Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 130. Sitzung / Seite 12

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1. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1211 der Beilagen): Vertrag von Amsterdam zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte und Schlußakte (1253 der Beilagen)

2. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über den Antrag 791/A der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz geändert wird (1255 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zu den Punkten 1 und 2 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Wünscht der Berichterstatter das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Dann gehen wir in die Beratungen ein.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Stadler. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte.

9.07

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Der Vertrag von Amsterdam sieht unter anderem vor, daß die Nationalstaaten ihre Souveränitätsrechte in zum Teil beträchtlichem Maße auf die Ebene der Europäischen Union verlagern sollen.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Nun kann man der Meinung der Sprecher der beiden Regierungsparteien sein – des Außenministers, der sagt, es sei sogar wünschenswert, daß das geschieht, oder des Vorsitzenden des Außenpolitischen Ausschusses, Kollegen Schieder, der ebenfalls der Meinung ist, es sei wünschenswert, daß dies geschieht –, dann wird man diesem Vertrag schon aus diesem Grunde wahrscheinlich begeistert die Zustimmung erteilen.

Herr Kollege Schieder! Wie erklärt es sich aber dann, daß die beiden Stützen der Europäischen Union und des dynamischen Prozesses innerhalb der Europäischen Union, nämlich der deutsche Bundeskanzler Kohl und der französische Staatspräsident Chirac, beim Gipfeltreffen in Cardiff ein Positionspapier auf den Tisch gelegt haben, in dem sie sich für die Stärkung der Nationalstaaten aussprechen? – Darin wird eine Richtlinie als besonders dramatisches Beispiel genannt, in der es um die Frage des Buchhandels geht. Der deutsche Buchhandel beklagt sich massiv, daß die Europäische Union in die Rechte der Nationalstaaten eingreift und unsinnige Regelungen beschließt – ich brauche die Bananenkrümmungsrichtlinie und all das, was in der Vergangenheit schon zur Genüge genannt wurde, gar nicht wieder zu zitieren.

Meine Damen und Herren! Das sind Widersprüche – Widersprüche, die seit Beginn dieser Europäischen Union, seit dem Maastricht-Vertrag bestehen! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Diese Widersprüche werden durch den Amsterdamer Vertrag fortgesetzt: Hier ist ein Vertragswerk, dort sind politische Absichtserklärungen, und diese klaffen diametral auseinander.

Daß das Ganze natürlich einen Hintergrund hat, der auch im bundesdeutschen Wahlkampf zu suchen ist, ist klar. Dennoch bleibt der Widerspruch aufrecht. Wir verstehen nicht, wie die bedeutendsten Männer der Europäischen Union erklären können, sie seien dafür, daß das geschieht, was wir Freiheitlichen immer schon gefordert haben, nämlich daß die Souveränitätsrechte der Nationalstaaten nicht weiter geschmälert werden. Sie gehen sogar noch einen Schritt weiter und sagen, sie seien dafür, daß Rechte an die Nationalstaaten zurückgegeben werden. Dann würde in Zukunft die Europäische Union im Rat nicht mehr einstimmig zu entscheiden haben, sondern mit qualifizierter Mehrheit. Wie geht das zusammen? – Das sind massive Widersprüche, die sich aus diesem Vertragswerk ergeben, an denen man einfach sieht, daß der Bür


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