Inwiefern genau sind die derzeitigen strafrechtlichen Tatbestände nicht ausreichend, um gegen staatsfeindliche Bewegungen wirklich gezielt vorgehen zu können?
Präsidentin Sonja Ledl-Rossmann: Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Frau Bundesrätin, das hat zwei Gründe. Zum einen: Betreffend staatsfeindliche Verbindungen herkömmlichen Rechts – gemäß § 246 StGB – müssen Sie eine feste Organisationsstruktur von einer doch relativ großen Zahl an Menschen nachweisen. Das entspricht nicht mehr den heutigen Gegebenheiten. Die Staatsfeinde melden sich nicht als Verein an und sind nicht so leicht als festgefügte Organisationseinheit zu fassen. Nein, die organisieren sich halt locker mittels der neuen Medien. Sie wissen, wie das funktioniert. Daher sind diese herkömmlichen Möglichkeiten eben nicht mehr ausreichend.
Der zweite Grund ist schon auch der, dass es neue Formen auch des Behinderns von staatlichem Handeln gibt, die entwickelt wurden. Die bisherigen strafrechtlichen Hürden sind darauf beschränkt, dass es zu gefährlichen Drohungen oder überhaupt Gewalt kommen muss. Damit hat man den Widerstand gegen die Staatsgewalt, dann kann man einschreiten. Die bisherigen Fälle und auch die Inhaftierungen, die wir jetzt haben, beruhen auf solchen Tatbeständen. Selbstverständlich! Aber wir sehen, dass das nicht ausreichen wird. Deshalb brauchen wir etwas, um wirklich gezielt und doch maßvoll gegen diejenigen vorgehen zu können, die eben das derzeitige strafrechtliche Instrumentarium bewusst vermeiden – das geht –, aber trotzdem ordentlich Sand ins Getriebe des Staates streuen. Darum geht es.
Mit diesem neuen Tatbestand, glaube ich, wird das gelingen. Wir merken es ja auch schon. Ich habe den Eindruck, dieser neue Tatbestand wirkt schon präventiv, bevor er überhaupt in Kraft getreten ist. Die Szene hat sich offensichtlich etwas beruhigt – und das ist gut so.
Präsidentin Sonja Ledl-Rossmann: Wir gelangen nun zur 2. Anfrage, 1904/M-BR/2017. Ich bitte die Anfragestellerin, Frau Bundesrätin Mag. Kurz, um die Verlesung der Anfrage.
Bundesrätin Mag. Susanne Kurz (SPÖ, Salzburg): Sehr geehrter Herr Minister! Es ist ja allseits bekannt, dass die Anzahl der Verurteilungen nach dem Verbotsgesetz seit rund zehn Jahren stark steigt. Es gab letztes Jahr 213 Anklagen. Aber auch die rechtsextremen Tathandlungen sind von 2015 auf 2016 um 13,5 Prozent gestiegen.
Deshalb meine Frage:
„Welche Maßnahmen gedenken Sie angesichts der massiv gestiegenen rechtsextremen Tathandlungen zu setzen?“
Präsidentin Sonja Ledl-Rossmann: Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Sehr geehrte Frau Bundesrätin! Sie haben vollkommen recht mit dem, was Sie in Ihrer Fragestellung an Fakten dargestellt haben. Man muss aber auch dazusagen – auch das wissen Sie –, dass es natürlich im Bereich dieser Tatbestände – Verbotsgesetz, Verhetzung – auch ein deutliches Ansteigen der Zahl der Verfahren, der Anklagen und auch der Verurteilungen gibt. Das heißt: Die Justiz reagiert, wir haben darauf reagiert.
Wir haben auch durch organisatorische Maßnahmen reagiert, die auch wichtig sind. Konkret haben wir schon mit Wirkung 1. Jänner 2017 die Möglichkeit geschaffen, dass es für extremistische Straftaten spezielle staatsanwaltschaftliche Teams geben soll, die sich diesem Thema widmen und damit auch eine gewisse Spezialisierung in diesem
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