Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 35. Sitzung / Seite 159

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zufolge sind es in Kanada 1,7 und in Belgien 1,8 Prozent, aber der Schnitt innerhalb der NATO liegt bei über 3 Prozent des Sozialprodukts.

Ich gebe gerne zu, Herr Kollege Moser, daß die Summe der Militäretats innerhalb der NATO seit 1989 zurückgegangen ist. Na selbstverständlich! Angesichts des sinkenden Bedrohungspotentials sind diese Zahlen zurückgegangen. Das ändert nichts daran, daß der Durchschnitt der NATO immer noch bei 3 Prozent des Sozialprodukts liegt. Wissen Sie, was 3 Prozent bedeuten? – Das heißt 70 Milliarden Schilling im Falle Österreichs. Derzeit haben wir ein Verteidigungsbudget in Höhe von 20 Milliarden Schilling. Das wollen Sie wirklich? (Zwischenruf des Abg. Hans Helmut Moser .) Mir ist es ja gleichgültig, Herr Kollege.

Wenn Sie nur Belgien als Maßstab nehmen, dann bedeutet das eine Verdoppelung des österreichischen Militäretats. Das sind halt 20 oder 25 Milliarden Schilling pro Jahr mehr. Ist in Ordnung – aber dann sagen Sie bitte, wie Sie das finanzieren wollen, welche anderen Ausgabenkategorien zu streichen oder welche Steuern zu erhöhen sind. Das, meine ich, wäre eine ehrliche Diskussion.

Nur den NATO-Beitritt zu verlangen, ohne zu sagen, was das kostet, und ohne zu sagen, wie das finanziert werden soll, durch Steuererhöhungen oder durch Ausgabensenkung, eine derartige Diskussion halte ich für unseriös und unehrlich, und zwar so lange, bis ehrliche, ernsthafte Vorschläge kommen. Ich bitte Sie, nicht mit den Dienstwägen zu kommen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

19.29

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.29

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist mir angenehm, in einem ganz kurzen Beitrag hier vielleicht die ganze Sache politisch einmal auf den Punkt zu bringen. Daß ich das ausgerechnet nach dem Kollegen Van der Bellen machen kann, ist mir deswegen recht, weil er zweifellos ein Thema mitangeschnitten hat, das nicht bedeutungslos ist. Es ist keineswegs so, daß man sich in der Politik nicht den Kopf darüber zu zerbrechen hat, wie die Dinge, die man ins Rollen bringt, zu finanzieren sind. Das ist absolut richtig.

Nur: Es ist in Fragen der Friedenssicherung, einer europäischen Sicherheitsarchitektur, der Neutralität im Spannungsfeld zur Westeuropäischen Union und einer möglichen, wenn auch in utopischer Ferne liegenden Weltfriedensordnung der falsche Zugang, aus kaufmännischer Sicht zu sagen: Da es wahrscheinlich etwas kosten wird, lassen wir es lieber, wie es ist. (Abg. Wabl: Nein, das ist nicht das Problem! Diese Frage haben wir oft diskutiert!) Das ist ein unrichtiger Zugang, und es ist mir ganz wichtig, das auf den politischen Punkt zu bringen.

Das, was mich hier berührt, allerdings nicht angenehm berührt hat, war, daß es Vertreter in diesem Haus gibt, die aus der Neutralität ein Dogma zu machen versuchen. Wenn man in der Politik irgendeine politische Position – und sei sie auch über Jahrzehnte noch so verdienstvoll gewesen – dogmatisiert, nimmt man sich selber den Raum für Weiterentwicklung. (Beifall beim Liberalen Forum.)

In der Frage der Neutralität geht es überhaupt nicht darum, ob sie "immerwährend" ist oder nicht, sondern welche sicherheits- und außenpolitische Funktion sie im Kontext unserer Mitgliedschaft zur Europäischen Union und in ihrer Entstehungsgeschichte aus dem Staatsvertrag heraus hat. Jeder in diesem Hohen Haus weiß, daß sie damals als Preis für den Staatsvertrag entrichtet wurde. Und dieser Preis wurde 40 Jahre lang gezahlt. Jetzt aber hat dieser Preis seinen internationalen Gegenwert verloren. Daher, meine ich, müssen wir uns eigentlich nur darum bemühen, einen seriösen, außenpolitisch gut abgesicherten Weg in eine europäische Sicherheitsarchitektur zu finden. Das ist die politische Frage. Da interessiert mich der Vergleich mit diesem oder jenem weniger.


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