BundesratStenographisches Protokoll800. Sitzung / Seite 15

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umgekehrt gesagt worden – als Beispiel in der Diskussion, schon damals wie heute –, der Beitritt der Türkei wäre eine maßgebliche Veränderung der Europäischen Union, schon aufgrund der Stärke, der Unterschiede und aufgrund dessen, was sich in der Europäischen Union durch einen Beitritt der Türkei verändern würde. Auch da ist fest­gelegt worden, sogar im Regierungsabkommen, dass das ein Fall für eine Volksab­stimmung wäre.

Also ich glaube, wir werden nicht umhinkommen, von Einzelwörtern, die jeder ein bisschen anders in einen Zusammenhang stellt, wegzukommen und zu fragen: Wann ist eine Entscheidung so maßgeblich für die Zukunft unseres Landes, dass wir mit einem Referendum die Meinung einholen und damit die Akzeptanz der Bevölkerung herstellen müssen?

Das kann kommen, wenn sich jene durchsetzen, die für eine Vertragsänderung Rich­tung Wirtschaftsregierung mit starken Kompetenzverlagerungen eintreten. Das ist aber zur Stunde nicht auf der Tagesordnung. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Kneifel.)

 


Präsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Todt zu Wort gemeldet. – Ich bitte darum.

 


Bundesrat Reinhard Todt (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Welche Auswirkungen hätte es, würde Österreich die im Rahmen des Europäischen Rates diskutierten Maßnahmen nicht mittragen?

 


Präsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Wenn eine Gemeinschaft ein Netz spannt, um die schwächsten Glieder zu unterstützen, auch im eigenen Interesse, aufgrund der Han­delsbeziehungen und der gemeinsamen Wirtschafts- und Währungsstabilität, dann hätte es aus meiner Sicht sehr negative Konsequenzen, denn wenn man eine Ret­tungs­maßnahme nicht durchführt, dann muss man sich auch über die Konsequenzen im Klaren sein. Die sind jedenfalls für die Länder der Eurozone um vieles schlimmer, als wenn man gemeinsam eine Rettung durchführt.

 


Präsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Zu einer weiteren Zusatzfrage hat sich Herr Bundesrat Dönmez zu Wort gemeldet. – Ich bitte darum.

 


Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Nachdem Sie meine Zusatzfrage schon annähernd beantwortet haben, erlaube ich mir, eine etwas abgeänderte Frage zu stellen. Wir können heute und seit einigen Tagen den Medien entnehmen, dass ein weiteres Finanzvolumen im Ausmaß von ungefähr 200 Milliarden € für die Stützung dieses Bankensystems notwendig ist, wo sich eigentlich selbst die Experten nicht mehr auskennen. Meine Frage: Welche Überlegungen gibt es seitens Österreichs, da einen anderen, einen sozialeren, einen ökosozialeren Weg einzuschlagen?

 


Präsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


Bundeskanzler Werner Faymann: Ich fürchte, wir werden uns beiden Diskussionen stellen müssen: einerseits, wie in einer Banken- und Finanzwelt, die so etwas wie den Blutkreislauf der Wirtschaft darstellt, Faktoren der Stabilität abgesichert werden können. Also die Frage von Eigenmitteln, die Frage der Kapitalisierung von Banken werden uns auch in Zukunft beschäftigen. Da kann man natürlich sagen, uns wäre lieber gewesen, wir hätten das Geld, das die Wirtschaftskrise – beginnend von den Vereinigten Staaten über viele Finanzprodukte – in der ganzen Welt vernichtet hat, besser in Bildung, in Umwelt oder in anderen Bereichen investiert.

 


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