zu sichern und die Strategie für Beschäftigung, wo wir auch auf einem ausgezeichneten Weg sind, weiter voranzutreiben.

Aus Sicht der steuerrechtlichen Änderungen sind vor allem die Ziele für Infra­strukturmaßnahmen und die Ziele im Klimaschutz zur Erreichung des nationalen Kyoto-Zieles zu nennen, die zugegebenermaßen zwar einen kräftigen Belastungs­schub bei der Mineralölsteuer mit sich bringen, eine Erhöhung bei Benzin um 3 Cent pro Liter und bei Diesel um 5 Cent pro Liter, aber diese wichtigen Ziele erfordern unseren ganzen Einsatz, und um diese Maßnahmen auch finanzieren zu können, sind die Belastungen zu rechtfertigen, weil es eben eine richtige und wichtige Zweck­widmung für diese zusätzlichen Einnahmen gibt.

Erfreulich für die Gebietskörperschaften ist aber auch, dass sich budgetbegleitende Gesetzesänderungen für die Länder und Gemeinden finanziell stark bemerkbar machen werden. So werden die Länder aus diesem Titel für dieses Jahr zusätzlich 23 Millionen € erhalten, für die kommenden zwei Jahre ist mit insgesamt 145 Mil­lionen € zu rechnen. Die Gemeinden – und das ist auch sehr positiv – bekommen 2007 zusätzlich 17 Millionen €, für 2008 und 2009 insgesamt 109 Millionen €.

Allerdings kommt angesichts der Anzahl der vom Budgetbegleitgesetz umfassten Gesetzesmaterien nicht unbedingt Freude auf, weil es zu einem Sammelsurium ausartet und gegen die Intentionen des Bundesrates gerichtet ist. Dass einnahmen­seitige Veränderungen im Bundesbudget legistischen Anpassungsbedarf hervorrufen, ist klar, liegt in der Natur der Sache, und in dieser Hinsicht ist es auch naheliegend, auf die Rechtstechnik einer Sammelnovelle zurückzugreifen.

Dass mit den einzelnen Gesetzen sozusagen in einem Aufwaschen auch Sachverhalte mit geregelt werden, die zwar nicht sehr budgetnahe sind, aber gerade anstehen, wurde von Professor Dr. Schäffer kürzlich im „Journal der Rechtspolitik“ so beurteilt: Sammelnovellen der erwähnten Art mögen zur schnelleren Erstellung und Verab-


BundesratStenographisches Protokoll745. Sitzung / Seite 37

schiedung von Gesetzentwürfen eventuell bürokratiegerecht sein, aber sie sind keineswegs adressatengerecht.

Die an den Sammelnovellen vielfach geäußerte Kritik – wie sie auch Kollege Schen­nach eingebracht hat in Bezug auf sein Ansinnen wegen Nötigung –, unabhängig von der Bestätigung der Verfassungsmäßigkeit auch vom Verfassungsgerichtshof, be­kommt dann eine besondere politische Berechtigung, wenn sie dazu strittige Rege­lungen durch die Einbeziehung in ein Paket faktisch immunisieren.

Ich werde später auf die Änderungen des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucher­schutzgesetzes zu sprechen kommen, welche nicht nur auf verständliche Kritik bei der Wirtschaft stoßen, sondern auch bei den Ländern; einige Beispiele haben wir schon gehört. Es wird von diesen die ganze Sachlage erheblich in Frage gestellt, vor allem wird auch der Verwaltungsaufwand, der damit verursacht wird, entsprechend kom­mentiert. Zudem fällt ins Gewicht, dass die strittige Regelung keinem Begutachtungs­verfahren unterzogen wurde und auch die Vereinbarung über den Konsultations­mechanismus nicht ausreichend eingehalten wurde.

Durch die politische Immunisierung einer solchen Vorgangsweise läuft die Möglichkeit der Länder, im Wege des Bundesrates an der Bundesgesetzgebung mitzuwirken, ins Leere. Aus diesem Grund – das hat Kollege Schennach bereits erwähnt – hat der Bundesrat am 9. Oktober 2003 bereits einstimmig einen Gesetzesantrag beschlossen, wonach sich ein Einspruch auch auf einzelne in einem Gesetzesbeschluss zusam­mengefasste Gesetze beziehen können soll.

Wie berechtigt diese Forderung nach wie vor ist, lässt sich mit dem vorhin genannten Beispiel auch quantitativ dokumentieren: Am Ende dieser Sitzung werden wir heute 14 Gesetzesbeschlüsse verabschiedet haben; einer davon, nämlich das Budget­begleitgesetz, ändert allein 27 Bundesgesetze. Im mehrjährigen Durchschnitt erfolgt jeder dritte Gesetzesbeschluss im Rahmen einer Sammelnovelle in einer Zusammen­fassung von mehr als drei Einzelgesetzen.

Es ist dem Herrn Präsidenten zu danken, dass ihm die baldige und mit weiteren Vorhaben des Bundesrates angereicherte Wiedereinbringung unseres Gesetzes­antrages ein Anliegen ist.

Zurück zum kritisierten Gesetz. Aus Vorarlberger Sicht ist es mir ein Anliegen, nochmals die Änderung des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes aus dem Budgetbegleitgesetz herauszugreifen, die von unserem Landeshauptmann Dr. Herbert Sausgruber berechtigt kritisiert wurde. Ich erlaube mir, aus dem Schreiben des Landes Vorarlberg vom 20. April einige Passagen zu zitieren:

Der neue § 61 Abs. 4 des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes sieht eine Gebührenpflicht für bestimmte Betriebe vor, die bisher keine Gebühren bezahlen mussten. Zudem fällt die Gebühr unabhängig davon an, ob eine amtliche Kontrolle stattgefunden hat oder nicht. Es handelt sich hierbei um eine gravierende Änderung. Trotzdem wurde sie nicht einem Begutachtungsverfahren unterzogen. Den Ländern wurde keine Gelegenheit geboten, sich über diese neue Regelung zu äußern. Wir lehnen die Einführung von Gebühren nicht grundsätzlich ab, es sollte aber geprüft werden, ob die Gebührenregelungen nach § 61 Lebensmittelsicherheits- und Ver­braucher­schutzgesetz und nach § 64 dieses Gesetzes nicht aufeinander abgestimmt werden können. – Zitatende.

Um hier ein Beispiel aus der Gastronomie zu zitieren: Es gibt neun Risikogruppen, Risikokategorien, und die Gastronomie wäre in der Risikogruppe 4 eingestuft. Das würde bedeuten, dass mit oder ohne amtliche Prüfung eine Gebühr von 94 € anfallen


BundesratStenographisches Protokoll745. Sitzung / Seite 38

würde. Das ist immerhin mehr, als ein kleinerer Betrieb an Grundumlage an die Wirtschaftskammer zu bezahlen hätte.

Es würde also insgesamt eine zusätzliche Belastung von 24 Millionen € auf die Unternehmungen zukommen, und das ist unserer Meinung nach in diesem Umfang nicht gerechtfertigt.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist: Nach dem neuen § 61 dieses Gesetzes müssten bestimmte Betriebe eine jährliche Gebühr entrichten. In Vorarlberg wären das zusätzlich 5 000 Betriebe, die der Gebührenpflicht unterliegen würden. Wenn Sie das jetzt für Ihr Bundesland hochrechnen, wie viele Betriebe das in Wien oder in Nieder­österreich wären, dann sind das drei- oder viermal so viele Betriebe, die unter diese Gebührenpflicht fallen würden. Es müssten in Vorarlberg 5 000 zusätzliche Gebühren­vorschreibungen vorgenommen werden, was natürlich zu einem beträchtlichen Mehraufwand in der Verwaltung führt. Wir sind damit auf dem Wege zu einem Gebührenstaat, und das ist in dieser Form abzulehnen.

Zu einem Mehraufwand führt auch die Regelung, dass Befund und Gutachten über amtliche Proben der Partei auszuhändigen sind. Aus Sicht des Bürgerservices ist das aber selbstverständlich eine berechtigte und richtige Maßnahme, absolut verständlich.

Um jetzt noch dem Kollegen Schennach eine Antwort zu geben in Bezug auf die Nötigung: Selbstverständlich fühlen sich die Vorarlberger Bundesräte nicht genötigt, hier zuzustimmen. Aber wir werden, was dieses Gesetz anbelangt, auch mit der Wirtschaft, denke ich, noch gemeinsam Gespräche führen müssen. Ich fordere des­halb, dass die Länder hier nochmals eingebunden werden, dass man dieses ganze Gesetzespaket nochmals in diesem Rahmen überdenkt.

Und wenn der Kollege Schennach glaubt, wir werden genötigt, dann kann ich ihm sagen: Das ist nicht der Fall! Nötigung ist ein Paragraph des Strafrechtes. Wir fühlen uns da in keiner Weise mit dem Strafrecht in Verbindung gebracht. Wir verlangen aber, dass die Länder bei derartigen Gesetzesänderungen auch entsprechend ernst genom­men werden und lehnen eine solche Vorgangsweise entschieden ab, was nicht bedeutet, dass wir diesem Maßnahmenpaket, dem Budgetbegleitgesetz unsere Zustim­mung nicht geben werden, weil es wichtige Impulse für die nächsten zwei, drei Jahre mit sich bringt. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP.)

10.51


Vizepräsident Jürgen Weiss: Zu Wort gelangt nun Herr Staatssekretär Dr. Matz­netter.

 


10.51.10

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Christoph Matznetter: Danke, Herr Präsident! – Erstens einmal möchte ich mich für die sehr offen geführte Diskussion in der Frage Sammelgesetze bedanken. Viele werden wissen, dass ich selbst – ich war damals im Nationalrat – ein erbitterter Gegner des Budgetbegleit­gesetzes zum Doppelbudget 2003/2004 war, dessen In-Kraft-Treten der Bundesrat dann im Sommer auch verzögert hat. Damals waren es an die hundert, ich glaube, 99 Artikel mit einer Fülle von Gesetzen, die in keinem auch nur irgend gearteten Zusammenhang zum Budget standen. Und zu Recht hat der Bundesrat in der Folge ebenfalls sehr deutlich klargemacht, dass es so nicht geht.

Ich will das jetzt gar nicht verteidigen und sagen, jetzt ist alles gut, bitte aber doch zu sehen, was die Disziplin der Bundesregierung bei ihrer Vorlage betrifft, dass das Gesetz gegenüber damals einen deutlich reduzierten Umfang hat. Es war ein beson­deres Anliegen, und zwar sowohl des Bundeskanzlers als auch des Vizekanzlers,


BundesratStenographisches Protokoll745. Sitzung / Seite 39

gegenüber allen ressortverantwortlichen Ministern, dass ausschließlich jene Positionen in das Budgetbegleitgesetz kommen, die Relevanz für das Budget haben.

Es gibt hier aber einen Zielkonflikt, und man kann sagen: Warum sind in diesem Budgetbegleitgesetz Maßnahmen drinnen? Die könnte man doch auch in einem gesonderten Gesetz beschließen. – Die Antwort ist grundsätzlich richtig. Das Problem ist nur: Wenn die Regierungsbildung, so wie heuer, am 11. Jänner erfolgt, dann muss natürlich die Bundesregierung bemüht sein, sehr rasch ein entsprechendes Budget vorzulegen, logischerweise auch gleich ein Budget für 2008 – das war dem Herrn Vizekanzler auch ein besonderes Anliegen –, weil man sichtbar machen wollte, dass der sehr ambitionierte Kurs, den die Bundesregierung beschreiten will – nämlich deutliche Reduktion des Budgetdefizits zur Sanierung des Haushaltes, trotzdem Stärkung der Zukunftsausgaben: Bildung, Wissenschaft, Forschung, Infrastruktur, Soziales –, längerfristig angelegt ist.

Dann war die öffentliche Meinung: Wie soll denn das budgetär alles gehen? Daher musste das Budget auch relativ rasch als Doppelbudget ins Parlament kommen. Aber wie sollen die Abgeordneten ein Budget beschließen, wenn darin Maßnahmen in Form von Zahlen, von Geld stehen, deren gesetzliche Grundlage nicht vorliegt?

Und jetzt kommt es zu einem Zielkonflikt: Wenn diese Maßnahmen nicht im Budget­begleitgesetz stehen, sondern erst im Laufe des Jahres in den normalen parlamen­tarischen Prozess gekommen wären, dann wäre der Nationalrat gezwungen gewesen, ein Budget für die Jahre 2007 und 2008 zu beschließen, in das Maßnahmen einbezogen sind, deren zugrunde liegende Gesetze aber noch gar nicht vorliegen und damit auch nicht in ihrem Zusammenhang diskutiert werden können.

Und wenn dieser Grundsatz gilt, der schon sehr alt in der Erkenntnis ist, dass das Budget das Gerippe der Politik ist – übrigens, weil das Zitat im Nationalrat vom Kollegen Jakob Auer Landeshauptmann Pühringer zugeordnet wurde: das Zitat stammt ursprünglich von Professor Goldscheid aus seinem Werk der „Finanzsoziologie“ von 1907 und lautet korrekterweise so: Das Budget ist das jeder verbrämenden Ideologie entkleidete nackte Gerippe der Politik. – Die Wahrheit, die da drinnen steckt, ist, dass man an den Zahlen erst erkennt, was wirklich getan wird.

Jetzt bitte ich und werbe ich um Verständnis dafür, dass man, um diesen Zielkonflikt zu schließen, nur Bestimmungen genommen hat, die für die Diskussion des Budgets unbedingt notwendig sind, um zu verstehen, warum das Budget in gewissen Positionen abweicht, womit es zu immerhin, ich glaube, 28 Artikeln gekommen ist. Gleichzeitig wollten wir, da es sich ja um die Budgets für eine halbe Gesetzgebungsperiode handelt, diese auch mit den entsprechenden Bestimmungen unterfüttern – keinesfalls damit eine ordnungsgemäße Diskussion abschneiden.

Das ist daher kein Durchpeitschen durch Nationalrat und Bundesrat, sondern das Bemühen, die Grundlage der Politik, das Budget, auch ausreichend dokumentiert durch das Vorlegen der entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen in das Haus zu bringen und es damit zu ermöglichen, die gesamte Politik samt den gesetzlichen Auswirkungen, das heißt finanzielle Auswirkungen, aber auch ihre normative Kraft, in einem behandeln zu können.

Es ist natürlich durchaus diskussionswürdig zu sagen, wir würden gern gegen dieses oder jenes Gesetz im Einzelnen stimmen, und ich möchte mir erlauben, auf einzelne Punkte einzugehen.

Erster Punkt: Kollege Schennach, der jetzt nicht da ist, hat die Frage des Reverse Charge aufgeworfen. Es ist richtig, dass wir an der Grenze des Möglichen versuchen, unerlaubten Vorsteuerabzug, das heißt Vorsteuerbetrug, soweit es geht, hintan-


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zuhalten. Im Rahmen dessen, was uns europarechtlich möglich ist, setzen wir im Sinne der Verpflichtung, alles, was an Hinterziehung erfolgt, in diesem Budget schon zu heben, entsprechende Maßnahmen. Und wir haben ja in der Steuerschätzung vor­gesehen, dass wir entschiedene weitere Maßnahmen gegen den Steuerbetrug setzen. Wir müssen diese Maßnahme jetzt setzen, denn sie bedarf in der Umstellung der Wirtschaft, damit sie in Kraft tritt – das betrifft ja Buchhaltung, EDV-Systeme und dergleichen –, entsprechender Vorlaufzeit. Daher muss die Bestimmung schon in dem Gesetz drinnen sein. Das ist eine gute Bestimmung und erweitert das, was bisher schon für die Baubranche galt, auf andere Branchen.

Erlauben Sie mir an dieser Stelle, darauf hinzuweisen, dass sowohl der Herr Vize­kanzler wie auch ich uns seit Monaten, nämlich seit Beginn der deutschen Präsident­schaft, intensiv dafür einsetzen, eine Chance zu bekommen, möglichst bald ein generelles Reverse Charge auch in Österreich durchzuführen, sei es auch nur, dass Österreich als, wenn man so will, erste und bestorganisierte Finanzverwaltung ein Pilotprojekt zugestanden bekommt, sodass wir die modernste Form als Erste einsetzen können.

Wir haben Fortschritte erzielt, auch beim informellen Ecofin in Berlin. Und vorgestern und vorvorgestern sind auch weitere Fortschritte in Zusammenarbeit mit der deutschen Präsidentschaft erfolgt, sodass unsere Hoffnung lebt, dass unser Projekt, das ja in seiner ursprünglichen Form ein österreichischer Vorschlag aus den neunziger Jahren ist, vielleicht bald Wirklichkeit wird und wir Reverse Charge dann zur Gänze einführen können: eine Entlastung für alle Betriebe, die ehrlich sind, und eine Verhinderung der Betrugsmöglichkeit für die, die unehrlich sind.

Ich möchte noch kurz auf die Ausführungen des Kollegen Schennach zur Frage der Zuteilung beziehungsweise Aufteilung der Mehrmittel aus der MöSt-Erhöhung auf ASFINAG und ÖBB eingehen.

Wir haben genügend finanzielle Mittel, wir stellen diese ausschließlich diesem Bereich zur Verfügung, um die Bilanzierungsfähigkeit der ausgegliederten Bereiche, also sowohl der Schiene wie auch der ASFINAG, zu ermöglichen. Ich bitte um Verständnis dafür, meine Damen und Herren, dass es davon abhängt, wie die konkrete bilanz­politische Situation ausschaut. Es ist so, dass sowohl die ÖBB wie auch die ASFINAG aus Gründen der Geldaufnahme im Wege der Anleihe auf das IFRS-System, das heißt auf eine andere Form des Bilanzierens, umsteigen müssen. Im Zuge dieses Systems kommt es zu einer anderen Bewertung von Anlagevermögen. Mit dieser anderen Bewertung des Anlagevermögens verändert sich drastisch die Eigenkapitalsituation in diesen Bilanzen. Und der Bund als Eigentümer muss sicherstellen, dass ausreichend Eigenkapital vorhanden ist.

Jetzt sind die Eigentumsverhältnisse bei ASFINAG und Bahn unterschiedlich: Während der Bahn die Grundstücke gehören, die sie in Verwendung hat, ist es bei der ASFINAG so, dass ihr nur ein Fruchtgenussrecht eingeräumt ist. Dies führt ebenfalls zu einer anderen bilanziellen Behandlung. Insgesamt ist in den Budgets die notwendige, die ausreichende Bedeckung aus den Mitteln der Mineralölsteuererhöhung gegeben – und sogar darüber hinaus, wenn ich es richtig im Kopf habe. Aber wir können Ihnen die konkrete Aufteilung noch nicht sagen, sondern erst dann, wenn die Umstellung der Bilanzierung erfolgt ist. Dann stehen wir – beziehungsweise der Verkehrsminister als Eigentümervertreter – selbstverständlich gerne für diese Auskunft zur Verfügung.

Was die Frage des Erzielens der endgültigen Vermeidung von Tanktourismus betrifft, so erlauben Sie mir, meine Damen und Herren, diesen Bereich mit einem lachenden und einem weinenden Auge zu betrachten: Als sozusagen Teil der Finanzverwaltung bedeutet Tanktourismus zwar eine Verschlechterung in der Statistik betreffend das


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Kyoto-Ziel, aber er stellt natürlich einen nicht unbedeutenden Beitrag zur Verbesserung der Einnahmensituation der öffentlichen Haushalte in Österreich dar. Dazu ist weiters zu bedenken, dass er ja keine reale Verschlechterung des Klimaschutzes bedeutet, denn die Frage, ob der Tank in der Tiroler Tankstelle gefüllt wird oder in der bayerischen davor oder in der italienischen danach, spielt für die Menge an CO2, die für die Fahrt von Deutschland nach Italien zusätzlich emittiert wird, keine Rolle – denn unter der Annahme, dass der Brennwertgehalt des Benzins in der bayerischen Tankstelle genauso gut ist wie der in der österreichischen, wird sich auch im Verbrauch nichts ändern, außer durch die zusätzlichen Meter, die bis zur Zapfsäule und wieder weg gefahren werden.

Ich will das nur deswegen sagen, um auch um Verständnis dafür zu werben, dass wir mit der Erhöhung zwar den richtigen Schritt gehen, aber doch sensitiv auch soziale Effekte, Auswirkungen auf die Pendler – ich komme gleich darauf zu sprechen –, aber auch den Tanktourismus berücksichtigen müssen. Bitte nur sozusagen in Rücksicht­nahme bei aller Kritik an der Bundesregierung dabei zu bedenken, dass wir nicht mehr der Preistrichter Mitteleuropas sind: Wir haben nicht mehr die geringste Belastung und überall rundherum eine höhere, sondern wir haben mit der Neuregelung zwar noch immer eine etwas günstigere als Deutschland und auch Italien, aber gegenüber einer Vielzahl anderer Mitgliedsländer sind wir jetzt bereits höher in der Besteuerung, sodass wir in diesem Bereich nicht mehr sozusagen als die alleinigen Tankstellen Europas beziehungsweise Mitteleuropas tätig sind.

Dass das Kyoto-Ziel nicht damit alleine erreichbar ist, ist ja völlig klar und steht außer Zweifel. Wir bemühen uns durch eine Fülle von Maßnahmen dieser Bundesregierung, ein paar Beiträge zu liefern, auch wenn uns bewusst ist, dass es ein irrsinnig weiter Weg ist und dass viel zu tun ist im Land.

Wir haben gute Ansätze – da brauchen wir uns in Österreich nicht zu schämen –: den Ausbau, den wir im Bereich der Wasserkraft haben, aber auch durchaus im Bereich der erneuerbaren Energien. Wenn man sich anschaut, in welchem Ausmaß in Öster­reich heute schon regenerierbare Energieträger – Stichwort Holzpellets und andere – im Einsatz sind, wenn man sich vor Augen führt, in welchem Ausmaß – auch jetzt im kleineren Ausmaß – gerade Kraft-Wärme-Koppelungen für die Nutzung der Fernwärme in Österreich bereits in Betrieb sind, wenn man sich Modelle wie Güssing und anderes anschaut, dann kann man wirklich sagen, wir brauchen uns in Österreich, was die Maßnahmen betrifft, nicht zu verstecken. Unser Problem ist aber, dass wir uns, von einer guten Ausgangslage ausgehend, mit Kyoto I ein sehr ambitioniertes Ziel gesetzt haben und weitab in der Erfüllung liegen. Und daher werden wir alle unsere Anstrengungen diesbezüglich vermehren müssen.

Zurückkommend auf die Frage, die vor allem Herr Bundesrat Kampl aufgeworfen hat, was die Pendler betrifft: Ich darf zunächst darüber informieren, dass wir insgesamt nicht 1,5 Millionen haben – zumindest aus der Sicht der Finanzverwaltung –, denn insgesamt gibt es nur 800 000 beantragte Pendlerpauschalen, davon bekommen nur 250 000 die große Pendlerpauschale – das sind die, die das Auto verwenden müssen. Wir gehen daher hinsichtlich der Summe der Betroffenen von einer deutlich niedrigeren Anzahl aus.

Was das zweite Problem betrifft, nämlich die Frage, wie hoch der Ersatz für die Pendler ist, so dürfen Sie nicht vergessen, dass ja neben der zehnprozentigen Erhö­hung der Pendlerpauschale auch die Negativsteuer ab 2008 mit zusätzlichen 10 Millionen € wirksam ist. Und erlauben Sie mir, einen weiteren Satz dazu zu sagen: Es ist ja nicht so, dass wir als Ausgleich dafür, dass wir die Mineralölsteuer für alle – und somit auch für Pendler, die das Auto verwenden müssen – erhöhen, nur die Pendlerpauschale erhöhen beziehungsweise die Negativsteuer mit den 90 € einführen,


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sondern wir setzen ja gleichzeitig aus diesen Mitteln sehr große Mengen – und es wurde ja vorher schon, ich glaube, von Bundesrat Edgar Mayer, darauf hingewiesen, wie hoch die Mittel sind, die Ländern und Gemeinden in diesem Bereich zur Verfügung stehen – für die Attraktivierung des Nahverkehrs ein. Das ist ja auch eine Maßnahme der Erleichterung!

Und wenn am Ende des Tages ein Pendler, der bisher das Auto verwenden musste, durch den Ausbau in der Lage ist, seinen Arbeitsplatz mit dem öffentlichen Verkehrs­mittel zu erreichen und auch wieder zurückzukommen, dann haben wir ja doppelt gewonnen: Er erspart sich, überhaupt zur Tankstelle zu fahren und 80 € einzufüllen; wir ersparen uns als öffentliche Hand, dass wir einen Verkehrsstau haben, der noch zu einer weiteren Intensivierung des Straßenausbaus führt; der Planet erspart sich einen zusätzlichen CO2-Ausstoß; und mehr zum Leben hat die betroffene Person auch, denn wenn sie ein öffentliches Verkehrsmittel verwendet und nicht mehr das Auto braucht, dann hat das natürlich den Vorteil, dass es selbst bei der teuersten Form der Verkehrs­mittel allemal noch billiger kommt als der Betrieb auch des billigsten Kraftfahrzeuges.

In Summe betrachtet – weil auch noch die Chance besteht, dort die Zeitung zu lesen –, steigt die Lebensqualität von uns allen – inklusive jenen, die dann ein neues und besseres öffentliches Verkehrsmittel haben – eher an, als dass sie abfällt.

Was die Frage, die vorher Bundesrat Schennach hinsichtlich Erbschafts- und Schen­kungs­steuer aufgeworfen hat, insgesamt betrifft, so ist meine erste Aussage dazu: Im Regierungsprogramm finden Sie dazu keinen einzigen Beistrich. – Völlig logisch, weil hier völlig kontroversielle Vorstellungen vorhanden waren. Während der eine Regie­rungspartner schon von vornherein im Wahlkampf gesagt hat: ersatzlose und gänzliche Aufhebung!, sagte der andere Regierungspartner, die SPÖ, der ich angehöre: Bitte durchgreifende Reform – hoher Freibetrag, aber Millionenerben sollen zahlen! – Wir konnten uns nicht darauf einigen, und daher stand nichts drinnen.

Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom März dieses Jahres den Grundtatbestand aufgehoben. Und das führt dazu, dass im Falle von Erwerben von Todes wegen mit 1. August 2008 keine Erbschaftssteuer mehr anfällt. Das ist keine Entscheidung der Bundesregierung, das ist keine Entscheidung des Nationalrates, das ist keine Entscheidung, die in Vereinbarung zwischen den beiden Regierungsparteien entstanden ist, sondern eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes – der dem österreichischen Gesetzgeber eine Reparaturfrist einräumt, welche aber nicht wahr­genommen werden kann, weil die Regierungskoalition nicht in der Lage ist, sich diesbezüglich auf eine Reparatur zu einigen. Das ist also keine Frage der Groß­zügigkeit, sondern der Anwendung der Gesetze. – Der persönliche Nachsatz sei mir erlaubt: Ich verstehe es nicht ganz, warum man nicht bei Millionenerben einen ent­sprechenden Beitrag kassieren kann (Beifall bei der SPÖ), und hoffe natürlich immer noch, dass sich irgendetwas in diese Richtung bewegt.

Aber ich will die „Kleinherzigkeit“ in der Pendlerfrage nicht so im Raum stehen lassen. Und ich sage das jetzt bewusst – weil die erste Frage eine war, wo ich auf die ÖVP-Fraktion geschaut habe –: Es war nicht der Wunsch der ÖVP-Fraktion, in diesem Bereich allzu viel auszugleichen, aber – und das Kompliment gilt in dieser Frage dem Vizekanzler und Finanzminister Molterer – es war ein Einsehen da und man war bereit, damit man Menschen, die ihrer Mobilitätsanforderung gerecht werden, aber so wenig verdienen, dass sie daraus keinen Steuervorteil lukrieren, dennoch – und ich sage einmal bewusst: gegen den ideologischen Willen der Volkspartei, eine Negativsteuer zu machen – hilft, die 90 € einzusetzen.

Und in diesem Sinne sind das immer die guten Signale, die am besten von beiden Regierungsseiten kommen, weil es Signale an die Bevölkerung sind: Uns ist es etwas


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wert, dass du dich einsetzt in der Mobilität als Arbeitnehmerin und als Arbeitnehmer! – Ich finde, das ist dann eher ein Kompliment, das zeigt, dass diese Bundesregierung auch im Zusammenwirken beider Parteien notfalls auch in letzter Minute etwas weiter­bringen kann.

Was die gesamte Frage Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz betrifft: Es ist ja nicht so, dass hier nur eine politische Frage vorliegt, sondern das geht ja quer durch die Bundesländer. Es ist ja nicht nur Vorarlberg, sondern es haben eine Reihe anderer Bundesländer auch Einwendungen dagegen erhoben, dass hier nach Risiko­klassen – so ist es im neuen § 61 Abs. 4 –, neun Risikoklassen, entsprechende pauschale Beträge bezahlt werden müssen.

Meine Damen und Herren! Ich darf an dieser Stelle nur darauf hinweisen, dass gerade die Frage der Ernährungssicherheit eine ist, die auch von eminenter Bedeutung für den Schutz der Bevölkerung ist. Ich will jetzt gar nicht die BSE-Frage anschneiden, aber man denke an die Fülle dessen, was beim Lebensmittelschutz einzuhalten ist, allein der Umfang der Analysen, der notwendig ist – und ich darf nur als Stichwörter nennen: genveränderte Lebensmittel, mit Chemikalien verseuchte, verstrahlte Lebensmittel. Zunehmend haben wir das Problem der Produktpiraterie ja auch in anderen Bereichen: Mittlerweile beschlagnahmt der österreichische Zoll in einem erschreckenden Umfang verfälschte und gefälschte Medikamente! – Das hält ja Zug um Zug auch im Bereich der Lebensmittel nicht stand, noch dazu, wo auch hier sehr viel in paketierter Form und sonstiger Form in Umlauf kommt.

Ich bitte daher um Verständnis für die Frau Gesundheitsministerin, die in ihrer Ressort­verantwortlichkeit darauf hinweist, dass die notwendigen Mittel aufgebracht werden müssen, um diese Sicherheit zu gewährleisten.

Und, keine Frage: Es bedeutet für einen Gastgewerbebetrieb eine ernsthafte Belas­tung, 94 € zu zahlen. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Halt! Der entscheidende Punkt ist ja, dass dieses Geld, das aufgebracht wird, nicht irgendwo im Bundeshaushalt oder in einem sonstigen öffentlichen Haushalt verschwindet, sondern durch die Gesellschaft für Lebensmittelsicherheit, die eingerichtet wurde, plus die Landesstellen zielgerichtet ausschließlich dafür verwendet wird, um die notwendige Analysefähigkeit und Aufarbeitungsfähigkeit auszubauen. Es ist ja nicht so, dass das Geld zum Stopfen von Budgetlöchern verwendet wird, sondern, im Gegenteil, es wird dort eingesetzt!

Und am Ende des Tages dient es ja auch jedem Wirt, denn wenn wir die Sicherheit der Lebensmittel gewährleisten können und das Vertrauen vorhanden ist, dann ist auch die Bereitschaft der Konsumentin und des Konsumenten, für den Schweinsbraten und das Schnitzel zum Wirt zu gehen, deutlich höher.

Ich würde das nicht in dem Ausmaß abtun! Wir haben eine hohe Inanspruchnahme des österreichischen Gastgewerbes. Es gibt andere Länder, auch in Europa, in denen das Ausmaß der Inanspruchnahme der Dienstleistung „Verabreichung von Speisen“ deut­lich niedriger ist als in Österreich. Und in diesem Sinne ist es ein Beitrag, um der Branche zu helfen. Zugegeben, es ist viel Geld, ich darf aber daran erinnern, sozu­sagen aus persönlicher Erfahrung, weil ich gerade dem Firmenbuch den Jahres­abschluss meiner Steuerberatungs-GesmbH von vor drei Jahren vorgelegt habe: Da bekommt man 75 € vorgeschrieben für die auf elektronischem Weg abgegebenen Daten.

Die Belastungen der Unternehmen sind vielfältig, und wenn der von Ihnen ange­sprochene Gastgewerbebetrieb in der Rechtsform einer GmbH betrieben wird, dann hat er in gleicher Höhe wie jener des Betrages, der für die Sicherheit des Produktes aufgewendet wird, Gebühren auch formeller Natur, die wir in anderen Bereichen auch haben.


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Schauen wir uns gemeinsam die Gesamtbelastung an, auch was die Frage der Informationsverpflichtung betrifft. Aber ich würde nicht den Sparstift dort ansetzen, wo es letztlich um die Gesundheit der Bevölkerung geht.

In diesem Sinne darf ich hier Frau Gesundheitsministerin Kdolsky verteidigen, darf aber auch in Ergänzung zu dem, was Bundesrat Mayer gesagt hat, darauf hinweisen, dass schon bei der Einordnung der Risikoklassen das Einvernehmen mit den Landes­hauptleuten herzustellen ist und dass die Frau Bundesministerin ja bereit ist, in einem intensiven Dialog mit den zuständigen Referenten der jeweiligen Landesregierungen hier eine entsprechende Umsetzung herzustellen. (Bundesrat Ing. Kampl: Vorher! Vorher soll das Einvernehmen hergestellt werden!)

Herr Bundesrat Kampl! Ich kann Ihnen diese Frage beantworten und nehme wiederum die Frau Bundesministerin in Schutz: Das Problem war, dass die Gesellschaft, also die AGES, insgesamt sowie dieser Bereich deutlich höhere Budgetmittel erfordern, die wir aufgrund der sonstigen Einsparungen nicht aus dem normalen Budgethaushalt einfach bedienen können.

Jetzt hätte sie zwei Möglichkeiten gehabt: Zurückzustellen, Leute in diesem Bereich abzubauen und ab dem Jahr 2008 die Intensität und die Qualität der Kontrolle herab­zusetzen – oder im Rahmen der Budgetgesetze zu erwirken, dass sie bei Aufrecht­erhaltung des notwendigen Personalstandes und der maschinellen Ausstattung den Erfordernissen gerecht wird. Das hat sie in großer Eile machen müssen, weil das Budget, wie gesagt, möglichst dem Hohen Haus vorliegen sollte und auch möglichst fristgerecht beschlossen werden sollte.

Insofern darf ich die Frau Bundesministerin in dieser Frage in Schutz nehmen und möchte meiner Zuversicht Ausdruck verleihen, dass sie sich bemühen wird, mit jedem der Länder, insbesondere auch mit Vorarlberg, diesbezüglich entsprechende Regelun­gen zu finden.

Übrigens: Nicht, dass der Eindruck entsteht, es wären nur die Wirte betroffen, es ist natürlich die gesamte mit der Ernährung zusammenhängende Branche betroffen. Und es ist auch nicht so, dass nicht auch die Pharmaindustrie ihren Beitrag leisten müsste. Wir haben ja gleichzeitig die Änderungen für jene Hersteller und Großvertriebe, die Medikamente in Umlauf bringen, die ebenfalls den „Vigilanz-Cent“ zu zahlen haben. – Das heißt, das Prinzip ist gleich. Jene Wirtschaftsbereiche, die sensible Güter in Verkehr setzen, wo umfangreiche Aufwendungen zur Erhaltung der Sicherheit für die Gesundheit der Bevölkerung notwendig sind, müssen einen angemessenen Kosten­beitrag leisten.

Ich darf abschließend noch kurz ergänzen, was Herr Bundesrat Florianschütz schon angedeutet hat: Wir haben uns bemüht, bei der Summe der Maßnahmen in diesem Gesetz für eine notwendige Ausgewogenheit zu sorgen. Das ist nicht immer all das, was sich jede Gruppe für sich allein wünscht, entspricht aber der einem Kompromiss innewohnenden Natur. Gleichzeitig aber sollte es auch jener guten österreichischen Tradition entsprechen, dass man versucht, bei divergierenden Interessen möglichst einen Kompromiss zu finden.

Wir erfüllen die notwendigen Aufgaben, die uns aus internationalen Verpflichtungen erwachsen. Also, es ist fast angenehm bei den europäischen Instanzen. Ich habe eben erst den Haushalts-Generaldirektor bei der EU-Kommission besucht. Wir sind brav in der Erfüllung dieser Pflichten, gleichzeitig aber machen wir jene Bereiche, wo wir stolz auf unser Land sind – ob das ein hervorragendes Sozialsystem ist, ob das die beste Qualität in Wissenschaft und Forschung ist, ob das die Frage unserer Infrastruktur ist, unsere Bahn, unsere Straßen. Wir nehmen Geld in die Hand, wir bemühen uns, die Schwerpunkte zu setzen, und wir wollen überall unter den Besten sein – von der


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Schiene und Straße bis zur Ernährungssicherheit, von der Bildung bis zur Wissen­schaft; beides zu erfüllen ist nicht einfach – und dabei auch die soziale Balance wahren.

Ich denke – bei allen Einwendungen, die es gibt –, es ist ein gutes Programm. Und den Bundesrat bitte ich, dass vielleicht das Einvernehmen gefunden wird – trotz der 28 Artikel –, diesem letzten Teilstück des Budgets, dem Budgetbegleitgesetz, die Chance zu geben, Wirklichkeit zu werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und bei Bun­desräten der ÖVP.)

11.16


Vizepräsident Jürgen Weiss: Zu Wort gelangt nun Frau Bundesrätin Konrad.

 


11.16.09

Bundesrätin Eva Konrad (Grüne, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Ein weiterer Nachteil von einem Sammelgesetz wie diesem ist natürlich, dass die Debatte ein bisschen darunter leidet, weil nicht unbedingt alles immer im Zusammenhang steht zu dem, was schon bisher gesagt wurde.

Ich habe jetzt zwei Punkte, auf die ich eingehen möchte, die auch der Herr Staats­sekretär noch nicht angesprochen hat; vielleicht wird er sich später noch dazu zu Wort melden.

Der erste Punkt, zu dem ich mich äußern werde, ist die Anhebung der Schülerinnen- und Schülerbeihilfe, die auch ein Teil dieses Budgetbegleitgesetzes ist. Hier geht es um eine ganz beträchtliche Anhebung, die vor allem dann im Jahr 2008 schlagend wird. Und das ist natürlich sehr schön, dass das jetzt endlich kommt.

Schade ist in dem Zusammenhang aber, dass seit 1999 keine Anpassung der Schülerinnen- und Schülerbeihilfe mehr erfolgt ist. Und da frage ich mich schon: Ich meine, die ÖVP bezeichnet sich immer als die Familienpartei und war doch in den letzten Jahren durchaus in der Regierung! Die ÖVP müsste auch sehr genau wissen, dass es natürlich für Familien finanziell oft eng ist und dass eine Schülerinnen- und Schülerbeihilfe hier auch ein wichtiger Beitrag ist. Ich frage mich daher, warum das seit 1999 nicht mehr passiert ist und es so lange gedauert hat, bis es hier eine Anhebung gibt.

Die Grünen haben im Zuge dessen im Nationalrat einen Antrag eingebracht, dass in Zukunft eine jährliche Inflationsanpassung erfolgen soll. Das wird in Zukunft auch bei den Gebühren der Fall sein – das hat man sich im Regierungsabkommen ausge­macht –, und ich denke, wenn nun schon die Gebühren jährlich angehoben werden, dann wäre es doch nur logisch, wenn eben auch die Beihilfen angehoben werden.

Nun, vielleicht ist das ein strategischer Hintergedanke: Wenn das ein Automatismus ist, wenn jedes Jahr automatisch Beihilfen angehoben werden, dann kann das die jeweilige Regierung nicht mehr als einen sehr großzügigen Akt verkaufen, wenn es dann einmal passiert. Vielleicht liegt es ja auch daran!

In meiner Wahrnehmung wäre es jedenfalls angebracht und sehr wichtig, eine jährliche Inflationsanpassung nicht nur von Gebühren, sondern auch von Beihilfen einzuführen.

Der zweite Punkt, um den es mir heute geht, betrifft die Universitäten. Diese sollen nämlich in Zukunft dem Finanzministerium berichtspflichtig sein. Jetzt ist es eine Sache, dass die Universitäten seit geraumer Zeit vollrechtsfähig sind und in diesem Punkt nicht einmal vorher informiert worden sind, dass hier das Universitätsgesetz, das sie direkt betrifft, geändert werden soll.


BundesratStenographisches Protokoll745. Sitzung / Seite 46

Ich bin ja auch für eine Änderung des Universitätsgesetzes, ich könnte eine ganze Reihe von Punkten aufzählen, die hier wirklich geändert werden sollen. Aber erstens wären das wohl andere Punkte als dieser, der heute zur Debatte steht, und zweitens ist es eine Minimalvoraussetzung für mich, dass eine Änderung des Universitätsgesetzes mit den immerhin vollrechtsfähigen Universitäten vorher auch besprochen wird, und nicht nur vorgesetzt nach dem Motto: Friss oder stirb!

Die andere Sache ist aber, dass die Universitäten jetzt durch diese Änderung faktisch eine Verdoppelung des Arbeitsaufwandes bezüglich Budget haben werden. Dabei wer­den Universitäten bereits jetzt evaluiert! Und das betrifft zum Beispiel auch die Folgekosten der Ausgliederung beziehungsweise der Abspaltung der Medizin-Universitäten.

Die Budgetpläne der Universitäten müssen den Universitätsräten vorgelegt werden, und ich frage mich schon: Vertrauen Sie denen nicht, dass die das entsprechend kontrollieren? – Ich meine, es wird ja immerhin die Hälfte von ihnen vom Ministerium entsendet.

Die Universitäten müssen Entwicklungspläne erstellen und müssen mit dem Minis­terium verhandeln, und sie sind dem Wissenschaftsministerium gegenüber bereits jetzt berichtspflichtig. Das soll jetzt nicht mehr genügen, sondern die Universitäten sollen nun auch dem Finanzministerium gegenüber Berichte liefern müssen.

Die Rektorenkonferenz war verständlicherweise empört über diese Änderung. (Staats­sekretär Dr. Matznetter: Das ist unglaublich!) Diese Änderung verursacht zusam­menfassend eine zusätzliche Arbeit ohne einen offensichtlichen Nutzen. Sie wurde über die Köpfe der Betroffenen hinweg beschlossen, und sie verdoppelt Bürokratie.

Was für einen Sinn das machen soll, ist mir ebenso wenig nachvollziehbar, wie es der Rektorenkonferenz nachvollziehbar war. Wenn das Finanzministerium – was ja im Prinzip sehr schön wäre – nun plötzlich ein gesteigertes Interesse an den Universitäten hat, dann wäre es mir lieber, dass sich das auch in einer Steigerung des Budgets auswirken würde, aber nicht in einer Steigerung der Bürokratie. (Beifall bei den Grünen.)

11.20


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Schimböck. – Bitte.

 


11.20.25

Bundesrat Wolfgang Schimböck (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsi­dent! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Um vielleicht in der Diktion des Kollegen Schennach zu bleiben, der gemeint hat, hier liegt ein „Eintopf“ vor – ich kenne dich ja auch aus Gmunden, du goutierst dort die österreichische Küche –: Ich glaube, hier liegt eher ein mehrgängiges Menü vor, das auf sehr gesunden Säulen steht und eigentlich auch ganz bekömmlich ist.

Es ist schon richtig, dass hier einiges hineingepackt wurde. Aber ich glaube, dieser Tisch wackelt nicht. Da sehe ich einige Säulen: Bei diesen Gesetzesnovellen wird sehr viel getan im Bereich der Bildung, im Bereich der Arbeitsmarktförderung, im Bereich des Sozialen, im Bereich der Schülerbeihilfe, beim Pendlerpauschale und so weiter. Ich glaube daher, hier geschieht wirklich sehr viel.

Wenngleich wir natürlich, Kollege Kampl, ein großes Problem darin sehen, dass in diesem Land sicherlich noch zu viele Menschen sehr arm sind. Wir sind ja gestern mit dem Bericht der Armutskonferenz konfrontiert worden, und da sind genau die Beispiele erwähnt, die Staatssekretär Matznetter vorhin angeführt hat und die jetzt Platz greifen. Ich denke, dass hier für die Pendler, aber auch im Bereich der Studienbeihilfe und im Bereich der Schülerbeihilfe einiges geschieht.


BundesratStenographisches Protokoll745. Sitzung / Seite 47

Mir ist nur eines nicht erklärbar gewesen, Kollege Kampl, als ich gestern diesen Bericht gelesen habe. Wenn wir in Österreich unter den Top 4 sind, nämlich mit 12,3 Prozent an Menschen, die armutsgefährdet sind, so ist hier sicherlich noch jeder Prozentpunkt einer zu viel; wenn ich mir aber vorstelle, dass Kärnten da bei 16,3 Prozent liegt, dann sind, glaube ich, diese bundespolitischen Maßnahmen gerade für dieses Bundesland sehr, sehr notwendig!

Ich glaube, Kollege Kampl, wenn sich da dein Landeshauptmann mit derselben Intensität einsetzen würde (Bundesrat Ing. Kampl: 30 Jahre sozialistische Mehrheit in Kärnten!), mit der er sich für „Tafalen“ – wenn ich hier ein kärntnerisches Idiom ver­wenden darf – einsetzt und die österreichischen Justizbehörden verunglimpft, wenn also dieser Einsatz gegeben wäre, dann würde es auch in deinem Heimat-Bundesland ein bisschen anders aussehen. Denn ich kann aufgrund eigener unternehmerischer Aktivitäten in deinem Bundesland sagen: Dort gibt es so viele Menschen, die sehr energievoll und fleißig sind, die haben sich sicher etwas Besseres verdient! Aber ich glaube, es wird dort wahrscheinlich bei der nächsten Landtagswahl eine ent­sprechende Antwort der Wählerinnen und Wähler geben.

Insgesamt wurde uns hier, glaube ich, ein Paket vorgelegt, das sich in vielen Bereichen sehen lassen kann. Ich komme da noch einmal auf diese Feststellungen zurück, dass sich in Österreich viele Menschen nicht besser qualifizieren können, weil es hier so ist, wie es ja bei der PISA-Studie ganz klar festgelegt und festgeschrieben wurde: Wenn der sozioökonomische Zusammenhang entsprechend gegeben ist, dann sind eben junge Menschen weniger in den höheren Bildungsbereichen zu sehen. Während bei Akademikern immerhin jedes zweite Kind auch selbst wieder seinen Bildungsgang mit einem akademischen Abschluss beendet, liegt dies zum Beispiel bei den sogenannten bildungsferneren Schichten unter 10 Prozent. Ich glaube, hier wurde mit der Anhebung von fast 30 Prozent in den Bereichen Schülerbeihilfe beziehungsweise Studienförde­rung einiges gemacht.

Was den unternehmerischen Bereich betrifft – Kollegin Zwazl ist gerade nicht hier –, finde ich es ganz, ganz wichtig, dass jetzt festgeschrieben wurde, dass rechtsetzende Maßnahmen auf die Folgekosten hin zu überprüfen sind, und zwar nach dem sogenannten Standardkostenmodell. Ich wurde gestern von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ressorts im Ausschuss darüber aufgeklärt, dass das auch für jene Dinge gilt, die bereits in den letzten Jahren Platz gegriffen haben, und dass man sich das Stück für Stück anschaut.

Ich habe das im Ausschuss auch mit einem Beispiel garniert, dem Beispiel ASFINAG – jetzt hat uns ja Kollege Kampl verlassen (Staatssekretär Dr. Matznetter – in Richtung des vor dem Präsidium stehenden Bundesrates Ing. Kampl weisend –: Er ist da!); Kollege Kampl ist wieder da (Bundesrat Schennach: Er war nie weg!) –, wo jetzt ein Parteifreund von dir an der Spitze steht. Ich glaube immer, dass in der Landwirtschaft – der Kollege in der ASFINAG kommt ja, wie auch du, aus der Landwirtschaft – der Hausverstand gefragt ist.

Dort hat man nämlich in den letzten Monaten das Kunststück zustande gebracht, dass der sogenannte Markthandel mit seinen Fahrzeugen, sprich kleinen Verkaufswägen mit einem entsprechenden Zugfahrzeug – das liegt knapp über 3,5 Tonnen –, aufgrund der Bestimmungen, die noch von der alten Regierung getroffen wurden, sich jetzt soge­nannte Mitarbeiter-Tickets kaufen muss, das Stück um 70 €. Sie müssen zusätzlich eine eigene Soft- und Hardware ins Fahrzeug einbauen, das kostet auch bei 1 000 €. Wenn das jemand von zu Hause aus „handlen“ will und dort entsprechend seinen eigenen PC aufrüsten möchte, kostet das noch einmal 1 200 €.


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Da bin ich jetzt genau bei dem, was auch von den Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP vorhin angekreidet wurde: Ich glaube, was diese Informationspflichten betrifft, wäre da einiges zu ändern. Mir ist gesagt worden, dass man das jetzt, quasi posthum, im Ressort machen wird. Dazu kann ich wirklich nur gratulieren.

Insgesamt – es wurde hier schon vieles vorweggenommen – hat dieses Gesetzeswerk meiner Ansicht nach eine gute Architektur. Ich glaube, dass es gerade im Hinblick auf die Arbeitsmarktförderung ganz, ganz wichtig ist, in den Bereich Bildung zu investieren, denn wenn ich mir die letzten AMS-Zahlen ansehe, dann sind es wieder hauptsächlich jene Menschen, die selbst nur einen geringen Bildungsabschluss haben, die auch bei sinkender Arbeitslosenzahl keinen Arbeitsplatz finden. Hier ist zu investieren! Ich glaube, insgesamt sind hierfür etwa 800 Millionen € vorgesehen; da ist sicher jeder Euro gut angelegt.

Ich kann das eigentlich als einen guten ersten Schritt sehen, bin aber natürlich auch dafür, dass wir nicht davon abweichen, dass man künftighin den Faktor Arbeit wird entlasten müssen. Es kann nicht sein, dass hoch profitable industrielle Betriebe Arbeitskosten haben, die bereits die 10-Prozent-Marke unterschreiten! Und wenn ich den Kollegen aus dem Tourismus ansehe: Im Dienstleistungsbereich gibt es Seg­mente, in denen wir Arbeitskosten haben, die bis zu 90 Prozent und manchmal sogar mehr ausmachen. Ich glaube, hier ist dringend eine Umverteilung notwendig.

Es wurde heute vom Staatssekretär bereits betont: Hier brauchen wir, glaube ich, schon noch ein bisschen mehr Goodwill seitens der Österreichischen Volkspartei. Hier, glaube ich, werden einige noch – so wie das heute von Vizekanzler Molterer bei einem anderen Beispiel hervorgehoben wurde – über ihren ideologischen Schatten springen müssen. Das wird noch einzufordern sein, und dann gehen wir auch damit, glaube ich, insgesamt einer guten Zukunft entgegen. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Mayer.)

11.27


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Mühlwerth. – Bitte.

 


11.27.42

Bundesrätin Monika Mühlwerth (ohne Fraktionszugehörigkeit, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Es gibt ein altes Sprichwort, das sagt: Jeder Greißler lobt seine Ware. Daher ver­wundert es natürlich nicht, dass beide Koalitionsparteien, nämlich SPÖ und ÖVP, dieses Budgetbegleitgesetz fast schon über den grünen Klee loben, obwohl seitens ... (Bundesrat Mayer: Hier ist das Lob auch berechtigt!) ... obwohl seitens der ÖVP – von Ihnen, Herr Kollege Mayer – schon leise Kritik angebracht wurde. (Bundesrat Mayer: Nicht nur leise!)

Gerade die SPÖ hat in den letzten Jahren immer von der sozialen Kälte der damaligen Regierungen gesprochen. (Bundesrat Stadler: Nicht unberechtigt!) Wenn man sich das Budgetbegleitgesetz aber im Großen und Ganzen anschaut, dann fragt man sich schon, von welcher sozialen Wärme Sie jetzt als Sozialdemokraten sprechen, haben Sie doch eine ganze Reihe von Maßnahmen ergriffen, die schlicht und einfach Erhöhungen sind und damit einen kräftigen Griff in die Taschen der Bürger darstellen. (Bundesrat Schimböck: Mindestpensionen!) Also: Das Abkassieren ist Ihre soziale Wärme!

Die Pluspunkte, die es zweifellos gibt, wie die Erhöhung der Schülerbeihilfe – übrigens lange schon überfällig –, auch die Begrenzung der Rezeptgebühren bei jenen, die viele Medikamente brauchen, die eine Dauermedikation brauchen, die Erhöhung der


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Pendlerpauschale – nach Meinung der FPÖ aber ungenügend erhöht –, sind alle durchaus positiv, aber ein Tropfen auf den heißen Stein. (Bundesrat Stadler: Es gibt noch viel aufzuarbeiten!) Ihre Belastungen sind wesentlich höher!

Da sind Sie ja sehr kreativ: Der Krankenbeitrag wird erhöht, wenn auch nur um 0,15 Prozent ... (Bundesrat Schimböck: Grundsicherung!) Das ist aber ein eigenes Kapitel, die Grundsicherung! Darüber kann man sich lange unterhalten. (Bundesrat Mag. Klug: Das machen wir ja!)

Die Mineralölsteuer erhöhen Sie um immerhin 3 Cent beim Benzin und 5 Cent beim Diesel – wissend, dass viele Menschen ihr Auto brauchen, um zum Arbeitsplatz zu kommen! Das alles geschieht natürlich unter dem Mantel des Klimaschutzes, in den aber nur ein Teil hineinfließen wird und der bei weitem nicht ausreichen wird, wie heute schon festgestellt worden ist.

Die öffentlichen Verkehrsmittel sind nicht so gut, wie immer propagiert wird; zum einen Teil, weil sie schwer erreichbar sind – weil ja viele Nebenbahnen, vor allem im länd­lichen Bereich, auch schon eingestellt worden sind –, zum Zweiten, weil die Fahrzeiten wesentlich länger sind, was sie auch nicht sehr attraktiv macht. (Bundesrat Stadler: Was nicht stimmt!) Da wird natürlich ungeniert in die Tasche gegriffen, weil das eine Bevölkerungsgruppe ist, die sich nicht dagegen wehren kann. Sie kann nur murren und zahlen! (Bundesrat Stadler: Gott sei Dank gibt es die FPÖ nicht mehr in der Regierung!)

Die Soziale-Wärme-Politik der SPÖ – das müssen Sie sich jetzt leider anhören, weil Sie das gerade in den letzten Jahren so überstrapaziert haben und bei jeder Gelegen­heit von der sozialen Kälte gesprochen haben. Ihre Genossen in den Bundesländern sind auch nicht gerade zimperlich. Der Bürgermeister und Landeshauptmann von Wien, Häupl, hat, kaum dass die Wiener Wahl vorbei war, entgegen allen Ver­sprechun­gen vor der Wahl – was ja der Bürger mittlerweile schon gewöhnt ist – ganz kräftig die Gebühren angehoben: Strom und Gas um 17 Prozent, Müllabfuhr um 19 Prozent (Staatssekretär Dr. Matznetter: Die Wiener Wahl war 2005!), Abwas­sergebühren um 28 Prozent, Kulturförderbeitrag um 34 Prozent.

Jetzt kommt schon die nächste Lawine auf die Wiener Bürger zu: Kurzparken wird um 50 Prozent teurer; das Pickerl wird um 30 Prozent teurer und gleichzeitig auf 22 Uhr ausgeweitet, obwohl wesentlich weniger Parkplätze vorhanden sind, als Pickerln verkauft werden; und die öffentlichen Verkehrsmittel, die ja durchaus sinnvollerweise immer als Alternative vorgeschlagen werden, sind um durchschnittlich 10 Prozent teurer geworden.

Es betrifft aber nicht nur die Autofahrer, sondern auch die Beglaubigungen – Herr Staats­sekretär, immer zu sagen, dass es ohnehin nicht so viele Leute sind, die das brauchen, ist, ehrlich gesagt, billig! –: Die Preise für Beglaubigungen steigen von 2 auf 3 € beziehungsweise von 4 auf 11 €, was ja eine saftige Erhöhung von 50 Prozent beziehungsweise 175 Prozent ist.

Sie erfinden auch sonst neue Sachen, wie bei fehlgeschlagenen Abbuchungen diese Rückbuchungsgebühr von 6 €. Sie schauen also schon, dass über diesen Weg Geld in Ihre Kassen fließt. Statt – wie es in Sonntagsreden immer propagiert wird – bei der Verwaltung zu sparen, greifen Sie lieber dem Bürger in die Tasche, weil das einfacher ist.

Die angekündigte Steuerreform – das betrifft jetzt auch Sie von der ÖVP – ist auf 2010 verschoben worden. Damit man vor der Wahl ein Zuckerl hat, das ist schon ganz klar, und obwohl es unerwartete Mehreinnahmen gegeben hat, mit denen eine Steuerreform durchaus schon jetzt finanzierbar wäre, schiebt man das hinaus. Sie können sich


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nämlich nicht darauf verlassen, dass der Wirtschaftsmotor bis 2010 weiter so tuckern wird, denn wie schnell es gehen kann, dass sich der Wind dreht, haben wir schon erlebt.

Daher muss ich Ihnen sagen, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, Sie machen es offensichtlich so, dass Sie nach dem Motto agieren: Spare in der Not, dann hast du Zeit dazu. – Das ist aber der falsche Weg! Normalerweise macht man es umgekehrt.

In den letzten Tagen hat die SPÖ gemeint, bei der nächsten Wahl wird die Bevöl­kerung über ihr Sozialpaket abstimmen. Weil jetzt auch die Pflegeversicherung in Diskussion ist, wofür Sie ja ebenfalls noch nicht den richtigen Ansatz haben, haben Sie gemeint, es wird über das Sozialpaket bei der nächsten Wahl der Regierung abge­stimmt werden. Da kann ich Ihnen sagen: Wir können nur hoffen, dass der Bürger sich das nächste Mal Ihrer Versprechen und Ihrer gebrochenen Versprechen besinnt und Ihnen die entsprechende Antwort gibt! (Bundesrat Mag. Klug: Die Hoffnung stirbt zuletzt! – Bundesrätin Mag. Neuwirth: So ist es!)

11.33


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Tiefnig. – Bitte. (Bundesrat Stadler: Stelle es ins richtige Licht!)

 


11.33.56

Bundesrat Ferdinand Tiefnig (ÖVP, Oberösterreich): Geschätzter Herr Staats­sekretär! Herr Präsident! Hoher Bundesrat! Ich glaube und bin überzeugt davon, dass dieses Gesetz wieder ein richtiger Schritt und zukunftsorientiert ist, weil einfach mit diesen Maßnahmen die Bürgerinnen und Bürger eine zukunftsorientierte Aussicht bekommen.

Das sieht man auch im Forschungsbereich: Für Forschung und Entwicklung werden Mittel im Ausmaß von 295 Millionen € – plus 40 Millionen € im Jahr 2007 und plus 80 Millionen € im Jahr 2008 – bereitgestellt. Das sind Maßnahmen für die Zukunft.

Aber trotzdem muss im Auge behalten werden, dass genau bei diesem Gesetz das Thema Nachhaltigkeit gefordert ist, die Nachhaltigkeit im Bereich Verschuldung, sodass auch in Zukunft der Schuldenblock abgebaut wird und für die Steuerzahler im Jahr 2009/2010 eine Steuerreform gemacht wird. Es muss in Zukunft die Kaufkraft gestärkt werden, damit auch hier wieder Maßnahmen für den Wirtschaftsaufschwung in Österreich gesetzt werden und der anhaltende Wirtschaftsaufschwung in Österreich forciert wird.

Zum Punkt Arbeitspolitik: Ich glaube, diese Bundesregierung wird es auch schaffen, in Zukunft den Arbeitsmarkt noch mehr zu beleben. Der Ausgang für diesen Aufschwung in der Arbeitspolitik, im Arbeitsmarkt ist die Senkung der KöSt gewesen, woraufhin Betriebe gesagt haben, sie siedeln sich wieder in Österreich an und werden auch in Zukunft in Österreich investieren.

Jetzt wird seitens des AMS ein ganz wichtiger Schritt gesetzt. Es werden jährlich 1,8 Milliarden € in die Hand genommen, um arbeitspolitische Maßnahmen zu treffen, um hier Arbeitsplätze zu schaffen, um die Unternehmungen mit den Arbeitnehmern zusammenzuführen und Ausbildungsmaßnahmen zu setzen, dass die Personen auf dem Arbeitsmarkt entsprechende Möglichkeiten vorfinden, wieder Fuß zu fassen. Das zeigt sich besonders auch in Oberösterreich mit einer Arbeitslosigkeit von 3,3 Prozent, dass wir da Vorreiter sind. Es hat auch umweltpolitische Maßnahmen gegeben, wodurch in diesem Bereich Großes und Hervorragendes geleistet worden ist.

Ein wichtiger Punkt ist die Pendlerpauschale; es ist schon vorhin im Zusammenhang mit der Mineralölsteuererhöhung angedeutet worden, dass sie um 10 Prozent erhöht


BundesratStenographisches Protokoll745. Sitzung / Seite 51

wird. Sie wurde aber auch schon im Jahr 2004 um 15 Prozent erhöht. Dadurch wird auch für Pendler, die weitere Strecke zurückzulegen haben, entsprechende Unterstüt­zung geleistet.

Ein wichtiger Punkt nicht nur für den Wirtschaftsstandort, sondern auch für die Arbeit­nehmer ist die Infrastruktur. Infrastrukturmaßnahmen in Österreich müssen weiter forciert werden. Hier ist es dank unseres Landeshauptmanns Dr. Josef Pühringer und unseres Landesrats Hiesl möglich geworden, für unser Bundesland Oberösterreich entsprechende Mittel für Maßnahmen zugunsten der Schiene und für den Ausbau der Straße zu bekommen. Das Gesamtvolumen von 10,5 Milliarden € ist hier sicherlich ein wichtiger Punkt.

Ich fordere in diesem Bereich auch den Ausbau und die Weiterentwicklung der Innkreis Autobahn im Hinblick auf eine bereichsorientierte Straße sowie für die Verbindung von Wien über Salzburg nach München, dass die Schiene attraktiv wird. Auch für uns im Bezirk Braunau ist es wichtig, hierfür Mittel zur Verfügung zu stellen. Im benachbarten Bayern wird die Infrastruktur zur Entwicklung der Chemieindustrie ausgebaut, wodurch zusätzlich 2 000 Arbeitsplätze geschaffen werden. Die Bürgerinnen und Bürger müssen auch grenzüberschreitend pendeln, daher brauchen wir eine entsprechende Infrastruktur in diesen Bereichen im Innviertel und in Braunau.

Ich bin überzeugt davon, dass die Maßnahmen, die unter dieser Regierung getroffen worden sind, wieder weitgreifend sind, dass die politischen Rahmenbedingungen den Arbeitsmarkt für unsere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer regeln und dass dem Land die Chance gegeben wird, einen entsprechenden Abbau von Altlasten zu ermög­lichen. Ich wünsche mir auf jeden Fall, dass dieses Gesetz Anklang bei den Bür­gerinnen und Bürgern findet und auch die Mehrheit hier im Parlament, im Bundesrat findet. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

11.38


Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Kerschbaum. – Bitte.

 


11.39.18

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Ich komme noch einmal kurz zu dem Punkt Sammelgesetz zurück. Es geht jetzt gar nicht so sehr darum, dass man die Gesetze erst im Laufe des Jahres beschließen könnte. Ich denke da nur, es wäre sehr hilfreich, wenn wir diese Gesetze hier in einer gewissen Ordnung und strukturiert, geteilt beschließen könnten. Dann würden wir nämlich sehr gerne bei einigen Gesetzen mitstimmen. Aber so ist es uns leider nicht möglich: Da es nur eine einzige Abstimmung gibt, können wir dazu nicht die Hand heben.

Herr Kollege Tiefnig hat es vorhin angesprochen. Das Altlastensanierungsgesetz ist zum Beispiel eines dieser Gesetze, dem wir gerne zustimmen würden. Leider gibt es nur eine Abstimmung, daher können wir nicht zustimmen.

Ich werde mich jetzt, nachdem vorhin schon sehr viel über die positiven Seiten dieses Begleitgesetzes gesprochen worden ist, auf die Kritik beschränken, Kritik in erster Linie im Bereich Verkehr und Umwelt. Diese Bereiche hängen für mich sehr eng zusammen, in erster Linie auch deshalb, weil der motorisierte Individualverkehr nach wie vor die CO2-Schleuder schlechthin und das größte Problem auch deswegen ist, weil die Belastung in diesem Bereich am massivsten ansteigt.

Der Klimaschutz ist – so hat es den Anschein, wenn man der Regierung so zuhört – derzeit ein vorrangiges Umweltthema. Es gibt immerhin in der Regierung drei Umweltminister: zwei ehemalige und einen, der jetzt im Ausland weilt. Und es wird


BundesratStenographisches Protokoll745. Sitzung / Seite 52

dann auch ... (Bundesrat Schennach: Zwei und einen im Ausland weilenden?) Zwei ehemalige und einen im Ausland weilenden. (Staatssekretär Dr. Matznetter: Barten­stein!) – Und dann wird es auch noch zwei Klimaschutzbeiräte geben.

Eigentlich sollte man davon ausgehen können, dass da gar nichts mehr schiefgehen kann bei so viel Klimaschutz und Umweltschutz. Leider ist dem nicht ganz so, denn Titel ohne Mittel werden auch in Österreich nicht zu einer Erfüllung des Kyoto-Ziels führen.

Die wichtigste Maßnahme, die Sie auch immer wieder erwähnen, ist die Erhöhung der Mineralölsteuer. Darüber ist schon viel gesprochen worden. Sie haben auch schon erwähnt, dass man den Tanktourismus dadurch sicher nicht gänzlich einschränken wird können. Und Sie haben auch schon erwähnt, dass es ja dem Finanzminister beziehungsweise auch Ihnen nicht so ganz unrecht ist, dass man das nicht ganz einschränkt, weil ja dieser Tanktourismus auch Mehreinnahmen bringt im Budget. I

Ich würde mir nur wünschen, dass genau diese Mehreinnahmen, die zu Lasten unserer Treibhausbilanz gehen, dann auch für den Klimaschutz verwendet werden. Das werden sie aber nicht, sondern sie gehen einfach ins normale Budget.

Was jetzt in den Klimaschutz angeblich – hoffentlich – investiert werden soll, sind die 440 Millionen €, die die aktuelle Erhöhung der Mineralölsteuer bringt, und dieser Geldsegen wird sich über ÖBB und ASFINAG ergießen. (Staatssekretär Dr. Matznet­ter: Klimaschutz!) Klimaschutz? – Bei der ASFINAG frage ich mich diesbezüglich schon, bei den ÖBB hingegen ist es mir klar. Dass bei den ÖBB viele Maßnahmen und viel Geld notwendig sind und dass die ÖBB eine Geldspritze brauchen können, um längst fällige Projekte zu verwirklichen, um vielleicht künftig Nebenbahnen nicht nur totzusparen und einzustellen, sondern auch wieder einen Nahverkehr aufzubauen, da bin ich ganz auf Ihrer Linie. Aber bei der ASFINAG verstehe ich es nicht. Vielleicht können Sie mir erklären, was die ASFINAG mit Klimaschutz zu tun hat. Sie haben es vorhin schon ansatzweise versucht, indem Sie gesagt haben, da gehe es um die Durchlässigkeit von der Bahn auf die Straße. Nur: Die ASFINAG baut Autobahnen – die ASFINAG baut keine Gemeindestraßen, die ASFINAG baut keine Landesstraßen. Gerade das aber sind die Zubringerstraßen, die man braucht, um den öffentlichen Verkehr möglichst vielen Menschen zugänglich zu machen. Eine Autobahn ist dafür nicht notwendig, denn überall dort, wo eine Autobahn ist, gibt es normalerweise auch eine Bahn, und es ist eher ein Konkurrenzbetrieb in meinen Augen. (Bundesrat Schennach: Elisabeth, du könntest aber mit dem Staatssekretär eine Wette abschließen, dass die ASFINAG trotzdem mehr als die ÖBB bekommt!)

Na ja, ich weiß nicht, ob der Herr Staatssekretär mit mir wettet. Das können wir dann vielleicht draußen machen. (Bundesrat Schennach: Die ASFINAG kriegt immer mehr aus dem Topf! – Staatssekretär Dr. Matznetter: Wenn die Grundstücke nicht zählen, verlierst du die Wette!) Na dann wettet ihr zwei; vielleicht ist das einfacher. (Heiterkeit.) Aber lasst mich vorher ausreden, macht das dann draußen!

Also ich würde gerne wissen, wie Sie eine Finanzspritze der ASFINAG als Klima­schutzmaßnahme bezeichnen können. Klimaexperten, die ich bis jetzt gehört und gesehen und von denen ich gelesen habe, haben mir von diesen Maßnahmen noch nie etwas erzählt. Ich habe mir gestern extra noch einmal den Al Gore angeschaut, und auch er sagt nichts über den Ausbau von Autobahnen.

Wie soll das gehen? Autobahnen erzeugen zusätzlichen Verkehr. Das rechnet sogar die ASFINAG ein, wenn sie Projekte berechnet. Eine Autobahn bringt induzierten Verkehr, der auch bei den Umweltverträglichkeitsprüfungen mit berücksichtigt wird.


BundesratStenographisches Protokoll745. Sitzung / Seite 53

In einer Anfragebeantwortung hat mir Herr Minister Pröll, der derzeit im Ausland wei­lende Umweltminister, mitgeteilt, dass der Beschluss des Ministerrates zur Klima­strategieanpassung vom 21. März 2007 unter anderem vorsieht, dass künftig bei allen relevanten Vorhaben der Bundesregierung eine Klimaverträglichkeitsprüfung vorzu­nehmen sein wird. Ich wünschte, Sie würden diese Klimaverträglichkeitsprüfung schon jetzt bei allen geplanten Autobahnprojekten machen – ich bin sicher, es würde keines dieser Projekte umgesetzt werden.

Und dann gibt es noch Mittel für die Länder. Die Länder haben versprochen, ihren Anteil an den Mehreinnahmen aus der Mineralölsteuererhöhung für den Personen­nahverkehr zur Verfügung zu stellen. Das Wort der Länder in Gottes Ohr! Mir persönlich wäre es lieber, wenn es eine klare Vereinbarung gäbe, mit Unterschrift und Siegel und eventuell auch einer Evaluierung. Und ich kann Ihnen auch sagen, warum.

In eben dieser Anfragebeantwortung, die ich am 4. Mai zugesandt bekommen habe, steht zu den Fragen Raumordnung und Klimapolitik drinnen: „Die Klimastrategie 2007 sieht daher unter dem Titel ,Einbeziehung von Klimaschutz und Energieeffizienz in die Raumplanung‘ entsprechend verbindliche Maßnahmensetzungen von Ländern und Gemeinden vor.“  – Also: Der Herr Minister verspricht uns, die Länder werden Maßnahmen zum Klimaschutz in der Raumordnung festhalten.

Es gibt jetzt gerade eine Begutachtung eines Raumordnungsänderungsgesetzes in Niederösterreich. Ich habe nachgeschaut, ob da irgendwas von Klimaschutz drinnen steht – das ist leider nicht der Fall. Und ich habe gesehen, dass am 7. Mai, also nachdem diese Anfragebeantwortung geschrieben worden war, ganz kurz danach, eine Genehmigung der Bundesregierung zu diesem Gesetz erfolgte. Jetzt möchte ich schon gerne wissen: Wie ernst nimmt der Bund, wie ernst nehmen die Länder diese Forderungen, die in irgendeiner Klimaschutzstrategie drinnen stehen, wirklich? Einer­seits steht in der Anfragebeantwortung, er passt auf und das wird in der Raumordnung verankert, und dann wird das Gesetz in Niederösterreich geändert, aber die Regierung hat keinerlei Einwände dagegen, dass der Klimaschutz wieder nicht vorkommt!

Von der Mineralölsteuer zur Pendlerpauschale. – Es ist ein alter Kritikpunkt, den haben Sie auch schon angeführt, und das war offensichtlich früher auch Ihr Kritikpunkt. Dadurch, dass die Pendlerpauschale ein Steuerabsetzbetrag ist, profitieren in erster Linie Menschen, die gut verdienen, sprich die ungefähr 50 Prozent Einkommensteuer bezahlen; die bekommen am meisten Pendlerpauschale. Jemand, der keine Ein­kommensteuer bezahlt, bekommt jetzt auch ein bisschen etwas, aber eben nicht wirklich viel. Da frage ich mich schon: Warum müssen Menschen, die mehr verdienen, durch eine Pendlerpauschale mehr entlastet werden? Zahlen die mehr für Benzin? Oder zahlen sie mehr für das Bahnticket? Sie kaufen sich möglicherweise teurere Autos, aber das ist ihr eigenes Problem. Meiner Meinung nach müsste die Pendler­pauschale ein Fixbetrag sein, und wenn ich eine gewissen Strecke zurückzulegen habe, wird mir ein gewisses Ausmaß ersetzt. Das wäre logisch für mich. Diese – nach wie vor – Anpassung an die Steuerabsetzbeträge sehe ich so nicht ein. Das ist eine soziale Ungerechtigkeit, auch wenn es jetzt leicht gemildert ist.

Eine weitere soziale Ungerechtigkeit ist die Differenzierung zwischen großer und kleiner Pendlerpauschale. Denn die große Pendlerpauschale – sprich: ich brauche ein Kfz – macht doppelt so viel aus wie die kleine, und das würde ja nahelegen, dass der öffentliche Verkehr ungefähr halb so viel kostet wie die Benützung des eigenen Kraftfahrzeugs. Das ziehe ich ganz ernsthaft in Zweifel. Ich würde Sie bitten, dass Sie das vielleicht einmal kontrollieren. Wenn dem nämlich nicht so ist, ist das eine starke Benachteiligung der BenützerInnen öffentlicher Verkehrsmittel. Die bekommen nur die Hälfte der Pendlerpauschale, Kosten haben Sie aber sicher mehr, als die Hälfte der Pendlerpauschale ausmacht. Es wäre toll, wenn dem nicht so wäre, also wenn die


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öffentlichen Verkehrsmittel wirklich nur die Hälfte dessen kosten würden, was die Benützung eines Kfz kostet. (Staatssekretär Dr. Matznetter: Weniger!) – Weniger als die Hälfte? Dann sollten Sie einmal mit dem Wieselbus fahren! Wenn die öffentlichen Verkehrsmittel wirklich so günstig wären, dann wäre das Sozialste, was Sie machen könnten, dass Sie auch am Land draußen, im Waldviertel und im Burgenland, den Menschen die Möglichkeit geben, von den Qualitäten des öffentlichen Verkehrs und von den niedrigen Preisen des öffentlichen Verkehrs zu profitieren.

Übrigens: In Wien werden ja, haben wir gerade vorhin gehört, die öffentlichen Verkehrsmittel teurer.

Eine weitere spannende Geschichte, auch heute schon angesprochen, ist die Sache mit dem Klimaschutzfonds, der sich zwar im Gesetzestext nicht findet, für den aber 50 Millionen € im Budget vorgesehen sind. Damit wird wahrscheinlich keine Lawine losgetreten werden können. Mich würde auch interessieren, ob es schon genauere Ideen gibt, wann, wie, was da umgesetzt werden soll. Wie gesagt: Im Gesetzestext findet sich das Wort „Klimaschutzfonds“ nicht und auch das Wort „Klimafonds“ nicht. Ich weiß nicht, wie er letztendlich wirklich heißen soll.

Neben der Mineralölsteuererhöhung für die ASFINAG findet sich das Wort „Klima­schutz“ dann noch einmal im Gesetzestext, und zwar bei der Änderung des Umwelt­förderungsgesetzes. Die Erläuterungen zu diesem Umweltförderungsgesetz lesen sich wie ein offizielles Eingeständnis des Versagens der österreichischen Klimaschutz­politik. Da heißt es nämlich:

„Aufgrund der ,business as usual‘ Emissionsprognosen für die Jahre 2008 bis 2012 sind größere Anstrengungen zur Erfüllung der Klimaschutz-Verpflichtungen Öster­reichs ... erforderlich. Obwohl Maßnahmen im Inland weiterhin Priorität gegeben wird“ – wobei ich jetzt wirklich nicht herausgefunden habe, welchen Maßnahmen –, „ist auch eine Erhöhung des Ankaufsziels des JI/CDM-Programms um 2 Millionen Tonnen CO2-Emissionszertifikate pro Jahr, dh. insgesamt 10 Millionen Tonnen für die Kyoto-Zielperiode, unabdingbar (Gesamtziel daher Emissionszertifikate für 45 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente).“

Was heißt das jetzt? – Das heißt in Wahrheit, die Klimaschutzmaßnahmen im Inland reichen nicht aus. Die Klimaschutzmaßnahmen im Inland reichen nicht aus, und wir müssen Geld investieren in Projekte im Ausland. Das haben wir vorhin schon ange­sprochen. Die Wertschöpfung dieser Projekte bleibt natürlich dann auch großteils im Ausland. Und da frage ich mich: Warum in diesem Ausmaß? Ist der Klimaschutz anderswo wirklich um so viel billiger, oder mangelt es an Ideen im Inland?

Ideen hätte nicht nur ich, es gibt auch beim Wifo einige Ideen dazu, wo man im Inland noch Klimaschutzmaßnahmen setzen könnte. Man könnte zum Beispiel die Öster­reicherInnen beim Energiesparen stärker unterstützen, indem man die Wohnbau­sanierung wirklich radikal angeht, denn das „schläft“ ja. In Wirklichkeit schläft es bei den Ländern. Es müssten einfach höhere Anreize gesetzt werden, damit wirklich saniert wird, und es ist zum Großteil Sanierung fällig.

Weiters wäre die Klimarelevanz von Großprojekten zu überprüfen. Ich habe vorhin schon gesagt: Prüfen Sie die Autobahnen, die in Planung sind, und sie werden alle nicht gebaut. Dafür könnte man dann die Bahn nicht nur von A nach B, sondern eben vielleicht auch ins Waldviertel oder ins Burgenland fahren lassen, damit man sie als Pendler auch benutzen kann. Reparieren Sie das Ökostromgesetz – das wäre drin­gend notwendig – und erarbeiten Sie damit wirklich eine Energieunabhängigkeit – ein bisschen eine Energieunabhängigkeit Österreichs! Neben der Deckelung des Öko­stroms im Vorjahr, die beschlossen wurde, ist jetzt auch schon die Rede von einer Deckelung der Biogaseinspeisung. Es wäre also mehr oder weniger der zweite Deckel,


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und ich würde Sie bitten, das vielleicht zu verhindern und nachzudenken, ob man nicht gerade da die inländische Wertschöpfung den niedrigen Kosten des Erdöls und Erdgases vielleicht doch vorziehen soll.

Und schaffen Sie einen Klimaschutzfonds, der außer dem Titel noch Mittel hat, und ausreichend Mittel, weil die 50 Millionen werden nicht reichen! Und vielleicht gibt es dann auch noch transparente Richtlinien für diesen Fonds, damit man wirklich die Herausforderungen des Klimaschutzes auch annehmen kann, denn diesen Eindruck habe ich nicht.

Ich möchte noch kurz zurückkommen zu den Erläuterungen zur Änderung des Umwelt­förderungsgesetzes. „Zusätzlich ist gemäß den Abschätzungen der“ Kommunalkredit „die derzeitige Dotation des JI/CDM-Programmms nicht ausreichend, um die Kosten des derzeitigen Ankaufsziels von Emissionszertifikaten für 35 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten abzudecken.“

Mit der Novelle ist vorerst eine Anhebung der JI/CDM-Mittel von 36 Millionen € auf 46 Millionen € im Jahr 2007 sowie auf 56 Millionen € im Jahr 2008 vorgesehen.

Ich habe es jetzt dreimal durchgerechnet, und ich bin mir ziemlich sicher, es fehlt da irgendwo eine Null. Oder wie hoch berechnen Sie eine Tonne CO2-Äquivalente? Das würde mich interessieren. Wenn ich das so lese, lese ich einen € pro Tonne. Das kann nicht ganz stimmen, glaube ich. Aber vielleicht können Sie es mir dann noch erläutern.

Insgesamt steht jedenfalls in dieser Erläuterung, dass die Ablasszahlungen ans Ausland, die wir geplant haben, doch nicht ganz so billig sein werden, wie Sie gehofft haben, und wenn man dem Wifo Glauben schenkt, dann wird das noch einmal zu korrigieren sein.

Zusammenfassend – und ich komme schon zum Schluss (Zwischenrufe bei der ÖVP); wenn ihr mich nicht immer unterbrechen würdet, wäre ich noch viel schneller –: Über den Klimaschutz wird in der Bundesregierung leider mehr geredet, als in Gesetzestexte geschrieben wird. Für Maßnahmen im Inland gibt es entweder zu wenig Geld oder zu wenig Ideen oder beides. Stattdessen gibt es einen klimapolitischen Ablasshandel, der weder Chancen auf heimische Wertschöpfung noch auf heimische Arbeitsplätze in sich birgt, noch auf die Erfüllung unseres Kyoto-Ziels aus eigenen Kräften hinwirkt.

Der Klimaschutz ist einfach nicht nur eine ökologische Herausforderung, sondern sehr wohl auch eine wirtschaftliche Herausforderung, denn es ist ganz notwendig, dass wir jetzt mehr oder weniger die Chance und die Möglichkeit bekommen, bei Technologien im Bereich des Klimaschutzes wirtschaftlich auch vorne mit dabei zu sein. Das erfordert Investitionen, und da werden diese 50 Millionen möglicherweise nicht ganz ausreichen, um wirklich weltweit oder zumindest europaweit bei den Ersten zu sein.

Es geht jedenfalls nicht nur darum, internationale Vereinbarungen zu erfüllen wie das Kyoto-Ziel, sondern es geht auch darum, den Klimawandel zu bremsen (neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP), egal, welchem Experten Sie zuhören. Auch mit dem Rauchen aufzuhören wird den Klimawandel nicht bremsen. Egal, welchem relevanten Experten Sie zuhören, Sie können davon ausgehen, dass die Kyoto-Ziele nicht ausreichen werden und dass wir uns noch mehr anstrengen müssen.

Wenn es uns nicht gelingt, dann wird es gerade für die Familienpartei möglicherweise besonders schwierig werden. Wenn es uns nicht gelingt, den Klimawandel aufzuhalten oder einzubremsen, dann wird uns das schon in den nächsten Jahren betreffen. Dann wird das enorme Kosten verursachen, und dann werden wir und unsere Kinder zur Milderung der Folgen dieser verfehlten Klimapolitik viel, viel Geld investieren müssen.

Das möchte ich nicht, und deshalb stimmen wir hier nicht zu. (Beifall bei den Grünen.)

11.56



BundesratStenographisches Protokoll745. Sitzung / Seite 56

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Preineder.

 


11.56.19

Bundesrat Martin Preineder (ÖVP, Niederösterreich): Geschätzter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Staatssekretär! Frau Kollegin Kerschbaum hat mich zu meiner Wortmeldung animiert. Ich möchte nicht auf alles replizieren, so viel Zeit haben wir heute nicht, aber einen Gedanken, den sie angesprochen hat, möchte ich ergänzen, vielleicht weiterführen.

Sie haben gefragt: Warum bekommt die ASFINAG Geld für Klimaschutz­maß­nahmen? – Ich möchte das erklären und möchte auch um Unterstützung dafür bitten, dass es möglich sein darf, dass die ASFINAG Geld für Klimaschutzmaßnahmen bekommt, aus dem einfachen Grund: Ich selbst habe eine Initiative in Niederösterreich laufen, wo es darum geht, einfach mehr Parkplätze bei Autobahnauffahrten, bei Auffahrten von Schnellstraßen zu schaffen, um die Bildung von Fahrgemeinschaften zu ermöglichen.

Ich finde das gut, denn es ist gescheiter, es sitzen vier Personen in einem Auto statt nur einer und jeder fährt dieselbe Strecke hin und retour. Es ist wichtig, die Möglichkeit der Schaffung von Fahrgemeinschaften zu unterstützen. Und das ist nur dann möglich, wenn auch entsprechende Abstellflächen zur Verfügung stehen. Es war bisher schwer möglich, diese zu schaffen, weil immer die Anliegergemeinde vor Ort die Aufgabe hätte, das zu tun. Es sind aber meistens auch Leute, die dort parken, die nicht unbedingt nur aus dieser Gemeinde sind, also hat die Anliegergemeinde nicht wirklich ein Interesse daran. Das ist also ein übergeordnetes Interesse.

Es gibt mittlerweile eine Rahmenvereinbarung zwischen dem Land Niederösterreich und der ASFINAG, die zum Inhalt hat, dass sich das Land Niederösterreich und die ASFINAG die Kosten zu jeweils zirka 50 Prozent, sage ich einmal, teilen, um hier mehr Parkplätze zu errichten. Geplant sind in etwa zu den 1 000 Parkplätzen, die es in Niederösterreich schon gibt, noch 2 000 zusätzliche, damit man mit 3 000 Parkplätzen in etwa die erforderliche Anzahl von Parkplätzen erreichen kann. Das sind 3 000 Fahr­zeuge weniger auf der Straße und mehr auf dem Parkplatz, und das ist eine Verkehrsschlange in etwa von 30 Kilometern. Und das ist eine immense CO2-Entlastung, nämlich 17 Kilogramm pro Parkplatz.

Ich glaube, dafür sollten wir eintreten. Es wäre eine Entlastung des Verkehrs, wir brauchen weniger Straßen zu bauen, wir entlasten den Verkehr, wir entlasten die Nerven der Pendler, und wir verringern natürlich auch den Ausstoß von CO2 und schonen damit unsere Umwelt. Das sollte auch in Ihrem Interesse sein, und ich bitte um Ihre Unterstützung, denn ich möchte diese Initiative auch in dieser Kammer, im Bundesrat, einbringen, einen Entschließungsantrag für mehr Parkplätze und weniger Fahrzeuge auf der Straße. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

11.59


Vizepräsident Jürgen Weiss: Am Wort ist nun nochmals Herr Staatssekretär Dr. Matznetter.

 


11.59.10

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Christoph Matznetter: Meine Damen und Herren! Ich wollte ganz kurz noch die aufgeworfenen Fragen ansprechen.

Die Frau Bundesrätin Konrad hat die Frage aufgeworfen, warum jetzt sozusagen gegen den Protest der Rektorenkonferenz eine Berichtspflicht auferlegt wird. Ich darf daran erinnern, meine Damen und Herren, dass alle ausgegliederten Bereiche – ohne


BundesratStenographisches Protokoll745. Sitzung / Seite 57

Ausnahme! – verpflichtet sind, quartalsmäßig zu berichten, was sie mit dem Geld des Steuerzahlers tun. Es war eher ein Redaktionsversehen, dass im Bereich des Universitätsgesetzes eine solche Bestimmung nicht enthalten war.

Wir erhöhen aber, und das ist die zweite Frage, die die Frau Bundesrätin Konrad gestellt hat, deutlich das Budget der Universitäten. Man darf nicht vergessen, dass die Universitäten 2006 2,047 Milliarden bekommen haben, sich dieser Betrag auf 2,219 Mil­liarden, also um 172 Millionen oder 8 Prozent steigert im heurigen Jahr und nächstes Jahr noch einmal um 25 Millionen, also zusätzlichen 1,1 Prozent zu einem Plus von fast 10 Prozent gegenüber dem Jahr 2006.

Da wird man bei der Summe an Geld, die wir richtigerweise in die Anstrengungen der Wissenschaft und der universitären Forschung und Lehre investieren, auch die Gelegenheit finden, den jeweiligen Bericht, so wie jeder kaufmännische Betrieb, auszufüllen. Ich habe wenig Verständnis dafür – und ich bitte, das aus Rücksicht­nahme auf meine Profession zu tun –, wenn Menschen, die Betriebe mit Tausenden Beschäftigten führen, erklären, sie seien nicht in der Lage, fristgerecht wie jeder andere Betrieb und jede Abteilung zu berichten. Das werden auch die Univer­sitätsrektoren genauso erfüllen wie alle anderen Ausgegliederten.

Wenn ich mir den Nachsatz noch erlauben darf: Es gibt genug Gesetze, wo jede Unternehmerin und jeder Unternehmer im Lande bis zur Einreichung im Firmenbuch alle Daten melden muss, eine Mahnung und dann eine Strafe bekommt, wenn sie/er es nicht genau auf den Tag macht. Da können wir auch erwarten, dass im Bereich der Wissenschaft diese Minimalerfordernisse kaufmännischen Rechnungswesens Platz greifen. Das ist keine Angelegenheit, wo man allzu sehr Schutzgedanken vorhalten müsste.

Kurz zu den anderen angesprochenen Punkten. Frau Bundesrätin Mühlwerth hat die Frage der Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge angesprochen. Ich darf daran erinnern, meine Damen und Herren, dass dies Bestandteil des Regierungsprogramms ist, aber nicht Gegenstand der jetzigen Budgetbegleitgesetze, weil im Regierungs­programm vereinbart ist, dass zuerst einmal geschaut wird, die notwendigen Effizienz­steigerungen in der Verwaltung und auch die notwendigen Verbesserungen, gerade was Medikamenteneinkauf, aber auch die Vertragssituation mit der Ärzteschaft betrifft, anzugehen. Und die Sozialpartner erstellen da die Selbstverwaltung, sie sind auf gutem Weg in diesem Bereich.

Erst wenn das vorliegt, kann eine Erhöhung der Beiträge erfolgen, damit eines gesichert ist: dass die hervorragende Gesundheitsbetreuung unserer Bevölkerung auch im Jahr 2010 uneingeschränkt erfolgen kann und unsere Gebietskranken­kassen – vor allem einzelne von ihnen – nicht in ein immer größeres Verbindlichkeiten­loch fallen, das nachher umso schwieriger zu bedecken ist.

Was die vielen Fragen, die Frau Bundesrätin Kerschbaum aufgeworfen hat, betrifft, so versuche ich in aller Schnelligkeit, darauf zu antworten.

Erste Grundsatzfrage war der Zweifel daran, ob die Kosten eines Pendlers, der mit einem öffentlichen Verkehrsmittel fährt, tatsächlich nur die Hälfte der Kosten aus­machen, wenn man mit einem Kfz fährt. Wenn Sie mir eine reine Überhapps-Rechnung erlauben: Nehmen wir an, der Pendler ist 20 Kilometer unterwegs – das ist das Mindest­maß –, dann würden beim Auto, wenn er das billigste Auto nimmt, das es als Neuwagen gibt, um 10 000 €, wenn er es zehn Jahre fährt, 200 000 Kilometer, allein von den Anschaffungskosten 1 000 € anfallen. Gebraucht natürlich billiger.

Wenn Sie mitrechnen: zwei Mal im Jahr Service, Radwechsel und Ähnliches mit in Summe 400 €, wenn Sie bei 20 000 Kilometern mit einem Verbrauch von sieben Litern


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pro Kilometer ungefähr mit 1 400 € rechnen, Versicherung und Sonstiges mit 400 € – da habe ich noch gar keine Vignette gerechnet –, dann sind wir bei 2 800 €. Die 20 Kilometer hin und zurück sind 40 Kilometer mal 200 Arbeitstage, ist zirka 40 Prozent davon, da sind die Kosten – billigstes Auto, nie wirklich kaputt in den zehn Jahren, kein Unfall, keine Vignette – zumindest 1 120 €.

Zum Vergleich: Eine Jahresnetzkarte in Wien kostet 449 € ab 1. Juni, in Niederöster­reich 350 €. Ich meine daher, bei dieser Relation, auch bei grober Rechnung, dass wir nicht so weit mit der pauschalen gesetzlichen Differenzierung hinsichtlich der Pendler­pauschale weg liegen.

Was die Frage der JI/CDM-Zertifikate betrifft, Frau Bundesrätin: Ich bin jetzt im Moment überfragt. Ich habe dieselben kritischen Fragen bei den Budgetverhandlungen dem Landwirtschaftsminister gestellt mit der Fragestellung, ob es nicht billiger kommt, wenn wir im Inland investieren. Und sein Einwand, den ich jetzt so wiedergeben kann, den er auch gebracht hat, war: Unser Problem ist, dass die Aufwendungen zirka das 8,8-Fache – wenn ich es noch richtig im Kopf habe – betragen, um die gleiche Menge Reduktion an CO2 im Inland herzustellen. Das hängt damit zusammen, dass die Zertifikate derzeit sehr günstig sind. Das war die Grundlage dafür, hier sozusagen den Zertifikatankauf zu ermöglichen. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Sein zweiter Hinweis hat mich aber – obwohl ich kein Freund dessen bin, dass man das irgendwo anders kauft – zumindest nachdenklich gestimmt. Es war der Hinweis darauf, dass nicht einfach Zertifikate irgendwo an einer Börse gekauft werden, sondern dass es darum geht, dass an Flussläufen, insbesondere in Südosteuropa, Wasserkraft­werke errichtet werden, die mit österreichischer Technologie und österreichischem Know-how entstehen, und dass die dadurch eingesparten, bisher mit fossilen Brennstoffen betriebenen Kraftwerke, nämlich deren Energiemenge in den dortigen Ländern, zum wesentlichen Teil aus diesen dadurch frei werdenden CO2-Einsparungen bestehen sollen.

Wenn dem so ist – und ich habe keinen Zweifel daran, dass sich alle bemühen werden, solche Projekte umzusetzen –, muss man nicht in aller Kritik so etwas nehmen, son­dern da kann es ja sinnvoll sein, auch für einen Kohlemeiler, der dort nicht mehr für die Stromversorgung funktioniert und stattdessen Strom aus Wasserkraft kommt, wenn gleichzeitig in Österreich, das die Wasserkraft viel früher ausgebaut hat, die Zertifikate gekauft werden, bis wir durch entsprechende Maßnahmen nachziehen. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

12.06


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist auch nicht der Fall.

Wir gelangen daher zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.


BundesratStenographisches Protokoll745. Sitzung / Seite 59

12.07.11 2. Punkt

Beschluss des Nationalrates vom 24. April 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz geändert wird (68 d.B. sowie 7683/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Nun gelangen wir zum 2. Punkt der Tagesordnung.

Berichterstatterin zu diesem Punkt ist Frau Bundesrätin Fröhlich. Ich darf sie um den Bericht bitten.

 


12.07.29

Berichterstatterin Christine Fröhlich: Sehr geehrte Frau Präsident! Liebe Frau Ministerin! Ich darf den Bericht des Gesundheitsausschusses über den Beschluss des Nationalrates vom 24. April 2007 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz geändert wird, bringen.

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor.

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 8. Mai 2007 mit Stim­menmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Breiner. – Bitte.

 


12.08.29

Bundesrat Franz Breiner (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Ich setze dort fort, wo meine Kollegin aufgehört hat. Klimaschutz ist in der Folge so ziemlich das Wichtigste, was jetzt ansteht. Die Gesundheitsfolgen, die wir zu tragen haben werden, wenn wir dem Klimaschutz nicht Rechnung tragen, dem Umweltschutz nicht Rechnung tragen, wer­den immens sein. Daher ist die Sicherung unserer Gesundheit generell ein wesentlicher Punkt und eine wesentliche Aufgabe, die Sie zu erfüllen haben. Prävention ist mit Sicherheit das Gebot der Stunde und mit Sicherheit der Schwer­punkt, der zu setzen ist.

Wenn man aber das Budget generell anschaut, so scheint für Prävention in manchen Bereichen relativ wenig Geld vorhanden zu sein. Ich denke da an den Hand­lungsspielraum im Bereich der Impfungen, wo zwar vorgesehen ist, gegen Rotaviren zu impfen, aber andere Impfungen sind noch nicht vorgesehen: die Pneumokokken-Impfung oder die HPV-Impfung zum Beispiel.

Ich gebe weiters zu bedenken, dass die Folgen von Umweltschadstoffen – hier ist Feinstaub ja der wesentliche Punkt – auf uns zukommen werden: Wenn wir es nicht schaffen, hier eine Reduktion – eine wesentliche Reduktion! – dieser Feinstäube zu erreichen – das liegt nicht prinzipiell in Ihrem Ressort, aber ich denke, da ist durchaus ein Zusammenwirken notwendig –, werden wir eine Zunahme an Asthma-Fällen haben, bei Allergien und so weiter, und das wird sich letztendlich bei den Gesund­heitskosten zu Buche schlagen.

Der Individualverkehr – als Verursacher ist er heute in der Debatte schon ange­sprochen worden – versus öffentlicher Verkehr: All diese Themen spielen in den Bereich Gesundheit hinein. Umweltschutz, Klimaschutz, Gesundheitsschutz: Diese drei Schlagwörter können wir bald nicht mehr ohne einander sagen.


BundesratStenographisches Protokoll745. Sitzung / Seite 60

Natürlich sind Reformen notwendig, wenn es gilt, die Gesundheit langfristig zu sichern! Im Rahmen der Verwaltungsreform werden Bereiche ausgegliedert, die der Sicherung der Gesundheit dienen – wir kommen heute ja noch zur AGES; um diese Gesetzes­änderung geht es ja im Wesentlichen. Natürlich fordern auch wir die Bundes­staats­reform, wir fordern Verwaltungsreformen, die diesen Namen auch verdienen. Man kann sich aber nicht darauf beschränken, Kontrollinstrumente auszugliedern!

Und damit sind wir bei dem Thema, um das es bei dieser Gesetzesänderung geht. Die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit wurde ausgeglie­dert, und die Finanzmittel, die benötigt werden, stehen aus dem Budget nicht zur Verfügung. Wenn man das jetzt genau betrachtet, so muss man befürchten, dass dies zu Lasten der Lebensmittel- und Arzneimittelsicherheit geht. Zusätzlich gibt es bei der Lebensmittelsicherheit noch einen die Situation erschwerenden Interessenkonflikt: Zwei Ministerien sind betroffen: auf der einen Seite Produzenten der Lebensmittel, auf der anderen Seite Konsumenten der Lebensmittel – das vereinfacht die Sache nicht.

Jetzt soll versucht werden, im Bereich der Arzneimittel die Bedeckung über die Medikamente zu schaffen. Mir wurde im Ausschuss gesagt, dass es zirka 2 bis 3 Cent pro Packung sein sollen; 1 Cent war die ursprüngliche Annahme.

Was auch erfragt wurde und was durchaus interessant ist, ist, dass es zu keiner Auf­stockung des Personals kommen wird, obwohl der Aufgabenkatalog ein umfangreicher ist und er mit Sicherheit nicht kleiner wird. – Worüber wir heute auch schon im Bereich der Lebensmittel debattiert haben, ist ja bei den Arzneimitteln im Grunde genommen nicht anders.

Wenn ich mir jetzt aber überlege, dass die Finanzierung der PharmMed über die Menge an verkauften Medikamenten erfolgen soll, dann könnte man das böserweise folgendermaßen lesen: Je mehr verbraucht wird, umso besser ist gewährleistet, dass die Arzneimittel untersucht werden. Es sollte doch eher dahin gehen, dass wir darauf Wert legen, dass möglichst wenige Arzneimittel gebraucht werden und die österreichi­sche Bevölkerung gesund ist.

Wie die Finanzierung des Mehraufwandes vorgesehen ist, würde mich grundsätzlich interessieren! Und sollten die entsprechenden Maßnahmen wirklich dazu führen, dass die österreichische Bevölkerung gesünder wird – was wir ja hoffen! –, wie schaut dann in Zukunft die Finanzierung aus? (Beifall bei den Grünen.)

12.14


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gelangt Frau Bundesrätin Diesner-Wais. – Bitte.

 


12.14.51

Bundesrätin Martina Diesner-Wais (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Prä­sidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren des Bundesrates! Ja, ich glaube, Gesundheit ist einfach das wichtigste Gut für jeden Einzelnen. Wie mein Vorredner schon angeführt hat, so haben sicher die Umwelt­einflüsse sehr viel damit zu tun, aber nicht nur die Umwelteinflüsse, denn Gesundheit hat, wie ich glaube, auch sehr viel damit zu tun, wie ich mich in meinem täglichen Leben verhalte – die Prävention: die Vorkehrungen, die ich treffe, um bis ins hohe Alter gesund zu bleiben. Und natürlich ist es auch wichtig, dass es, wenn eine Krankheit vorliegt, Arzneimittel gibt und deren Sicherheit garantiert ist.

Ich glaube, sagen zu können: Wir in Österreich sind medizinisch bestens versorgt! Wir haben ein tolles Gesundheitssystem mit hoher Qualität und bestmöglicher Sicherheit, und das natürlich für jedermann zugänglich. – Diese Standards, glaube ich, gilt es in Zukunft aufrechtzuerhalten und der Zeit angepasst natürlich auch zu verbessern.


BundesratStenographisches Protokoll745. Sitzung / Seite 61

Daher ist es im Interesse der Patienten und Patientinnen besonders wichtig, dass es bei uns in Österreich ein modernes, qualitativ hochwertiges System der Arzneimittel­überwachung gibt. In der heutigen Zeit, wo viele Geschäfte über das Internet abge­wickelt werden, ist eben auch das Inverkehrbringen von Medikamenten auf diese Art möglich, und da ist es notwendig, dass wir ein Kontrollorgan haben, das uns deren Sicherheit garantiert, denn gefälschte Medikamente bringen große Gefahren für die Konsumenten mit sich. Daher sieht dieses Überwachungssystem vor, dass generell nach einem gewissen Schema Proben gezogen werden, aber auch dann, wenn vom Apotheker qualitative Mängel festgestellt werden oder wenn ein Arzt eine Häufung von Nebenwirkungen feststellt.

Diese Aufgaben obliegen den Mitarbeitern der Österreichischen Agentur für Gesund­heit und Ernährungssicherheit, der AGES, die schon angesprochen wurde. Deren Finanzierung soll nicht das Budget belasten, weswegen die Frau Ministerin für Gesundheit, Jugend und Familie eine Verordnungsermächtigung zu diesem Gesetz erlassen hat, 1 bis 3 Cent pro Medikamentenpackung von der Pharmaindustrie einzu­heben, und damit wird beste Sicherheit für unsere Konsumenten und Konsumentinnen garantiert.

In diesem Bereich gibt es auch andere Projekte, die in einzelnen Bundesländern schon anlaufen und sehr gut sind. Wenn ich zum Beispiel nur den Arzneimittel-Sicherheitsgurt hernehme: Viele Leute nehmen Medikamente, gehen zu verschiedenen Ärzten, bekommen weitere verschrieben, und die vertragen sich dann untereinander nicht. – Wenn wir wissen, dass jede vierte Spitaleinlieferung damit zu tun hat, dass Medika­mente unkoordiniert genommen werden, so ist das ein wichtiger Schritt, glaube ich.

Eine weitere gute Sache, die im Regierungsübereinkommen enthalten ist und die in dieser Regierungsperiode auch noch verwirklicht wird, ist die Deckelung der Rezept­gebühren, die eine finanzielle Entlastung der Bürgerinnen und Bürger mit sich bringen wird.

Ich darf aber unserer Frau Ministerin noch einen herzlichen Dank aussprechen, denn sie hat schon sehr viel für unser Gesundheitssystem bewirkt, zum Beispiel Kosten eingespart. Ich komme aus Niederösterreich, wo sie ja schon gewirkt hat, und mit den Schwerpunktkrankenhäusern, die sie in den einzelnen Regionen verwirklicht hat, ist, glaube ich, sehr viel und sehr viel Gutes passiert.

Wenn ich aus dem Waldviertel, in dem das ja jetzt als Proberegion läuft, über das Entlassungsmanagement aus dem Spital berichten darf, so wird dieses, obwohl in der Anfangsphase, schon von allen gelobt: sowohl von den Spitälern als auch von den Ärzten draußen und auch von den Angehörigen der Patienten. Sie alle empfinden es als Verbesserung, und dafür herzlichen Dank!

Ich kann zum Abschluss nur sagen: Stimmen wir diesem Gesetz zu, denn es bringt eine qualitative Verbesserung und eine höhere Sicherheit für die Bürger und Bür­gerinnen, und daher ist es zu befürworten! – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

12.19


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gelangt Herr Bundesrat Stadler. – Bitte.

 


12.20.03

Bundesrat Werner Stadler (SPÖ, Oberösterreich): Geschätzte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dass die Novelle des Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetzes eine ganz wichtige und notwendige Änderung beziehungsweise Ergänzung darstellt, ist von den Vorrednern schon angesprochen worden. Es gibt genug Gründe für diese Änderung.


BundesratStenographisches Protokoll745. Sitzung / Seite 62

Gerade in Zeiten des Internethandels, wo die verschiedensten Sachen gehandelt wer­den, auch immer mehr und vermehrt Medikamente, wo zum Teil wirklich gefährliche Medikamente in Verkehr gebracht werden, ist für eine stärkere Überwachung der Arzneimittel und des gesamten Arzneimittelmarktes zu sorgen, die enorm wichtig ist.

Die AGES ist schon angesprochen worden. Sie hat weitere Aufgabenbereiche bezie­hungsweise Tätigkeiten von besonderer Wichtigkeit, die auch angesprochen werden sollen, etwa die gesamten Zulassungsprüfungen der Pharma-Erzeugnisse, der Medi­kamente.

Im Ausschuss wurde uns auch berichtet, es werden dort auch gemeldete Neben­wirkungen, die durch die Einnahme von Medikamenten entstehen oder entstehen können, erforscht und genau angeschaut. Weiters wird, was besonders wichtig ist, eingegangenen Mängelmeldungen von Medikamenten, die schon im Umlauf sind, nachgegangen.

Das erfordert natürlich ein sehr hohes und sicheres Kontrollsystem. Und wir alle sind uns darin einig, dass dieses Kontrollsystem zur Sicherstellung der Patientensicherheit nach einem qualitativ sehr hochwertigen System und vor allem auch auf inter­nationalem Standard ablaufen soll.

Das ist natürlich auch mit Kosten verbunden, und die Kosten stehen immer – oft auch: leider – an oberster Stelle, was auch verständlich ist. Uns als SPÖ-Fraktion, muss ich sagen, ist und war besonders wichtig, dass die Kosten nicht auf die kranken Menschen, die Medikamente brauchen, abgewälzt werden.

Herr Kollege Breiner! Ich glaube, es ist nicht so, wie der Herr Staatssekretär beim ersten Tagesordnungspunkt über den Tanktourismus gesagt hat: Je mehr wir verkaufen, desto mehr Einnahmen haben wir. Das kann man nicht eins zu eins für diesen Bereich umsetzen – ich möchte auch gar nicht sagen, dass du das so verglichen hast –, nämlich dass es uns lieber ist, dass mehr Medikamente einge­nommen werden, weil wir damit mehr Geld einnehmen. Uns ist die Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger, natürlich auch die eigene, besonders wichtig. Wir sind froh, wenn wir keine Medikamente nehmen müssen, weil wir vielleicht sonst am Abend kein Achterl Wein trinken dürfen. Wir nehmen lieber keine Medikamente und trinken ein Glas Wein.

Darum ist es uns wirklich wichtig, dass die Kosten jene tragen – ich möchte es ein bisschen übertrieben sagen –, die beim Verkauf und beim Handel – unter Anführungs­zeichen – „abcashen“, nämlich die Pharmaindustrie. Durch diese Änderung bezie­hungs­weise die Verordnungsermächtigung an die Frau Ministerin ist, glaube ich, gewährleistet, dass die Kosten nicht die Patientinnen und Patienten tragen, sondern wirklich die Pharmaindustrie.

Ich denke, dazu ist alles gesagt. Herr Kollege Breiner als Landsmann hat Oberöster­reich angesprochen. Klimaschutz und Gesundheit sind sicher im Einklang und besonders wichtig, aber vielleicht sprichst du einmal mit Landesrat Anschober über die Umweltpolitik, die wir in Oberösterreich haben, und mahnst ein, dass er sich an der Nase nimmt und wirklich Taten setzt und nicht so oft nur leere Worte spricht, weil er sich in der Kralle des ÖVP-Landesrates vielleicht gar nicht so entfalten kann, wie er es gerne hätte. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.24


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Kritzinger. – Bitte.

 



BundesratStenographisches Protokoll745. Sitzung / Seite 63

12.24.29

Bundesrat Helmut Kritzinger (ÖVP, Tirol): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Minis­terin! Hoher Bundesrat! Es wurde vorhin bereits ein Stichwort zum Thema Gesundheit gegeben.

Meine Kollegin hat gesagt, dass die Gesundheit das Wichtigste ist. – Ich habe da Erfahrung mit älteren Menschen; ich bin selbst schon ein älterer Mann und weiß, dass einem, wenn man jemanden fragt: Was ist das Wichtigste? – man hat ja oft Zweifel, ob das jetzt das Finanzielle oder die Gesundheit sein soll –, unisono die Auskunft gegeben wird: Das Wichtigste ist die Gesundheit!

Ein junger Mann mit zwanzig Jahren wird wahrscheinlich auf diesen Faktor weniger achtgeben, weil für ihn die Gesundheit etwas Selbstverständliches ist.

Die Überwachung der Medikamente, die die Pharmaindustrie auf den Markt bringt, ist ein ebenso wichtiger Punkt, und deswegen ist sie sehr zu begrüßen.

Wir sind stolz auf unsere Leistungen im Gesundheitsbereich und auch froh, dass die Frau Ministerin die Tradition, in diesem Bereich Hervorragendes zu leisten, fortsetzt. Wenn man vergleicht mit anderen Ländern, mit England zum Beispiel, ein erschrecken­des Beispiel, dann kann man wirklich nur gratulieren und sich freuen.

Im Internet kaufen viele Menschen Arzneimittel, sie glauben, dass sie billiger sind – das ist verständlich, es birgt aber auch Gefahren mit gefälschten Medikamenten, die zu Schnäppchenpreisen angeboten werden.

Eine Kommission der EU hat festgestellt, dass es in letzter Zeit 170 gefälschte Medikamente im Internet gegeben hat, zum Beispiel das Grippemittel Tamiflu, sogar gegen die Vogelgrippe hat man das dann genommen, oder ein Mittel gegen Fettleibig­keit, es heißt Acomplia, oder ein Mittel zur Entwöhnung für Raucher wurde ange­priesen und auf den Markt gebracht. Manche Wirkstoffe, die dort angeboten werden, machen süchtig und abhängig. Das sind Dinge, weshalb eine Kontrolle, eine Arznei­mittelüberwachung notwendig ist.

Es gibt auch schwarze Schafe, die sich noch etwas zusätzlich ausgedacht haben. Zum Beispiel werden auf Medikamente – das hat kürzlich eine Tageszeitung in Österreich gebracht – in Lettland 5 Prozent aufgeschlagen, in Österreich 20 Prozent, bringt die Pharmaindustrie dann die Medikamente nach Lettland und schöpft dabei 15 Prozent Gewinn ab, weil man das direkt bestellen kann.

Es gibt Dinge, die zu überwachen sind, daher ist es notwendig, dass man diese Regelung einführt. Wir glauben, dass die Pharmaindustrie in die Pflicht genommen werden soll. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP.)

12.28


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Gumplmaier. – Bitte.

 


12.28.50

Bundesrat Dr. Erich Gumplmaier (SPÖ, Oberösterreich): Werte Frau Präsidentin! Werte Frau Ministerin! Meine Stimme ist im Moment angeschlagen, und ich bin auf Medikamente angewiesen, auf die ich mich verlassen kann, dass sie sicher wirken und keine unsicheren Nebenwirkungen haben.

Als Parkinson-Patient weiß ich den Segen von Medikamenten zu schätzen. Ich habe am Tag sieben verschiedene zu nehmen, die mich in die Lage versetzen, hier aufzu­treten.


BundesratStenographisches Protokoll745. Sitzung / Seite 64

Gleichzeitig muss ich mich darauf verlassen, und es bleibt immer ein gewisses Unsicherheitsgefühl, wie weit ich ausgeliefert bin, wie weit ich wirklich über eventuelle Nebenwirkungen und Spätschäden voll informiert bin.

Die Bundesregierung hat eine Vorgabe umzusetzen, nach dem Titel IX des Gemein­schaftskodex, ein effektives System zur Arzneimittelüberwachung aufzubauen. Es ist natürlich die Frage zu stellen: Ist eine von der Behörde ausgegliederte Agentur von der Pharmaindustrie so unabhängig, dass sie hier wirklich wirksam tätig werden kann? – Das ist eine Tatsache, die wir von der letzten Bundesregierung geerbt haben, sie wurde schon von der letzten Bundesregierung im Jahr 2006 ausgegliedert.

Nunmehr geht es darum, die Finanzierung zu sichern, und zwar in einer Weise zu sichern, dass sie von der Pharmaindustrie unabhängig und unbestechlich ist. Wir kennen die Vergangenheit. Die Pharmaindustrie ist eine von den Finanzmärkten stark abhängige Industrie, wo Lobbyismus eine große Rolle spielt, wo viele Einflüsse geltend gemacht werden, um die Zulassungswege abzukürzen oder zu beschleunigen – bei allem Segen, der damit auch bewirkt wird.

Eine der wichtigsten Aufgaben des Instituts wird es sein, die Medikamentensicherheit zu gewährleisten, zum Beispiel durch Sammlung der Nebenwirkungen, Bewertung der Ergebnisse, um vorbeugende Maßnahmen zu treffen.

Alle Aktivitäten sollen in Abstimmung mit der Europäischen Arzneimittelagentur, insbe­sondere was die Überwachung des Internethandels betrifft, getroffen werden. Es soll verhindert werden, dass Fälschungen auf den Markt kommen und hier Verbrecher schnelles Geld machen.

Der finanzielle Bedarf wurde uns im Ausschuss angegeben und beträgt – geschätzt – etwa 4 Millionen €, ausgehend von einem Personalstand 14 plus drei. Ich hoffe, dass damit das Auslangen gefunden werden kann.

Wir gehen dazu davon aus, dass mit der Gesetzesänderung auch in Zeiten knappster Budgetmittel das Richtige getan wird, um den Menschen, die auf Medikamente angewiesen sind, das Gefühl der Sicherheit zu geben. Es wurde hier ein Weg gewählt, der international bereits Vorbildwirkung hat. Es wurden Ihnen, Frau Minister, die Verantwortung und die Kompetenz übergeben, auch die Größenordnung festzulegen.

Ich wünsche und deponiere hier, dass es notwendig ist, wirklich dafür zu sorgen, dass eine von der Pharmaindustrie unabhängige Kontrolle aufgebaut wird und eine effiziente Überprüfung möglich wird.

Zum zweiten Bereich, der im Titel des Gesetzes beinhaltet ist, Ernährungssicherheit, fehlen mir noch einige Initiativen, da wäre, glaube ich, noch viel zu sagen, denn auch von der Ernährung und den Nahrungsmitteln kommen, wie wir wissen, viele Krank­heiten der heutigen Zivilisation. – Ich danke. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und den Grünen.)

12.33


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Frau Bundesminister Dr. Kdolsky, Sie haben das Wort. – Bitte.

 


12.33.53

Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend Dr. Andrea Kdolsky: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Werte Bundesräte! Lassen Sie mich vielleicht eine ganz kurze Replik auf die Aussage zur Prävention geben: Ja, es ist richtig, wenn wir Profes­sor Nefiodow, den ich vor zwei Tagen gehört habe, hören und wissen, dass der 6. Kontradieffzyklus in der Entwicklungsgeschichte letztendlich die Gesundheit sein wird, und da vor allem die Prävention und die betriebliche Gesundheitsvorsorge. Dann wissen wir, wo wir ansetzen müssen, denn eines der besten Gesundheitssysteme,


BundesratStenographisches Protokoll745. Sitzung / Seite 65

wenn nicht das beste Gesundheitssystem der Welt muss natürlich auch finanziert werden.

Eine Finanzierung ist auf der einen Seite möglich, indem wir entsprechende Effizien­zen, Synergien, Schwerpunkte und andere Schnittstellen zu Nahtstellen machen, aber auf der anderen Seite ist sie wahrscheinlich am allerbesten zu finanzieren, wenn wir in die Prävention investieren und die Menschen gesund alt werden lassen – eines der großen Ziele unserer Gesellschaft. Vielleicht gelingt es uns, in 25 Jahren so weit zu sein, wie man es in China vor vielen Hunderten von Jahren war, als Mediziner nicht dafür bezahlt wurden, dass sie geheilt haben, sondern dafür, dass sie gesund gehalten haben. Ein ganz wesentlicher Ansatz auch in der Prävention und im Denken um Prävention.

Prävention sind für mich – lassen Sie mich das ganz klar sagen – aber nicht nur Impfprogramme, denn das ist ein ganz kleiner Bereich der Prävention. Prävention umfasst für mich vor allem das Umdenken der Menschen in Richtung eines gesunden Lebensstils. Prävention umfasst aber auch das Schulen der Menschen in Richtung Eigenverantwortlichkeit für den eigenen Organismus, für den eigenen Körper. Wir geben so viel Geld für die Reparatur unserer Autos aus, wir sind aber nicht bereit, regelmäßig unseren Körper „reparieren“ zu wollen oder von vornherein schon so schonend damit umzugehen, dass wir Reparaturen gar nicht notwendig haben. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

Ich habe mich sehr bemüht, schon in den ersten vier Monaten einige sehr klare Punkte zu setzen. Gemeinsam mit Kollegin Claudia Schmied aus dem Bildungsressort haben wir die Plattform „Gesunde Schule“ aus der Taufe gehoben – gemeinsam! –, weil wir glauben, dass das Ansetzen von Prävention bei den Jüngsten anfangen muss.

Wir müssen unseren jungen Menschen beibringen – das fällt mir als Jugendministerin natürlich auch sehr leicht –, zu lernen, damit richtig umzugehen. Und wir haben hier ein Konzept, das gemeinsam Ernährung, Bewegung und letztendlich auch den Schutz vor Drogen, Alkohol und Nikotin entsprechend anbietet. Ich glaube, das ist ein erster Schritt.

Wir müssen aber weiter gehen. Österreich ist ein Vorreiter im Rahmen der Gesund­heitsvorsorge. Die Gesundheitsvorsorgepässe, die wir haben, sind europaweit aner­kannt. Das ist etwas, das nur Österreich angeboten hat und hat. Wir haben es sogar noch verfeinert, denn wir haben nicht nur gesagt, es gibt einen Vorsorgepass, sondern wir haben diese Vorsorgepässe auf die Altersstruktur definiert: „18 plus“, „40 plus“, „60 plus“, vor sechs Wochen haben wir „75 plus“ aus der Taufe gehoben. Ja warum? – Weil wir ganz spezifische Vorsorgeuntersuchungen für die spezifischen Altersgruppen haben. Das ist ein ganz wesentlicher Schritt.

Da müssen wir noch mehr in die Öffentlichkeit gehen – ich sage Ihnen die traurigen Zahlen. Da gibt es ein starkes West-Ost-Gefälle: Wir haben 90 Prozent Akzeptanz in Vorarlberg, wir haben 17 Prozent Akzeptanz im Burgenland. Das heißt, wir müssen damit einfach noch mehr an die Öffentlichkeit gehen. Wir müssen da noch mehr schulen, und wir müssen das noch mehr in den Vordergrund rücken.

Aber neben diesen Anboten, die wir geben, ist natürlich auch das Impfprogramm – lassen Sie mich dann zwei Worte darüber verlieren – ein wesentlicher Faktor zum Schutz unserer Kinder. Ich glaube, wir haben etwas sehr, sehr Gutes in diesen neuen budgetären Ansatz hineingebracht, nämlich die Rotaviren. Wenn wir sehen, wie viele Hunderttausende das voriges Jahr betroffen hat – wir haben uns ja die Zahlen herausgenommen –, dann ist das, glaube ich, der richtige Schritt.


BundesratStenographisches Protokoll745. Sitzung / Seite 66

Zu den Pneumokokken: Es waren zwölf Fälle in Österreich im gesamten vorigen Jahr. Und da muss ich sagen, sie alle waren Risikofälle, die schon derzeit durch die Gebiets­krankenkassen entsprechend geimpft werden. Ich sehe hier akut keinen Handlungs­bedarf, weil es abgedeckt ist, genau über jene Fälle, die fallen.

Ich muss jetzt ein paar ernste Worte als Ärztin, als Fachexpertin zum Thema HPV sagen. Ich bin in großer Sorge, denn es ist falsch, auch wenn ich in allen Publikationen lese, dass es sich um eine Impfung gegen Gebärmutterhalskrebs handelt! Ich bin Ärztin, ich kann Ihnen das garantieren. Es ist keine Impfung gegen Gebärmutter­halskrebs! Es gibt keine Impfung gegen Gebärmutterhalskrebs! Und die Tatsache, dass eine Einzelanbieterfirma auf dem Markt ist, die nicht nur ungeheure Kosten für diese Impfung verlangt, sondern auch der Bevölkerung fast im Rahmen eines neuro­linguistischen Programmierens den Kopf so verdreht, dass alle sagen, das ist eine Impfung gegen Gebärmutterhalskrebs, wird wozu führen? – Dazu, dass sich junge Menschen geschützt glauben, obwohl sie es nicht sind – und was nicht mehr machen? – Zu unseren Vorsorgeuntersuchungen gehen, mit denen wir den Gebär­mutter­halskrebs auf fast null gebracht haben.

Ich werde nicht zustimmen, solange wir nicht klare Definitionen haben. Diese Impfung ist eine Impfung mit Retroviren – wir sprechen über Arzneimittelsicherheit! –, was in der Langzeitstudie noch überhaupt nicht bewiesen ist. Wir wissen, dass Impfungen mit Retroviren – und glauben Sie mir, ich habe als Wissenschafterin lang genug an der Klinik gearbeitet – nicht ganz unsensibel sind, um das einmal vorsichtig auszudrücken. Wir haben keine Langzeitstudien. Wir haben definitiv den Nachweis, dass diese Impfung gegen HPV hilft. Und wir haben die Tatsache, dass das HP-Virus verant­wortlich ist a) für eine sexuell übertragbare unangenehme Erkrankung, nämlich die Feigwarzen, b) zu Infertilität führen kann und c) einer der Faktoren zur Entstehung von Gebärmutterhalskrebs ist.

Dazu kommt, dass es nur diese eine Firma auf dem Markt gibt – da fühle ich mich nicht sicher und da bin ich Ihnen dankbar dafür, was Sie vorher gesagt haben: Da habe ich ein bisschen ein Problem! Alle Studien, die derzeit am Markt sind – und glauben Sie mir, ich habe dieses Thema wirklich ernst genommen und habe mir die Studien auch über die Wissenschaftsdatenbanken angesehen –, sind von Firmen beauftragte Studien, nämlich von dieser einen Firma, die dieses Medikament vertreibt.

Sie haben auch Tamiflu angesprochen. Wir haben schon einmal durch eine leichte Hysterie – lassen Sie mich das so ehrlich sagen – einer Firma verholfen, in New York börsennotiert, auf Stelle eins zu kommen. Ich bin nicht bereit, einer zweiten Firma zu helfen, in New York börsennotiert, auf Stelle eins zu kommen, und unter Umständen etwas in einen Impfplan aufzunehmen, dass mich – und meine Herrschaften, das muss ich hier auch so sagen, wie es ist! – zirka 20 Millionen € im Jahr für einen Geburts­jahrgang kostet – das sind um rund 20 Prozent mehr, als ich derzeit für das gesamte Impfprogramm im Jahr habe, nicht weiß, ob es wirklich auf lange Zeit Nebenwirkungen hat, und unter Umständen in Frage stelle oder in Gefahr bringe, dass die so hervorragend eingesetzten Vorsorgeuntersuchungen schlechter werden und der Gebärmutterhalskrebs wieder ansteigt.

Tatsache ist: Ich will jetzt die HPV-Impfung nicht verdammen. Ich weiß, dass im Herbst eine zweite Firma auf den Markt kommt. In dem Moment, wo diese zweite Firma auf den Markt kommt, wird es auf einmal neue Studien geben, in dem Moment wird der Preis – ich kenne die Situation als Medizinerin am pharmazeutischen Markt – um 50 Prozent „hinunterrattern“, und wir werden die Chance haben, vielleicht die eine oder andere präsumptive, prospektive, randomisierte Studie zu machen, wo wir ent­sprechend auch Ergebnisse haben werden.


BundesratStenographisches Protokoll745. Sitzung / Seite 67

Ich bin bereit – und es gibt Bundesländer, die hier ein bisschen vorpreschen –, zu unterstützen, dass man sagt, man bietet gemeinsam mit der Gebietskrankenkasse, gemeinsam mit den Ländern, gemeinsam mit dem Bund Unterstützungen an. Ich glaube auch nicht, dass man jetzt eine Hatz gegen diese Impfung durchführen sollte.

Ich glaube aber, dass es ganz wesentlich ist, für Folgendes zu sorgen – und das ist mir wirklich wichtig! Bitte helfen Sie in Ihren Bezirken, in Ihren Bereichen mit, zu klären: Es ist keine Impfung gegen Gebärmutterhalskrebs! Das gibt es nicht. Wenn wir das hätten, wäre ich zutiefst dankbar, aber das gibt es nicht. Ich lese das in Medien, ich lese das von Organisationen, ich lese das von Eltern, die mich kritisieren, dass ich ihren Kindern sozusagen das Leben nähme, weil ich ihnen die Impfung nicht gebe! Tatsache ist, ich mache mir viele Gedanken darüber, ich glaube nur, dass es zum heutigen Zeitpunkt noch nicht der richtige Zeitpunkt ist, das in einen österreichweiten Impfplan aufzunehmen. Ich glaube, dass ich entsprechende Sachkenntnis habe, das zu tun. Es war mir wesentlich – verzeihen Sie, wenn ich hier ein bisschen länger ausgeholt habe! –, das noch einmal in so klaren Worten zu sagen. (Allgemeiner Beifall.)

Der Arzneimittelsicherheitsgurt – gehen wir zu den Arzneimitteln! – ist ein ganz wichtiger Bestandteil unseres Gesundheitssystems. Danke vielmals, Frau Bundesrätin! Der Arzneimittelsicherheitsgurt gibt uns eine unglaubliche Möglichkeit. Wir haben in einem Probebetrieb in Salzburg begonnen, die Wechselwirkung von Arzneimitteln vorzeitig zu erkennen.

Ich sage Ihnen jetzt eine eindrucksvolle Zahl: Es gibt eine ganz rezente Studie vom NIH in Amerika, die sagt, dass durch Arzneimittelwechselwirkungen und die daraus folgenden Schädigungen im Jahr 174 Milliarden US-Dollar an Kosten verursacht werden! Ich möchte nur ein Promille für unser System haben, und dann brauchen wir uns überhaupt keine Gedanken mehr zu machen, wie weit wir Staatsbürger mit dem Ansteigen von Sozialversicherungsgebühren belasten oder nicht.

Tatsache ist, diese Wechselwirkung von Medikamenten in den Griff zu bekommen, ist ein ganz wesentlicher Faktor! Sie dürfen eines nicht vergessen: Patienten gehen zum Arzt und bekommen Medikamente, die verschrieben werden. Daneben kaufen sie sich Medikamente, die nicht verschrieben werden. Es gibt wenige Patienten – und glauben Sie mir, als Anästhesistin musste ich immer die Medikamente „herauskitzeln“, weil das keine unheikle Geschichte bei der Narkose ist! –, die dem Arzt jene Medikamente sagen, die nicht rezeptpflichtig sind, weil sie ja glauben, das seien Zuckerln. Das sind aber keine Zuckerln, sondern das sind genauso Medikamente mit Wirkstoffen, die auch Wechselwirkungen haben, und die sich auch potenzieren können.

Das heißt, wir haben uns überlegt: Wo läuft denn die Information zusammen? Wir wollten nicht die Ärzte ausgliedern, sondern an Bord holen, wir wollten nicht die Patienten ausgliedern, sondern an Bord holen. Wir haben gesagt: Wo läuft die Infor­mation zusammen? – In der Apotheke! Und daher haben wir versucht, mithilfe der E-Card sozusagen als Berechtigungskarte, als Safeschlüssel auf freiwilliger Basis in Salzburg den Patienten zu sagen: Geben Sie uns alle Ihre Medikamente bekannt, dann sehen wir wie auf einer Alarmstruktur, was Sie doppelt, dreifach nehmen und was sich gegenseitig spießt.

Es gab bereits im ersten Monat 5 000 Salzburgerinnen und Salzburger, die bereit­willigst mitgemacht haben. Wir haben bereits über 100 Hochrisiko-Wechselwirkungen erkannt, und wir haben bereits ein hohes Einsparungspotential erkannt, weil Doppel­medikamente oder Medikamente nicht fertig und andere dazu genommen wurden. Sie sehen, hier haben wir ein hohes Potential. – Das noch zum Thema Arzneimittel­sicherheitsgurt.


BundesratStenographisches Protokoll745. Sitzung / Seite 68

Ich hoffe, dass wir nach der Probephase auch alle anderen Länder in ihrer Kompetenz im föderalistischen System davon werden überzeugen können, dass sie hier mitmachen und ein sehr gutes System übernehmen.

Ich darf zur AGES übergehen. Ich denke, die AGES ist eines der wirklich hervorragen­den Beispiele für eine gute Ausgliederung – gemeinsam mit der Personalvertretung. Das war sehr wesentlich, weil dort auch sehr lang versucht wurde, das sehr klar und sehr strukturiert in die richtigen Wege zu geben.

Zur Finanzierung: Es ist richtig, dass wir eine zusätzliche Finanzierung der Arznei­mittel-Vigilanz-Überprüfung über zusätzliche Einnahmen dieses so genannten Vigilanz-Cent wollten. Die restliche Finanzierung ist geklärt. Sie wissen, wir haben das 60 : 40 Prozent mit dem Lebensministerium geteilt, es geht um 8 Millionen € für zwei Jahre – 2007 und 2008 –, das betrifft mein Ressort mit 2,4 Millionen €, und die sind vom Bund über das Finanzministerium zugesagt und abgedeckt.

Es geht hier nur um diese Vigilanztestung. Da gab es eine Diskussion – und da bin ich auch dem Koalitionspartner sehr dankbar –, wo wir gemeinsam beschlossen haben, letztendlich nicht die Österreicherinnen und Österreicher mit einem „Vigilanz-Cent“ zu belasten. Wir haben gesagt: Die Pharmaindustrie wird ja wohl in der Lage sein, mit 1 bis 3 Cent entsprechend eine Umsetzung in dieser Vigilanzsicherung, die auch in ihrem eigenen Qualitätsinteresse sein müsste, finanzieren zu können.

Daher glaube ich, dass sehr wohl auch in dieser ausgegliederten Struktur über den Aufsichtsrat und die Aufsichtspflicht, die durch die beiden Ministerien gegeben ist, keine Gefahr besteht, dass hier eine Übernahme durch die Pharmaindustrie stattfindet. Es besteht auch – so glaube ich – keine Gefahr, dass wir durch zu viele Medikamente die Finanzierung nur garantieren. Ich glaube auch, dass wir, weil wir auch nicht mehr Personal genommen haben – da muss ich jetzt ein bisschen lächeln, denn immer dann, wenn man beginnt, effizient zu arbeiten und zu sagen, wir brauchen nicht mehr Personal!, dann stellt man das in Frage –, damit beginnen, Verwaltungsreform darzustellen und ein bisschen von der Maria Theresianischen Kanzleiordnung Abstand zu nehmen.

Das ist ein privatwirtschaftlicher Ansatz, den ich persönlich sehr schätze und wobei ich glaube, dass qualifizierte und effiziente Strukturen dorthin gehen, dass man nicht immer nur nach mehr Personal schreit. Ich weiß, dass das ein neuer Ansatz ist, aber ich halte ihn zumindest für einen, den man beginnen sollte, zu gehen. Ich glaube aber auch – und da bin ich ganz auf Ihrer Seite –: Man muss natürlich schauen, ob man wirklich pro futuro damit auskommt. Eines darf es nicht sein: Es darf kein Kranksparen sein, wie ich immer gesagt habe!

Das österreichische Gesundheitssystem dient nicht zu einer Sparaktion, sondern es geht mir darum, dass wir letztendlich durch Effizienzen die Strukturen so durchsichtig und transparent machen, dass wir eventuell Geld, das wir freimachen können, wieder ins System zurückführen. Das ist die einzige Möglichkeit! Es kann das österreichische Gesundheitssystem – und dafür stehe ich hier gerade – nicht eine Sparaktion sein, um irgendjemand anderem zu helfen.

Das österreichische Gesundheitssystem – und ich hoffe, da sind Sie alle meiner Mei­nung – ist einfach zu schützen, zu garantieren, mit dem freien Zugang zur bestmög­lichen Versorgung für alle Österreicherinnen und Österreicher und vor allem – und das ist ein Recht, ein Menschenrecht! – mit einer Entwicklung in der Medizin, die auch jedem zugute kommt. Und ich möchte keine englischen Verhältnisse in Österreich haben! (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie des Bundesrates Ing. Kampl.)


BundesratStenographisches Protokoll745. Sitzung / Seite 69

Ich möchte unter gar keinen Umständen einem 65-Jährigen sagen, dass er einfach zu alt für eine Operation ist. Ich möchte dafür sorgen, dass wir in diesem Land weiter den Österreicherinnen und Österreichern sagen: Ja, schaut auf euch selbst! Ihr habt Verantwortung für euch selbst, aber wenn euch etwas passiert, dann sind wir da: mit einer wohnortnahen Versorgung, mit einer ausgezeichneten Versorgung und mit keiner Angst vor etwaigen Übernahmen durch Großkonzerne oder unter Umständen dem Verweigern von notwendigen Medikamenten in der wissenschaftlichen Entwicklung für künftige Erkrankungen.

Sie wissen, es liegt viel Arbeit vor uns. Es liegt die Arbeit vor uns, eine gemeinsame Finanzierung, Planung und Steuerung zu machen, zu schauen, dass wir die weißen Flecken im niedergelassenen Bereich bereinigen und dass wir uns vor allem auch in der Ausbildung qualitativ immer mehr verbessern und dass wir auch auf die demographischen Zahlen Rücksicht nehmen.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen hier auch zum Thema Finanzierung der AGES etwas beant­worten. Es war mir vor allem wesentlich: Nehmen Sie meine Worte zur HPV-Impfung mit! Ich werde Sie auch weiter am Laufenden halten, wie sich die Entwicklung in den nächsten Monaten in diese Richtung entwickelt. – Herzlichen Dank. (Allgemeiner Beifall.)

12.52


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet hat sich noch Herr Bundesrat Konecny. – Bitte.

 


12.52.35

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Ich bin Ihnen sehr dankbar für diese auch sehr emotionale Stellungnahme, weil natür­lich das, was alle Redner festgestellt haben, dass für Menschen die Sorge um die Gesundheit zu einem beträchtlichen Teil im Mittelpunkt ihres Denkens und Fühlens steht, auch ein Tor ist, durch das Missbrauch eindringen kann.

Wenn jemand Hysterie – und ich würde noch schärfere Worte verwenden als Sie, aber ich kann mir das leichter erlauben – mit dieser angeblichen Impfung gegen Gebär­mutterhalskrebs statt gegen eine Erregungsform, die für eine Anzahl von Fällen verantwortlich ist, entfaltet, dann ist dem entgegenzutreten und ist klarzumachen, dass eine Hysterie entfaltet wird, um die Politik und die Sozialversicherungsträger zum Nach­geben zu bringen und Börsenkurse zu lukrieren. Und das ist eindeutig ein Missbrauch dieser Sorge der Menschen um ihre Gesundheit!

Frau Bundesminister! Ich gebe aber zu, ich habe mich nicht allein zu Wort gemeldet, um das zu sagen. Ihr emphatischer Ausdruck hat mir nämlich Hoffnung in einer anderen Hinsicht gemacht. Sie haben dem Anbieter dieser Impfung – und ich unter­schreibe das vollinhaltlich – vorgeworfen, dass er fast agiert wie beim Neurolin­guistischen Programmieren. Was vielleicht nicht allen Mitgliedern dieses Hauses bekannt ist: Diese durchaus umstrittene Methode hat mit einer anderen Formulierung für das harte „P“ am Schluss – diesmal geht es um Neurolinguistische Psycho­therapie – erstaunlicherweise am letzten Amtstag ihrer Vorgängerin, Anerkennung als anerkannte psychotherapeutische Methode gefunden.

Es ist die einzige Methode, bei der der Psychotherapiebeirat nicht zugestimmt hat, was die frühere Frau Bundesministerin nicht beeindruckt hat. Diese Entscheidung hat den Psychotherapiebeirat gegen seine jahrelange Erfahrung so empört, dass er seine Arbeit eingestellt hat.

Frau Bundesminister, bei Ihrer Einschätzung des Neurolinguistischen Programmierens, den Sie jetzt zum Ausdruck gebracht haben, besteht vielleicht doch eine Hoffnung,


BundesratStenographisches Protokoll745. Sitzung / Seite 70

dass dieser Schritt zurückgenommen wird. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

12.55


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Frau Bundesminister.

 


12.55.16

Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend Dr. Andrea Kdolsky: Sie sehen, ich trage das Herz auf der Zunge und komme dann manchmal in Argumen­tations­notwendigkeit. Glauben Sie mir aber: Reden, das mache ich gerne! (Heiterkeit bei der SPÖ.)

Tatsache ist: Herzlichen Dank, ich glaube, das Thema wird irgendwann einmal auf­kommen. Eine kritische Betrachtung und eine Zukunftsvision: Ich bin ja selbst Psycho­therapeutin – Viktor Frankl: Logotherapie und Existenzanalyse – und ich muss sagen, ich teile Ihre Aussage persönlich. Ich schätze aber meine Vorgängerin sehr, die in vielen, vielen Punkten eine Vorreiterrolle im österreichischen Gesundheitssystem gehabt hat. Ein Österreichischer Strukturplan 2005, der weltbewegend ist, wäre nicht möglich gewesen ohne ihre Vorreiterfunktion. Ich schätze daher alle ihre Aktivitäten sehr. Ich denke, dass gegen Ende einer Legislaturperiode auch im Zuge von Ver­handlungen oft sehr viele Entscheidungen fallen müssen, die dann vielleicht im Nachhinein, von einer anderen Seite beleuchtet, in ein anderes Licht kommen.

Das, was ich ein bisschen kritisch vermerken darf – und ich hoffe, dass wir das ins richtige Licht kriegen und gemeinsam zurechtrücken –, ist: Gerade ein Beirat für Psychotherapie, der wissen sollte, dass man durch die Kommunikation und das Reden miteinander Entscheidungen trifft, sollte nicht einfach nur seine Arbeit niederlegen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Gruber.)

Ich bitte sehr – und ich werde mich darum bemühen, auch die Mitglieder einzeln anzu­schreiben, denn mir fällt nichts aus der Krone; ich werde auch wie üblich zum Hörer greifen und sie anrufen – und ich glaube, wir sollten noch einmal in Gespräche miteinander treten. Unterschriften, die gegeben geworden sind, sind nicht für die Unendlichkeit, und ich glaube, dass wir noch einmal darüber sprechen sollten.

Ich möchte das aber nicht als Schritt gegen meine Vorgängerin, Frau Bundesministerin Rauch-Kallat außer Dienst, aufgefasst sehen, sondern es geht darum, dass man mit neuen Erkenntnissen und gemeinsamem Reden einfach vielleicht auch neue Ent­scheidungen trifft. Ich würde sehr bitten: Wirken Sie darauf ein! Ein Psychothera­piebeirat muss kommunizieren, weil: wer sonst, wenn nicht er? (Beifall bei ÖVP, SPÖ und den Grünen.)

12.57


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Das ist ebenfalls nicht der Fall.

Wir gelangen daher zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Das ist die Stimmenmehrheit. Der Antrag ist somit angenommen.


BundesratStenographisches Protokoll745. Sitzung / Seite 71

12.58.20 3. Punkt

Jahresvorschau des BMGFJ 2007 auf der Grundlage des Arbeitsprogramms der Kommission für 2007 sowie des 18-Monate-Programms der deutschen, portu­giesischen und slowenischen Präsidentschaft (III-323-BR/2007 d.B. sowie 7684/BR d.B.)

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nun zum 3. Punkt der Tagesordnung.

Die Berichterstattung darüber hat Herr Bundesrat Kritzinger übernommen. Ich bitte um den Bericht.

 


12.58.56

Berichterstatter Helmut Kritzinger: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hochgeschätzte Frau Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 8. Mai 2007, die Sie alle kennen, den Antrag, der Bundesrat wolle den Bericht über die Jahresvorschau auf der Grundlage des Arbeitsprogramms der Kommission für 2007 sowie des 18-Monate-Programms der deutschen, portugiesischen und slowenischen Präsidentschaft zur Kenntnis nehmen.

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Florianschütz. – Bitte.

13.00.01

 


Bundesrat Peter Florianschütz (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Der vorliegende Bericht bringt eine Fülle von Infor­mationen über strategische Initiativen, vorrangig Initiativen wie das Weißbuch über Ernährung, Vereinfachungsinitiativen, Informationen der Kommission über bereits vor­gelegte Legislaturvorschläge oder Mitteilungen, die in Verhandlung stehen, und über das operative Programm des Rates.

Ich möchte mich, da das Papier ja allen zugänglich ist, auf drei Punkte im operativen Programm des Rates beschränken, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Im Bereich Familie schlagen die drei Präsidentschaften vor beziehungsweise setzt der Rat fest, dass es zu einer familienfreundlicheren Politik und zu einer Verbesserung der Kinderbetreuungsstruktur, letztendlich also zu einer kinderfreundlicheren Gesellschaft kommen soll.

Ich selbst bin – noch aus meiner früheren Tätigkeit als Bezirksrat – Bezirksjugend­beauftragter meines Heimatbezirks Favoriten. In diesem Bezirk gibt es rund 30 000 Kin­der und Jugendliche, die Schutz und Unterstützung brauchen. Deshalb ist es erfreulich, dass dies ein Schwerpunkt des operativen Programms ist. Frau Bun­desministerin, in der Umsetzung der Ziele der Präsidentschaften, die sich auf Österreich – so hoffe ich zumindest – nachhaltig auswirken werden, denke ich, haben Sie jede Unterstützung dieses Hauses, denn Kinder und Jugendliche als ein Teil der Schwächsten der Gesellschaft – sie sind nicht die einzigen Schwachen – brauchen jede Hilfe.

Zum Bereich Gender-Mainstreaming: Nach wie vor ist es so, dass wir Mädchen und junge Frauen fördern und stärken müssen. Das bedeutet nicht, dass wir uns nicht um die Buben auch kümmern müssen, keine Frage, aber bei denen müssen wir das aus anderen Gründen tun. (Zwischenruf der Bundesrätin Roth-Halvax.) Na ja, mehr, aber anders. Man kann es vielleicht so sagen: Mädchen stärken, Burschen fördern! – um das auf den Punkt zu bringen. Aber man muss sich da schon auch Sorgen machen, keine Frage.


BundesratStenographisches Protokoll745. Sitzung / Seite 72

Zweitens muss man Integrationsbemühungen vorantreiben, gerade bei ganz jungen Menschen. Das bedeutet zum Beispiel – was in Wien momentan vorbildhaft gemacht wird –, den Kindergarten als erste Bildungseinrichtung und erste Bildungsinstitution zu begreifen und dort viele Investitionen zu tätigen, weil dort sind sie am nachhaltigsten und dort kann man den Kindern am besten helfen. Man muss Kinder schützen, und das gilt auch für Jugendliche!

Die deutsche Präsidentschaft hat als zentrales Thema: Gleiche Chancen und gesell­schaftliche Teilhabe für alle Kinder und Jugendlichen. Das betrifft einerseits die Frage der Partizipation, also die Stärkung der Mitbestimmungsmöglichkeit – strukturierte Mit­bestimmung – durch Förderung von Kinder- und Jugendparlamenten sowohl auf nationaler als auch auf dezentraler Ebene. Dies bedingt aber auch – und das ist eine wesentliche Voraussetzung für Partizipation, meine Damen und Herren –, dass man die gesellschaftliche Grundlage der jungen Menschen sichert. Das bedeutet zuallererst eine Ausbildungsgarantie für alle jungen Leute. Es ist erklärtes Ziel dieser Bundes­regierung, dass jeder Jugendliche und jede Jugendliche einen Ausbildungsplatz – vom Beginn der Ausbildung bis zur Vollausbildung – erhält. Das ist eine wesentliche Ver­bes­serung zum jetzigen System. Das jetzige System mit dem Jugendausbildungs­sicherungsgesetz – so notwendig es ist – ist unzureichend.

Ich finde es ausgesprochen erfreulich, dass die jetzige Bundesregierung sich auf die Fahnen geheftet hat, eine Ausbildungsgarantie für alle Jugendlichen zu geben, und zwar auch für jene Jugendlichen, die innerhalb der Ausbildung Veränderungen erfah­ren. Das sind sehr viele, die entweder nach der Probezeit in einem Lehrverhältnis, während des Schulbesuchs oder nach einer Schulstufe, ihre Ausbildung aufgeben, und diesen müssen wir garantieren, dass es weitergeht. Dazu ist es notwendig, nicht nur die entsprechenden Arbeitsausbildungs-, sondern auch die dazugehörenden Arbeits­plätze zu schaffen.

Mein Appell dabei ist: Wir haben eine ganze Menge Lehrlinge im Bereich des öffentlichen Dienstes, das sollte man nicht unterschätzen, und all diese Lehrlinge – ich habe sie gerade in der Berufsschule in meiner beruflichen Tätigkeit als Fachaus­schuss­sekretär der Arbeiterkammer Wien besucht, weil die Verwaltungsassistenten zu meinem Betreuungsgebiet gehören – fürchten sich davor, nicht übernommen zu werden.

Frau Bundesministerin – Sie sind nicht nur die Gesundheitsministerin, sondern auch die Jugendministerin –, die Jugend vertraut darauf und ersucht sehr, dass nicht nur der Ausbildungsplatz, sondern auch der Arbeitsplatz erhalten bleibt. Ich denke, die Bemühung, jene Leute nach der Ausbildung beim Bund auch zu übernehmen – ich weiß schon, das wird nicht hundertprozentig gelingen –, wäre doch sehr wünschens­wert.

Meine Damen und Herren! Ich habe eine Studie über den sozialen Status von Migran­tin­nen und Migranten vorliegen. Dabei wurde insbesondere auch die Frage der Frauenerwerbstätigkeit von 15- bis 35-jährigen Frauen und Mädchen mit türkischem Migrationshintergrund in Österreich behandelt. – Meine Damen und Herren, in dieser Zielgruppe der 15- bis 35-jährigen Frauen und Mädchen mit türkischem Migrations­hintergrund sind 4 Prozent arbeitslos und 45 Prozent nicht erwerbstätig, überhaupt nicht. Das heißt, 45 Prozent der Mädchen dieser Zielgruppe erhalten überhaupt keine Ausbildung und in Folge auch keinen Arbeitsplatz.

Meine Damen und Herren, das ist ein nicht hinzunehmender Zustand! Das ist ein nicht hinzunehmender Zustand, weil eine Gruppe junger Frauen auf Dauer in die Abhängigkeit und Unmündigkeit verbannt wird. Das kann nicht sein, und Sie werden bei uns jede Unterstützung – da kann ich schon für die Sozialdemokratie sprechen –


BundesratStenographisches Protokoll745. Sitzung / Seite 73

finden, in diesem Bereich Initiativen zu setzen, um diese Frauen aus diesem Gefäng­nis – um es so zu nennen – herauszuführen.

Es gibt eine zweite Gruppe von Jugendlichen mit Migrationshintergrund, die ebenfalls unser besonderes Augenmerk verdienen – es ist eine kleine Gruppe, sie wird oft übersehen –: Es handelt sich um die minderjährigen unbegleiteten Flüchtlinge. Minder­jährige unbegleitete Flüchtlinge sind ungefähr die Ärmsten, die man sich vorstellen kann; besonders eine Zielgruppe, nämlich die aus China kommenden Jugendlichen. Es handelt sich um Zweit- und Drittkinder – darunter viele Mädchen –, die als Flüchtlinge zu uns kommen, in der Bundesbetreuung betreut werden, aber auf Grund der Tatsache, dass sie von ihrem Heimatland nicht anerkannt werden, keine Möglichkeit haben, Asyl zu erhalten oder die Staatsbürgerschaft zu erwerben.

Ich bitte Sie, Frau Bundesministerin, auf Ihren Ressortkollegen im Innenministerium einzuwirken, dass in solchen Fällen humanitäres Asyl gewährt wird, weil die Kinder keine andere Chance haben. Sie können nicht zurück, weil das Heimatland sie nicht akzeptiert, und aus formalen Gründen können wir ihnen auch sonst nicht helfen. Es bleibt ihnen nur das humanitäre Asyl. Ich ersuche doch sehr, sich für diese Zielgruppe einzusetzen.

Last, but not least: Im Gesundheitsbereich wird eine Behebung der Ungleichheit beim Zugang zum Gesundheitswesen für Migrantinnen und auch eine Behebung der Ge­schlechterungleichheit gefordert. So, wie ich Sie kennengelernt habe, ist Ihnen das mit Sicherheit ein Anliegen, und da werden Sie unsere Unterstützung finden.

Insbesondere aber geht es um die Frage Alkoholmissbrauch und alkoholbedingte Schäden. – Meine Damen und Herren, dieses Land ist nicht nur das Land der Berge, es ist auch das Land der Tschecheranten. (Heiterkeit. – Bundesrätin Roth-Halvax: Da gibt es ein Ost-West-Gefälle!) Ich weiß nicht, wie viele tausende, zehntausende oder hunderttausende alkoholgefährdete Menschen es in diesem Land gibt; die heimliche Hymne des Landes ist offensichtlich die „Reblaus“ in der Moserschen Version.

Meine Damen und Herren! Die Initiative, den Alkoholmissbrauch bei Jugendlichen und bei Kindern zu bekämpfen, ist eine ganz entscheidende, wichtige Frage. Ich bedanke mich ausdrücklich dafür, dass Sie das in den Vordergrund Ihrer Bemühungen gestellt haben. Ich glaube, dass da viel zu leisten ist. Es gibt natürlich Spitzen, wie die 13-jährigen Bewusstlosen, aber richtig ist auch, dass in ganz vielen Parkanlagen im Land Wien viele, und zwar über alle Altersgrenzen hinweg, vom 12-Jährigen bis zum 60-Jährigen, mit der Bierdose frühstücken. Das ist ein Problem. Und ich denke, da ist insgesamt die Politik gefordert, auch was die Vorbildwirkung betrifft. Das heißt: Das Lob des guten Weines ist eventuell kein gutes Vorbild für die Jugend. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

13.08


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist als Nächster Herr Bundesrat Ager. – Bitte.

 


13.08.44

Bundesrat Hans Ager (ÖVP, Tirol): Geschätzte Frau Präsidentin! Liebe Frau Bun­desministerin! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Hoher Bundesrat! Ich darf am Anfang meiner Ausführungen – zwar unauf­gefordert, aber es ist mir ein Herzensbedürfnis – zu deinem ersten Besuch in unserer Kammer sagen, dass – und ich bleibe beim du, Frau Minister – du ein wohltuender Farbklecks bei uns bist. Ich wünsche mir, und ich hoffe sehr, und ich bin überzeugt davon, dass du dich auch in Zukunft nicht verbiegen lässt und dass du genau so bleibst, wie du bist. Falls das auch noch jemanden interessiert: Ich habe dir zu Ehren


BundesratStenographisches Protokoll745. Sitzung / Seite 74

heute den Schweinsbraten gegessen (Heiterkeit), ohne ein schlechtes Gewissen zu haben. Du bist auch die Jugendministerin, und du bist es zu Recht. Also bleib so, wie du bist! (Allgemeiner Beifall.)

Ich komme zurück – und das ist jetzt gar nicht so leicht – zu Punkt 3 der heutigen Tagesordnung, auf die Grundlage des Arbeitsprogramms der Kommission für 2007 sowie des 18-Monate-Programms der deutschen, portugiesischen und slowenischen Präsidentschaft.

Am Beginn möchte ich sagen, dass ich es gut finde, dass diese drei Länder gemein­same Maßnahmen setzen, denn manche Dinge haben, wie wir wissen, eine längere Vorlaufzeit als dieses halbe Jahr der Präsidentschaft. Wem dies auch immer ein­gefallen ist – es ist eine g’scheite G’schicht, möchte ich sagen. Die Kernziele der Kommission – und ich möchte das nur streifen – wie Wohlstand, Solidarität, Sicherheit und Europa als Partner in der Welt, sind nach wie vor gültige Elemente.

Die Schwerpunkte für 2007 – unter anderem die Modernisierung der Wirtschaft, ein besseres Management der Migrationsströme und Europa lebenswerter zu machen – sind auch wichtige Themen. Viele dieser Dinge werden von strategischen Initiativen begleitet und sollen in den nächsten 18 Monaten verabschiedet werden.

Eine weitere Initiative betrifft sichere und effiziente Gesundheitsdienste – wie wir gehört haben – und grenzüberschreitende Leistungen. Bei diesen Leistungen ist es auch notwendig, eine gesamteuropäische Lösung in der Abrechnungsproblematik zu finden.

Weitere Themen sind die Bekämpfung – und das ist jetzt das, was mich besonders berührt hat – des Übergewichts und der Fettleibigkeit, weil dieses Gesetz einfach nicht spurlos an mir vorübergegangen ist. Darauf müssen wir sicher achten, weil das in Zukunft immer wichtiger wird. Durch die tolle Medizin werden die Leute immer älter, aber jeder muss auch seinen eigenen Verantwortungsbereich wahrnehmen.

Die Verbesserung der Richtlinie über Sicherheit von Spielzeug hat mich eigentlich erstaunt. Strengere Produktvorschriften bei Kosmetika sind weitere Initiativen, die in der sehr schnelllebigen und zeitgeistigen Zeit, in der wir leben, auch sehr wichtig sind.

Die bestehenden Vorschriften über die allgemeine Lebensmittel- und Nährwert­kenn­zeichnung werden auch überarbeitet. Ziel ist es auch, den sicheren Zugang der Patienten zu neuartigen Therapien zu verbessern.

Zum Schluss möchte ich noch die Entwicklung der europäischen Jugendpolitik erwäh­nen, mit dem Weißbuch der Kommission „Neuer Schwung für die Jugend Europas“. Hier wurde als gemeinsames Leitthema die soziale und berufliche Integration junger Menschen gewählt.

Ganz zum Schluss möchte ich sagen: Liebe Frau Ministerin, die Jugend ist bei dir in guten Händen! – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

13.13

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Breiner. – Bitte.

 


13.13.25

Bundesrat Franz Breiner (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Das Arbeitsprogramm dieser Kommission ist ein sehr ambitioniertes. Unter anderem werden ein besseres Management der Migrations­ströme und sichere, wettbewerbsfähige und nachhaltige Energie geplant. Beides sind Themen, bei denen Österreich generell viele Anstrengungen unternehmen muss, um ihnen gerecht zu werden.


BundesratStenographisches Protokoll745. Sitzung / Seite 75

Europa lebenswerter machen? – Eine Frage, die sich auch im Bereich der Migration stellt. Zurzeit gibt es in Österreich – im Speziellen in Oberösterreich – Familien, die auf Grund ihres Migrationshintergrundes Gefahr laufen, ausgewiesen zu werden. Dagegen laufen nicht nur Grüne Sturm, sondern auch GemeindepolitikerInnen aller Fraktionen – sowohl der SPÖ als auch der ÖVP.

Ich denke, dass es – wenn wir Europa lebenswerter machen wollen – auch dazu­gehört, dass wir Menschen, die so lange bei uns sind – nicht, weil sie es verschuldet haben, sondern weil unsere Verfahren so lange dauern –, anders behandeln.

Im Bereich der Energiepolitik ist heute schon erwähnt worden, dass es da vieler Anstrengungen bedarf. Der Herr Finanzstaatssekretär hat heute ohnedies schon gesagt, dass wir mit dem Kyoto-Ziel ein sehr hehres Ziel auf uns genommen haben und dass es vieler Initiativen bedarf, dieses zu erfüllen.

Nun aber zum Aktionsprogramm: Die Förderung und der Schutz der menschlichen Gesund­heit sind ein Teil dieses – ein wesentlicher Teil. Sie sollen zur Erhöhung der Solidarität und des Wohlstandes der in der EU lebenden Menschen beitragen – eine sehr schöne Formulierung. Drei Ziele sind in diesem Programm angegeben: der bessere Gesundheitsschutz – wir haben heute schon darüber debattiert –, Gesund­heitsförderung und die Schaffung und Verbreitung von Informationen und Wissen.

Ich möchte hier kurz einhaken, denn Ihre Ausführungen über diese Impfung, Frau Ministerin, waren für mich neu. Ich denke aber, dass es auch eine wesentliche Aufgabe ist, diese Informationen weiterzutragen, denn der Eindruck besteht tatsächlich, dass dieser Impfstoff gegen Gebärmutterhalskrebs direkt wirkt, und die Konsequenz daraus ist natürlich – angesichts der Angst der Menschen vor dieser Erkrankung –, dass eine Impfung günstig wäre. Ich nehme Ihr Engagement in dieser Angelegenheit freudig zur Kenntnis und denke, dieser Punkt – die Verbreitung von Wissen – ist wirklich ein nicht unwesentlicher.

Umfassender Gesundheitsschutz – und ich wiederhole mich jetzt – ist natürlich auch nicht nur Ihre Aufgabe. Ich denke, auch hier gehört informiert und Wissen verbreitet. Der umfassende Gesundheitsschutz ist Lärmschutz, ist Schutz am Arbeitsplatz, ist Schutz vor Umweltbelastungen, ist Schutz vor psychischer Belastung im Beruf. Wir kennen das jetzt in vielen Sparten. Ich komme aus einer, die besonders bedroht ist – LehrerInnen und Burn-out ist ein endloses Thema.

Einer der Punkte, der auch enthalten ist – den mein Vorredner schon angesprochen hat –, ist Jugend im Bereich der Beschäftigung. Ich möchte es aber noch weiterziehen: Eine gute Jugendbeschäftigung setzt eine gute Ausbildung und Bildung in der Schule voraus. Ich denke, dass die Schule wesentlich dazu beitragen muss, die Grundlagen zu schaffen, damit eine Berufsausbildung möglich ist. Wir müssen den Kindern – und gerade den schwächeren Kindern – die Chance geben, in Berufe einzusteigen und eine Berufsausbildung zu bekommen – auch dann, wenn es viel Geld kostet, und auch dann, wenn es manchmal tatsächlich schwierig ist.

Ich möchte mich auch meinem Vorredner anschließen, der gesagt hat, dass auch das Behalten in Arbeit ein wesentlicher Punkt ist. Ich weiß schon: Es ist wirklich schwierig, manche Lehrlinge durch die drei Jahre – durchschnittlich drei Jahre – zu führen und zu behalten. Ich denke aber, dass wir Möglichkeiten schaffen müssen, dass diese jungen Menschen nicht hinausfallen, denn die sind dann weg, und je älter sie werden, umso schwieriger sind sie in das System eingliederbar. Sie sind vor allem bereits als junge Menschen schwerst enttäuscht vom System – und gerade das sollte ja nicht sein.

Einer der Punkte, der mich auch ganz wesentlich berührt und betroffen gemacht hat: ein familienfreundliches Klima schaffen. Ich denke, in unserer Gesellschaft müssen


BundesratStenographisches Protokoll745. Sitzung / Seite 76

sowohl ein familienfreundliches Klima als auch damit verbunden ein kinderfreundliches Klima wesentlich sein. Kinder müssen in allen ihren Lebensphasen abgesichert sein – finanziell, von unserer Gesellschaft, durch den Kindergarten, der als erste Bildungs­einrichtung anzusehen ist, aber auch durch Schulungen der Eltern, durch Unterstüt­zungen der Eltern. Wir sehen es leider immer wieder, dass Eltern die Erziehungsgewalt verlieren, in Hilflosigkeit fallen – und zwar in grenzenlose Hilflosigkeit –, und die Ein­rich­tungen, die wir haben, teilweise einfach zu wenig Möglichkeiten haben, um helfend einzugreifen.

Elternbildung ist, denke ich, auch ein Ziel einer familienfreundlichen Gesellschaft, und eine kinderfreundliche Gesellschaft sollten wir allemal sein. Denn: Wofür machen wir das alles? Nur dafür, dass wir alt werden? Das kann es doch nicht sein! Unser wesentlichste Sinn des Lebens ist doch, dass es junge Menschen gibt, deren Leben wir ermöglichen, egal, ob wir sie selbst haben oder nicht. (Beifall bei den Grünen sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

13.20


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zum Wort gemeldet ist als Nächster Herr Bundesrat Kampl. – Bitte.

 


13.20.55

Bundesrat Ing. Siegfried Kampl (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr ge­ehrte Frau Präsident! Geschätzte Frau Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates! Frau Bundesminister, ich möchte Ihnen im Namen aller Frauen meinen Dank aussprechen für die sehr offene Gesundheitsaussage bezüglich des Gebärmutterhalskrebses, aber auch vieler jener, die nicht genau wissen, was eigentlich die Medien damit meinen. Vielleicht könnten Sie das, was Sie heute gesagt haben, einmal medienmäßig für die Frauen in ganz Österreich publik machen.

Meine Damen und Herren, ein grundsätzliches Ja zum Arbeitsprogramm der deut­schen, portugiesischen und slowenischen Präsidentschaft. Eine offene Frage dazu: Weshalb wurde eine rechtlich so hochpolitische Frage im Gesundheitsausschuss des Bundesrates behandelt? Wie kommt man eigentlich im Gesundheitsausschuss zu dieser Thematik, die rechtlich ganz woanders angesiedelt ist. Ich weiß es nicht, wie es dazu gekommen ist, aber vielleicht wird man es mir noch sagen.

Schwerpunkte bei diesem Arbeitsprogramm sind Familie, Jugend und Gesundheit. Folgende Prioritäten werden gesetzt und folgende Initiativen sind für die nächsten 18 Monate geplant: Aktivitäten in der Wirtschaftspolitik; Bewältigung der gesellschafts­politischen Herausforderung, was wir alle sehr, sehr notwendig brauchen werden; Verbesserungen in der Zuwanderungspolitik; Ausbau der Gewinnung erneuerbarer Energie; Europa lebenswerter und einheitlicher nach außen hin zu gestalten, was uns allen sehr gut täte, und hoffentlich kommen wir bald dazu; ein Europa zu sein, das ein verlässlicher und guter Partner für die übrige Welt ist.

All das haben wir eigentlich schon vorgelebt. Auch die vorhergehende Regierung war immer bemüht, Österreich als ein Land der Mitgestaltung und der Mitverantwortung zu präsentieren, das vor allem zur Sicherheit einen großen Beitrag leistet.

Was heißt das: „18-Monate Programm der deutschen, portugiesischen und sloweni­schen Präsidentschaft“? – Es wird gefordert, für die 27 Staaten, die jetzt in Europa zusammengehören, beziehungsweise für die 500 Millionen Menschen in Europa das zu tun, was wir alle letzten Endes vom gemeinsamen Europa erwarten. Das heißt aber auch, dass das Arbeitspapier, das die Europäische Kommission beschlossen hat, laut Vorlage auch umgesetzt wird.


BundesratStenographisches Protokoll745. Sitzung / Seite 77

Große Bedeutung hat das Arbeitsprogramm der Kommission und der Präsidentschaft auch in Bezug auf das Bundesministerium für Gesundheit, Familie und Jugend. Es ist ein sehr gutes Papier, Frau Bundesministerin, auf das schon eingehend eingegangen wurde. Wenn Sie davon 70 bis 80 Prozent umsetzen, dann haben wir sehr, sehr viel erreicht, dann haben Sie einen großen Beitrag geleistet. Und das ist sicher sehr positiv für uns.

Einen besonderen Schwerpunkt im Arbeitsprogramm für die 18 Monate bildet aber der Bereich Justiz. In der Beilage geht es – und das ist sehr interessant – um das Strafrecht, um das Zivilrecht und um die europäische Justiz. Das ist auf 33 Seiten sehr gut aufbereitet.

Offen beziehungsweise nicht erwähnt sind die Menschenrechte und die Heimatrechte. Frau Bundesminister, die Menschenrechte und die Heimatrechte gehören auch zum gemeinsamen Europa, und da sollten wir, glaube ich, mehr tun als bisher.

In der Reihenfolge der Präsidentschaft kommt Slowenien im ersten Halbjahr 2008 in ebendiese Funktion. Von Seiten Sloweniens wurde vor dem Beitritt zur EU die Erklärung abgegeben, dass die AVNOJ-Bestimmungen in allernächster Zeit beseitigt werden. Bis heute ist in dieser Frage von slowenischer Seite nichts geschehen. Die Beseitigung des großen Unrechts und die Schaffung von Gerechtigkeit erwarten die betroffenen Heimatvertriebenen. Das sind die Donauschwaben, die Untersteirer, die Mießtaler und die Gottscheer. – Wir werden diesem Antrag unsere Zustimmung geben. (Beifall des Bundesrates Mitterer.)

13.25


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Nun gelangt Frau Bundesministerin Dr. Kdolsky zu Wort. – Bitte.

 


13.25.45

Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend Dr. Andrea Kdolsky: Frau Präsidentin! Hohes Haus! Werte Bundesrätinnen und Bundesräte! Lassen Sie mich noch in einzelnen Punkten des Berichtes, den Sie ja alle kennen, auf die spezifischen Aufgaben Bezug nehmen, wo ich glaube, dass wir in der nächsten Zeit gemeinsam – und ich hoffe, hier auch auf Ihre Unterstützung zählen zu dürfen – besonders daran arbeiten müssen.

Prinzipiell geht es beim Thema „hochwertige Gesundheitsversorgung“ darum, vor allem innerhalb der Mitgliedstaaten einheitliche Normen für viele Bereiche zu schaffen. Hier haben wir eine Neufassung des Medizinproduktegesetzes, was, wie ich meine, ein sehr wesentlicher Punkt ist, weil wir hier auch mit Patientenmobilität einhergehen und weil hier auch die Rechtsprechung und die Sicherheit für Patienten, zum Beispiel im Zusammenhang mit Implantaten, gewährleistet sein müssen. Ich glaube, dass wir hier auf einem guten Weg sind. Das werden wir im Europäischen Parlament in erster Lesung abschließen können.

Ein Thema, wo wir als Österreicherinnen und Österreicher uns profilieren können und auch einen Anstoß geben können, ist die Verordnung über Arzneimittel bezüglich neu­artiger Therapien. Ich traue mich an dieses Thema heran, denn ich weiß – und jetzt sehen Sie, dass ich oft, auch wenn man mir das nicht immer zutraut, in den Medien einen Gedankenschluss versuche; das hat auch etwas mit Harmonisierung der Leistun­gen der Sozialversicherungsträger zu tun –, dass es sehr viele Therapien gibt, die zwar noch in den Leistungskatalogen sind, die aber eigentlich längst nicht mehr verwendet werden, während es aber Therapien gibt, die hervorragende Definitionen haben und hervorragende Ergebnisse bringen, aber noch nicht in den Leistungs­katalogen drinnen sind.


BundesratStenographisches Protokoll745. Sitzung / Seite 78

Das heißt, wir sollten uns innerstaatlich überlegen, wie wir hier, und zwar wertfrei, auf der rechten Spalte Zahlen einfügen, indem wir einfach einmal visionär darüber nachdenken, welche Leistungen wir denn für die Österreicherinnen und Österreicher ein bisschen entstauben, modernisieren und neu hineinbringen wollen. Und da ist es natürlich auch wesentlich, dass wir in Europa eine Rolle spielen. Ich glaube, es ist höchst an der Zeit, dass wir erkennen, dass es nicht ein Gegeneinander zwischen Schulmedizin und alternativen Methoden gibt, sondern ein Miteinander.

Gott sei dank habe ich als Medizinerin ein bisschen miterleben dürfen, wie sich das gewandelt hat. Zuerst war die Schulmedizin gegen die Alternativmedizin, dann ist die Alternativmedizin an die Wand gedrängt worden, und von Seiten derselben ist dann gesagt worden: Wir wollen überhaupt nicht mit der Schulmedizin kooperieren! Und jetzt finden sie sich endlich. Und das müssen wir, glaube ich, durch entsprechende Gesetze auch unterstützen.

Wesentlich ist auch die Frage der Patientenmobilität – ein Thema, über das wir noch viel nachzudenken haben werden, und zwar auch in den Landesbereichen, in den Bundesländern. Hier geht es darum, dass es nicht nur Vorteile, sondern auch Risken gibt – Risken, wenn wir das gegenseitig in Anspruch nehmen. Da gilt es, die Qualitäts­frage zu stellen, was ein ganz wesentlicher Punkt ist, und da gilt es aber auch – und das habe ich gerade erst von Tirol gehört –, die Finanzierungsstrukturen und die Rückforderungen von Leistungen zu garantieren.

Es sind derzeit zum Beispiel zweistellige Millionenbeträge zwischen Tirol und Italien offen. Es geht dabei um rund 18 Millionen €, die von Seiten Italiens für die Inanspruch­nahme von medizinischen Leistungen in Tirol nicht gezahlt wurden. Das sind doch Summen, wo ich denke: Wer den Cent nicht ehrt, ist den Euro nicht wert! 18 Mil­lionen € sind bei Gott kein Cent!

Ich meine, dass wir hier einen ganz wesentlichen Diskussionsaspekt haben, und zwar nicht nur hinsichtlich der Qualität, nicht nur im Hinblick auf den Schutz unserer eigenen Anbieter – das müssen wir, glaube ich, auch in dieser Form sehen –, sondern auch im Hinblick auf die Finanzierung dieser Leistungen und auf die Einbringung dieser Finan­zierungsgelder. Die Rückerstattung dieser Kosten muss unbedingt einer Lösung zugeführt werden. Das zu erwähnen, war mir sehr wesentlich.

Ein weiterer wesentlicher Punkt ist die Lebensmittelsicherheit. Da gibt es eine Menge an Dingen, wo auch wieder Österreich Vorreiter war. Sie erinnern sich sicher noch an den fast schon heiligen Namen Petuely. Österreich hat eines der besten oder das beste Lebensmittelsicherheitsgesetz gehabt. Viele haben dann beim Beitritt zur Euro­päischen Union Angst gehabt, dass es hier zu Lockerungen kommt, was Gefahren zur Folge haben könnte. Eines der wesentlichsten Ziele von AGES und Bundesminister Pröll ist es, dass wir hier Garantien schaffen.

Wir haben in Österreich hervorragende Lebensmittelqualität. Unsere Landwirtinnen und Landwirte erzeugen beste Qualität. Unsere Produkte im regionalen Bereich sind hervorragend. Wir müssen aber natürlich auch garantieren, dass die eingebrachten Lebensmittel mit den Zusatzstoffen entsprechend in Gesetzen festgeschrieben werden.

Ich darf kurz auch die Gesundheit der Tiere erwähnen, auch wenn ich ein bisschen kritisiert werde, dass ich gestern die Patenschaft für einem Jaguar übernommen habe, der angeblich jemand getötet hat. Das ist ein wildes Tier; darauf möchte ich nur in einem Nebensatz hinweisen, denn das sollte nicht wieder zu einer Provokation führen. Es ist an sich egal, was ich mache, irgendwie sucht man immer nach etwas, wodurch es eine Möglichkeit gibt, eine Provokation daraus zu machen. Es ist so.


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Tatsache ist: Tierschutz ist mir wesentlich. Ich bin auch Tierschutzministerin. Auch im Tierschutzbereich hat Österreich eine Vorreiterrolle, und deswegen war ich eigentlich in Schönbrunn. Wir haben „Tierschutz macht Schule“ als Teil der Unterrichtsstruktur sozusagen aus der Taufe gehoben. Ich halte es für wesentlich, dass schon Kinder lernen, gut mit Tieren, mit allen Lebewesen umzugehen, denn nur dann, und zwar egal, ob es Lebewesen sind, die in der freien Wildbahn leben, oder solche, die wir  auch essen, gibt es ein achtungsvolles Umgehen damit. Das ist, glaube ich, ein Weg, wo wir nicht mehr von Tiertransporten sprechen müssen, bei welchen Kälber auf widerliche Weise verdursten und verenden. (Präsident Gruber übernimmt wieder den Vorsitz.)

Ich habe das neue Tiertransportgesetz bereits eingebracht. Die Begutachtungsfrist ist bereits abgelaufen. Wir sind dabei unterhalb der EU-Normen geblieben. Wir wollen durch entsprechende Schutzmaßnahmen und Überprüfungen und Kontrollen in Öster­reich den Tierschutz garantieren, weil wir ihn wirklich ernst nehmen. So ist mir auch das Verbot des In-Verkehr-Bringens von Hunde- und Katzenfellen ein wichtiges Anlie­gen, sowie auch der Schutz von Masthühnern und viele weitere Bereiche, wo Österreich eine Vorreiterrolle innerhalb der Europäischen Union innehat.

Lassen Sie mich nun zu meinem Herzensthema kommen: Das ist Familie und Jugend. Ich glaube, dass wir in Österreich noch viel tun müssen, um familienfreundlich zu werden. Ich glaube aber, dass sich dieses viele Tun nicht nur auf zusätzliche Kinder­betreuungsstätten beziehen kann, die zweifellos notwendig sind – und ich halte mich da auch an die Vorgaben der Lissabon-Strategie –, und meine, dass wir da sehr viele Aktivitäten starten müssen.

Wir müssen zum Beispiel verstärkt auf Betriebe dahingehend einwirken, dass auch Väter in Karenz gehen können. Ich merke in letzter Zeit bei meinen Besuchen in Betrieben, wo ich auch die betriebliche Gesundheit auf die Schiene bringen will – das ist übrigens ein großartiges Projekt bei den ÖBB, wo fast 42 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den nächsten Jahren betriebliche Gesundheit wirklich erleben werden –, immer mehr, dass Männer zunehmend Karriereprobleme bekommen, wenn sie in Karenz gehen wollen. Männer, die gerne in Karenz gehen wollen, haben zunehmend ein Problem damit in ihrem Beruf. Ich glaube, dass wir da auf die Betriebe dem­entsprechend einwirken müssen.

Unser Augenmerk müssen wir aber auch immer mehr – und da danke ich für die diesbezüglichen Aussagen – auf die Situation der Migranten richten, da aber nicht nur auf deren Ausbildung, sondern auf vieles andere mehr, wie zum Beispiel Zwangsehen und Genitalverstümmelung. Auch diese Themen müssen wir ansprechen, wir müssen den Mut dazu haben, denn das darf es in unserem Land nicht geben. Ich bin überzeugt, dass es notwendig ist, hier einen Schritt dagegen zu setzen.

Was den Jugendbereich betrifft, so habe ich vor allem in der Frage „Kinder und Alko­hol“ Initiativen ergriffen. Auch da genügt nicht nur ein Schritt, sondern da ist eine ganze Palette von Aktionen erforderlich. Diese wurden von meinem Ressort bereits in Angriff genommen.

Natürlich geht es auch um die gesetzliche Umsetzung, keine Frage. Und ich danke hier den Ländern zutiefst für deren Entgegenkommen, denn vor dieser Aufgabe habe ich mich echt gefürchtet. Es war dann gar nicht so schlimm, es ist gegangen. Ich kann jetzt schon sagen: Eine Harmonisierung in einigen Punkten des Jugendschutzes wird uns bis zum Sommer gelingen. Es war Ihre Hilfe, die das ermöglicht. Ich danke Ihnen wirklich dafür. Damit ist mir ein großer Stein vom Herzen gefallen.

Ich halte es aber auch für wesentlich, dafür zu sorgen, dass wir Kontrollen durchführen können. Viele haben mich ausgelacht, als ich den Vorschlag mit den farblich codierten


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Personalausweisen gemacht habe. Ich habe mich aber gefreut, dass laut einer Um­frage des ORF, Sendung „Report“, 90 Prozent der Österreicher auf meiner Seite stehen.

Ich denke, ich bin Politiker und als solcher Vertreter des Souveräns, und meine, dass ich damit den richtigen Schritt gesetzt habe. Ich glaube, dass die Kontrollierbarkeit vereinfacht werden muss, bin aber zutiefst davon überzeugt, dass der Schülerausweis dazu nicht geeignet ist. Wir werden uns bemühen, dass wir mit diesen Personal­ausweisen, die wir farblich codieren werden und auch entsprechend preislich minimie­ren werden, eine entsprechende Möglichkeit der Kontrolle schaffen.

Lassen Sie mich aber jetzt auch ein sehr ernstes Wort sagen: Es geht dabei aber auch um Sanktionen! Es muss dabei auch um Sanktionen gehen! Aber Sanktionen können meines Erachtens nicht nachhaltig sein, wenn sie nur Geldstrafen oder Konzessions­verlust zur Folge haben. Geld ist auftreibbar, Konzessionsverlust ist am nächsten Tag durch einen neuen Geschäftsführer wieder hereinbringbar. Daher bin ich mit dem Wirtschaftsministerium in Gesprächen, denn wir müssen hier über Betriebsstätten­genehmigungen sprechen.

Jetzt muss ich aber auch Folgendes sagen, denn ich versuche immer, mit allen händereichend zu gehen: 95 bis 98 Prozent der Gastronomie helfen uns bei diesem Kampf gegen Alkohol bei Kindern. Es gibt 2 bis 5 Prozent schwarze Schafe, die das so genannte Komatrinken auch noch über Internet und entsprechende Ankündigung in den Schulen anpreisen. Ich muss sagen: Das geschieht auf widerliche Weise! Da gibt es Maschinen, wo man an Eutern hängt und Wodka um 2 Euro in der Stunde trinkt. Und um Mitternacht, wenn man betrunken ist, bekommt man als besondere Gratis­draufgabe noch einmal zwei Liter Alkohol. Da werden 12-jährige Mädchen um 17 Uhr hereingelassen, und wenn sie dann um 18 Uhr betrunken sind, kommen die Burschen. Also, es spielen sich da die widerlichsten Dinge ab. Dagegen müssen wir mit Betriebs­stättengenehmigungen sehr hart vorgehen. Und ich werde mich nicht scheuen, das auch zu tun. (Allgemeiner lebhafter Beifall.)

Ich halte es aber auch für wesentlich, hier einen Umdenkprozess bei den jungen Men­schen herbeizuführen. Und ich habe mir erlaubt, nicht für junge Menschen zu denken, sondern mit jungen Menschen zu denken, und bin zu den jungen Menschen gegangen und habe sie gefragt: Was spricht euch denn an? Sprechen euch die Kampagnen, die wir machen, eigentlich an?

Ich glaube, wir müssen versuchen, das Bild vom Idol, vom Peerzurechtzurücken. Wir müssen weggehen von der Ansicht, dass der Held der ist, der 5 Liter Bier trinkt, und wir müssen dorthin gehen, wo man der Überzeugung ist, dass man auch ohne Alkohol Spaß haben kann.

Aber eines möchte ich auch sagen: Ich glaube, dass es unfair wäre, zu sagen: Wir machen jetzt eine Art Prohibition in Österreich! Das ist nicht der richtige Weg. Der richtige Weg heißt: Kinder weg vom Alkohol! Aber für Jugendliche muss es im Rahmen von Projekten, wie es zum Beispiel in Vorarlberg hervorragend mit dem Projekt „Spaß mit Maß“ vorgezeigt worden ist, das Lernen vom entsprechenden Umgang mit einem Genussmittel geben.

Wir leben in Österreich auch in einer Tradition. Und ich gebe zu – auch auf die Gefahr hin, dass das nach dem „Schweinsbraten-Sager“ der nächste Sager wird –: Ich habe auch gerne ein Achtel Rotwein, ich trinke den auch sehr gerne. (Beifall bei Bun­desräten der ÖVP. – Rufe bei der ÖVP: Ich auch!)

Ich meine, der Weg muss der sein, junge Menschen dahin zu bringen, dass sie verant­wortungsvoll damit umgehen. Trotz alledem: Kinder weg vom Alkohol!


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Wir haben zu diesem Thema schon einige Kampagnen für den Sommer vorbereitet. Wir werden Clubbings ohne Alkohol und Zigaretten machen, und wir werden dort zeigen, dass wir auch Spaß haben ohne Noxen.

Wir werden Wettbewerbe für nichtalkoholische Getränke machen, damit man sieht, dass auch die gut schmecken und nicht nur Läuse im Magen verursachen, wie das Wasser mit Kugerln, denn ich glaube, das es wichtig ist, auch da Angebote zu schaffen.

Aber wir müssen noch etwas Wesentliches tun: Wir müssen den Eltern helfen. Ich bin nicht dafür, Eltern zu strafen, denn das bringt den Eltern nichts und das bringt auch den Kindern nichts.

Ich weiß auch, dass es schon wieder eine wahnsinnig heiße Thematik ist: Wie viel Staat verträgt Privat? Wie viel darf ich mich einmischen, wenn es zum Schutz der Kinder ist?

Ich glaube aber trotz alledem, dass wir hier Angebote schaffen müssen, egal, ob das durch das rechtzeitige Hinbringen zu Familienberatungsstellen ist, wenn man Hilfe braucht. Diese Familienberatungsstellen sind in Österreich flächendeckend vorhanden. Nur: Ich bin draufgekommen, als ich die Leute auf der Straße danach gefragt habe, dass sie diese Einrichtung nicht kennen beziehungsweise darüber nichts wissen.

Schon von frühester Jugend des Kindes an, also schon im Kleinkindalter den Eltern diese Familienberatungsstellen über den Mutter-Kind-Pass bekannt zu machen, ihnen zu zeigen, hier gibt es eine Anlaufstelle, wäre eine Überlegung. Andere Möglichkeit: Wir haben für Jugendliche, die in schwierigen Situationen sind, „Rat auf Draht“, 24 Stunden, sieben Tage in der Woche – warum nicht auch für Eltern?

Ich glaube, dass wir in einer Zeit leben, in der berufstätige Eltern, die berufstätig sein müssen, um sich ihr Leben finanzieren zu können, in der Situation sind, wenig Zeit zu haben, und diese Eltern dann oft durch den Druck, der auf sie zukommt, in vielen Fragestellungen überfordert sind und wir ihnen Hilfestellung geben müssen. Wir dürfen nicht mit dem Finger drohen und Druck, der Gegendruck erzeugt, hervorrufen, sondern wir müssen helfen.

Ich glaube, dass wir hier ein vielseitiges Angebot haben. Ich bemühe mich, dass ich fast alle Aktivitäten bis vor und kurz nach dem Sommer über die Bühne kriege, dass ich nicht als Ankündigungsministerin dastehe, aber es sind bereits vier Gesetze im Umlauf. Auch der Gewebeschutz ist ein wesentlicher Faktor im Europabereich; das entsprechende Gesetz ist schon in der Begutachtung. Ich denke, wir haben hier unendlich viele gesellschaftspolitische Fragestellungen, und ich bitte Sie, mitzuhelfen, meinem Ressort zu helfen, denn das sind sehr oft Fragen, die man nicht mit Ja oder Nein beantworten kann. Das sind Fragen, wo wir gemeinsam einen Weg finden müssen. Über dem Ganzen steht aber der Schutz von Jugendlichen und Kindern. Und ich werde mich nicht scheuen – und ich werde Sie auch davon informieren –, hier sehr harte Schritte zu setzen, egal, ob das auf öffentlichen Plätzen in Wien ist, wo 12-Jährige mit 2,5 Promille fast ersticken. Ich bin in der Nacht mit der Polizei dort gewesen und habe mir das angeschaut.

Wissen Sie, was mich am meisten erschüttert hat? Lassen Sie das auf sich wirken, denn dort müssen wir ansetzen: Als wir dann zu Hause angerufen haben, an sich in einem guten Wiener Bezirk, also keine sozial verwahrlosten Strukturen, wie das so oft abgetan wird, und gesagt haben – es war halb drei in der Früh –, das Mädchen hat 2,5 Promille, sie möge doch abgeholt werden, hat der Vater gesagt: Geben Sie sie in die Ausnüchterungszelle! Morgen ist Sonntag, wir schlafen länger, wir holen sie dann zu Mittag ab!


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Das ist unser Problem, und dort werden wir als Politiker die Verantwortung haben, einen Umdenkprozess einzuleiten. Diesen Kindern fehlt Wärme, Nestwärme, Familie, Anlehnung. Sie sind viel zu schnell Erwachsene. Sie dürfen nicht Kind sein. Und das müssen wir ein bisschen verändern. Da müssen wir schauen, dass wir ihnen Angebote für Gruppen machen. Sport ist eine Möglichkeit – lachen Sie nicht –, Musikgruppen, all das, Gruppen, die miteinander etwas unternehmen und diskutieren.

Die Jungen sind toll. Das ist unser kritisches Potential, das sind die Einzigen, die uns letztendlich sagen, dass wir falsch denken. Wir dürfen sie nicht abtun als trinkende Ungeheuer, die wir irgendwo produziert haben, sondern wir müssen ihnen helfen. Und die letzten Umfragen haben mich wieder sehr mutig gemacht: Sie sind nicht an der Politik uninteressiert. Wir müssen sie nur aufnehmen. Und wir müssen nicht ununter­brochen über sie entscheiden, auch wenn wir etwas Gutes meinen.

Zum Thema Arbeit: So, wie die Frau Bundesministerin Bures sozusagen von mir HPV-Impfung fordert, fordere ich von der Frau Bundesministerin Bures die Sicherung der Arbeit. Das ist ihr Job, vor allem im Bundesbereich, bei den Beamten. Wir werden hier sehr eng zusammenarbeiten, dass wir uns gegenseitig ergänzen, und in irgendeiner Weise gemeinsam für diese Jugendlichen etwas tun.

Herzlichen Dank! Und ich freue mich auf die weitere Zusammenarbeit. (Beifall bei der ÖVP und den Grünen sowie bei Bundesräten der SPÖ.)

13.44


Präsident Manfred Gruber: Frau Bundesministerin, danke für Ihre sehr ambitionierten Ansagen! Ich wünsche Ihnen für die Umsetzung alles Gute.

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlusswort gewünscht? – Auch das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, den gegenständlichen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, um ein Handzeichen. – Ich stelle die Stimmeneinhelligkeit fest. Der Antrag ist angenommen.

13.44.524. Punkt

Entschließungsantrag der Bundesräte Manfred Gruber, Jürgen Weiss, Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen betreffend jährlichen Bericht des Bun­desministers für Verkehr, Innovation und Technologie über geplante Maßnahmen und Absichten der Bundesregierung im Bereich der Infrastruktur in den Bun­desländern [158/A(E)-BR/2007]

 


Präsident Manfred Gruber: Wir gelangen nun zum 4. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. Gerald Klug. – Bitte sehr, Herr Bun­desrat.

 


13.45.27

Bundesrat Mag. Gerald Klug (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unser vorliegender Entschließungs-


BundesratStenographisches Protokoll745. Sitzung / Seite 83

antrag zum Tagesordnungspunkt 4 bezieht sich auf einen ganz spezifischen Teil des Koalitionsabkommens der neuen SPÖ/ÖVP-Bundesregierung, und zwar im Konkreten auf das große Programm der Infrastrukturmaßnahmen.

Kollegin Mühlwerth, bei einem kurzen Blick in dieses große zukünftige Projekt als Teil des gesamten Budgetkomplexes hätten Sie sehr leicht sehen können, dass sich die derzeitige Bundesregierung keinesfalls in Not befindet. Ich habe das in dem Zusam­menhang sagen müssen, damit Sie ja nie in die Versuchung kommen, uns vorzu­werfen, dass wir der Opposition nicht gehörig Aufmerksamkeit schenken.

Aber um jetzt wieder auf dieses große Projekt zurückzukommen: Diese Infrastruktur­maßnahmen, liebe Kolleginnen und Kollegen, alle im Detail zu analysieren würde zweifelsohne den Rahmen für die Begründung dieses Entschließungsantrages spren­gen. Aber sie sind darüber hinaus auch in allen Stellungnahmen und Analysen sehr einfach nachzulesen.

Die Bedeutung dieses großen Projektes und dieser vielen Einzelprojekte – in Verbin­dung mit einer neuen und modernen Infrastruktur – nicht nur für den Bund, sondern auch für die Bundesländer, für den österreichischen Standort insgesamt steht weit über alle Parteigrenzen hinweg außer Streit und wird auch von den Experten anerkannt.

Wenn auch nicht bei allen Zielen dieser neuen Bundesregierung Einigkeit herrscht – so scheint es zum Beispiel in einzelnen Aspekten der Bildungspolitik noch so zu sein, dass einige noch nicht den Pfad der Tugend gefunden haben –, herrscht im Bereich der Infrastrukturinvestitionen und -maßnahmen meines Erachtens weitgehende Einhel­ligkeit.

Trotzdem, liebe Kolleginnen und Kollegen, bleibt die Aufgabe zu bewältigen, dieses gesamte Projekt mit den Interessen der einzelnen Bundesländer in Einklang zu bringen. Insofern war es meines Erachtens menschlich völlig verständlich, dass bei der in jüngster Vergangenheit durchgeführten Bundesländertour unseres Infrastruktur­ministers jeder Landeshauptmann für seine einzelnen Projekte politisch gekämpft hat. Kollege Tiefnig ist im Moment zwar nicht da, aber wir wissen aus vielen Erfahrungen, auch aus eigenen, dass nicht nur der oberösterreichische Landeshauptmann um seine Infrastrukturprojekte politisch gekämpft hat.

In diesem Zusammenhang mit diesem Infrastrukturprogramm – und das haben wir auch versucht in unserem Entschließungsantrag zum Ausdruck zu bringen –, liebe Kolleginnen und Kollegen, geht es um sehr wichtige Dinge. Es geht um sehr viel Geld in der Vollziehung: jährlich 1,6 Milliarden € im Bereich der Schiene, jährlich rund 1 Milliarde € im Bereich der Straße; in Summe werden in den nächsten Jahren knapp über 10 Milliarden € in diesem Bereich auf die Beine gestellt.

Es geht um bundespolitisch, aber auch um regionalpolitisch wichtige Investitions­pro­gramme. Es geht in einer kleinen und offenen Volkswirtschaft um Standort- und Wirtschaftspolitik. Denn es ist unter den Experten auch außer Streit gestellt, dass der nationale Handlungsrahmen für wirtschaftspolitisch sinnvolle Maßnahmen bei Inves­titionen im Bereich der Infrastruktur beginnt. Es geht um die Verkehrspolitik, um die Verkehrspolitik des Bundes, aber auch der Länder zueinander, und es geht um Beschäf­tigungspolitik.

Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es geht uns bei diesem gemeinsamen Entschließungsantrag nicht darum, die Vollziehung zu kontrol­lie­ren oder die Maßnahmen der Investitionen begleitend zu kontrollieren, aber wir würden gerne, da das insbesondere für die Bundesländer von großer Bedeutung ist, diese Investitionsprogramme im Bereich der Infrastruktur berichtsmäßig politisch begleiten.


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Liebe Kolleginnen und Kollegen, damit in diesem Zusammenhang von vornherein keine Spekulationen entstehen: Dass sich die SPÖ-Bundesratsfraktion als Begründer dieses Entschließungsantrages für einen steirischen Bundesrat entschlossen hat, hat nichts mit zwei besonders wichtigen Infrastrukturmaßnahmen im Süden unseres Landes zu tun, sondern beruht auf reiner Zufälligkeit. (Heiterkeit bei der SPÖ.)

Ich darf Sie abschließend, liebe Kolleginnen und Kollegen, gemäß meinen Aus­führun­gen und der versuchten Begründung alle gemeinsam ersuchen, diesem Ent­schließungs­­antrag die politische Unterstützung zukommen zu lassen. – Herzlichen Dank. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

13.51


Präsident Manfred Gruber: Danke schön, Herr Kollege Klug.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Kollege Mitterer. – Bitte.

 


13.51.26

Bundesrat Peter Mitterer (ohne Fraktionszugehörigkeit, Kärnten): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Mein Vorredner, Herr Bundesrat Klug, hat gesagt: ein gemeinsamer Antrag aller Frak­tionen. – Das stimmt nicht ganz, weil wir auf Grund unserer nicht vorhandenen Stärke nicht eingebunden waren; ich möchte aber gleich vorausschicken, dass ich nach Studium dieser Anträge das selbstverständlich – da spreche ich jetzt für mich persönlich, aber auch für Sigi Kampl – mittragen werde.

Ich habe mir zuerst meinen Terminkalender angeschaut und mir gedacht – nachdem in der Begründung drinnen stand, dass das der erste Erfolg einer Bundesratsklausur am 2. Mai ist –, ich habe mir diesen Termin einzutragen vergessen, denn Bad Gastein hätte ich mir nie entgehen lassen, habe aber dann – nach Rücksprache mit dem Herrn Präsidenten – erfahren, dass es dabei um eine Präsidialklausur gegangen ist, was allerdings aus der Begründung nicht hervorgegangen ist.

Alle Präsidenten, zumindest wenn sie das erste Mal Präsident sind – das war ich ja auch einmal –, veranstalten Klausuren, um Veränderungen im Bundesrat herbeizu­führen, und ich finde das sehr positiv. Solche Diskussionen sollten immer in eine Rich­tung gehen, und zwar nicht, dass man Rechtfertigungen dafür liefern muss, ob der Bundesrat überhaupt notwendig ist, sondern in die, wie man Verbesserungen erreichen kann.

Danke, Herr Präsident, dass ich auch das vorläufige Ergebnisprotokoll erhalten habe; ich habe das auch an Sigi Kampl sowie an Frau Mühlwerth weitergegeben. Jedenfalls glaube ich, dass das Ergebnis dieser Präsidialklausur ein hervorragendes ist. Ich werde mich zu beiden Anträgen nur einmal zu Wort melden und begründen, warum wir das begrüßen.

Ich glaube, der erste Antrag, über den wir jetzt gerade diskutieren, dass der Bun­desminister für Verkehr, Innovation und Technologie einen Bericht über geplante Infrastrukturmaßnahmen, gegliedert nach Bundesländern, vorlegen sollte, ist gerade für uns als im Bundesrat Tätige so wichtig, denn wir haben hier Länderinteressen zu vertreten, sollten aber von vornherein wissen, was es alles an Planungen gibt. Ich denke – das kann man mit einem Satz sagen –, dass mit dieser Transparenz mög­licher­weise Misstrauen und Eifersucht unter den Bundesländern von vornherein ausgeschaltet werden.

Zum zweiten Antrag, zur Wahlrechtsreform: Natürlich, was für Altösterreicher bei Nationalratswahlen gilt, sollte auch für patriotische Kärntner oder Salzburger, wenn sie beispielsweise im europäischen Ausland arbeiten, gelten. Was diesen geschlechts-


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spezifischen Aushang betrifft, werden wir uns den Vorschlag der Regierung an­schauen – und werden ja dann noch Gelegenheit haben, darüber zu diskutieren.

Wir, Sigi Kampl und ich, werden beiden Anträgen unsere Zustimmung erteilen. (Beifall des Bundesrates Ing.  Kampl sowie bei Bundesräten von SPÖ und ÖVP.)

13.54


Präsident Manfred Gruber: Danke schön, Kollege Mitterer.

Weitere Wortmeldungen hiezu liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung, und ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundes­räte, die dem gegenständlichen Entschließungsantrag 158/A(E) der Bundesräte Jürgen Weiss, Stefan Schennach, Manfred Gruber, Kolleginnen und Kollegen betref­fend jährlichen Bericht des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie über geplante Maßnahmen und Absichten der Bundesregierung im Bereich der Infra­struktur in den Bundesländern ihre Zustimmung geben, um ein Handzeichen. – Danke. Gegenprobe. – Ich stelle die einstimmige Annahme fest.

Der gegenständliche Entschließungsantrag 158/A(E) der Bundesräte Jürgen Weiss, Stefan Schennach, Manfred Gruber, Kolleginnen und Kollegen ist somit ange­nommen. (E 220-BR/07.)

13.55.43 5. Punkt

Entschließungsantrag der Bundesräte Manfred Gruber, Jürgen Weiss, Stefan Schennach, Kolleginnen und Kollegen betreffend Berücksichtigung von Anre­gun­gen im Begutachtungsverfahren [159/A(E)-BR/2007]

 


Präsident Manfred Gruber: Wir kommen nun zum 5. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Fraktionsvorsitzender Professor Konecny. – Bitte.

 


13.56.09

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer immer über den Bundesrat, seine Möglichkeiten und seine hoffentlich zukünftigen Chancen spricht, stößt sich daran – wir haben das ja in vielen Debatten getan –, dass unsere Kammer erst am Ende des Gesetzgebungsverfahrens zum Handeln aufgerufen ist, also einen Beschluss des Nationalrates vorgelegt bekommt, zu dem diese Kammer ja oder nein sagen kann – und ein Nein zunächst einmal das Inkrafttreten eines solchen Gesetzes hemmt, was in vielen Fällen, in einer politischen Abwägung, unterbleibt, weil ein Gesetzentwurf viele vernünftige Verbesserungen be­inhalten kann, aber vielleicht in einem Paragraphen unserer Meinung nach nicht wirklich die klügste Lösung getroffen wurde, aber wegen dieses einen Paragraphen das andere aufhalten zu wollen ist eine schwere politische Verantwortung, die wir üblicherweise mit einem Nein beantwortet haben.

Der Ausfluss dieses unbefriedigenden Zustandes ist der bereits mehrfach einstimmig an den Nationalrat gerichtete Antrag, im Rahmen einer Verfassungsänderung dem Bundesrat ein Stellungnahmerecht einzuräumen, also seine Meinung bereits in der Phase, in der ein Gesetzentwurf – sei es eine Regierungsvorlage, sei es aber auch ein Initiativantrag – in den Ausschüssen des Nationalrates beraten wird, zur Geltung zu bringen.


BundesratStenographisches Protokoll745. Sitzung / Seite 86

Bisher hat sich offensichtlich der Nationalrat nicht bereit gefunden, einem solchen Begehren näherzutreten. Zweimal ist der Antrag wegen Ablauf der Gesetzgebungs­periode verfallen, aber ich sage – ein bisschen selbstbelobigend – dazu: Man soll die Hoffnung nicht sinken lassen, denn schließlich und endlich hat die sozialdemokratische Bundesratsfraktion bei einer Klausurtagung im Jahre 1997 die Schaffung eines Bürger- und Menschenrechtsausschusses erarbeitet und vorgeschlagen. Und: Kaum sind zehn Jahre vergangen, hat der Bundesrat einen solchen Ausschuss. (Heiterkeit.) Also das könnte ja vielleicht auch für das Stellungnahmerecht eine Maßzahl sein.

Der heutige Antrag versucht, den meritorischen Inhalt dessen, also kein verfassungs­mäßiges Recht, kein formalisiertes Verfahren, aber natürlich die Möglichkeit, sich poli­tisch auszudrücken, in einem konkreten Fall zur Anwendung zu bringen. Ich sage auch gleich dazu: Das soll jetzt nicht ein einmaliger Kraftakt des Bundesrates sein, der der Öffentlichkeit und der anderen Kammer demonstriert: Wir könnten ja, wenn wir uns trauen täten!, sondern das soll der Beginn einer Auseinandersetzung mit der anderen Kammer sein. Es wird auch andere Regierungsvorlagen, Initiativanträge geben, zu denen es aus dem Kreis der Bundesländer, aus dem Kreis der begutachtungs­berechtigten Einrichtungen vernünftige Vorschläge gibt, denen der Bundesrat nahe­treten kann.

Im konkreten Fall haben wir zwei Überlegungen aufgegriffen, die im Begutachtungs­verfahren zum sogenannten Demokratiepaket – im Wesentlichen Wahlrechtsänderun­gen – von berücksichtigungswürdiger Seite geäußert wurden.

Das eine – und ich gebe zu, das ist ein Problem des städtischen Raumes –: Traditions­gemäß und gesetzesgemäß – und das sollte sich nicht ändern – werden die Wahl­berechtigten in sogenannten Hausanschlägen – bei Einfamilienhäusern ist das nicht wirklich das Problem, bei großen Wohnhausanlagen wird das am Schwarzen Brett angenagelt oder zumindest mit Tixo hingeklebt – numerisch verzeichnet, und zwar nach Geschlechtern getrennt.

Wir leben in einer Zeit, in der es notabene im städtischen Raum zu einem gewaltigen Anwachsen der Kriminalität, vor allem der Einbruchskriminalität, gekommen ist. Das hat zu ganzen Änderungen der Lebenskultur geführt. Wiener Bundesräte meiner Gene­ration werden das wissen: Früher war es üblich, dass, wenn im Haus jemand verstorben ist, der Partezettel auch am Schwarzen Brett angebracht wurde. Nachdem nicht nur die Wohnung des Verstorbenen zur angegebenen Uhrzeit in Hunderten Fällen ausgeräumt wurde, sondern gleich das ganze Haus, weil man annehmen konnte, dass die Mitbewohner sich ebenfalls beim Begräbnis befinden, ist diese gute Tradition irgendwie in Misskredit geraten und wird zunehmend unterlassen.

Die Mitteilung, dass irgendwo alleinstehende Frauen in einer Wohnung sind, hat keinen wirklich deklaratorischen Wert in Bezug auf das Wahlrecht. Zusammenzuzählen, dass zwei Personen das dort wohnende Ehepaar sind, auch wenn die Geschlechter nicht angegeben werden, wird der Wahlberechtigte in der Lage sein. Aber die Annahme, dass es eine Reihe von Wohnungseinbrüchen gegeben hat, weil diese Anschläge signalisieren: da lebt eine alleinstehende Frau – von der, in Wien zumindest, mit hoher statistischer Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass es sich nicht um eine Kick­boxerin jugendlichen Alters handelt, sondern eher um eine Pensionistin, die relativ leicht auszurauben ist –, ist nicht von der Hand zu weisen. Daher haben sowohl der Österreichische Städtebund als auch das Land Wien diesen Vorschlag gemacht, und ich glaube, wir sollten ihn aufgreifen.

Der zweite Vorschlag, der vielleicht technisch-juridisch ein bisschen weniger leicht umzusetzen sein wird, knüpft ebenfalls an eine vernünftige, in diesem Fall von der Vorarlberger Landesregierung geäußerte Meinung an, nämlich dass Auslandsöster-


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reicher wahlberechtigt sind, wenn es um den Nationalrat geht, wenn aber – Kollege Weiss hat in Gesprächen dieses Beispiel genannt – jemand über die deutsche, über die Schweizer Grenze übersiedelt, aber mental Vorarlberger ist, dort auch am ge­meind­lichen Leben in seiner Herkunftsgemeinde teilnimmt und natürlich als Aus­lands­österreicher bei beibehaltener Staatsbürgerschaft für die Nationalratswahl wahl­berechtigt ist, er das bei der Landtagswahl auch dann nicht ist, wenn das die Vorarl­berger Gesetzgebung so normieren würde. Die Einräumung einer entsprechenden Möglichkeit – und ich betone: Möglichkeit –, wie sie hier vorgeschlagen wird, erscheint durchaus vernünftig, auch wenn klar ist, dass das nicht für alle Auslandsösterreicher gelten kann, weil wir ja wissen, dass dieses Haus der fiktive Wohnsitz Zehntausender Auslandsösterreicher ist, und ich weiß nicht, ob die Bezirksvertretung Wien I beson­deren Wert darauf legen würde, dass diese Zehntausenden hier zugeordneten Aus­landsösterreicher ihre Stimme abgeben. Aber vielleicht ist es so. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Kühnel.)

Wie gesagt, es sind zwei Vorschläge. Wir hoffen, dass sie während der Ausschuss­beratung im Nationalrat aufgegriffen werden. Ich lade alle Kolleginnen und Kollegen von allen Fraktionen ein, auf ihre parallelen Ausschussmitglieder im Nationalrat einzu­wirken, dass das aufgegriffen wird, und ich kündige an: Das war nicht der einmalige Mutanfall, das wird wiederholt werden, wann immer es uns richtig und notwendig erscheint. (Allgemeiner Beifall.)

14.04


Präsident Manfred Gruber: Danke schön, Herr Kollege Konecny.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Präsident Weiss. – Bitte sehr, Herr Kollege.

 


14.04.38

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Herr Präsident! Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen! „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es!“ – Diesem Motto von Erich Kästner folgend sind wir begrüßenswerterweise zur Auffassung gekommen: Das Stellungnahmerecht auf verfassungsrechtlicher Ebene zu fordern ist das eine und die vorhandenen Möglichkeiten zu nutzen das andere. Es mag dahingestellt sein, wann und wie wir das Stellungnahmerecht bekommen werden, aber es spricht nichts dagegen, die Instrumente, die uns zur Verfügung stehen, wirkungsvoll zu nutzen. Ich bin ganz der Meinung von Herrn Professor Konecny: Das soll keine Eintagsfliege sein, sondern das kann man im Interesse der Bundesländer in wichtigen Fragen durchaus zur Regel machen.

Wir haben, auch ein bisschen dem Zeitdruck Rechnung tragend, aus den Begut­achtungs-Stellungnahmen zwei wesentliche Anliegen herausgegriffen. Dabei sehen wir natürlich auch, dass die Ausübung eines Stellungnahmerechtes auch Fragen aufwirft, die man, eben am praktischen Beispiel, dann noch abarbeiten muss. Ich erwähne nur, es gibt Fälle – und die sind unproblematisch –, wo sich Stellungnahmen der Länder decken. Dann ist völlig klar, was wir damit machen.

Es mag Fälle geben, da regen zwei Bundesländer etwas an, was in ihrem Wirkungs­bereich als Ergänzung des Begutachtungsentwurfes zweckmäßig wäre. Die anderen sieben Bundesländer äußern sich nicht, weil sie davon ja nichts wissen, und dann stellt sich die Frage: Wie verhalten sich die sieben anderen, wenn wir die Anregung der zwei aufgreifen? – Da kann sich Konsens herausstellen, aber es kann sich auch ergeben – und diese Fälle kommen ja häufig vor –, dass im Begutachtungsverfahren teilweise gegensätzliche Meinungen vertreten werden: Drei Länder wollen in die Richtung A ziehen und drei Länder in die Richtung B, und die restlichen wollen, dass es überhaupt so bleibt, wie es ist. Und da stellt sich die Frage: Wie repräsentativ können dann


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unsere Stellungnahmen in solchen Fällen sein? Oder gibt es auch Mehrheitsstellung­nahmen, die einzelnen Bundesländern nicht nur nicht Rechnung tragen, sondern deren Meinung geradezu widersprechen? – Das sind also alles Fragen, an die wir uns heran­arbeiten müssen.

Zum sachlichen Gehalt des Entschließungsantrages ist nicht mehr allzu viel zu sagen. Vielleicht noch so viel, dass in beiden Fällen einer stärkeren Verfassungsautonomie oder Gesetzgebungsautonomie der Länder Rechnung getragen wird. Es wird den Län­dern ja nichts vorgegeben – auch im Fall des Aushanges der Wählerverzeichnisse nicht. Da haben ja die Gemeinden mit über 10 000 Einwohnern von vornherein die Alternative: Entweder hängen sie eine Liste auf – künftig: in der Wohnung 8 wohnen zwei Personen; bisher: ein Männlein und ein Weiblein –, oder sie hängen ein Namensverzeichnis aus. Das ist ja auch eine Möglichkeit. Hinderlich war lediglich, dass beispielsweise die Stadt Wien, die sich aus guten Gründen für die Variante eins entschieden hat, dabei eingeengt war, sich nicht aussuchen zu können: Belässt sie es bei der geschlechtsneutralen Benennung oder muss sie das differenzieren. – Das ist also ohne Frage ein Vorteil.

Gleiches gilt für das Wahlrecht für Auslandsösterreicher, das man Anfang der neunziger Jahre vorerst einmal für den Nationalrat eingeführt hat, weil das der Verfas­sungsgerichtshof aufgrund eines Beschwerdefalles vorgegeben hat. Es war sicherlich zweckmäßig, damit Erfahrungen zu sammeln. Sie sind positiv, und daher stellt sich natürlich die Frage, warum das auf den Nationalrat beschränkt sein soll und sich nicht auch auf die zweite Gesetzgebungsebene, jene der Länder, erstrecken soll, wobei völlig klar ist, dass man es in diesen Fällen auf den Anknüpfungspunkt des letzten ordentlichen Wohnsitzes in Österreich beschränken wird – und nicht so wie bei den Auslandsösterreichern aus ganz anderen Erwägungen auch bei der Enkel- und Urenkelgeneration noch das Wahlrecht konstituiert. – Auch in diesem Fall bliebe es den Ländern völlig freigestellt, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen oder auch nicht.

Es hätte im Begutachtungsverfahren noch viele andere Dinge gegeben, etwa die Frage hinsichtlich der Frist, innerhalb der die Länder ihre Wahlordnungen an die Briefwahl­möglichkeit anpassen müssen. Da findet sich in der Regierungsvorlage die Vorschrift: 

„Die landesrechtlichen Vorschriften sind binnen einer Frist von x Monaten“ – „x“ hier im Sinne von unbekannt, nicht im Sinne von „zehn“ – „nach dem Monat der Kund­machung ... anzupassen.“

Da stellt sich natürlich schon die Erwartung an den Nationalrat, dass hier eine angemessene Frist vorgesehen werden möge, weil ja in den Ländern auch ein entsprechender Vorlauf an Beratung notwendig ist, und nicht zuletzt deshalb, weil die Nationalrats-Wahlordnung ein dreistufiges Auszählungsverfahren für die Briefwahlstim­men vorsehen wird. Das mag bei der Nationalratswahl möglich sein, dass man das auf der Ebene der Bezirkswahlbehörde macht, bei den Gemeindevertretungs­wahlen beispielsweise nicht. Und da kann es natürlich in kleineren Gemeinden zu erheblichen Kollisionen mit dem Schutz des Wahlgeheimnisses kommen, denn wenn es zuerst 54 Stimmen waren, und nach drei Tagen waren es 55, und man weiß, wer von der Briefwahlmöglichkeit Gebrauch gemacht hat, dann lässt sich unschwer erraten, wem das zuzuordnen ist. Das ist ein nicht wünschenswerter Zustand.

Nun kann man sagen: Na gut, dann sollen sie es bei der Gemeindevertretungswahl anders machen! – Das ist dann insoweit ein Problem, als wir dann bei den einzelnen Wahlgängen völlig unterschiedliche Rücksendebestimmungen hätten, was auch nicht


BundesratStenographisches Protokoll745. Sitzung / Seite 89

besonders bürgerfreundlich sein wird und die Möglichkeit beinhaltet, dass es zu einer unnotwendig hohen Zahl ungültiger Stimmen kommt.

Daher haben mehrere Länder angeregt, man möge diese Dreistufigkeit überdenken, zumal sie auch das Problem heraufbeschwören wird, dass am Wahltag ein sehr wenig aussagekräftiges Ergebnis zur Verfügung stehen dürfte. Denn nehmen wir jetzt einmal an, man landet, so wie andere Länder auch, dabei, dass etwa 50 Prozent der Stimmen brieflich abgegeben werden, dann ist das Wahlergebnis, das am Sonntag verkündet werden kann, nicht sehr aussagekräftig – mit allen politischen Folgewirkungen, die das in der Mediengesellschaft sowohl für die Politik als auch für die Medien haben wird. Da denke ich aber, dass sich das Problem spätestens nach der ersten Handhabung dieser Regelung von selbst lösen wird, weil man merken wird, es kann so nicht funktionieren. Und daher denke ich, dass es zweckmäßig wäre, wenn man das vielleicht schon antizipiert und bei der Gesetzgebung bereits berücksichtigt. (Beifall bei der ÖVP, bei Bundesräten der SPÖ, bei den Grünen sowie bei Bundesräten ohne Fraktionszu­gehörigkeit.)

14.11


Präsident Manfred Gruber: Danke sehr, Herr Kollege Weiss.

Zu Wort gemeldet ist Herr Fraktionsvorsitzender Schennach. – Bitte.

 


14.11.53

Bundesrat Stefan Schennach (Grüne, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es war eine sehr, sehr produktive Klausur, die wir, in der späteren Folge auch mit Frau Landeshauptfrau Burgstaller, hier abgehalten haben. Dieser Ent­schließungsantrag, der nun vorliegt, ist etwas, was wir ja in den vergangenen Jahren immer schon unter dem Stichwort „Änderung der Sitzungskultur“ diskutiert haben, das heißt, nicht am Ende, wie Professor Konecny es auch schon ausgedrückt hat, nur mehr in die Zwangsjacke gesteckt zu werden, mit Ja oder Nein stimmen zu können, sondern hier rechtzeitig und vorausschauend bereits in einen Gesetzwer­dungs­prozess einzu­greifen.

Wir warten nicht auf die Verfassungsänderung, sondern wir tun es hier. Wir tun es heute hier zum ersten Mal, und wir werden dieses Instrument auch in den nächsten Sitzungen – Sitzung für Sitzung – zur Anwendung bringen. Es bleibt aber – und das hat auch die Klausur gezeigt – die eine Frage, die wir ausgeklammert haben: Sind wir eher ein bundesstaatliches oder eher ein föderalistisches Organ?

Wir haben das in diesem Graubereich gelassen, aber eines ist klar, und deshalb haben wir ja auch vor, im Juni einen großen Entschließungsantrag hier einzubringen, der eine umfassende Reform vorsieht, dass vor allem für die Bundesstaatsreform der Bundesrat von sich aus selbst in Richtung der Regierung und des Nationalrates erklärt, wohin denn eine Reform gehen kann, denn wir haben zwar immer gesagt, der Bundesrat muss nicht aufgewertet werden – denn er wurde nie abgewertet –, aber er hat einen Erklärungsbedarf, er hat einen öffentlichen Erklärungsbedarf! Und auf diesen öffent­lichen Erklärungsbedarf haben wir reagiert – mit einer Fülle von Vorschlägen, die auf unterschiedlichen Füßen stehen: unter anderem zum Beispiel, auch die Bundes­versammlung hier noch einmal mit aufzuwerten oder zu verändern, etwa was die Mitwirkung bei der Wahl des Rechnungshofpräsidenten betrifft – eine Forderung, die von Professor Schambeck wie von Professor Pelinka, von allen Seiten immer wieder erhoben wird, ganz unabhängig davon, welcher Couleur die Person zuzuordnen ist und welche Position sie innehat.


BundesratStenographisches Protokoll745. Sitzung / Seite 90

Das heißt, wir werden spätestens im Juni hier gemeinsam die Möglichkeit haben, den großen Entschließungsantrag zur Gesamtreform zu diskutieren, der jetzt natürlich in den Fraktionen diskutiert wird. Hier sind wir alle aufgerufen, jeder und jede in seiner Fraktion, den Kollegen und Kolleginnen im Nationalrat klarzumachen, dass jetzt der entscheidende Augenblick gekommen ist, um diese große Reform auch umzusetzen.

Inhaltlich wurde, so glaube ich, zum gegenständlichen Antrag von Herrn Professor Konecny und von Jürgen Weiss alles gesagt. Wir halten es sowohl für wichtig, dass es nicht mehr zu den geschlechtsgetrennten Ausweisungen kommt, als auch, dass es auf Landesebene für Menschen möglich sein muss, auch bei Landtagswahlen mitzu­wählen, wenn sie es bei Nationalrats- und Bundespräsidentenwahlen auch dürfen. Warum dürfen sie es nicht auf Landesebene?

Das ist, glaube ich, ein wichtiger Input, den wir jetzt in die Beratungen schicken, und ich hoffe, dass wir von dieser ersten Dynamik, die wir von der Klausur mitgenommen haben, auch für die nächsten Monate und im Laufe dieser Legislaturperiode zehren können. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie bei Bundesräten von SPÖ und ÖVP.)

14.15

 


Präsident Manfred Gruber: Danke, Herr Kollege Schennach.

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Dies ist nicht der Fall. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich ersuche jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem gegenständlichen Ent­schließungsantrag 159/A(E) der Bundesräte Jürgen Weiss, Stefan Schennach, Manfred Gruber, Kolleginnen und Kollegen betreffend Berücksichtigung von Anregun­gen im Begutachtungsverfahren ihre Zustimmung geben, um ein Handzeichen. – Gegen­probe? – Ich stelle die Stimmeneinhelligkeit fest.

Der gegenständliche Entschließungsantrag 159/A(E) der Bundesräte Jürgen Weiss, Stefan Schennach, Manfred Gruber, Kolleginnen und Kollegen ist somit ange­nom­men. (E 221-BR/07.)

Die Tagesordnung ist erschöpft.

Einlauf

Präsident Manfred Gruber: Ich gebe noch bekannt, dass seit der letzten bezie­hungs­weise in der heutigen Sitzung insgesamt vier Anfragen – 2512/J bis 2515/J – eingebracht wurden.

*****

Die Einberufung der nächsten Sitzung des Bundesrates wird auf schriftlichem Wege erfolgen. Als Sitzungstermin wird Donnerstag, der 21. Juni 2007, 9 Uhr, in Aussicht genommen.


BundesratStenographisches Protokoll745. Sitzung / Seite 91

Für die Tagesordnung dieser Sitzung kommen jene Beschlüsse in Betracht, die der Nationalrat bis dahin verabschiedet haben wird, soweit sie dem Einspruchsrecht beziehungsweise dem Zustimmungsrecht des Bundesrates unterliegen.

Die Ausschussvorberatungen sind für Dienstag, den 19. Juni 2007, ab 13 Uhr vor­gesehen.

Diese Sitzung ist geschlossen.

14.17.46Schluss der Sitzung: 14.17 Uhr

 

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