Parlamentskorrespondenz Nr. 940 vom 04.11.2009

Forschungsausschuss betont Bedeutung der Technikfolgen-Abschätzung

Novelle zum Patentgesetz passiert Ausschuss

Wien (PK) – Der Wunsch nach einer engeren Zusammenarbeit zwischen dem Parlament und dem Institut für Technikfolgen-Abschätzung (ITA) der Akademie der Wissenschaften wurde heute seitens der Abgeordneten aller Fraktionen im Rahmen einer Aktuellen Aussprache im Ausschuss für Forschung, Innovation und Technologie deutlich. Dies auch deshalb, weil die neuen Technologien stärker in Kernbereiche des Lebens, der Persönlichkeit und der Privatsphäre eindringen.

Der Direktor von ITA, Dr. Michael Nentwich, sowie dessen Stellvertreter, Dr. Walter Peissl, informierten die Ausschussmitglieder zu Beginn der Sitzung in Form einer Präsentation über die Struktur, die Aufgaben und die Arbeitsweise des Instituts und gingen dann auch näher auf die Struktur der Technikfolgenabschätzung in Österreich und auf internationale Beispiele ein. Dabei führten sie aus, dass einige europäische Parlamente sowie das Europäische Parlament eigene Einrichtungen zur Technikfolgenabschätzung haben. So existiert beispielsweise beim Deutschen Bundestag seit 1990 ein solches Institut, das als selbständige wissenschaftliche Einrichtung im Auftrag des zuständigen parlamentarischen Ausschusses Projekte abwickelt und diese dann auch mit den ParlamentarierInnen diskutiert. Sowohl Nentwich als auch Peissl bedauerten, dass die Zusammenarbeit mit dem österreichischen Parlament bislang nur punktuell erfolgt ist, aber eine institutionelle Kontinuität mangels ausreichender finanzieller Ressourcen nicht erreicht werden konnte.

  

Die Vorsitzende des Ausschusses, Abgeordnete Ruperta Lichtenecker (G), betonte, die heutige Aussprache könnte den Beginn eines Weges zu einer engeren Zusammenarbeit darstellen. Michael Nentwich ergänzte dazu, dass die einzelnen Parlamente aufgrund ihrer verschiedenen parlamentarischen Kultur die Kooperation mit den entsprechenden Instituten sehr unterschiedlich gestalten und man daher auch für das österreichische Parlament erst eine optimale Form der Zusammenarbeit entwickeln müsse. Jedenfalls seien alle Ergebnisse der wissenschaftlichen Arbeiten bereits jetzt im Internet abrufbar, merkte Nentwich an. Das Institut für Technikfolgen-Abschätzung arbeite zielorientiert mit dem Schwerpunkt Technik und Nachhaltigkeit und beschäftige sich auch mit kontroversiellen Themen, wie Gentechnologie und Nanotechnologie. In einer Art Monitoring versuche man darüber hinaus Themen zu erfassen, die aktuell werden könnten.

Bundesministerin Doris Bures unterstrich die zunehmende Bedeutung der Chancen- und Riskenabschätzung für die politischen EntscheidungsträgerInnen. Besonderer Wert müsse aber auch auf die öffentliche Akzeptanz neuer Technologien innerhalb der Bevölkerung gelegt werden, hielt Bures fest, weshalb in Zukunft mehr Informationen über die Auswirkungen technischer Entwicklung auf die Gesellschaft, auf deren sozialen Zusammenhalt sowie auf Umwelt und Gesundheit angeboten werden müssten. Darin wurde sie von Walter Peissl unterstützt, der in diesem Zusammenhang auch den Bildungscharakter der Information für breite Bevölkerungskreise besonders hervorhob.

Die umfangreichen und interessierten Fragen wurden von den Abgeordneten Kurt Gartlehner, Heidrun Silhavy (beide S), Martin Bartenstein, Karin Hakl (beide V), Andreas Karlsböck (F), Rainer Widmann (B), Alexander Van der Bellen und Wolfgang Pirklhuber (beide G) gestellt.

Abgeordneter Martin Graf (F) wollte die Aussprache auch dazu nützen, um auf die aktuelle Lage an den Universitäten einzugehen. Die prekäre Situation an den Universitäten erfordere einen nationalen Kraftakt, argumentierte Graf und wies auf den Vorschlag des Rektors der Universität Wien hin, die außeruniversitäre Forschung mit der universitären zu verschmelzen. Auch interessierte ihn der Beitrag des BMVIT zur Verbesserung der budgetären Situation über den Weg der Forschungsleistungen.

Dazu stellte Abgeordneter Kurt Gartlehner (S) fest, die Lage an den Universitäten betreffe die Kompetenzen des BMVIT kaum. Abgeordnete Karin Hakl (V) wies darauf hin, dass Wissenschaftsminister Johannes Hahn gemeinsam mit Bildungsministerin Claudia Schmied am 25. November zu einem umfassenden Hochschuldialog eingeladen habe.

Abgeordneter Alexander Van der Bellen (G) meinte, es sei nicht mehr sinnvoll, mit Bundesminister Hahn, der sich im Status abeundi befinde, über die "Lebenslügen der Universitäten" zu diskutieren. Er unterstützte zwar das Vorhaben der Regierung, die Finanzierung der Universitäten auf 2 % des BIP zu heben, was eine Verdoppelung des Uni-Budgets bedeuten würde, hielt aber den dafür vorgesehenen Zeitrahmen bis 2020 für zu lang. Dem schloss sich auch Abgeordneter Rainer Widmann (B) an.

Bundesministerin Doris Bures unterstrich zunächst die Bedeutung der Ausbildungschancen für den Forschungs- und Wirtschaftsstandort und erinnerte an die Konjunkturpakete, in denen auch Zukunftsinvestitionen sowohl in eine ökologisch umweltfreundliche Mobilität als auch in Forschung und Entwicklung vorgesehen sind. Beide Schienen seien unverzichtbar, so Bures, die weiters darüber informierte, dass 50 Mio. € seitens ihres Ressorts für die Grundlagenforschung bereitgestellt werden. Bures ging auch auf den Plan der Regierung ein, eine Forschungsstrategie 2020 zu entwickeln, mit dem Ziel, die F&E-Quote auf 3 % des BIP zu erhöhen. Derzeit liege man beim Input bei 2,73 % und damit an dritter Stelle in Europa.       

Novelle zum Patentgesetz soll innovationsfördernd wirken

Nach der Aktuellen Aussprache diskutierten die Abgeordneten ein Gesetzespaket, mit dem das Patentgesetz 1970, das Patentverträge-Einführungsgesetz, das Gebrauchsmustergesetz, das Markenschutzgesetz 1970, das Patentanwaltsgesetz und das Patentamtsgebührengesetz geändert werden. Dadurch wird für das Biopatent Monitoring Komitee eine entsprechende gesetzliche Grundlage geschaffen, was auch zu einer Erhöhung der Rechtssicherheit führen soll. Die bisher in der Praxis geübte Tätigkeit des Komitees soll aber im Wesentlichen beibehalten werden. Es wird jedoch ausdrücklich normiert, dass sich das Monitoring auf alle mit Wirksamkeit für Österreich erteilten Patente und auch Gebrauchsmuster erstreckt. Darüber hinaus werden als innovationsfördernde Maßnahme bei Patenten die ersten fünf Jahre und bei Gebrauchsmustern die ersten drei Jahre gebührenfrei gestellt.

Die Gesetzesvorlage passierte unter Berücksichtigung eines Abänderungsantrags mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP den Ausschuss mehrheitlich.

Auch die Opposition anerkannte durchaus, dass die Vorlage positive Punkte enthält. So wurde vor allem die Neuregelung der Gebühren, die gesetzliche Verankerung des Biopatent Monitoring Komitees sowie die Aufwertung des Patentamts begrüßt. Diesbezüglich äußerten sich Abgeordnete Rainer Widmann (B), Gerhard Deimek (F), Kurt Gartlehner, Sonja Steßl-Mühlbacher (beide S) und Karin Hakl (V).

Bedenken wurden jedoch hinsichtlich der Teilrechtsfähigkeit geäußert. Die Abgeordneten Rainer Widmann (B) und Wolfgang Pirklhuber (G) befürchteten eine Verzerrung der Wettbewerbssituation durch die Bestimmungen zur Teilrechtsfähigkeit und kritisierten die kurzfristige Vorlage eines diesbezüglichen umfangreichen Abänderungsantrags. Dem hielt Abgeordnete Karin Hakl (V) entgegen, dass die Wirtschaft oft schnelle Recherchen brauche, und das könne nur das Patentamt leisten. Durch die Bestimmungen im Abänderungsantrag sei sicher gestellt, dass das Patentamt, sobald es im Rahmen der Teilrechtsfähigkeit agiert, dies unter einem anderen Namen tun müsse und auch keine Patentbewertung durchführen dürfe. Außerdem werde festgelegt, dass das Patentamt in diesem Fall kostendeckend zu arbeiten habe. Damit werde ein enger Rahmen und eine strenge Abgrenzung geschaffen, argumentierte Hakl, und biete der Wirtschaft ein kostengünstiges Angebot.

Diese Einschätzung wurde von Bundesministerin Doris Bures geteilt. Von der Gebührenfreiheit in den ersten Jahren erwartete sie sich einen Innovationsschub. In diesem Zusammenhang wies sie auch darauf hin, dass man die Forschungstätigkeit der kleinen und mittleren Unternehmen besonders fördere, indem man die diesbezüglichen Kosten bis zu 45 % unterstütze. Dass die österreichische Bundesregierung insgesamt gute Rahmenbedingungen für Forschung und Entwicklung geschaffen hat, beweise die Tatsache, dass in Österreich - im Gegensatz zu anderen Ländern - die Patentanmeldungen sogar leicht gestiegen sind, stellte Bures fest.

Abgeordnete Karin Hakl (V) kündigte bis zur nächsten Plenarsitzung zwei weitere Abänderungsanträge an, die sich auf den Instanzenzug beziehen sowie verdeutlichen sollen, dass sich die Tätigkeit des Komitees auf österreichische Patente beschränkt.

Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber (G) bezeichnete das Monitoring Komitee als zahnlos und bemängelte, dass sich dieses nur mit österreichischen Entwicklungen auseinander setzen solle. Er hielt es auch nicht für zweckmäßig, nur ehrenamtliche VertreterInnen in das Komitee zu holen. Abgeordneter Rainer Widmann (B) brachte einen Abänderungsantrag ein, der vorsieht, dem Biopatent Monitoring Komitee auch die Möglichkeit einzuräumen, Gutachten zur Technikfolgenabschätzung zu beauftragen. Dieser Antrag wurde von den anderen Fraktionen abgelehnt und blieb somit in der Minderheit.      

F-Antrag zur Angabe des SAR-Wertes bei Mobiltelefonen vertagt

Schließlich stand der Entschließungsantrag der Freiheitlichen betreffend eine verpflichtende Angabe des SAR-Wertes auf der Verpackung von Mobiltelefonen auf der Tagesordnung des Ausschusses. Begründet wird der Antrag mit dem Hinweis, dass bei der Nutzung von Mobiltelefonen im Kopf eine Absorption hochfrequenter elektromagnetischer Felder auftrete, die durch die so genannte spezifische Absorptionsrate (SAR) quantifiziert wird. Je geringer dieser Wert ist, desto geringer seien auch die gesundheitlichen Bedenken und ein allfälliges Krebsrisiko. Besonders bei Kindern sei ein Gesundheitsrisiko nicht auszuschließen, da die hochfrequente Strahlung aufgrund der dünneren Schädelknochen noch tiefer eindringen könne. Abgeordneter Gerhard Deimek (F) argumentierte, Erziehungsberechtigte sollten wissen, welche Technik sie ihren Kindern in die Hand geben. Auch Abgeordneter Alexander Van der Bellen (G) hielt die Initiative für sinnvoll.

Der Antrag wurde jedoch mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP mehrheitlich vertagt. Abgeordneter Kurt Gartlehner (S) merkte an, die SAR-Werte würden ohnehin in der Produktbeschreibung angeführt. Abgeordnete Karin Hakl (V) meinte, in Österreich gelte ein niedriger Grenzwert. Ein nationaler Alleingang im Sinne des Antrags würde ein Handelshemmnis darstellen und wäre damit auch europarechtlich bedenklich. (Schluss)